18

In Seoul sagt man, wer einmal amerikanische Luft migug baram geatmet hat, will nie mehr zurück. Soo-Ja konnte jetzt nachvollziehen, warum Min und Hana sich wie die Kinder im Märchen vom reinen, süßen Aroma dieses Landes hatten verzaubern lassen. Auf der Taxifahrt vom Flughafen zum Haus ihrer Schwiegereltern in Palos Verdes, Kalifornien, ließ auch sie sich einlullen von den weiten Flächen, der himmlischen Stille und der disziplinierten Fahrweise der Amerikaner. Vielleicht lebt Gott nicht in Los Angeles, dachte sie, aber seinen Urlaub verbringt er sicher hier.

Aus dem Auto heraus staunte sie über die großen Abstände zwischen den einzelnen Gebäuden so viel leerer Raum! Was für ein Luxus: große Parkplätze, breite Straßen, die bloße Existenz von Bürgersteigen. Das Taxi glitt so sanft dahin, dass sie glaubte, selbst stillzustehen, während die Häuser wie auf einer Leinwand an ihr vorbeizogen. Sie war zum ersten Mal im Ausland; die Ironie des Ganzen war ihr natürlich bewusst.

Am Ende habe ich also doch noch die Gelegenheit bekommen, mich in Diplomatie zu üben.

Als das Taxi die Wohngegend der Schwiegereltern erreichte, war Soo-Ja überrascht, wie groß die Häuser waren eigentlich waren es Villen mit unendlich langen Auffahrten, auf denen auch ein Flugzeug hätte landen können. Das Haus der Schwiegereltern lag an einem Abhang und war von Sträuchern umgeben, sodass man eher an einen Park dachte als an ein Wohngebiet. In Korea lebten so nur die Superreichen. Hier jedoch war das ganz normal für die obere Mittelklasse, wie sie später erfuhr.

Soo-Ja schaute an sich hinab sie trug ein einfaches dunkelgrünes Kleid mit weißem Blumendruck und wünschte sich, sie hätte wenigstens ihre Perlenkette angelegt. Es war, als wären ihre Tochter und ihr Mann von einem reichen Ehepaar adoptiert worden, und dieses Ehepaar waren zufällig ihre Schwiegereltern.

Wie erwartet gestaltete sich das erste Wiedersehen mit Mins Eltern schwierig; immer wieder entstanden lange, vorwurfsvolle Phasen des Schweigens. Zum Glück war nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken, denn schon bald fielen die Verwandten ins Haus ein. Die Schwiegermutter feierte an diesem Tag nämlich zufällig ihren sechzigsten Geburtstag, und Freunde und Verwandte standen Schlange, um zu gratulieren. Soo-Jas Schwägerin und ihr Schwager begrüßten sie überschwänglich, wie christliche Missionare, die zum ersten Mal vor den Eingeborenen standen, und bemerkten freudig, wie groß und hübsch Hana geworden sei. Keiner der Verwandten sprach an, warum Soo-Ja tatsächlich in Amerika war, aber an ihrem nervösen Lächeln konnte sie sehen, dass alle die Umstände, unter denen Min und Hana hergekommen waren, sehr wohl kannten.

Soo-Ja fand Hana draußen im Garten, wo sie gerade aus dem Swimmingpool stieg. Sie rannte auf sie zu, um ihre Tochter in die Arme zu schließen, doch als sie Hanas plötzlich so erwachsenen Körper in dem geliehenen Badeanzug sah, ahnte sie, dass sie den Kampf verloren hatte. Sie hielt die Tränen zurück und drückte ihre Tochter an sich. Dann folgte sie ihr zu einer frisch lackierten Hollywoodschaukel, auf der sie sich niederließen.

Hana war ganz wild darauf, Soo-Ja das Haus und den Garten zu zeigen. Sie behandelte ihre Mutter, als wäre sie zu spät zu einer Party gekommen, deren Freuden und Geheimnisse sie selbst bereits ausgekundschaftet hatte. Soo-Ja hatte ihren Einfluss auf Hana verloren; sie hatte sie an das helle Sonnenlicht, an den riesigen Garten mit seinen Wildblumen und an die Liegestühle verloren, auf denen man faul herumliegen und die Welt durch einen Strohhalm schlürfen konnte.

Kurz darauf kam Min zu ihnen heraus und stellte sich verlegen neben Soo-Ja. Wären sie Geschäftspartner gewesen, hätten sie sich jetzt die Hand gegeben. Wären sie ein junges Paar gewesen, hätten sie sich vielleicht geküsst. Wären sie Verwandte gewesen, hätten sie sich umarmt. Aber sie waren Mann und Frau und wussten nicht, wie sie einander begrüßen sollten. Dabei war Soo-Ja natürlich klar, dass sie beobachtet wurden. Drei Dutzend Menschen spazierten im Garten herum Neffen und Nichten jeden Alters, die angeheirateten Frauen des Clans, Freunde aus der Kirchengemeinde , aber sie alle bewegten sich mit der Unaufdringlichkeit von Hintergrundstatisten.

»Du hast mir doch immer gesagt, du hättest Angst vorm Fliegen. Ist diese Angst über Nacht verschwunden?«, fragte Soo-Ja Min leise.

»Hana, geh unter die Dusche und wasch dir das Chlor ab«, befahl Min.

Mit einem traurigen Blick gab Hana ihrer Mutter einen schnellen Kuss auf die Wange und verschwand. Min setzte sich auf ihren Platz neben Soo-Ja. Sie sprachen leise miteinander, während sie die Leute betrachteten, die auf der gegenüberliegenden Seite des Pools beim Grill standen.

»Vater bietet uns beiden Jobs in seinem Warendepot an. Er handelt mit Sportkleidung. Du könntest die Kunden bedienen, und ich würde im Lager arbeiten. Aber du müsstest Spanisch lernen, denn die meisten Kunden kommen aus Mexiko.«

»Er ist wohl schon ganz wild darauf, mich wieder herumzuscheuchen, was?« Soo-Ja schaute zum Haus, in dem der Schwiegervater vermutlich auf seiner edlen weißen Ledercouch saß und sie beobachtete. »Warum sollte ich für ihn arbeiten, wenn ich in Seoul eine eigene Firma gründen könnte?«

Min biss sich auf die Unterlippe das tat er immer, wenn er aufgeregt war.

»Vater will unser Geld für uns verwalten. Auf diese Weise können wir uns an den Ausgaben meiner Eltern beteiligen. Er meint, wir können nicht erwarten, hier umsonst zu wohnen.«

Soo-Ja stieß ein leises, bitteres Lachen aus.

»Schau dir den Swimmingpool und das schöne Haus an, Min. Was glaubst du, wo das Geld dafür hergekommen ist? Meinst du wirklich, dein Vater würde dich mit offenen Armen aufnehmen, wenn du nicht Geld mitgebracht hättest?«

»Sprich nicht so über ihn. Immerhin ist er mein Vater«, sagte Min.

»Du regst dich bloß über meine Worte auf, weil du dir die Frage selbst schon gestellt hast. Schön, behalt das Geld. Aber gib mir meine Tochter zurück. Das werde ich dir übrigens nie verzeihen.«

Irritiert schaute Min sie an, und sein Gesichtsausdruck bestätigte ihre Vermutung. Er empfand überhaupt keine Schuldgefühle, weil er das Geld an sich genommen hatte, das Geld, das sie mit der Bodenspekulation verdient hatte. Er betrachtete es als sein Eigentum, genau wie Hana und ihre Zukunft alles gehörte ihm.

»Können wir später darüber sprechen?«, bat Min. »Heute ist Mutters Geburtstag.«

Soo-Ja schloss die Augen und stützte die Stirn auf ihre Hand. Der sechzigste Geburtstag eines Verwandten war ein großes Ereignis, dessen Ablauf durch traditionelle Riten bestimmt wurde. Soo-Ja fragte sich, wann sie das Gespräch mit den Schwiegereltern suchen sollte. Vielleicht nach dem »Darbringen des Blumengrußes«, aber noch vor dem »Lied der Segenswünsche«? Das wäre vermutlich ein geeigneter Augenblick, um sie zu fragen, warum sie sie vor zehn Jahren allein und ohne einen Won zurückgelassen hatten, um in Amerika mit dem Geld ihres Vaters ein neues Leben zu beginnen. Möglicherweise würde Soo-Ja aber auch bis nach dem »feierlichen Anstoßen« warten und erst vor der »Glückwunschrede« handeln. Eventuell wäre das der bessere Moment, um eine Antwort darauf zu verlangen, warum sie Min und Hana nicht nach Korea zurückgeschickt hatten, obwohl sie wussten, dass Hana ohne Soo-Jas Einverständnis hergekommen war.

»Nein, wir können nicht später darüber sprechen. Ich will, dass alle, die heute gekommen sind, erfahren, was für Menschen deine Eltern eigentlich sind«, verkündete Soo-Ja und stand auf. In der Nähe stand ein langer Tisch, auf dem die traditionellen Speisen zum sechzigsten Geburtstag angerichtet waren: geschnittene Reisküchlein, die sich über einen Meter hoch stapelten, und glänzende Birnen auf einer silbernen Etagere.

Mins Eltern hatten am anderen Ende des Tisches Platz genommen, und die Zeremonie würde in Kürze beginnen. Jedes der fünf Kinder und ihre Frauen in Na-yeongs Fall ihr Mann würde sich vor den Schwiegereltern verbeugen und ihnen eine Schale Wein darbieten. Der sechzigste Geburtstag der Schwiegermutter bedeutete einen Meilenstein: Sie hatte den sechzig Jahre währenden Zyklus der Tierkreiszeichen vollendet, und jetzt, zum ersten Mal in ihrem Leben, hatte sich ihr Sternzeichen, der Affe, mit ihrem Yin-Yang-Element, dem Metall, wiedervereinigt. Der bereits verehrten Matriarchin würden noch mehr Ehre, Respekt und Macht zuteilwerden.

»Wenn du eine Szene machst, wird sich keiner auf deine Seite schlagen. Alle halten zu meinen Eltern«, erklärte Min. »Und wenn es darum geht, dass alle erfahren sollen, was für Menschen sie sind das wissen wir schon längst. Wir sind ja ihre Kinder, nicht wahr?«

Soo-Ja holte tief Luft. Der Frust brodelte in ihren Adern wie Wasser in einem Kessel. »Sei bloß still. Von dir will ich kein Wort mehr hören.«

Soo-Ja saß auf einem der Liegestühle und hielt einen Pappteller mit scharfen Radieschen, Schwefeleiern und Reis in Seetang in der Hand. Sie hatte sich absichtlich ein Stück entfernt von den anderen hingesetzt vor allem von Min.

Nach kurzer Zeit jedoch ließ sich eine Frau in Soo-Jas Alter, höchstens aber Anfang vierzig, neben ihr nieder. Sie hatte große, üppige Locken, vermutlich eine Dauerwelle. Wahrscheinlich war sie eine entfernte Verwandte, denn sie schien Soo-Ja zu kennen, die die Frau allerdings nicht erkannte.

»Es ist sehr nett von Ihrem Schwiegervater, Sie nach Amerika zu holen«, bemerkte die Frau und setzte sich in ihrem Stuhl zurecht, während sie ihren übervollen Teller auf den Knien balancierte.

»Ja, er hat mich tatsächlich hergeholt«, erwiderte Soo-Ja und ließ sich die Ironie auf der Zunge zergehen.

»Aber er hat sich ja schon immer um Sie gekümmert. Er hatte Ihnen eine Firma in Seoul anvertraut, nicht wahr?«

»Also das erzählt er hier herum.«

»Und wie ich gehört habe, hat er Ihnen auch ein Haus geschenkt.« Die Frau lächelte breit und entblößte ihre Goldzähne. Soo-Ja fragte sich, ob das eine Variation des Spiels war, das junge Frauen gerne spielten, indem sie ihren diamantenen Verlobungsring aufblitzen ließen.

»Ja«, sagte Soo-Ja, erschüttert über die groben Verzerrungen des Schwiegervaters. »Er hat ein goldenes Herz.«

»Und wie gefällt es Ihnen in Amerika?«, fragte die Frau und wedelte mit den Händen durch die Luft, als wäre sie eine Zauberin, die das Land gerade für Soo-Ja erschaffen hatte.

»Es ist sehr groß«, sagte Soo-Ja.

»Ich habe gehört, Sie sind gerade erst angekommen. Sie können sich sehr glücklich schätzen.«

»Ach ja?«

»Ja. In Korea ist es doch hoffnungslos. Nach dem Krieg hätten alle einfach auswandern und die Ruinen sich selbst überlassen sollen.« Soo-Ja betrachtete die Frau in ihrer westlichen Kleidung mit dem Logo auf der Brusttasche: Pierre Cardin. »In Korea ist alles schlecht. Denken Sie nur an die Umweltverschmutzung und die ungehobelten Manieren. In der Zeitung hier stand neulich ein Leserbrief über die Koreaner: dass sie nie lächeln, sich nicht entschuldigen, wenn sie einen anrempeln, und ihre Geschäftspartner über den Tisch ziehen. Und ich bin der Meinung, das stimmt.«

Soo-Ja hörte sich an, was die Frau sagte und wollte zuerst darüber hinwegsehen. Aber sie konnte nicht. Sie blickte ihr direkt in die Augen und begann zu sprechen. Obwohl sie nicht wusste, wo ihre Worte herkamen, spürte sie sie tief in ihrem Inneren. »Haben Sie eigentlich gewusst, dass Korea das erste Land Asiens war, das ein stehendes Heer hatte? Und dass es trotz der jahrzehntelangen Zeit als Kolonie Kunst und Literatur von Weltrang hervorgebracht hat? Dass dort die herrlichsten Tuschezeichnungen geschaffen werden? Wenn ich die wunderbaren, jahrhundertealten Tempel von Naksansa oder Shinhungsa besuche oder am Namdaemun vorbeifahre, bin ich stolz, einem Land der Gelehrten und Künstler zu entstammen.« Die Frau rutschte verlegen auf ihrem Stuhl herum. Aber Soo-Ja war noch nicht fertig. »Wenn ich eine Frau im bunten Hanbok sehe, die den Pansori singt und tanzt, dann hüpft mein Herz vor Freude. Das liebe ich nämlich daran, Koreanerin zu sein: Als wir von den fremden Völkern angegriffen wurden, als sie uns unsere Namen, unsere Sprache und unser Handwerk wegnahmen, da sah es vielleicht so aus, als würden wir uns den Besatzern anpassen, aber tief im Inneren haben wir unsere Würde nie aufgegeben. Und darum werden wir am Ende triumphieren. Und selbst eine Frau wie Sie wird eines Tages stolz auf ihre koreanische Herkunft sein.«

Soo-Ja wanderte ganz allein durch das helle, geräumige Haus; durch die Fenster und die Glasschiebetür drangen die Geräusche der Party zu ihr hinein. Sie betrachtete die hohe, abgeschrägte Decke und das Sonnenlicht, das gegen die Wände schien und warme Oasen im Raum schuf. Ein solch großes Wohnzimmer mit so vielen Möbeln hatte sie bei ihren Schwiegereltern nicht erwartet.

Soo-Ja setzte sich auf eine L-förmige rosafarbene Couch und sank sofort tief in die Polster ein, die sich ihrem Körper anzupassen schienen. Sie blickte sich um und entdeckte einen Farbfernseher mit Zimmerantenne und vielen Knöpfen sowie eine Münzsammlung. Anhand der Gegenstände im Zimmer konnte sie auf die aktuellen und ehemaligen Hobbys der Bewohner schließen: Golfbälle, ein Badmintonschläger, etwas Angelschnur. Auf den Bücherregalen standen ein dicker englischsprachiger Weltalmanach, ein Stapel Life-Magazine und ein Koreanisch-Englisch-Wörterbuch.

Soo-Ja war nur wenige Minuten allein, bis sie bemerkte, dass jemand ins Zimmer gekommen war. Es war Min, der jetzt neben dem Holzgeländer der Treppe stand.

»Ich bin froh, dass du keinen Streit angefangen hast vor all den Leuten«, sagte er.

»Ist das mein Stichwort? Ich bin eine tickende Zeitbombe.«

»Ich werde mich trotzdem nicht entschuldigen«, sagte Min und setzte sich Soo-Ja gegenüber. »Ich habe das gemacht, was für Hana am besten ist.«

»Du hast noch nie danach gehandelt, was für Hana am besten ist.«

Min beugte sich vor, die Finger verschränkt.

»Meinst du, du bist die Einzige, die für ihre Familie Opfer bringt?«

»Nenn mir nur eine Sache, die du für mich oder für Hana getan hast«, forderte Soo-Ja.

»Ich bin bei dir geblieben, als meine Eltern weggezogen sind!«, schrie Min plötzlich.

»Und du hast mir ständig vorgejammert, wie sehr du das bereut hast.«

»Du denkst, alles ist so einfach. Du denkst, ich bin ein schlechter Mensch. Glaubst du, es macht mir Spaß, mit einer Frau zusammenzuleben, die mich für einen Taugenichts hält?« Min wurde leiser, als hätte er Angst, die anderen könnten ihn hören. Aber das konnten sie nicht. Sie waren allein in dem unglaublich hellen Zimmer.

»Dann mach endlich was aus dir. Ich träume von dem Tag, an dem du ein bisschen Courage aufbringst und dich bewährst«, sagte Soo-Ja.

»Was muss ich denn tun, um mich zu bewähren?«, fragte Min.

»Ich weiß nicht.« Sie drückte mit den Händen gegen die rosa Polster, als wollte sie die Dicke des Schaumstoffs prüfen.

»Du hast Opfer für mich gebracht«, erklärte Min. »Du hättest einen anderen heiraten können. Aber du bist bei mir geblieben. Du darfst nicht glauben, ich wüsste das nicht zu schätzen. Eines Tages werde ich für dich ein Opfer bringen, und dann wirst du mich lieben.«

Min wandte den Blick ab und betrachtete die Partygesellschaft draußen im Garten. Er sah seine Eltern und seine Brüder und seine Schwester, die ausgelassen lachten. Soo-Ja folgte seinem Blick und betrachtete das Meer von Körpern, Mins große Familie. Sie beobachtete die lachenden, scherzenden Menschen und wusste, dass Min sich fragte, welcher Witz gerade erzählt wurde, worin der Quell ihrer Freude lag. Sie wusste auch, dass er alles dafür gegeben hätte, diese unbeschwerte Freude zu teilen. Wenn er hierblieb, wäre er niemals mehr allein. Sie begriff, wie einsam er sich in Seoul gefühlt haben musste, wo er nur Hana und sie gehabt hatte.

»Du brauchst kein Opfer für mich zu bringen«, sagte Soo-Ja.

»Ich würde aber gerne, damit du mir Respekt entgegenbringst.«

»Ich hätte dir Respekt entgegengebracht, wenn du vor Jahren einer Scheidung zugestimmt und mir Hana gelassen hättest.«

»Ist es das, was du willst? Dass ich dich loslasse?«

»Das tut jetzt nichts mehr zur Sache.«

»Willst du mit Yul zusammen sein?«

»Das kann ich nicht, selbst wenn ich wollte. Yul sagt, er kann nicht mehr länger auf mich warten. In Korea hält mich nichts mehr«, erklärte Soo-Ja und kämpfte gegen die tiefe Traurigkeit in ihrer Seele. »Außerdem geht es nicht darum, dass ich dich verlasse und mir einen anderen Mann nehme. Es geht darum, dass du endlich bereit bist zu tun, was für Hana und mich am besten ist.«

Die Schiebetür wurde geöffnet, und ein Gast kam herein. Ihre Unterhaltung war für den Augenblick beendet. Min erhob sich und wandte Soo-Ja den Rücken zu, um wieder in den Garten zu gehen.

»Yeobo «, rief sie hinter ihm her.

»Was ist?«

Es war schlimm genug für Soo-Ja gewesen, ihren Vater zu verlieren. Sie konnte nicht auch noch Hana aufgeben. Hana war alles, was sie noch hatte, und wenn sie in diesem fremden Land bleiben und das Dienstmädchen für ihren Schwiegervater spielen musste, um ihre Tochter zu behalten, dann sollte es eben so sein.

»Wenn Hana und du wirklich hierbleiben wollt, dann « Soo-Ja zögerte, und ihre Stimme zitterte ein wenig bei dem Versuch, die Worte herauszubringen. Sie brachte sie einfach nicht über die Lippen, so sehr sie sich auch bemühte. »Ich nehme das Angebot deines Vaters an. Ich werde für ihn arbeiten.«