»Du hast mich reingelegt.« Sie liegt auf einer Seidenmatte auf dem goldfarbenen Boden neben ihrem Ehemann. Im Dunkeln schweben die Worte über ihr, ganz harmlos, sie haben nicht denselben Biss wie tagsüber, sondern hängen dort wie abgesplitterte Fragmente eines Kometen, verweilen noch kurz, bevor sie sich zur Ruhe legen.
Wo ich doch bei meinem Vater und meinen Brüdern sein und auf meine Zukunft warten könnte.
Sie sehnt sich nach Nähe. Nach einem Mann, der sie einfach so auf die Wange küsst, wenn sie vorbeigeht, einem Mann, dessen Arm – warm und fest – immer neben ihrem eigenen liegt, dessen Hand sich zärtlich an ihren Rücken schmiegt. Sie hofft auf Haut, die über Haut streicht, auf Silhouetten, die miteinander verschmelzen, auf Hände und Arme, die sich täglich auf liebevolle Art berühren. So hat sie sich das Eheleben immer vorgestellt: Körper, die nicht mehr getrennt, sondern einander nah sind, sich berühren.
Stattdessen bewegt sich ihr Ehemann in ihrer Nähe wie ein Kind, das Angst vor seiner Mutter hat, vermeidet ihre persönliche Sphäre, hält sich fern. Er berührt sie nie. Sie spürt seine Abwesenheit, wird von ihr regelrecht zu Boden gedrückt, empfindet nur noch Kälte, kann sich nicht einmal mehr erinnern, wie Wärme sich anfühlt. Er liegt neben ihr, bewegungslos, und tut so, als schliefe er. Er ist absolut still. Hält er den Atem an?
Du hast mich reingelegt, du hast mich reingelegt.
Alles, was sie hört, ist die Luft, die in seine Nasenlöcher hinein und wieder hinaus strömt. Sein Gesicht ist angespannt, wie eine geballte Faust. Er erzählt ihr nie viel. Sie fragt sich, wohin all die Worte und Gedanken verschwinden, die er tagsüber in sich aufnimmt. Vielleicht, so denkt sie, sollte sie nachts ebenfalls ein wenig wach liegen und sich Nadeln in verschiedene Stellen ihres Körpers stecken. Und wenn sie morgens aufwachte, wäre sie wieder mit dem stillen, distanzierten Mann zusammen, der ihr wunderschöne Briefe schreibt, aber nie ein direktes Wort zu ihr sagt; mit dem Mann, der Angst hat, sie könnte ihn verletzen. Eine Sache wundert sie aber doch: Er streitet nicht ab, dass er sie reingelegt hat.