Heckmeck auf dem Sonnendeck
Irgendwo vor der Küste Mexikos traf eine strahlende Mittagssonne an Deck der Pacific Princess auf Dutzende von willigen Anbetern. Mary Ann lag – mit offenem Oberteil – auf dem Bauch, als ihr eine Hand unvermutet etwas Schmieriges auf den Rücken klatschte.
»Mouse?«
Schweigen.
»Mouse!«
»Ich diese Mouse nicht kennen, Signorina. Ich sein bloß einfache italienische Steward aus Speisesaal, was will maachen nacktes Party mit scheene scharffe Mädchen aus Amerika!«
»Du hast was von dem Gras geraucht, stimmt’s?«
Michael setzte sich mit einem theatralischen Seufzer neben sie. »Ach, wenn du doch endlich lernen würdest, in Phantasien zu schwelgen.«
»Was ist das überhaupt für ein Zeug?«
»Welches Zeug? Ach so … Tortugacreme. Der Kabinensteward hat sie mir gegeben. Er sagt, sie wird in Mazatlán hergestellt.«
»Sie riecht lecker.«
»Mhmm. Das kommt, weil sie aus pürierten Schildkröten ist.«
»Mouse!«
»Wenn er mir das doch so gesagt hat.«
»Igitt!«
»Glaubst du, Polly Bergen nimmt Rosenblätter?«
Mary Ann setzte sich auf, hielt ihr Bikinioberteil mit dem rechten Arm an Ort und Stelle und blinzelte in die Sonne.
»Verschnür mich wieder, ja?«
»Bondage? Jetzt schon? Dabei hast du noch nicht mal Bingo gespielt. Außerdem gibt es heute nachmittag in der Carrousel Lounge einen schicken Mambo-Tanztee für Senioren, wenn du …«
»Mouse … schau jetzt nicht hin, aber er ist gerade in den Pool gesprungen.«
»Wer?«
»Unser Mister Geheimnisumwoben. Der Kerl, den du gesehen hast, als wir an Bord gegangen sind.«
»Der, der uns schöne Augen gemacht hat?«
Mary Ann korrigierte ihn. »Der einem von uns schöne Augen gemacht hat.«
»Vielleicht ist er ja auf einen flotten Dreier scharf.«
»Glaubst du, daß er schwul ist, Mouse?«
»Na ja … Seine Technik beim Rückenschwimmen sieht schon ein bißchen tuntig aus.«
»Mouse, ich meine das ernst.«
»Dann frag ihn doch, du Dummchen! Lad ihn zu einer Piña Colada ein!«
Mary Ann drehte sich um und musterte den kraftvollen weißen Körper, der durch das grüne Wasser des Pools schnitt. Der Kerl war erdbeerblond, stellte sie fest, und er schüttelte den Kopf wie ein nasser Collie, als er aus dem Becken stieg.
Mary Ann widmete sich wieder Michael. »Du traust mir das wohl nicht zu, was?«
Michael grinste sie bloß aufreizend an.
»Okay. Dann paß jetzt mal auf!«
Der nasse Collie lag am Rand des Pools auf einem Badetuch. Mary Ann näherte sich ihm so absichtslos wie möglich und versuchte, sich auf den Swimmingpool zu konzentrieren. Sie wollte genauso energisch und selbstbewußt wirken wie Candice Bergen, wenn sie sich nach einem anstrengenden Tag, den sie mit dem Fotografieren von afrikanischen Wildtieren zugebracht hatte, zum Schwimmen aufmachte.
Der Collie schaute hoch und sagte lächelnd: »Es klappt am besten, wenn man die Augen zumacht und springt.«
»Ist es denn kalt?« fragte Mary Ann.
Nicht besonders geschickt. Ganz und gar nicht Candy-Bergen-like.
»Keine Bange«, redete er ihr gut zu. »Sie halten es schon aus.«
In der Hoffnung, daß es noch nicht zu spät war für einen Marlo-Thomas-Effekt, schnitt Mary Ann schulterzuckend eine Grimasse. Über das Gesicht des Collies legte sich ein nachsichtiges Lächeln, als sie die Luft anhielt und sprang.
Der Pool war nicht viel größer als eine Hutschachtel, und man konnte nicht mal Bahnen schwimmen. Das kalte Meerwasser war anregend, aber man hielt es darin nur kurz aus. Mary Ann griff fröstelnd nach der Leiter.
Der Collie streckte ihr die Hand entgegen. »Die Gänsehaut steht Ihnen ausgezeichnet.«
»Danke«, sagte sie lächelnd.
»Darf ich Sie zu einem Drink einladen? Sie und Ihren Mann, meine ich.«
»Meinen …? Ach so, das ist nicht mein …« Sie drehte sich um und schaute zu Michael hinüber, der ihr affektiert zulächelte. Darüber hinaus gab er noch seine Version von Queen Elizabeths königlichem Winken zum besten. »Michael ist bloß ein Freund.«
»Das ist ja angenehm«, sagte der Collie.
Für wen? dachte Mary Ann. Für mich oder für Michael?
Der Collie stellte sich den beiden vor. Er hieß Burke Andrew, und er machte die Kreuzfahrt alleine mit. Er schüttelte Michael mit festem Griff die Hand und entschuldigte sich kurz, um ihre Drinks zu holen.
»Und?« sagte Mary Ann. »Ist er?«
»Woher soll ich das wissen? Geheime Erkennungszeichen beim Händeschütteln gibt es für Tucken schon seit 1956 nicht mehr.«
»Er ist hinreißend, was?«
Michael zuckte mit den Schultern. »Wenn man auf kräftige Oberschenkel steht.«
Mary Ann schaute seufzend über das Meer. »Ich glaube, er mag mich, Mouse. Hilf mir rauszufinden, was mit ihm nicht stimmt.«