Dreizehn

»Also, es gibt einen Salat mit Rucola, Fenchel, Wasserkresse und Birnen. Guten Appetit!«, sagte Alison, als sie die hauchdünnen weißen Vorspeisenteller servierte, die mit absoluter Sicherheit nicht von IKEA stammten.

Ben sah das Grünzeug vor sich misstrauisch an, griff nach seiner Gabel, holte tief Luft und stach hinein.

»Ich finde Vorspeisen während der Schwangerschaft besonders schwierig, du nicht auch, Katy?«, fragte Alison. »In allen sind anscheinend immer Meeresfrüchte, Rohmilch oder Aspik mit drin.«

»Meistens habe ich mir schließlich eine Suppe genommen, obwohl ich Suppen hasse«, antwortete Katy unglücklich.

Eine ungemütliche Stille folgte.

»Suppen sind immer so Unterhaltungskiller, nicht?«, befand Ben. »Die Suppe und der Tod. Beide sollten aus der Unterhaltung während des Essens verbannt werden. «

Alison starrte Ben an und wandte sich dann an Katy, um ihr eine Frage zu stellen: »Also, was meinst du, willst du stillen oder mit der Flasche füttern?«

»Hatte vergessen, das Stillen zu erwähnen«, murmelte Ben vor sich hin.

»Na ja, das weiß ich noch nicht so recht. Schätze, das hängt davon ab, was das Baby will«, erwiderte Katy und verpasste Ben einen Tritt unter dem Tisch.

»Wir haben darüber diskutiert, nicht wahr Matthew, und ich möchte wirklich gerne stillen, aber offenkundig ist das mit zwei Babys total strapaziös, und deshalb habe ich eine Milchpumpe erstanden. Dann kann Matthew sie füttern, wenn es mir zu viel wird. Ich habe die teure Elektroversion gekauft. Mit einer Handpumpe artet das sonst in richtig harte Arbeit aus.«

»Milchpumpe?«, fragte Ben und horchte auf. »Soll das heißen, man kann ein Gerät kaufen, um die Brüste zu melken?«

»Aber ja, sie sind heute weit verbreitet – bei den vielen arbeitenden Müttern«, gab Alison zur Antwort.

»Und wie funktioniert das?«, fragte Ben.

»Das Gerät hat einen Gummisauger, den man sich über die Brust legt; er ist mit einer Pumpe verbunden. Der Sauger zieht an der Brustwarze wie ein Baby, das nuckelt«, klärte Alison ihn auf. »Und jedes Teil lässt sich sterilisieren, so dass es absolut hygienisch ist«, fügte sie hinzu, da sie plötzlich bemerkte, dass Ben leicht geschockt aussah.

»Ach, ich bezweifle nicht, dass alles ganz sauber ist, ich finde nur den Gedanken, dass ihr Frauen euch an ein Gerät anschließt, das an euren Brustwarzen saugt, total komisch, oder nicht?«

Niemand sagte ein Wort.

»Ach, jetzt schaut mich nicht so an! Es ist hart für uns Männer. Wir sind auf Fantasien über den weiblichen Körper programmiert, stimmt doch, Matthew, oder? Von der Pubertät an träumen wir davon, Titten aus Fleisch und Blut zu sehen, vom Anfassen mal ganz zu schweigen. Dann, wenn wir älter werden und man uns erlaubt – lasst es mich mal so formulieren –, wenn wir mit den weiblichen Formen vertrauter werden, dann plötzlich, wenn man als Mann meint, seine Hand auf den verdammten Dingern zu haben, dann – peng! – kannst du jeden Traum, den du mal hattest, vergessen. Dann hat nämlich plötzlich ein Baby die Macht über das Objekt deiner Begierde, das keinen blassen Schimmer hat, wie viel Glück es eigentlich hat, oder noch schlimmer: eine verdammte Pumpe. Eine Maschine darf an den Titten deiner Frau herumfummeln, aber du darfst es nicht.«

Matthew, Katy und Alison starrten Ben an, als er ausgeredet hatte. Keiner wusste so recht, wie er reagieren oder was er sagen sollte.

»Das war köstlich, Alison. Sollen wir zum Hauptgang übergehen?«, schlug Katy vor, jetzt noch stärker darauf bedacht, den Abend zu einem schnellen Ende zu bringen.

»Natürlich«, erwiderte Alison und stand sofort auf. »Matthew, würdest du mir beim Abräumen helfen?«

»Ben, würdest du bitte einen Gang zurückschalten«, sagte Katy, nachdem die beiden aus dem Zimmer gegangen waren.

»Warum? Was habe ich denn gesagt?«

»Ich finde nicht, dass deine gesammelten Fantasien zum Thema Titten sonderlich passend waren.«

»Ich habe nur versucht, etwas Konversation zu treiben und ein wenig das Eis zu brechen. Das Problem ist: Ich glaube, dass das Eis Alison bis zum Hintern eingefroren hat. Junge, Junge, die muss sich wirklich entspannen. Und kann sie über nichts anderes reden als über Babys, verdammt? Wir müssen sie von diesem Thema abbringen, sonst muss ich mich noch total volllaufen lassen.«

»Scht, sie kommen zurück«, zischte Katy. »Komm einfach etwas von deiner Palme herunter, bitte.«

»Da sind wir wieder. Also, das ist geschmortes Stubenküken mit Pastinaken in Honigglasur und Senf-Kartoffelpüree. Ich hoffe, es wird euch schmecken«, sagte Alison.

»Sieht wunderbar aus«, antwortete Ben mit einem breiten Grinsen, das direkt auf Alisons mittlerweile eher frostiges Lächeln abzielte.

Alison taute etwas auf, als sie beobachtete, mit welchem Gusto Ben dem Stubenküken mit dem Messer in die Brust säbelte. Er gab die richtigen anerkennenden Laute von sich und ließ dann eine Zeitlang nichts mehr verlauten, denn er war besorgt, dass er mit seinem Gerede Katy enttäuschen könnte. Doch als Alison ihm eine Frage stellte, ließ er sich wieder in die Unterhaltung mit einbeziehen.

»Habt ihr eigentlich schon eure Route ins Krankenhaus geplant, Ben?«, wollte sie von ihm wissen. »Wir haben mehrere Alternativen zu unterschiedlichen Tageszeiten ausprobiert, um herauszufinden, welche die schnellste ist.«

Ben starrte sie, immer noch kauend, überrascht an. »Kommt drauf an«, sagte er schließlich.

»Worauf?«, fragte sie.

»Ob ich von zu Hause komme oder aus Edinburgh.«

»Edinburgh«, sagte sie, nun ihrerseits überrascht. »Warum um alles in der Welt solltest du denn aus Edinburgh kommen?«

»Weil ich in ein paar Wochen zu einem Junggesellenabschied hinfahre«.

Alison war so schockiert, dass ihr fast Messer und Gabel aus der Hand fielen. »Du fährst, bevor Katy entbindet, auf einen Junggesellenabschied?«, rief sie.

»Ja«, erwiderte Ben in der Meinung, dass die Sache damit erledigt sei.

Alison wandte sich um, um ihre Befragung bei Katy fortzusetzen. »Machst du dir da keine Sorgen, Katy? Ich muss sagen, wenn Matthew mich fragen würde, ob er vor meinem Geburtstermin zu einem Junggesellenabschied fahren kann, dann würde ich ihn bitten, es bleiben zu lassen.«

»Es ist nur Edinburgh, das ist ja nicht so weit weg«, erwiderte Katy abwehrend. »Ich schreibe Ben nicht vor, was er zu tun oder zu lassen hat«, ergänzte sie noch und warf Matthew einen kurzen Blick zu.

Alison starrte sie einen Moment lang an, als ob sie von einem anderen Planeten käme, dann stand sie von ihrem Stuhl auf. »Na dann umso besser«, meinte sie, als sie die Teller abräumte. »Ich hoffe nur, dass du jemanden hast, der einspringt, wenn die Wehen anfangen. Ich würde dabei nicht allein sein wollen.«

Matthew, Katy und Ben saßen schweigend da und hörten zu, wie die Küchentür leise quietschend hinter Alison hin und her schwang.

»Angenommen, sie hat wirklich recht«, sagte Matthew. »Dann wärst du doch nicht gern auf dich allein gestellt, oder?«

»Können wir bitte das Thema wechseln, ja? Dieser Fall wird nicht eintreten. Es sind noch fast zwei Wochen bis zum Termin, und wenn ich Wehen bekomme, muss ich nur Daniel anrufen«, erklärte Katy, der plötzlich klar wurde, dass dies wirklich ihre einzige – beunruhigende – Option war.

»Muss es denn ausgerechnet dieser Daniel sein?«, fragte Ben. »Ich mag den Typen, echt, ich mag ihn, aber wenn es ein Junge ist, der jetzt da drin in deinem Bauch ist, dann würde ich ihm gern wenigstens eine gewisse Chance lassen, auf der richtigen Seite herauszukommen.«

»Na ja, du hast du ja wohl keine große Wahl, wenn du nicht da bist«, erwiderte Matthew etwas zu schnell und zu scharf.

»He, Kumpel, ich dachte, du wärst auf meiner Seite«, sagte Ben ein bisschen vor den Kopf gestoßen.

»Das bin ich ja auch, aber …« Matthew legte eine Pause ein. »Eines weiß ich jedenfalls: Wenn es mein Kind wäre, würde ich das Risiko nicht eingehen, nicht in der Nähe zu sein.« Er senkte schnell den Blick, wohl wissend, dass er eine Grenze überschritten hatte.

»Es ist mein bester Freund, ich kann diese Fete nicht verpassen. Mit dem Zug bin ich in etwa fünf Stunden zurück; oder ich nehme das Flugzeug, dann dauert es eine Stunde. Ich habe mir alle Infos besorgt, und Katy ist cool, stimmt doch, Liebes, oder?«

»Ja, sicher«, antwortete Katy; sie war etwas geschockt über die fünfstündige Reisezeit, aber noch mehr beunruhigte sie, was Matthew da soeben gesagt hatte.

Die Küchentür quietschte, als Alison mit einem großen Tablett wieder ins Wohnzimmer hastete.

»Zum Dessert habe ich etwas ganz Einfaches vorbereitet, ich hoffe, das stört euch nicht. Aber diesen Nachtisch mag ich mit am liebsten.«

Matthew sprang auf, um ihr zu helfen, und stellte vier kleine Glasteller mit allerlei gefrorenen Beeren auf den Tisch.

Ben sah Katy mit einem verwirrten fragenden Blick an, fast als wolle er ihre Erlaubnis einholen, etwas zu sagen. Katy sah fragend zurück, nicht sicher, was er nun gleich wieder anstellen würde.

Ben schaute erneut auf den Teller, der vor ihm stand. Dann pickte er eine Himbeere auf, steckte sie sich in den Mund und kaute geräuschvoll.

»Junge, ist das kalt«, sagte er und hielt sich seine Backen.

»Nein, Ben«, sagte Alison. »Pass auf, du musst diese geschmolzene weiße Schokolade über die Beeren gießen, um sie anzutauen. Versuch sie jetzt mal.«

Ben versuchte es noch einmal und schob das Essen mehrmals in seinem Mund hin und her, damit es auch wirklich nicht mehr gefroren war.

»Nett«, sagte er schließlich. »Schätze, das kann sogar ich.«

»Also Katy, ich würde liebend gerne erfahren, wie Matthew zu Schulzeiten war«, sagte Alison, die nach ihrem Abstecher in die Küche zu dem Schluss gekommen war, dass sie unbedingt das Thema wechseln mussten.

Katy sank das Herz noch tiefer. Dieser Abend war wirklich ein hartes Stück Arbeit, und sie war müde. Wie sollte sie diese Sache lebend überstehen? Das Bild von Alison mit der Axt in den Mooren kam ihr plötzlich wieder in den Sinn.

»Ach, eigentlich war er ein ganz normaler Typ. Ich weiß noch, dass er lange Haare hatte, aber das war damals an der Tagesordnung.«

»Ich weiß, ich habe diese grässlichen Bilder bei seiner Mutter gesehen. Und diese fingerlosen Handschuhe, die er offensichtlich trug. Niemand hätte sich je träumen lassen, dass er so ein Modefreak war«, sagte Alison mit einem Nasenrümpfen.

Katy schoss es plötzlich durch den Kopf, wie sie und Matthew einen ganzen Tag lang damit verbracht hatten, einen überdachten Markt zu durchstöbern, um exakt die richtigen Handschuhe zu finden. Sie erinnerte sich, dass sie für ihr Outfit total wichtig gewesen waren, denn sie wollten miteinander in ein Konzert gehen. Es war der erste Auftritt für richtig Erwachsene im Hinterzimmer eines Pubs, zu dem sie gegangen waren. Dort war es dunkel und verraucht gewesen, und sie hatten jede Minute genossen.

»Na ja, das macht man in dem Alter halt so – sich nach der Mode richten. Das gehört zum Teenagerdasein eben dazu«, sagte Katy; sie fühlte sich benommen, weil sie es so leid war, die ganze Zeit wie auf rohen Eiern zu gehen.

»So waren die Achtzigerjahre eben«, meinte Alison. »Die Mode war dermaßen grauenvoll. Gott sei Dank hat sich das alles heute beruhigt, und wir müssen so etwas nie mehr mitmachen. Wie auch immer – na sag schon, du musst dich doch noch an etwas anderes erinnern?«, hakte Alison nach.

»Keine heimlichen Knutschereien hinter dem Fahrradschuppen, von denen du uns nichts erzählt hast?«, fragte Ben kichernd und verpasste Katy einen Stups. »Komm schon, du kannst es uns ruhig erzählen: Hat er es je bei dir versucht, Katy?«

»Großer Gott, nein, nein, niemals!« Katy lachte hysterisch, um nicht ihre blanke Panik zu verraten, die sie innerlich ergriffen hatte. Matthew stimmte viel zu überschwänglich in ihr Gelächter ein.

»Was für eine absurde Idee«, sagte er. »Sie war überhaupt nicht mein Typ«.

»Warte mal«, sagte Ben. »Warst du nicht letztes Jahr bei so einem Schülertreffen? Erinnerst du dich – damals, als ich bei Pauls Junggesellenabschied war?«

»Quatsch!«, stieß Matthew schrill hervor, als er aufsprang und sich dabei seinen Kaffee vorn übers Hemd kippte.

»Ach Matthew, zieh schnell das Hemd aus, sonst verbrühst du dich noch – ausgerechnet dein bestes Hemd! Schnell, hier ist Eis, mein Schatz.«

Alison riss hektisch an Matthews Hemd und versuchte, ihm die Hemdzipfel aus der Hose zu ziehen, während sich der Kaffeefleck rasant über dem Stoff ausbreitete. Sein Hemd hatte sich nun auf halber Höhe über seinem Kopf verfangen.

Matthew versuchte, die Knöpfe zu öffnen, während Alison sich fieberhaft bemühte, ihm das Hemd über den Kopf zu ziehen. Schließlich hatte sie gewonnen – sie zerrte es ihm herunter und entblößte dabei Matthews unbehaarte Brust. Das erinnerte Katy sofort an ihren Sex damals. Sie sah in eine andere Richtung aus Angst, Alison könnte ihre Gedanken lesen.

Matthew hielt sich eine feuchte Serviette, die um ein paar Eiswürfel gewickelt war, an seinen Unterbauch. Er atmete ziemlich heftig und sah nervös von einem zum anderen.

»Mir fehlt nichts«, keuchte er. »Es war nur arg heiß, das ist alles, ich bin bloß erschrocken. Sollen wir noch einen Wein aufmachen? Alison, im Weinregal lagert noch mehr Merlot, könntest du ihn holen, dann ziehe ich mir unterdessen ein anderes Hemd an.«

»Warum nimmst du nicht das grün-taupefarbene? Es hängt in deinem Kleiderschrank«, rief ihm Alison nach, als er den Raum verließ.

Sie wandte sich Katy und Ben zu. »Wie peinlich. Jetzt habt ihr sein kleines Geheimnis gesehen. Dieses Amor-Tattoo ist noch ein unglückliches Vermächtnis aus seinen Schultagen. Scheußlich, nicht wahr? Er sagte, eine alte Freundin hätte ihn dazu überredet. Ich predige ihm immer, dass er es entfernen lassen soll. Es ist mir ein Gräuel, diese Erinnerung an seine Ex anzustarren. Würde es euch nicht genauso gehen?«

Ben saß mit hochgezogenen Augenbrauen ganz ruhig da. Er antwortete nicht auf Alisons Frage, sah nur Katy an und zog seine Augenbrauen dann noch weiter in die Höhe.

Katy war übel. Die Katastrophe war eingetreten, und zwar komplett. Sie bekam keine Luft mehr. Sie mussten hier raus – sofort.

»Alison, es tut mir leid, aber ich bin plötzlich zum Umfallen müde. Es war wunderbar, aber jetzt müssen wir wirklich nach Hause. Ich kann meine Augen kaum mehr offen halten. Ist dir das recht, Ben?«

Er nickte nur.

»Das verstehe ich völlig. Wir müssen das Beste aus dem Schlaf machen, den wir jetzt noch kriegen, nicht wahr? Ich gehe eure Mäntel holen«, sagte Alison und stand auf.

Als Matthew wieder die Treppe herunterkam, standen sie schon alle in der Eingangshalle. Ben hatte seine Hände in die Taschen gestopft, sich den Hut über die Ohren gezogen und stierte auf den Boden. Katy versuchte, sich so normal wie möglich Alison gegenüber zu verhalten, während sie gleichzeitig Matthew warnende Blicke zuwarf.

»Also, ganz herzlichen Dank, es war super. Tut uns leid, Matthew. Aber wir müssen gehen, ich bin plötzlich echt müde«, erklärte Katy, als sie ungeschickt Alison und Matthew die Hand schüttelte.

Ben hatte bereits die Haustür geöffnet, durch die der heulende Wind hereinfegte. Er ging nach draußen, ohne noch etwas zu sagen. Den Kopf vorgebeugt, das Kinn auf seiner Brust.

»Also dann, Wiedersehen«, sagte Katy und hastete Ben hinterher, nachdem sie einen letzten Blick auf Matthews verwirrtes Gesicht geworfen hatte.

»Mist, Mist, Mist, was habe ich nur getan? Ich bin doch echt dämlich, dämlich und noch mal dämlich«, fluchte sie, bevor sie die Autotür öffnete. Der Wind und der strömende Regen schienen ihr verführerischer als das, was sie nun womöglich drinnen im Wagen erwartete. Sie ließ sich in den Fahrersitz plumpsen.

Ben sagte nichts.

Sie focht ihren üblichen Kampf mit dem Sicherheitsgurt aus, als dieser gegen ihren übermäßigen Bauch protestierte.

Ben sagte nichts.

Sie saß einen Moment da und beobachtete eine üppig blühende Blumenampel, die gefährlich an einem schmiedeeisernen Haken hin und her schwang und aussah, als würde sie gleich davonfliegen. Sie fragte sich, ob jetzt der Moment gekommen war, wo alles zusammenbrach.

»Warum?«, fragte Ben.

»Warum was?«

»Ach, komm, Katy. Da ist ein Typ, mit dem du damals in der Schule warst, und er hat genau dieselbe Tätowierung wie du. Da darf ich ja wohl fragen, warum?«

Die Tränen flossen bereits. Sie kamen in dem Moment, als Ben zu reden begann. Sie schniefte heftig und schluckte.

»Es tut mir ja so leid; also wir sind in der Schule miteinander gegangen, bloß in der Schule. Es war eine dumme Mutprobe – ich meine das Tattoo. Echt blöd.«

»Aber warum hast du mir nichts davon erzählt?«

»Na ja, wegen Alison. Offensichtlich ist sie so eifersüchtig, dass sie, wenn sie wüsste, dass ich seine Exfreundin bin, total ausflippen würde. Und Matthew will sie im Moment nicht aufregen. Ich wollte dich nicht belügen, Ben, aber es schien mir irgendwie einfacher. Außerdem hast du so auch nicht lügen müssen. Blöd, ich weiß. Es tut mir so leid. Er bedeutet mir nichts, Hand aufs Herz.«

Zum ersten Mal, seit sie in das Auto eingestiegen waren, hob Ben seinen Kopf, um sie anzusehen.

»Ich habe dich nie gefragt, ob er dir etwas bedeutet.«

Nun war es an Katy, auf den Boden zu starren.

»Ach ja, richtig. Ich wollte nur sicher sein, dass du es auch weißt, weiter nichts.«

Sie saßen schweigend da, bis Ben nach hinten griff, um seinen Sicherheitsgurt anzulegen. Katy beugte sich nach vorn, ließ die Zündung an, und dann fuhren sie beim Geräusch des heulenden Windes nach Hause.