Siebenundzwanzig

Tallow lenkte den Streifenwagen aus dem Ericsson Place, müde bis auf die Knochen und irgendwie enttäuscht. Er war sich seiner Sache viel weniger sicher, als er der Lieutenant vorgespiegelt hatte. Er hatte keine Beweise. Er hatte nur eine Theorie, die mit jedem Tag ausufernder, unübersichtlicher und kruder wurde und sich immer härter an der Grenze zum Wahnsinn bewegte. In seiner Not versuchte er, sich nur noch auf eines zu konzentrieren, abgesehen vom Fahren – und landete bei dem Moment, als er den mutmaßlichen Bewohner des Apartments 3A kennengelernt hatte. Er versuchte, sich jedes Detail seiner damaligen Eindrücke zu vergegenwärtigen. Die Haarfarbe des Mannes, die Farbe seines Barts. Sein Geruch. Seine Körpersprache. Wie er die Zigarette entgegengenommen hatte. Wie er den Filter abgeknipst und eingesteckt hatte.

»Wichser«, murmelte Tallow vor sich hin. Okay, er konnte nicht ausschließen, dass der Mann einfach keinen gefilterten Tabak mochte. Aber wäre es nicht nett gewesen, in die Pearl Street zurückkehren zu können, um einen Filter mit einem hübschen, sauberen Fingerabdruck auf dem behandelten Papier aufzuklauben?

Tallow fuhr einen Haken, rollte mit einem Reifen über den Gehsteig und trat heftig auf die Bremse. Mit knapper Not gelang es ihm, einen Auffahrunfall zu vermeiden. Den Chor der vorbeirauschenden Hupen nahm er gar nicht wahr.

Der Typ hatte den Filter abgeknipst. Aber dann hatte er die verdammte Zigarette geraucht. Und dabei hatte er einen Stummel hinterlassen. Bei aller Vorsicht in Sachen Filter hatte er doch niemals das brennende Ende vom Stummel gezwickt und den Stummel ebenfalls eingesteckt. Oder doch? Nein. Er hatte keinen starken Geruch an sich gehabt. Eine Kippe in der Tasche hätte gestunken, und er wollte es sicherlich vermeiden, zehn Meter gegen den Wind gerochen zu werden. Also hatte er den Stummel ausgetreten. Oder weggeworfen und gehofft, dass er verbrennen würde.

Tallow wusste, dass er sich an einen sehr dünnen Strohhalm klammerte.

Trotzdem fädelte er sich in den Verkehr ein und drängelte sich zur Pearl Street.

Er parkte gegenüber dem Mietshaus und holte Handschuhe, eine Ziploc-Tüte und eine Pinzette aus dem Handschuhfach, lief zu der Stelle, wo er den Mann getroffen hatte, und blickte sich wütend um. Blöd, dass er damals gegangen war, bevor der Kerl fertig geraucht hatte. Er stellte die Füße auf den Punkt, den der Mann in seiner Erinnerung einnahm, und schob die Hand in die Sakkotasche, um einen imaginären Filter einzustecken. Die Pinzette musste als Zigarette herhalten. Wie er es bei dem Mann gesehen hatte, stieß er die Finger in den Rauch, der in seiner Vorstellung von der brennenden Pinzette aufstieg.

Tallow rauchte die eingebildete Zigarette zu Ende. Die Glut kroch auf seine Finger zu. Seine eigene Zigarette hatte er damals ausgetreten. Er warf einen Blick in den Rinnstein. Zwischen totem Laub, ein paar Glassplittern, einem Penny und einer kleinen Chipstüte lagen drei verstreute Zigarettenstummel. Alle hatten diverse Kollisionen mit deutlich größeren Dingen hinter sich und waren entsprechend zerquetscht und verbogen. Und keinem fehlte der Filter. Tallow ging in die Hocke und sah genauer hin. Ein Filter stammte von der Marke, die er geraucht hatte.

Er stand auf und blickte sich um. In welcher Ritze würde er einen Zigarettenstummel verschwinden lassen, wenn er sich nicht die Finger verbrennen wollte?

Nein.

Tallow ging erneut in die Hocke. Und hob die Chipstüte auf.

Er starrte in den Himmel und atmete tief ein, bis seine Finger nicht mehr zitterten.

Die nächsten paar Sekunden zogen sich quälend in die Länge. Sein Magen krampfte sich zusammen, aus Angst vor einer Enttäuschung. Er entrollte die Tüte und fingerte sie auf. Irgendjemand hatte sie aus dem Rinnstein genommen und gefaltet, verknotet und plattgestampft, damit sie aussah wie achtlos zerknittert, um sie dann wieder auf die Straße zu werfen, wo sie ignoriert, überfahren und weggeweht werden sollte.

In der Mitte des Knotens befand sich ein Zigarettenstummel.

Tallow lachte.

Er zog den Stummel heraus, schob ihn in die Ziploc-Tüte und versiegelte sie, nahm die Chipstüte mit zum Auto und zwängte sie ebenfalls notdürftig in eine Ziploc-Tüte, nachdem er eingestiegen war.

Alles, was ich will, dachte er, ist ein Beweis, dass du nicht auch noch unsichtbar bist.

Tallow durchquerte die Eingangshalle des One Police Plaza, immer noch in einem Zustand übersteigerter Aufmerksamkeit, und witterte sofort schlechte Stimmung. Zum ersten Mal, seit ihn der Fall hierherführte, sahen ihn die Leute direkt an. Er legte einen Zahn zu und lief mit seiner Laptoptasche zum abgelegensten Aufzug des Gebäudes.

Mit großen Schritten marschierte er die Gänge hinunter, bis er Bats und Scarlys Müllhöhle erreicht hatte. Bat hing über dem Arbeitstisch und machte sich nicht mal die Mühe, Tallow anzusehen, bevor er den Mund aufmachte.

»Bae Ga«, sagte er. »Vierundzwanzig Jahre alt. Geboren in Incheon, Südkorea. Mathematiker. Vor achtzehn Monaten in Hell’s Kitchen ermordet. Mit einer Daewoo DP-51. Bevor Sie fragen – das ist eine südkoreanische Pistole.«

Vorsichtig legte Tallow die Tasche auf den Tisch. »Ein Mathematiker. Hat er hier studiert?«

»Gearbeitet. Irgendeine Aktiensache für eine Firma namens Stratagilex. Investmentfonds oder so. Ich hab wenig Ahnung von Finanzkram.«

»Ich brauche einen Namen bei dieser Firma. Am besten vom Chef. Und die Telefonnummer. Wo ist Scarly?«

»Hinter Ihnen.«

»Haben Sie mich erschreckt! Okay, ich hab was für Sie. Bat, was sitzen Sie noch da rum?«

»Der Tote passt nicht ins Muster, John«, erwiderte Bat. »Er schlägt komplett aus der Reihe. Warum hat der Typ einen Raubüberfall auf ein koreanisches Mathegenie vorgetäuscht und den Jungen erschossen? Bae Ga hatte keinerlei Verbindungen zu irgendwas anderem.«

»Das sehe ich anders.« Tallow öffnete die Tasche. »Schauen Sie sich das mal an, Scarly.«

»Was zur Hölle soll das sein?«

»Ich hab Ihnen doch erzählt, dass ich dem Typen vermutlich über den Weg gelaufen bin. Und dass ich ihm eine Zigarette gegeben habe. Er hat den Filter abgerissen und eingesteckt und die Zigarette geraucht. Aber den Stummel konnte er nicht einstecken – das hätte gestunken, und auf so was achtet er. Deshalb hat er den Stummel in eine Chipstüte gestopft, die auf der Straße rumlag. Denn wer würde schon so bescheuert sein, extra noch mal hinzufahren und die ganze Gosse nach einer einzigen Kippe abzusuchen, die es wahrscheinlich längst in weite Ferne geweht hat?«

Scarly musterte ihn mit hartem Blick. »Und wer ist so bescheuert, ernsthaft zu glauben, dass wir mit einem Zigarettenstummel, der vermutlich so heiß in die Tüte gestopft wurde, dass er mit dem Plastik verschmolzen ist, noch irgendwas anfangen können?«

»Ich. Gucken Sie sich’s doch mal an. Das ist ein langer Stummel. Klar, war ja kein Filter mehr dran. Und es hat ihm eh nicht besonders geschmeckt.«

Scarlys Blick senkte sich auf das Beweismittel. »Shit. Wir haben genau zwei Chancen. Bat. Du schmeißt die anderen sofort aus dem Reinraum und stellst sicher, dass das ganze Plastikzeug UV-bestrahlt wurde.«

Bat saß vorm Laptop und kritzelte auf der Rückseite einer alten, losen Kaffeebanderole herum, die er Tallow reichte, als er den Tisch umrundete. »Was liegt an?«

Scarly zerrte schon die Latexhandschuhe aus der Hosentasche. »Zigarettenpapier, das schleunigst bedampft werden muss, weil Fingerabdrücke drauf sein könnten. Und ich will das Mundstück zuschneiden, um es mit der schnellen EA1-Protease zu versuchen.«

»Mit der schnellen?«, fragte Bat. Tallow sah zu, wie die beiden in den Expertenmodus verfielen.

»Ja. Ich fürchte, für alles andere fehlt uns die Zeit.«

»Aber wie willst du das Ding zuschneiden? Für die Schnelle brauchen wir einen Quadratzentimeter Papier, und das geht auf Kosten der potenziellen Fingerabdrücke.«

»Nein, wir schneiden das Ende rundherum ab, dann haben wir insgesamt einen Quadratzentimeter. Und wir heben den Tabak auf, falls uns doch noch mehr Zeit bleibt.«

»Moment mal«, sagte Tallow. »Mehr Zeit? Schnelle irgendwas?«

Scarly seufzte. »Meine Chefin hat von ihrem Chef zu hören bekommen, dass der Fall zu viele Ressourcen auffrisst. Deshalb wird man uns eher früher als später von der Sache abziehen.«

»Und wen kriege ich als Ersatz?«

»Niemanden. Ich weiß auch nicht, was hier los ist, aber irgendwie leben wir nicht mehr in derselben Welt wie vor zwei Tagen. All unsere Sünden sind vergessen, und der Fall wird versenkt, sobald irgendein Wichser einen passenden Anker gefunden hat, den er dranbinden kann. Vielleicht einen Anker in John-Tallow-Größe.«

Tallow musste sich am Tisch festhalten.

»So sieht’s aus.« Scarlys Gesicht verhärtete sich. »Wir warten nur noch auf den Abzugsbefehl. Aber bis es so weit ist, ziehen wir es durch. Und deswegen probieren wir’s mit der schnellen EA1-Protease und schmeißen die anderen sofort aus dem Reinraum und erledigen so schnell wie möglich so viel wie möglich. Verstanden?«

»Verstanden. Machen Sie hin.«

»Wollte ich doch vorhin schon.«

Bat breitete seine dürren Arme aus und scheuchte sie aus dem Zimmer. »Der Mann versucht nur, seine Arbeit zu machen. Also sei nicht so, okay?«

»War ich doch gar nicht.«

»Warst du wohl.«

»Und wenn schon. Ich bin doch eine verfickte Autistin …«

Tallow überflog die Notiz auf der Pappbanderole und wählte die Nummer. Nach neunzig Sekunden erbitterter Wortgefechte mit Abfangjägern im Sekretärinnenkostüm hatte er sich zu einer Managerin namens Benson durchgeschlagen.

»Danke, dass Sie sich Zeit nehmen, Ms. Benson. Ich mache es so kurz wie möglich: Ich ermittle in einem Mordfall und bin soeben auf einen mutmaßlichen Zusammenhang mit dem Tod Ihres früheren Angestellten Bae Ga gestoßen. Deshalb hätte ich eine ganz simple Frage – was für Aufgaben hatte Mr. Ga bei Ihnen übernommen?«

»Bae? Bae war brillant. Er hat Algorithmen entwickelt.« Ms. Benson hatte eine Stimme wie Lauren Bacall, dachte Tallow – ein Echo von Zigaretten und Brandy, gezeichnet von so vielen Jahren, dass sie den Lauf der Welt kannte, und doch mit so viel jugendlicher Vitalität, dass sie noch in der Lage war, von der Welt enttäuscht zu werden. »Wissen Sie, Bae war einer von der neuen Generation. Er hat hervorragendes Englisch gesprochen, weil er aus einer Hafenstadt mit sehr internationaler Ausrichtung kam. Und er war genial. Er war unglaublich talentiert. Es war eine große Erleichterung, ihn in der Firma zu haben. Davor mussten wir für die Algos immer russische Physiker einsetzen, und die waren so gut wie alle wahnsinnig. Mit Bae wären wir bald in die erste Liga aufgestiegen.«

»Was den algorithmischen Handel angeht, meinen Sie?«

»Ja.«

»Hat man mal versucht, ihn abzuwerben?«

»Wer hat es nicht versucht?« Sie lachte. »Goldman Sachs, Vivicy, Blackrock, alle wollten ihn haben. Aber er wollte nicht weg. Er war noch so jung, er glaubte noch an Loyalität. Ein guter Junge.«

»Sie haben ihn gemocht.«

Wieder dieses Lachen. »Ich habe mich um ihn gekümmert. Und ich habe mich lange gefragt, was passiert wäre, wenn ich ihm nicht bei seinem Coming Out geholfen hätte. Wissen Sie … damals, in dieser Nacht, wollte er zu einer Party in einem der furchtbaren neuen Bauten in Clinton. Sein neuer Freund wollte auch kommen, ein Architekturstudent, auch ein ganz liebenswürdiger junger Mann. Ich habe Bae ermutigt, seine Zauberhöhle öfter mal zu verlassen. ›Du hast einen wundervollen jungen Mann kennengelernt‹, habe ich zu ihm gesagt, ›der mit seinem genialen Freund angeben will. Also los, geh zu der Party!‹« Ms. Benson zögerte. Und fuhr mit tieferer, härterer Stimme fort: »Und dann. Dann haben sie ihn erschossen wie einen Hund.«

»Eins noch, Ms. Benson. Eigentlich tut es nichts zur Sache, aber rein interessehalber … Wie hat Mr. Gas Tod Ihr Geschäft beeinflusst?«

Sie lachte. »Wenn ich Bae noch hätte, würde Andy Machen mir heute die Schuhe putzen! Er war und bleibt unersetzbar. Über so viel Genialität stolpert man nur einmal in einer Generation, Detective.«

»Danke für Ihre Zeit, Ms. Benson.«

»Wenn Sie etwas herausfinden …«

»Sollten sich neue Entwicklungen ergeben, informiere ich Sie selbstverständlich.«

»Danke. Es geht mir nicht ums Geschäft, falls Sie das denken. Wir marschieren weiter. Aber Bae fehlt mir. Und er hatte das nicht verdient. Kein bisschen.«

»Danke, Ms. Benson.«

Tallow legte auf, verstaute das Pappeteil in der Tasche und ging zum Aufzug, um sich in den Keller zu begeben, zur Landkarte der Mörderhöhle.

In der Rekonstruktion stand Assistant Chief Allen Turkel.

Tallow achtete darauf, dass seine Schritte bei Turkels Anblick nicht ins Stocken gerieten. »Sir«, sagte er, nickte ihm zu und ging zu dem Tisch außerhalb der Whiteboards.

»Detective John Tallow. Einen beeindruckenden Aufbau haben Sie da.«

»Vielen Dank, Sir. Wie kann ich behilflich sein?«

»Da bin ich mir noch nicht sicher, Detective. Ich wollte nur mal sehen, was Sie hier unten so treiben. In dem Raum, den Sie mir aus meinem Gebäude gestohlen haben.« Turkel lächelte, vielleicht um zu demonstrieren, dass er Tallow bloß ein bisschen necken wollte. Doch Tallow lief immer noch im fünften Gang. Er registrierte die Kratzspuren an Turkels Ehering. Der Ring wurde oft abgenommen. Nicht nur zum Duschen. Er wurde oft vom Finger gezogen und in die Tasche gesteckt. Außerdem ließ Turkel regelmäßig größere Beträge beim Friseur und hatte sich bereits die Zähne richten lassen, um sich auf einen Job vorzubereiten, in dem er häufig vor Publikum und Kameras sprechen musste. Er trug handgenähte Schuhe aus geschmeidigem, gepflegtem Rauleder mit einer Silberkette quer über dem Hals der Öffnung.

»Geborgt, Sir, nicht gestohlen. Und im eigentlichen Tatort konnte ich mich nicht einrichten. Dadurch hätte sich die Beweismittelsicherung nur noch länger hingezogen.«

»Na, das zeigt doch wenigstens, dass Sie auch mal einen halben Gedanken auf die Ressourcen des Departments verschwenden! Eine Frage, Detective: Denken Sie ab und zu über eine Beförderung nach?«

Tallow sah ihn bloß an.

»Ist doch nur eine Frage. Planen Sie, Ihr ganzes Leben als Detective zu arbeiten?«

»Ganz ehrlich, Sir? Ich plane generell wenig. Aber wenn Sie es unbedingt wissen wollen – nein, ich denke eigentlich nie über eine Beförderung nach.«

»Cops wie Sie kenne ich«, sagte Turkel, hob das Kinn und lächelte mit der Wärme eines Mannes, der zu wissen glaubte, wer hier Macht hatte und wer nicht. »Meiner Meinung nach gibt es drei Arten von Cops. Cops wie Sie, die glauben, dass sie für ihren Job geschaffen sind und die im selben Job bleiben, bis er sie umbringt oder bis die Rente ansteht. Cops wie Ihre Lieutenant, die befördert werden wollen, weil man befördert werden kann, und die glauben, dass es bei unserem Job um die Karriere geht. Mit solchen Cops kann ich wenig anfangen. Ich weiß, Ihre Lieutenant ist eine ausgezeichnete Managerin, und natürlich wird sie mir noch sehr nützlich sein, aber streng genommen will sie gar kein guter Cop sein. Sondern eine gute Kandidatin für ein höheres Amt.«

Als Turkel verstummte, nahm Tallow die Vorlage mit gespielter Dankbarkeit an. »Und die dritte Art? Sir?«

»Die dritte Art sind Cops wie ich. Cops, die Karriere machen müssen, weil sie wissen, worum es in unserem Job wirklich geht. Dem Cop auf der Straße leuchtet das oft nicht unmittelbar ein, aber Cops wie ich sind die wahren Idealisten. Denn nur wir haben eine Vision, wie sich das Department anpassen und wandeln kann, um der Stadt besser zu dienen. Deshalb wollte ich schon immer Karriere machen, deshalb will ich es noch. Weil ich Ihr Leben verändern und verbessern will.«

»Mein Leben.«

»Das Leben aller Cops unter meinem Kommando, sprich: auch Ihr Leben. Aber daneben habe ich eine Verantwortung gegenüber den Bürgern dieser Stadt, die uns schließlich finanzieren. Deswegen muss ich auf den Umgang mit unseren Ressourcen achten. Zum Beispiel hier. Welchem Zweck dient das alles?«

»Um das alles geht es bei diesem Fall, Sir.«

»Ich dachte, es geht um eine Menge ungelöste Mordfälle, die Sie wiedereröffnet haben?«

»Wollen Sie sich wirklich über den Fall unterhalten, Sir? Wollen Sie sich ernsthaft darüber unterhalten?«

Turkel betrachtete Tallow mit festem Blick und sagte nach einer kurzen Pause: »Ja.«

»Na schön. Ja, natürlich geht es um ungelöste Mordfälle. Aber nur für uns. Für den Täter geht es um diesen Raum. Für ihn waren die Morde nur ein Mittel zu diesem Zweck.«

»Was reden Sie da? Die Morde waren der Zweck. Die Tatwaffen hat er nur eingelagert, damit sie nicht gefunden werden.«

»Nein, Sir. Für den Täter ist dieser Raum der Zweck. Sekunde …« Tallow trat in die Rekonstruktion und überprüfte Turkels Standort. »Nein. Stellen Sie sich hier hin. Mit dem Gesicht zu dieser Wand. Und setzen Sie sich.«

Turkel runzelte die Stirn. »Ich bleibe stehen.«

»Auch gut.« Tallow wich hinter die Whiteboards zurück. »Konzentrieren Sie sich auf die Mitte der Wand.«

»Da ist … eine Form.«

»Genau, Sir. Und jetzt drehen Sie sich langsam nach links.« Tallow umrundete die Rekonstruktion wie ein Tier, das knapp außerhalb des Lichts eines Lagerfeuers umherstreift.

»Einmal im Kreis?«, fragte Turkel.

»Ja, Sir. Sie sehen schon, wo Sie anhalten müssen.«

»Mein Gott. Das sind … Muster, fast als würden die Waffen ineinanderfließen. An ein paar Stellen sind Lücken, aber …«

»Sie sagen es, Sir. Lücken. Jede Lücke steht für einen zukünftigen Mord.«

»Oh. O Gott. O Gott, es schlängelt sich auf den Boden …«

»Und auf dem Boden sind weitere Lücken, Sir. Und die ganze riesenhafte Maschinerie setzt sich in allen anderen Räumen fort, einmal rundherum und wieder zurück.«

Turkel flüsterte nur noch. »Was ist das, Tallow?«

»Das sind Informationen, Sir. Das ist das Werk eines sehr methodischen, sehr kontrollierten Wahnsinnigen, der Tötungsmaschinen verwendet, um ein Buch zu schreiben. Es ist ein Informationsfluss, es ist ein Code, Piktogramme, mathematische Formeln, die nur er versteht. Das Werk eines Serienmörders, der sich permanent in der Totemphase befindet, permanent unter Strom steht, permanent hellwach ist und permanent an seiner Botschaft für die Geschichte feilt. Das wurde vor zwanzig Jahren auf Manhattan losgelassen, Sir.«

Turkel sah aus, als müsste er sich gleich übergeben.

»Wie lange kennen Sie Andrew Machen schon, Sir?«, fragte Tallow.

»Seit über zwanzig Jahren mittlerweile«, murmelte Turkel geistesabwesend. Seine Augen hatten sich im Waffengürtel verfangen. »Warum? Was?«

»Und Jason Westover kennen Sie in etwa genauso lange?«

»Was?« Turkel kam schrittweise zu sich. Er blickte sich nach Tallow um, der die Rekonstruktion weiter umkreiste und nur in den Lücken zwischen den Whiteboards zu sehen war.

»Warum kauft Andrew Machen das Mietshaus, Sir? Was denken Sie?«

»Was? Wo sind Sie überhaupt? Und warum sollte er das Mietshaus kaufen?«

»Er kauft es für seine kleinen Zauberer, Sir, für den algorithmischen Handel. Damit er weiterhin unsichtbare Karten über den gesamten 1st District legen und Geld verdienen kann, indem er Verstecken spielt.«

»Was ist das für ein Schwachsinn? Bleiben Sie stehen, verdammt noch mal! Warum sollte Machen das Mietshaus …«

»Genau das habe ich mich auch gefragt, Sir. Bis vor fünf Minuten, als mir klar geworden ist, dass Sie alle so eifrig an Ihren eigenen unsichtbaren Karten der Stadt stricken, dass … dass Sie die Karten der anderen aus dem Blick verloren haben.«

»Was soll das bescheuerte Gerede, Tallow?«

Ein leicht entgeisterter Unterton hatte sich in Turkels Stimme eingeschlichen. Ein Unterton, der die Angst in Tallows Innerem zumindest teilweise überdecken konnte. »Andrew Machen hat die Karten übersehen, die der Mörder in die Stadt einzeichnet. Er hat das Mietshaus in der Pearl Street gekauft, um den Anforderungen seiner eigenen Karten zu genügen – ohne zu ahnen, dass sein eigener Auftragskiller in ebendiesem Haus seine Waffensammlung aufbewahrt. War sicher ein ziemlicher Schock, als er davon erfahren hat.« Tallow trat hinter Turkel in die Rekonstruktion. »Es geht immer nur um Karten, Sir. Auch dieser Aufbau ist eine Karte. Die Karte eines Zimmers.«

Turkel drehte sich um. Seine Augen zuckten nervös, sein Hirn ratterte in Höchstgeschwindigkeit. »Wollen Sie damit sagen, dass Andy Machen den Täter beauftragt hat, all diese Menschen umzubringen? Wollen Sie das wirklich behaupten? Wo sind Ihre Beweise? Haben Sie irgendwelche Beweise?«

»Darf ich weiterhin offen sprechen, Sir?«

Mit einem tiefen Einatmen richtete Turkel sich auf. Tallow sah, wie er neuen Mut fasste. »Ja.«

»Keiner kann uns hören.«

»Natürlich nicht, Tallow.«

»Und Sie wollen wirklich wissen, was ich über den Fall denke?«

»Sie können mich mal, Tallow. Es ist völlig egal, was Sie denken. Sie sind den Fall sowieso bald los.«

»Wie auch immer.« Tallow beschrieb einen langsamen Kreis um den Assistant Chief. »Sie waren vor zwanzig Jahren vermutlich Streifenpolizist, Jason Westover war wahrscheinlich frisch aus der Army entlassen und Andrew Machen … was weiß ich, Andrew Machen hat auf der Straße Goldfüllungen von alten Damen vertickt oder so. Sie kannten sich, alle drei. Vielleicht hatten Sie sich zufällig in der Kneipe kennengelernt, vielleicht waren Sie seit der Kindheit befreundet. Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden. Sie waren drei junge, in Maßen arrogante, ehrgeizige, hungrige, ein bisschen gierige Männer, die es angewidert hat, wie langsam es im Leben vorangeht, selbst hier in der großen Stadt. Und eines Abends hat einer von Ihnen gesagt: ›Stellt euch vor, wir könnten die ganzen Arschlöcher, die zwischen uns und unserem Erfolg stehen, einfach umlegen!‹ Allgemeines Gelächter, die nächste Runde wurde bestellt. Aber die Idee hat sich festgesetzt, oder? Sie ließ sich nicht abschütteln. Und als Polizist, Soldat und Banker konnten Sie gar nicht anders, als zu diskutieren, wie man so etwas anstellen könnte. Und dann? Kannte einer von Ihnen so einen komischen Typen? Haben Sie sich auf die Suche gemacht, auf die Suche nach jemandem, dem Sie aus irgendwelchen Gründen bedingungslos vertrauen konnten? Den Sie dafür bezahlen konnten, sich seiner Aufgabe so leidenschaftlich zu verschreiben, dass er sich unsichtbar – schon wieder dieses Wort! – durch die Stadt bewegen würde, solange es eben nötig war? Und dann war immer noch ein Mord nötig. Stimmt doch, oder? Es gab immer noch jemanden, den man aus der Bahn Ihres unaufhaltsamen Erfolgskurses schaffen musste. Sie, Sir, kannten ja die Statistiken. Sie wussten, wie viele ungelöste Mordfälle man in den jährlichen Zahlen unterbringen konnte. Doch heute stehen wir hier, Sir, weil es auch Dinge gab, die Sie nicht wussten. Sie wussten nicht, dass Ihr Handlanger seine Waffen aufbewahrt und in einem Apartment in der Pearl Street versteckt hat. Jason Westover wusste zwar, dass ihm ein Sicherheitssystem abhandengekommen war, und hatte sich entschieden, ein Auge zuzudrücken – aber er wusste doch bestimmt nicht, dass dieses System die Tür dieses Apartments sicherte. Und Andrew Machen hatte keine Ahnung, dass er sich kein Mietshaus, sondern die vollständige Aufdeckung des gesamten Systems kaufte.«

Turkel beugte sich vor und übergab sich.

Als der Mann auf Händen und Knien sein Innerstes rauswürgte, musste Tallow sich sehr, sehr zusammenreißen, um ihm nicht in den rebellierenden Magen zu treten. Stattdessen wich er von dem Gestank zurück.

Tallow hatte mindestens drei spontane, frei zusammenfantasierte Erfindungen in seine Erzählung eingeflochten; beispielsweise die Unterstellung, Westover hätte von der Sicherheitstür des Apartments 3A gewusst. Doch sein Instinkt sagte ihm, dass die drei Männer in regelmäßigem Kontakt standen, sodass es ihm langfristig in die Hände spielen könnte, ein paar Falschinformationen zu streuen. Falls ihm noch eine lange Frist blieb.

»Scheiße noch mal, was geht hier vor?«

Mit seinem kraftvollen Reihern hatte Turkel das Zischen der Aufzugstür übertönt. Tallow erkannte die Stimme und wusste, in welches Gesicht er gleich blicken würde – in das Gesicht einer Frau, die stets aussah, als hätte sie sich vor Sekunden einen hochprozentigen Scotch einverleibt.

»First Deputy Commissioner«, sagte er.

Flankiert von zwei Zivilpolizistinnen marschierte sie mit kleinen, schnellen Stampfschritten quer durch den Raum und vorbei an Tallow.

»Mit Ihnen rede ich nicht. Stehen Sie auf, Al. Los, verdammt noch mal!«

»Lebensmittelvergiftung«, krächzte Turkel, richtete sich halb auf und kramte nach einem Taschentuch.

»Gut. Wenn Sie verrecken, muss ich Sie nicht mehr umbringen. Scheiße noch mal, was haben Sie sich dabei gedacht?«

»Wanda …«

»Ich sag Ihnen, was Sie sich dabei gedacht haben. Sie dachten, Sie könnten mir meinen Job wegficken. O ja, ich kenne Sie, Al Turkel! Ich sollte Sie am Schopf packen und Ihnen die Augen rausprügeln, wo Sie schon mal vor mir knien. Wenn Sie meine vier Sterne wollen, seien Sie ein Mann, ziehen Sie die Waffe und nehmen Sie sie mir ab!«

»Mein Gott«, ächzte Turkel. »Was ist hier los?«

»Was hier los ist? Sie wollen einen Fall versenken, der noch keine verfickte Woche alt ist! Das ist hier los! Sie wollen den Pearl-Street-Fall versenken, weil Sie ganz genau wissen, dass Sie damit durchkommen würden. Denn wer kriegt die Fresse vollgeschissen, wenn der Commissioner vom Bürgermeister oder sonst wem wegen dem gottverdammten Fall rangenommen wird? Etwa Sie? Nein, ich! Dafür ist die First Deputy schließlich da! Königin Scheißhaus!«

»Sie sind wahnsinnig, Wanda.«

»Soll ich Ihnen sagen, was wahnsinnig ist? Dass der Captain des 1st sein allerletztes Vitamin B, das er sich eigentlich aufgespart hatte, um ein paar Jährchen früher bei vollen Bezügen in Rente zu gehen, gerade auf diesen Jungen verschwendet hat …« Sie deutete auf Tallow. Obwohl sie ihn nicht mal ansah, fühlte er sich wie festgenagelt. »… nachdem er ein Memo aus Ihrem Büro bekommen hatte, in dem stand, dass er den verfickten Fall versenken soll!«

Tallow wippte schüchtern auf den Fersen.

»Sie haben mir nicht zu sagen, wie ich meinen Bezirk zu leiten habe«, meinte Turkel und stand wankend auf.

»Ihr Bezirk. Meine Stadt. Also scheiße noch mal, was soll das?«

»Der Fall ist unlösbar. Eine Verschwendung von Ressourcen. Ich lasse alle Beweismittel sammeln. Das CSU wird sie weiterhin im Rahmen eines nachrangigen Arbeitsprozesses untersuchen, bis wir eine solide Grundlage entwickelt haben.«

»Sie sind ein verfickter Vollidiot, Al. Ein Cop aus der Asservatenkammer in der Bronx wurde ermordet, und seine Kollegen haben nicht mal geschnallt, dass die Knarre des verdammten Son of Sam weg war! Was denken Sie, was hier los ist, wenn der Scheiß an die Presse durchsickert? Und er wird durchsickern! Müssen Sie dann blöde Fragen beantworten? Nein. Irgendein grinsender Schweinehund wird den Commissioner ablichten, wie er aus dem Bürgermeisterbüro kommt, wo er seinen Chef mal wieder eine Stunde lang mit Tausenddollarscheinen fisten musste, oder was der Commissioner halt so machen muss, um nicht wöchentlich rausgeschmissen zu werden … irgendwer wird ihn ablichten und sagen: ›Hey, könnte es sein, dass ein Massenserienkiller einen Cop abgeknallt und die Knarre eines anderen Serienkillers aus Ihrem Beweismittellager gestohlen hat, was im Übrigen nur einer von gut zweihundert Morden war, deren Zusammenhang Ihnen völlig entgangen ist, sodass Sie den Fall lieber gleich abgeschossen haben? Kommentare?‹«

»Wanda«, sagte Turkel mit müder Stimme, »haben Sie für solche Tage nicht Ihre Tabletten?«

»Fresse, Al. Ihre Anordnung wurde aufgehoben.«

»Das können Sie nicht machen.«

»Ich habe es schon getan. Ich weiß, dass Sie meinen Job wollen, und eines Tages auch den des Commissioners. Und Sie sind gut, Al, sehr gut sogar. Sie machen kaum Fehler, Sie sind die Leiter rasch hochgeklettert. Aber ich gebe Ihnen einen Gratisratschlag: Sie denken wie ein Manager. Sie denken, dass es auf Ihrem Level immer noch darum geht, Zielvorgaben zu erfüllen, und wenn eine Statistik nicht hinhaut, wird sie eben verscharrt. Und das stimmt schon, was die Beförderungsrichtlinien und CompStat angeht. Aber da, wo ich stehe, muss man eine größere Karte im Kopf haben. Da muss man auch mal ein paar miese Zahlen einstecken, wenn man nicht von den Medien oder der Politik abgeräumt werden will. Und was diesen Fall angeht, auch von all den anderen Cops im Department, die sich natürlich fragen, was passiert, wenn sie mal bei einer unliebsamen Geschichte erschossen werden, und der feine Al Turkel dann auch lieber den Kopf in den Sand steckt!« Die First Deputy spuckte tatsächlich vor Turkel auf den Boden. So langsam kapierte Tallow, warum sie immer unter Personenschutz stand. »Benehmen Sie sich wie ein verdammter Cop, Turkel!«, rief sie, machte auf dem Absatz kehrt und ging, wie sie gekommen war, vorbei an Tallow. »Sie sind John Tallow?«, fragte sie, als sie auf ihn zusteuerte.

»Ja, Ma’am.«

»Sie sind ein Arschloch.« Damit stampfte sie zum Aufzug.

»Ja, Ma’am.«

Ohne Turkel aus den Augen zu lassen, lauschte Tallow auf die verklingenden Schritte der First Deputy und zählte eine weitere Minute herunter, während Turkel sich säuberte und zu sammeln versuchte. Dann ging er selbst zum Aufzug.

Der Lift ließ auf sich warten. Turkel sagte nichts. Nach weiteren zwei Minuten traf der Lift ein. Die Tür öffnete sich mit einem schleppenden Poltern.

Tallow trat ein. Turkel sah ihn immer noch nicht an – doch er sagte etwas, langsam und wohlüberlegt, mit einer Stimme wie klirrendes Glas: »Ich hätte es verhindern können. Daran sollten Sie denken, wenn Sie heute Abend nach Hause gehen. Ich hätte verhindern können, was nun passiert. Aber jetzt werde ich es zulassen.«

Ruckend und zitternd schloss sich die Tür, und die Elektronik der Aufzugskabine setzte für einen Augenblick aus. Ein paar Sekunden lang war es stockdunkel.

Tallow benötigte geschlagene fünfzehn Minuten, um den Hausmeister aufzustöbern. Und als er ihn gefunden hatte, musste er ihm für das Putzen der Rekonstruktion auch noch zehn Dollar Schmiergeld zahlen.

»Ich glaube kaum, dass ich Sie bestechen muss, damit Sie Ihre Arbeit machen.«

»Und trotzdem haben Sie mich gerade dafür bezahlt, eine Aufgabe zu erledigen, für die ich sowieso bezahlt werde«, sagte der Hausmeister und pflückte ihm den Schein aus den Fingern. »Die Welt des Kapitalismus ist ein Mysterium, das weit über den Horizont von unseresgleichen hinausgeht.«

»Ich hätte Ihnen auch befehlen können, verdammt noch mal zu spuren«, gab Tallow zu bedenken.

»Schon möglich.« Lächelnd steckte der Hausmeister den Zehner ein. »Bestimmt hätte es eine Möglichkeit gegeben, mich zum Arbeiten zu bewegen, ohne dafür zehn Dollar zu latzen. Aber wie genau? Das werden wir wohl nie erfahren …«

Tallows Blick verschwamm. Ihm war soeben klar geworden, was Turkel da gesagt hatte. »Dieses Arschloch«, zischte er und ging.

Auf dem Rückweg zum CSU klingelte sein Handy. Die Lieutenant.

»Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, sagte Tallow.

»Wie meinen?«

»Die Anordnung des Assistant Chief wurde widerrufen. Aber das heißt nur, dass er morgen eine neue, etwas umformulierte Anordnung rausgeben wird, vielleicht auf einem anderen Dienstweg, und das war’s dann. Wahrscheinlich sitzt er schon im Büro und tüftelt am Text.«

»Scheiße, Tallow, was ist da drüben los?«

»Das glauben Sie mir sowieso nicht. Ich durfte eben miterleben, wie Assistant Chief Turkel von der First Deputy Commissioner den Kopf gewaschen bekommt.«

Ein lautes, verblüfftes Lachen. »O Gott. Hatte sie wieder ihre abartigen flachen Wanderstiefel an?«

»Natürlich. Sie ist rumgestampft, als hätte sie es auf eine Truppe Ameisen abgesehen.«

»Gott, ich liebe die Frau. Hoffentlich, hoffentlich bringt sie es eines Tages zum Commissioner.«

»Turkel kennt Machen«, sagte Tallow. »Machens Firma kauft das Mietshaus in der Pearl Street. Machen und Westover sind so dicke Freunde, dass Machen ihm die spätere Mrs. Westover vorgestellt hat. Machen hat erfolglos versucht, einer Konkurrenzfirma einen koreanischen Mathezauberer abzujagen; kurz darauf wurde der koreanische Mathezauberer tot aufgefunden, erschossen mit einer koreanischen Pistole.«

»Um Himmels willen, John, das sind wieder nichts als Spekulationen. Ich brauche Beweise.«

»Glauben Sie etwa, ich liege falsch?«

Tallow hörte, wie sie tief einatmete. »Nein. Zumindest nicht komplett falsch. Aber das Ganze wird immer größer und chaotischer, und das immer schneller, und Sie machen es nur noch schlimmer, indem Sie überall neue Zusammenhänge entdecken. Bringen Sie mir Fakten, die man auch mit bloßem Auge erkennen kann. Denn wenn Sie mit irgendwas recht haben, dann damit, dass der Assistant Chief einen anderen Weg finden wird, den Fall abzusägen. Und wenn es so weit kommt, dann weil Sie es verbockt haben. Sie haben nichts Konkretes, und er wird sich in den ersten Teilaspekt verbeißen, den man womöglich aufklären könnte «

»Shit«, sagte Tallow. »Die First Deputy hat’s ihm auf dem Silbertablett serviert. Sie hat ihm den .44er Bulldog um die Ohren gehauen.«

»Ich brauche was Konkretes, John, und zwar bald. Der Captain hat schon angefangen, sein Büro in Kisten zu packen. Der ist fertig hier, der wartet nur noch darauf, dass es ihm einer sagt. Die erste Kugel hat er für uns abgefangen, und Sie dürfen nicht zulassen, dass die Gegenseite eine zweite abfeuert. Ich stecke das Ding sicher nicht für Sie ein.«

»Verstehe. Aber Sie kapieren schon, wie groß der Fall geworden ist? Sie kapieren schon, dass das alles zusammenhängt?«

»Lassen Sie das irre Gerede, John. Sonst komme ich doch noch zu dem Schluss, dass Sie wahnsinnig sind und Urlaub machen sollten.«

»Okay, okay. Wir reden morgen weiter.« Als Tallow auflegte, wusste er, dass er ihr damit vielleicht ein Versprechen gemacht hatte, das er nicht halten konnte. Was auch immer er sich eingebrockt hatte, es kam heute Nacht auf ihn zu. Er spürte es in den Knochen. Tallow stand da, mit dem Telefon in der Hand, und überprüfte seinen Geisteszustand – eine auffällig ruhige Angst, ein Gefühl der Leere in der Brust, immer schnellere Gedanken. Aber noch erschienen ihm seine Gedanken sinnvoll. Noch zitterten seine Hände nicht. Insofern war es eine nützliche Angst.

Für einen Moment umfing ihn eine Sinneserinnerung: Er war fünf, vielleicht sechs Jahre alt, und auf dem Heimweg von der Schule. Seine Mutter wartete auf der anderen Straßenseite. Tallow sah es vor sich: eine T-Kreuzung, und er musste über den horizontalen Balken des T’s. Es war Frühling. Die Abende wurden länger, sie trugen ein Versprechen in sich – das Versprechen, länger aufzubleiben, mehr Sachen zu machen, die Stunden des warmen, goldenen Lichts mit Aufregung und Freude oder einfach mit wohligem Beisammensein mit seinen Eltern zu füllen. Das Versprechen schien sich nie vollständig einzulösen, doch im Frühling brauchte es nur das Versprechen, um glücklich zu sein. Seine Mutter beobachtete den Verkehr und streckte die Arme aus, als er die Straße sicher überqueren konnte. Am Morgen hatte sie ihm gesagt, dass sie einkaufen gehen würde, dass es abends Eis zum Nachtisch geben würde. Er rannte los. Vor ihm lag der ganze schöne Abend, der Himmel war noch hell, und er fühlte sich, als hätte er der Welt einen zusätzlichen Tag abgeluchst.

Da stolperte er. Tallow erinnerte sich bis ins Detail. Mitten auf der Straße stolperte er und landete flach auf der Brust. Wäre er nicht so weit vorgebeugt gelaufen, weil er es gar nicht erwarten konnte, bei Mom anzukommen und in den Abend zu starten, hätte er sich vermutlich das Kinn aufgeschürft oder ein paar Zähne ausgeschlagen. So plumpste er nur auf die Brust, seine Handflächen klatschten auf den Asphalt, seine beiden Knie prallten gleichzeitig auf. Er suchte den Blick seiner Mutter. Seine Mutter starrte auf den VW-Bus, der gerade in die Straße einbog. Ein blau-weißer VW-Bus. Hätte man Tallow eine Farbtafel vorgelegt, hätte er noch heute den exakten Blauton identifizieren können. Er konnte die Rostschlieren auf dem VW-Logo an der Vorderseite des Kleinbusses erkennen. Hinter dem Steuer saß eine füllige Frau mit grauem Topfschnitt, die einen dicken grünen Pulli trug.

Die Angst lag ihm schwer auf der Brust, die entsetzliche Leere der Angst. Seine Lunge war nicht mehr zu spüren, einfach nicht mehr zu spüren, und sein Körper versuchte nicht mal, Luft zu holen. Wie auch? Seine Gedanken verlangsamten sich zu einer verwackelten Prozession, zu einem Praxinoskop aus Bildern, simplen Berechnungen und Gewissheiten.

Der VW-Bus bremste, Tallows Mutter unterdrückte einen Schrei, rannte auf die Straße und hob ihren Sohn auf. Tallow hätte problemlos selbst aufstehen können, doch er ließ sich in den Arm nehmen und auf den Gehsteig tragen. Während seine Mutter der lächelnden Frau hinter dem Steuer zuwinkte und immer wieder »Danke!« rief, betrachtete er die Fahrerin. Sie wirkte noch dankbarer als seine Mutter. Tallow wusste noch, wie sie das Lenkrad gestreichelt und zittrig ausgeatmet hatte – die Erleichterung einer Frau, die auf dem Heimweg doch keinen kleinen Jungen überfahren hatte. Darüber hatte er noch die ganze Woche nachgedacht, nachts im Bett. Wie die Frau sich bei ihrem Kleinbus bedankt hatte, weil er so freundlich gewesen war anzuhalten, als er dazu aufgefordert wurde.

Jetzt dachte Tallow über sich selbst nach, wie er mit fünf oder sechs Jahren auf die Plastiksterne gestarrt hatte, die sein Vater aus irgendeinem fluoreszierenden Material ausgeschnitten und in groben Sternbild-Formationen an die Decke seines Zimmers geklebt hatte. Er erinnerte sich, dass er trotz – oder wegen? – seiner Angst gewusst hatte, dass er noch rechtzeitig von der Straße hätte entkommen können. Dass er mit einem Lächeln eingeschlafen war, da er ohne jeden Zweifel gewusst hatte, dass es kein Problem gewesen wäre, sich aufzurappeln und wegzurennen.

Es war lange her, dass John Tallow so richtig Angst gehabt hatte. Jetzt hatte er Angst. Dieselbe kalte, unmittelbare Angst wie an diesem Tag in seiner Kindheit.

Tallow marschierte zu Scarlys und Bats Höhle. Nur Bat war da. Er tippte auf dem Laptop.

»Wo ist Scarly?«

»Arbeitet am Zigarettenpapier«, sagte Bat, ohne von der Tastatur abzulassen. »Bei dieser Prozedur bin ich nicht erwünscht. Ich muss dabei immer husten, und einmal – na ja, wir hatten gerade eine widerliche Pizza gegessen, und ein Stückchen hing mir noch in den Zähnen. Beim Bedampfen musste ich dann husten, Scarly hat mich angeschrien, ich habe gehustet, und da ist mir ein Sardellenfitzel aus dem Mund und quasi direkt in ihren Mund geflogen.«

»Und jetzt dürfen Sie nicht mehr mithelfen.«

»Lieber nicht. Deshalb versuche ich gerade, dem Zuschnitt ein bisschen DNA zu entlocken.«

»Mit der schnellen Methode?«

»Mittelschnell, würde ich sagen. Aber wenigstens kann ich es von hier aus per Computer steuern. Mit allerbestem Willen und allem Glück der Welt wissen wir in frühestens einer Stunde mehr. Aber ich habe nie Glück und arbeite beim NYPD. Von daher …«

»Verstehe«, sagte Tallow. »Heißt das, ich könnte Sie mal für eine Stunde ausleihen?«

»Was brauchen Sie denn?«

»Sie. Und ein paar von Ihren Gerätschaften.«

»Klingt, als hätten Sie einen Plan, John.«

»Für Pläne ist es schon lange zu spät. Jetzt sind verzweifelte Aktionen in letzter Sekunde gefragt. Alternativ könnten wir uns auch mitten auf die Straße legen, während ein Kleinbus auf uns zurauscht.«

»Aha. Okay. Kann ich vorher noch mit Scarly reden?«

»Worüber denn?«, fragte Scarly, die plötzlich mit leuchtenden Augen hinter Tallow stand. Sie atmete sehr schnell und flach.

»Was hast du angestellt?« Bat wandte sich an Tallow: »Den Blick kenne ich. Sie hat was angestellt. Ganz bestimmt.«

»Das kannst du laut sagen«, meinte Scarly. »Ich hab einen Fingerabdruck.«

»Heilige Scheiße«, erwiderte Bat.

»Keinen besonders tollen Fingerabdruck«, beschwichtigte Scarly schnell. »Aber Abdruck ist Abdruck. Und falls unser Täter schon mal das Vergnügen mit dem NYPD hatte, sollte es für einen Abgleich reichen. Mann, John, wir haben einen Fingerabdruck. Konnten Sie sich das vor einer Sekunde überhaupt vorstellen?«

»Ich stelle mir im Moment vor, einen Daktyloskopen anzufordern, der den latenten Abdruck bestätigt, falls wir eine Übereinstimmung finden«, meinte Bat.

»Mach mich nicht schwach, Bat. Ich hab gerade einem Zigarettenstummel, der in eine Chipstüte gestopft wurde, einen Fingerabdruck entrissen. Du solltest mir auf den Knien huldigen. Und mir Nutten bestellen.«

»Die Bestätigung durch den Daktyloskopen können wir immer noch einholen«, meinte Tallow. »Warten wir erst mal den Abgleich ab. Wenn wir den Typen sehen, erkennen wir ihn sofort. Todsicher. Und jetzt borge ich mir Bat für eine Stunde aus. Aber wir kommen zurück. Spätestens morgen früh sind wir den Fall los – also wenn wir noch was basteln wollen, das nach einer beweisgestützten Theorie aussieht, dann heute Nacht. Sind Sie dabei, Scarly?«

»Ich bin verheiratet, John. Ich kann nicht dauernd die ganze Nacht wegbleiben.«

»Mann, Scarly«, sagte Bat. »Wer hat denn vor fünf Sekunden wegen einem verdammten Fingerabdruck rumgekräht?«

Scarly ließ die Schultern hängen und fixierte Tallow mit einem Grinsen. »Okay, ich seh’s ein. Wir hängen zu tief drin, um noch aufzuhören. Aber wir müssen auch mal was essen, und ich muss sicherstellen, dass mich meine Gattin später nicht das Klo runterspült. Ich geh dann mal telefonieren.«

»Tun Sie das«, meinte Tallow. »Der Abdruck läuft bereits durch die Datenbank?«

»Ja.«

»Gut. Okay, Bat. Wir nehmen ein bisschen was von Ihrem Spielzeug mit.«

»Falls Sie wirklich glauben, dass das was bringt«, sagte Bat im Wagen, »sind Sie absolut und unwiderruflich wahnsinnig.«

»Warum behaupten die Leute ständig, ich wäre wahnsinnig? Das nervt.«

»Gewöhnen Sie sich lieber dran. Ich … ich stecke meine Nase ja ungern allzu tief in fremde Angelegenheiten, aber waren Sie schon so drauf, bevor Ihr Partner umgekommen ist?«

»Und ich dachte immer, Scarly wäre die Autistin ohne Sozialkompetenz.«

»Mir ist schon klar, was ich da für eine Frage stelle. Ich weiß, dass es immer noch wehtut. Aber es ist eine vernünftige Frage. Würden Sie sagen, dass Sie sich anders verhalten würden, wenn Sie noch mit Ihrem Partner zusammenarbeiten würden? Wäre es nicht eventuell möglich, dass … Ich will jetzt nicht von Traumatisierung oder irgendwelchem gefühlsduseligen Scheißdreck reden, aber …«

Tallow seufzte. »Aber Sie fragen sich schon, ob ich ein bisschen durchgeknallt bin, als ich Jims Tod miterlebt habe?«

»Könnte man so sagen. Aber natürlich hätte ich es viel netter ausgedrückt.«

Ein uniformierter Cop trat vor ihnen auf die Straße, um dem Verkehr Einhalt zu gebieten. Dahinter parkte ein Krankenwagen auf dem Gehsteig, und an der Straßenecke brannte ein Mann. Ein knieender, zweifellos toter Mann, der von Flammen verschlungen wurde und ganz langsam in sich zusammensackte.

Hinter dem uniformierten Cop wehte eine Melone mit unzähligen Taubenkotflecken und drei Truthahnfedern im Hutband über die Straße.

In Tallows jüngerer Erinnerung meldete sich eine Stimme: Ich hab sie nur nach Feuer gefragt.

»Und Sie fragen mich, ob ich ein bisschen durchgeknallt bin«, murmelte er vor sich hin.

»Ja«, sagte Bat. »Weil Sie sich einen komplett durchgeknallten Plan ausgedacht haben.«

»Und trotzdem sitzen Sie bei mir im Wagen.«

»Stimmt. Ich habe nie behauptet, dass ich was gegen durchgeknallte Pläne habe. Ich sage nur, dass der Plan nichts bringt.«

»Sie wissen, was ich von Ihnen will. Haben Sie’s drauf oder nicht?«

»Doch, doch. Es wird mir sogar Spaß machen. Aber ich denke mir eben … Ach, was weiß ich. Sitting Ninja Bull, keine Beweismittelkette, sein Geschichts-Fu ist stärker als Ihres, ein unlösbarer Fall und so weiter und so verfickt noch mal fort. Das hatten wir alles schon tausendmal.«

»Geschichts-Fu«, wiederholte Tallow langsam.

»Sie wissen doch, was ich meine. Wobei ich mich schon frage, warum Sie bei Geschichts-Fu ins Grübeln geraten, während Sitting Ninja Bull einfach so durchrutscht.«

Tallow holte Luft. »Also gut«, sagte er, als er fröstelnd ausatmete. »So sieht’s aus: Mein Mietshaus hat drei Eingänge. Vordereingang, Hintereingang, Feuertreppe …«

Letztendlich waren die Vorbereitungen in unter einer Stunde abgeschlossen. Bat erledigte sämtliche Aufgaben mit einem Dauergrinsen auf dem Gesicht, im hochmotivierten Zustand eines Hyperfokus, was abermals die Frage aufwarf, ob er nicht doch mehr autistische Züge an sich hatte als Scarly. Auf der Rückfahrt zum One PP zitterte er noch immer vor Begeisterung.

»Der durchgeknallte Plan gefällt Ihnen also«, merkte Tallow an.

»Ha! Wegen so einem Zeug hab ich mir den Job ausgesucht! Das war ganz heißer Scheiß!«

»Sie sind zu den Cops gegangen, weil … weil Sie gerne basteln?«

Bat lachte und zappelte auf dem Beifahrersitz herum. »Nee, nicht deswegen. Wollen Sie wissen warum?«

»Sicher.«

»Wegen den Krimiserien.«

»Sie verarschen mich doch.« Das hatte Tallow schon zu oft gehört, und er hatte es nie geglaubt. Wer so doof war, Krimiserien mit echter Polizeiarbeit zu verwechseln, hatte gar keine Chance, bei den Bullen unterzukommen. Dazu musste man immerhin genügend Intelligenz an den Tag legen, um sich selbstständig anzuziehen.

»Von wegen. Das Tao der Krimiserien, Mann. Die ganzen Krimiserien, mit denen ich aufgewachsen bin, vor allem die der Nullerjahre, haben dieselbe Aussage: Solange man schlau genug ist, solange man nicht auf Kriegsfuß mit der Wissenschaft steht, solange man nie aufgibt und solange man das Problem immer schön wissenschaftlich bearbeitet, macht es irgendwann Klick, und das Problem ist gelöst. Welches Problem? Es ist immer dasselbe: Die Welt ergibt keinen Sinn mehr, sodass die Cops mit wissenschaftlichen Mitteln dafür sorgen müssen, dass sie wieder Sinn ergibt. Das ist das Herz jeder Krimiserie. Wer sich nur eine Stunde lang eine beliebige Krimiserie reinzieht, bekommt einen Zusammenbruch des Gesellschaftsvertrags vorgeführt. Man erfährt, wie es dazu kommen konnte, wie es rückgängig gemacht wird und wie verhindert wird, dass es sich jemals wiederholt. Deshalb sind Krimiserien so beliebt. Weil sie unser Gefühl ernst nehmen, dass alles im Arsch ist, um uns dann zu zeigen, wie wir rauskriegen können, was wirklich im Argen liegt – was die Welt wieder etwas einfacher macht – und wie wir damit klarkommen können. Es ist doch bekannt, dass … Tallow, haben Sie schon mal eine Freundin betrogen?«

»Einmal«, antwortete Tallow zum Spaß, obwohl das nicht stimmte. Nicht zuletzt, weil sich keine Gelegenheiten geboten hatten.

»Dann wissen Sie ja Bescheid. Sie haben einen Teil des Gesellschaftsvertrags gebrochen, die einfachste Regel: Das tut man nicht. Aber es fällt nur beim ersten Mal schwer. Wenn die Sonne trotz so viel Bosheit nicht verlischt … dann fällt es beim nächsten Mal schon leichter. Und beim übernächsten Mal. Jeder Krimigucker weiß, dass der Böse immer weiter böse handeln wird. Er muss hinter Gitter. Und da wollte ich mitmachen. Ich wollte unbedingt zu denen gehören, die solche Typen mit ein bisschen Köpfchen und Handarbeit hinter Gitter bringen. Und ich verrate Ihnen was.« Bat lächelte. »Ich sage den Leuten nie, dass ich bei den Cops bin. Ich sage ihnen, ich bin beim CSU.«

»Ist doch dasselbe.«

»Nichts für ungut, aber das wäre ja noch schöner. Ich bin beim CSU. Ich löse Rätsel. Ich jage und bastle und löse Rätsel mithilfe der Wissenschaft. Und was macht ein New Yorker Cop? Ein New Yorker Cop vermöbelt Demonstranten und vergewaltigt Frauen.«

»Moment mal …«

»Wollen Sie das ernsthaft bestreiten, John? Und was war mit dem Detective, der eine Frau im Eingang ihres Mietshauses in der Bronx vergewaltigt hat? Was hat er laut ihrer Aussage gesagt? ›Ich bin nicht so schlimm wie die Kollegen, die das andere Mädchen vergewaltigt haben!‹ Was war mit Occupy Wall Street, wo gegen Ende Frauen eingepfercht und mit Pfefferspray vollgesprüht wurden? Wo Journalisten niedergeknüppelt wurden? Wo einem Abgeordneten der Schädel angeknackst wurde? Wo Frauen aus Rollstühlen gezerrt wurden? So was machen New Yorker Cops. Wir sind keine gottverdammten Helden. Und deshalb sage ich den Leuten nie, dass ich bei den Cops bin. Ich bin nur ungern draußen an der Front. Ich bleibe lieber in meinem Stockwerk im One PP, wo wir Wissenschaft betreiben und Rätsel lösen und nie raus müssen, um jemandem die Fresse zu polieren, nur weil er im Weg rumsteht und genau die Scheiße labert, die wir so was von verdient haben …«

»Wollen Sie vielleicht mal durchatmen, Bat?«

Bat hielt es nicht mal für nötig, ein höfliches Lachen vorzutäuschen. »Wissen Sie, warum wir Forensiker Streifenbullen und Detectives hassen? Weil Sie uns daran erinnern, für wen wir arbeiten.«

»Ja. Für die Jäger des Sitting Ninja Bull.«

Dafür schenkte Bat ihm ein leises, schnaubendes Kichern. »Hey«, sagte er, als er aus dem Fenster blickte. »Wo sind wir hier?«

»Ein kleiner Umweg. Ich will mir was anschauen.«

Bat sah sich um, als wollte er die beliebige Flugbahn einer Fliege mitverfolgen. »Ist das da drüben der Collect Pond Park? Ich dachte immer, da gäbe es einen echten Teich.«

»Da wird seit Jahren gebaut«, meinte Tallow. »Erst kürzlich hatten sie einen kleinen Teich gebuddelt, dann haben sie ihn wieder trockengelegt, und jetzt wird er neu ausgehoben oder so.«

Der Collect Pond Park war ein klägliches Quadrat aus grauen Pflastersteinen. Da wirkten selbst die gestapelten, gelb gestrichenen Absperrungen aus einer der unzähligen Bauphasen wie ein erfrischender Farbtupfer.

»Das«, sagte Tallow, »ist Werpoes. Das Wasser floss von der Quelle in der Spring Street durch den Fluss, der später zu einem Kanal entlang der heutigen Canal Street erweitert wurde, und sammelte sich in einem Teich, den man Collect Pond taufte. Doch um 1800 herum war der Teich eine einzige Giftpfütze. Um ihn trockenzulegen, wurde der Kanal gegraben, und als der Teich zugeschüttet war, wurde die Canal Street auf den Kanal gepfropft. Aber früher gehörte das ganze Gebiet um den Teich zu Werpoes, dem größten Dorf der amerikanischen Ureinwohner in Lower Manhattan. Und was ist davon übrig? Das da. Der trockene Teich, die Überreste der Kuppelhäuser von Werpoes und alle anderen Hinweise auf die Menschen, die schon vor uns hier waren, liegen tief unter der Erde. Unter diesem Fleck Park und da drüben.« Tallow deutete in die andere Richtung.

»Die Gruft«, sagte Bat, als er seinem Finger folgte.

»Ja. Die Gefängnismauern des Manhattan Detention Complex wurden direkt über Werpoes und dem Collect Pond erbaut. Das Strafgericht auch. Das ursprüngliche Gefängnis ist deswegen sogar weggefault – der Teich war so schlampig trockengelegt und zugeschüttet worden, dass sich das ganze Gelände in Sumpfgebiet verwandelt hat, und die Feuchtigkeit ist in die Gruft gesickert. Und jetzt frage ich mich …«

»Warum Ihr Hirn auf einmal eine öffentlich-rechtliche Radiosendung über enorm uninteressante Stadtgeschichte empfängt?«

»Ich frage mich, warum mich Mrs. Westover davor gewarnt hat, nach Werpoes zu gehen. Und ich werde an diesen Moment denken, falls Sie noch einmal behaupten, dass mein Geschichts-Fu nicht auf der Höhe wäre. Ich habe mich nicht umsonst in das Thema eingelesen, Bat. Die einzig logische Schlussfolgerung wäre, dass der Täter in Werpoes herumspukt. Aber schauen Sie sich doch mal um. Die Gruft, das Gericht, ein Park, in dem sich nicht mal ein fetter Chihuahua verstecken könnte, Bürogebäude … Wo soll ein Typ, der seine größten Kostbarkeiten in einem baufälligen Mietshaus in der Pearl Street lagert, hier denn wohnen?«

»Außerdem sind hier haufenweise Bullen unterwegs.«

»Unter anderem wir«, meinte Tallow und drückte aufs Gas.

Scarly saß im Schein ihres Computermonitors in der Bürohöhle, die sie mit Bat teilte. »Hab ihn«, sagte sie, ohne aufzublicken. Als Tallow ihren seltsam leeren Gesichtsausdruck sah, drehte ihm ein eigenartiges, unwillkürliches Vorgefühl der Angst den Magen um.

Bat stolperte aufgeregt herein. »Du hast ihn? Du hast wen? Wen hat es erwischt?«

»Den Täter«, sagte sie mit tonloser Stimme.

»Glaub ich nicht«, erwiderte Bat.

»Doch. Der Täter hatte kurz nach Gründung der DNA-Kartei einmal das Vergnügen mit dem NYPD. Sein Profil ist in der Datenbank. Ich hab eine Übereinstimmung. Ich hab ihn.«

Bat blickte über ihre Schulter auf den Monitor und sagte so was Ähnliches wie »Kraaaaaaaaaass«.

»John«, meinte Scarly, »das sollten Sie sich mal anschauen.« Es klang nach einer Drohung.

Aber Tallow wollte nicht.

Tallow wollte abwinken, »Weitermachen!« sagen, zurück ins 1st fahren, sich einen Kaffee kochen und die Welt an sich vorbeiziehen lassen. Und dabei wollte er der Welt nicht mal zuschauen. Er erinnerte sich an die Zeit, als die Welt noch eine animierte Kulisse hinter einer Bühne war, auf der sich nur er selbst, der nächstbeste gemütliche Stuhl und der Gedanke, das Lied oder der Absatz befanden, die er für die Dauer der Schicht zu seinem Amüsement durch seinen Kopf kreisen ließ. Es schien zwanzig Jahre zurückzuliegen. Er wusste, dass es noch keine Woche her war, doch er war nicht in der Lage, sich die letzte Woche einigermaßen zu vergegenwärtigen. Seine Erinnerung war unscharf wie ein Foto aus einem Kindheitssommer – oder besser gesagt wie ein Foto von letzter Woche, aber verzerrt, gefiltert und lasiert von einer Software, die Bilder mit der Patina verblichener Andenken überzog.

Er ging rüber und warf einen Blick auf den Monitor.

Und sah den Mann, den er vor dem Mietshaus in der Pearl Street kennengelernt hatte.

Zwanzig Jahre jünger, wenn nicht mehr. Nicht ganz so abgeklärt. Sehnig, aber nicht ganz so hart. Mit Blut auf dem Gesicht. Fremdem Blut.

Daneben stand ein Name. Doch der Name erschien ihm nebensächlich.

Tallow stellte fest, dass er seinen eigenen Puls hören konnte. Er schluckte und schloss die Augen. Bis sich Scarlys Stimme über das Dröhnen in seinen Ohren erhob.

»… ehemaliger Soldat. Der untersuchende Arzt hat eine Anmerkung hinzugefügt, wonach der Typ vermutlich schizophren war. Und dann ist da noch ein handschriftlicher Vermerk auf dem Scan des Bogens – TKK?«

Plötzlich musste Tallow lächeln. »Sie halten sich zu selten in Notaufnahmen auf.«

»Was bedeutet das?«

»TKK ist Notaufnahmenslang für Total Krank im Kopf.«

»Na toll.«

Tallow beugte sich vor. Der Typ war wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung festgenommen worden, doch dann hatte sich das Opfer in Luft aufgelöst, sodass die Kollegen mit einem verrückten Veteranen voll fremdem Blut dagestanden hatten, der ihnen eine Untersuchungszelle blockierte. Und wegen des allgemeinen Grundproblems – Platzmangel – und der vorherrschenden Grundeinstellung – es gab Wichtigeres, worüber man sich den Kopf zerbrechen musste – war eine Zusatzanmerkung verfasst worden, derzufolge sich die Kollegen bei der Verhaftung geirrt hatten und der TKK aller Wahrscheinlichkeit nach sein eigenes Blut im Gesicht hatte, weshalb man das betreffende Individuum aufgrund des Fehlens einer erkennbaren Straftat und eines Leidtragenden sofort abfertigen und rausschmeißen sollte.

»Hier steht nur ehemaliger Soldat«, meinte Scarly. »Keine Ahnung, ob er ein Kriegsveteran war oder ob er vor dem ersten Einsatz entlassen wurde oder was weiß ich. Schlampige Arbeit. Ich schätze, irgendein Kollege hat im Alleingang entschieden, den Typen vollständig zu entlassen – denn eigentlich hat der Kerl schon damals nach Dauerkunde gestunken. Wahrscheinlich war’s derselbe Forensiker, der ihm das Blut runterkratzen musste. Die Personalakte würde ich mir gerne mal anschauen.«

»Geht das von hier aus?«, fragte Tallow.

»Wahrscheinlich«, meinte Scarly. »Aber nicht jetzt. Wir haben schon genug Stoff zum Nachdenken, die Akte wäre frühestens in ein paar Stunden da, und jetzt haben wir einen Termin.« Sie schüttelte sich am ganzen Körper, als wollte sie einen frostigen Traum hinter sich lassen. »Okay. Gehen wir.«

»Wohin?«, fragte Bat.

»Zum Auto, Bat. John folgt uns in seinem Wagen. Wir fahren zu mir. Meine Frau bekocht uns.«

In Tallow sträubte sich alles. »Ich will mich nicht aufdrängen …«

»John. Das ist ein direkter Befehl. Sie kommen mit und essen mit uns.«

»Ich kann mir unterwegs was …«

»John«, sagte Scarly. »Mir wurde ebenfalls ein Befehl erteilt. Sollte ich ohne Sie eintreffen, werde ich bestraft. Wollen Sie das etwa?«

Tallow öffnete schon den Mund, als er sah, wie Bat in Scarlys Rücken schnell und bestimmt den Kopf schüttelte, um eine klare Botschaft zu kommunizieren: Nicht, John, tun Sie’s nicht, erwähnen Sie nicht, was ich Ihnen im Fetch erzählt habe, lassen Sie sich nicht dazu verleiten zu sagen: ›Aber Sie stehen doch auf Bestrafung, Scarly!‹, denn das hätte Folgen, schreckliche Folgen

»Ich halte das einfach für eine schlechte Idee«, sagte Tallow und wich Richtung Tür zurück.

»John. Wir haben jetzt schon Überstunden gemacht und wir haben immer noch vieles zu besprechen. Deshalb hat Talia uns zum Abendessen eingeladen. Tun Sie doch nicht so, als wären wir eine Sekte auf Mitgliederfang.«

»Außerdem«, meinte Bat, »haben wir heute Nacht noch einiges vor. Stimmt doch, John?«

»Einiges? Wir haben noch einiges vor?« Scarly beäugte Bat wie einen Kriminellen.

»John hat einen Plan«, erwiderte Bat, erfüllt von einem Überlegenheitsgefühl gegenüber seiner Kollegin.

Scarly stellte sich vor Tallow und bohrte ihm einen erstaunlich harten Finger in die Brust. »Damit ist die Sache entschieden. Bat fährt bei mir mit, Sie folgen uns, Talia bekocht Sie. Und Sie sagen mir, was genau Sie da für einen Unfug aushecken.«

»Ich hecke gar nichts.«

»Es ist nicht hinzunehmen, dass Bat über etwas informiert ist, worüber ich nicht schon länger informiert bin. Oder von dem ich zumindest glaubwürdig behaupten könnte, ich hätte es mal gewusst und wieder vergessen, weil ich so viel wichtiger bin als er.« Allmählich war sie wieder ganz die Alte. »Außerdem habe ich den Verdacht, dass er mir mein Twine gestohlen hat, und was ist eigentlich mit dem Glas voll … egal. Das klären wir später. Wir fahren.«

»Aber …«

»Kein Aber. Wir fahren.«

Am liebsten hätte Tallow sich irgendwo verkrochen, um sich per Gedankenkraft umzubringen. Die Vorstellung, diesem Abendessen beizuwohnen, stand in diametralem Gegensatz zu seinem gesamten Lebensentwurf. Das Ganze löste einen instinktiven Widerwillen in ihm aus. Er wollte einfach nicht …

Tallow hielt kurz inne, ehe er seinen Gedanken vollendete. Und so endete er: Ich will einfach nicht am Leben anderer Leute teilhaben.

Er konnte nicht anders, als den Gedanken im Kopf zu drehen und zu wenden, aus sämtlichen Blickwinkeln zu betrachten und auf Spuren zu untersuchen, an denen abzulesen wäre, wann er sich dermaßen verfestigt hatte.

Sie sind absolut und unwiderruflich wahnsinnig, sagte Bat in seiner Erinnerung. Doch Tallow wusste, dass er nicht wahnsinnig war. Er war in der Lage, Bats Behauptung mit kühlem Blick zu überprüfen und zu dem Schluss zu kommen, dass es nicht wahnsinnig, sondern nur vernünftig war, sich tunlichst aus dem Leben anderer Leute herauszuhalten. Er musste nicht bestaunen, was die anderen hatten, und wem brachte es schon was, durch seine Anwesenheit belästigt zu werden? Aber das, dachte er, würde er niemals irgendwem begreiflich machen können. Er spielte sämtliche Gegenargumente im Kopf durch und brachte sie alle mit effizienter Logik zu Fall.

Erst nach einer langen Sekunde dämmerte ihm, dass er damit vermutlich exakt wie ein Wahnsinniger dachte.

»Na schön«, meinte Tallow. »Ich freue mich darauf, Ihre Frau kennenzulernen. Wo geht es hin?«

Im Stillen beglückwünschte er sich dazu, sich trotz allem sämtliche Optionen offengehalten zu haben. Er könnte immer noch nach einem unverbindlichen Hallo abhauen. Er hatte niemandem versprochen, in ein fremdes Leben einzutauchen.

Den schlimmsten Feierabendverkehr hatte die Brooklyn Bridge schon hinter sich, und so ging es im Konvoi ohne größere Verzögerungen runter von der Insel.

Der drohende Schatten der Geselligkeit und die beunruhigende Erkenntnis, dass er womöglich tatsächlich absolut und unwiderruflich wahnsinnig war, beschäftigten Tallow so sehr, dass der Polizeifunk erst nach fünf Minuten in sein Bewusstsein durchsickerte. Anscheinend hatte er ihn reflexartig eingeschaltet.

Mehrere Fälle von Körperverletzung in der Bronx, nachdem das Oberhaupt einer ortsansässigen katholischen Schule, das man nach dem Fund einer externen Festplatte mit einem Terabyte an Kinderpornos gefeuert hatte, einer Haftstrafe entgangen war.

Ein totgeprügelter Angestellter eines Sexshops in Sunset Park; Kreuze im Blut des Opfers auf der Theke und in den Fenstern; Diebstahl von offenbar ziemlich brutaler deutscher Pornografie im Wert von etwa vierhundert Dollar. Mutmaßliche Tatwaffe: ein sieben Kilo schwerer Gummidildo.

Ein nackter Siebzehnjähriger, der aus über dreihundert Schnittwunden blutete, auf einer Straße in Williamsburg.

Queens: Ein Hausbesitzer hatte einen bejahrten Mieter mit einer Machete in Stücke gehackt und danach versucht, sich selbst sauber aufzuschlitzen. Beim Eintreffen des Notarzts war er noch bei Bewusstsein, obwohl er sich einem Schlaumeier zufolge »in einen menschlichen PEZ-Spender« verwandelt hatte.

Ein Stapel aus fünf Bandenmitgliedern an einer Ecke der Watkins Street in Brownsville. Alle unter achtzehn, alle tot, alle kastriert. Helllichter Tag, und keiner hatte was gesehen.

Ebenfalls in Brownsville: Eine Sechzehnjährige hatte einer Dreizehnjährigen die Kehle durchgeschnitten. Die Jüngere war binnen Minuten gestorben, während die Ältere davon abgehalten werden musste, sich selbst zu töten. Sie behauptete, sie hätte das Opfer nur so weit verstümmeln wollen, dass ihr gemeinsamer Zuhälter sie nicht mehr für High-End-Engagements einsetzen konnte. Also für Engagements, die über zwanzig Dollar einbrachten.

Im Prospect Park war ein Mann erwischt worden, wie er in den Lauf einer Neun Millimeter masturbierte. Daraufhin hatte der Ertappte einen Urban Park Ranger, einen Feierabendjogger, eine Hundeausführerin und ein Kindermädchen erschossen, bevor er sich eine Kugel durch den Mund ins Hirn gejagt hatte.

Ein wenig Gelächter im knisternden Rauschen: In Hell’s Kitchen stand das Hauptquartier eines drittklassigen Waffendealers in Flammen, der sich Kutkha nannte, aber allgemein als Antonin Anosov bekannt war. Über die Jahre hatten zahlreiche New Yorker Detectives Anosovs Bekanntschaft gemacht und meist eine liebevolle Verachtung für ihn entwickelt; immerhin zählte er zu den wenigen echten Exzentrikern, die die hiesige Unterwelt in den letzten Jahren hervorgebracht hatte. Niemand hätte offen von Sympathie oder gar Zuneigung gesprochen, doch die, die mit ihm zu tun gehabt hatten, wussten ihn in der Regel zu schätzen. Deshalb entbrannte jetzt ein kleines, scherzhaftes Geplänkel über mögliche Ursachen für den Brand seines Geschäftssitzes.

Ein paar Minuten später trafen erste Meldungen über Leichen an der Brandstelle ein. Viele Leichen. Die Scherze zerfielen zu Asche und wurden von den Funkwellen verweht. Rauchzeichen.