Kapitel 69

Nick hielt Dermot weitere zwei Wochen im Inglewood-Lagerhaus an Händen und Füßen gefesselt gefangen, während er einen Designer-Garten für Neela kreierte. Jeden Tag, nachdem er seinem Gefangenen Essen und Wasser gebracht hatte, ließ Nick ihn allein und arbeitete im Garten. In zwei Tagen hatte er die alte Scheune niedergerissen und eine neue gebaut. Dann begann er, in diesem Schuppen, abgeschirmt vor neugierigen Blicken, zu graben.

Nick brauchte vier Tage, um zwei Meter tief zu kommen, dann kletterte er aus der Grube und bereitete den Sarg vor.

Er dachte an alles: an das Belüftungssystem mit dem kleinen, fast geräuschlosen elektrischen Ventilator und an die Nahrungszufuhr. Da er seinen Gefangenen nicht täglich mit der Hand füttern wollte, kam ihm die Idee mit dem Kompostsystem. Auf diese Weise versorgte Neela ihren Mann täglich mit Lebensmitteln, ohne etwas davon zu ahnen. Die Beförderung funktionierte ganz automatisch. Sobald das verrottende organische Material auf der Basisebene ein gewisses Gewicht erreichte, fiel die Nahrung durch. Dermot bekam also die zwei Tage alten Brocken direkt ins Gesicht. Er konnte selbst entscheiden, was er essen wollte und was nicht. Nick hatte ausführliche Nachforschungen über die Methoden betrieben, mit denen sich Menschen in Ausnahmesituationen am Leben erhielten. Die meisten tranken ihren eigenen Urin, wenn sie unter Wassermangel litten, und zogen sogar in Erwägung, einen Menschen zu töten, um ihren Hunger zu stillen. Nick war der Ansicht, dass verglichen damit frisches Wasser, das Dermot aus einer Plastiktüte saugen konnte, die mit einem Schlauch verbunden war, und Essensreste oder Gartenabfälle mit den Würmern, die in dem Schnellkomposter ihre Arbeit machten, eine geradezu üppige Verpflegung darstellten.

Einer der unangenehmsten Aspekte für den lebendig Begrabenen war die fehlende Toilette. Nick hob eine Grube unter der Stelle aus, an der Dermots nacktes Hinterteil liegen würde, so dass sein Urin und die Exkremente direkt in eine maßgefertigte Wanne fielen. Ohne dieses System würde Dermot bald an einer Infektion sterben oder in seinem eigenen Urin ertrinken. Und damit wäre alles frühzeitig zu Ende.

Nick stattete Dermots Sarg noch mit einer Lichtquelle aus, damit der Gefangene sehen konnte, wo er sich befand und was mit ihm passierte. Das war Teil der Folter. Das Licht würde ihm auch bei der Entscheidung helfen, welche Brocken er als Erstes zu sich nehmen wollte – das sah Nick sogar als Zeichen seines Mitgefühls an. Zudem konnte Dermot das Licht ausknipsen, wenn er schlafen wollte – noch eine Annehmlichkeit. Aus Spaß gab Nick seinem ehemaligen Freund noch eine kleine Handglocke mit in den Sarg.

Die Frage, die Nick oft beschäftigte, während er mit Neela in den folgenden Wochen in ihrem Haus zu Abend aß, war: Wie lange sollte er Dermot in seinem Grab lassen? Ein Jahr? Nein, das war nicht annähernd genug! Schließlich entschied er sich für drei Jahre. Dann würde er Dermot mit Rattengift töten.

Der Tag, an dem Nick seinen Gefangenen nach Hause zum Linley Place brachte, war etwas ganz Besonderes für den Traumheiler. Er pfiff eine fröhliche Melodie – ein sicheres Zeichen dafür, dass er sehr glücklich war. Neela sollte am folgenden Tag nach Hause kommen, und er würde sie mit dem neu gestalteten Garten überraschen.

 

Während seiner Gefangenschaft im Lagerhaus beschäftigte sich Dermot nur mit Fluchtgedanken. Aber Nick hatte alles bedacht. Dermot war fest an einen Metallring über dem Bett angekettet und gefesselt. Zudem wurde er von seinem Folterknecht mit einem Löffel gefüttert, und Wasser erhielt er aus einem Plastikschlauch, an dem er saugen musste. Nick hatte den Raum schalldicht isoliert, also hatte Schreien auch keinen Sinn.

Als Dermont auf seiner primitiven Pritsche lag, versuchte er verzweifelt, sich vorzustellen, was Nick mit ihm vorhaben mochte. Am ersten Tag war er sicher, dass Nick ihn töten würde, aber im Laufe der Zeit ließ diese Überzeugung immer mehr nach.

Eines Tages sah Dermot zu, wie Nick eine Spritze vorbereitete. Wenige Sekunden später war der Inhalt der Ampulle in seiner Vene. Als er wieder zu sich kam, saß er, verschnürt und mit verklebtem Mund, auf einem Stuhl in seiner Küche.

Man hatte ihn nach Hause geschafft. Eine grenzenlose Erleichterung durchflutete ihn kurz, dann fragte er sich: Was passiert jetzt?

Dermot versuchte sich zu bewegen, merkte jedoch sofort, dass das Entspannungsmittel seine Muskeln gelähmt hatte. Dann ging die Wohnzimmertür auf, und Nick kam mit einem breiten Lächeln herein.

Er schob einen Arm hinter Dermots Schultern, den anderen unter seine Knie und trug ihn wie einen Säugling hinaus in den Garten und in den neu erbauten Schuppen. Als Nick die Tür mit dem Fuß aufstieß, sah Dermot den Sarg. Sofort verlor er die Kontrolle über seine Blase.

»Hey! Das ist ja ekelhaft«, schimpfte Nick mit gespielter Empörung. In diesem Ton wies ein Vater sein kleines Kind zurecht, wenn es nachts ins Bett gemacht hatte. Insgeheim jedoch hatte Nick mit einer solchen Reaktion gerechnet. Er grinste Dermot an. »Da wir schon beim Thema sind, versuch deinen Darm unter Kontrolle zu halten, bis du in der Kiste liegst.«

Nick bemerkte, dass Dermot den Blick nicht von dem Sarg losreißen konnte.

»Eine hübsche Tischlerarbeit, wie?«

Er wartete geduldig, bis Dermot die Grube und die Winde bemerkte. Aber Sekunden verstrichen, und Dermot fixierte immer noch den Sarg. Für Nick war das ärgerlich – er kam sich vor wie ein Kind, das es kaum erwarten konnte, das zweite Geschenk auszupacken, das noch unter dem Weihnachtsbaum lag.

»Sieh dir die Grube an. Die Grube!«

Wieder tickten die Sekunden dahin. Dann richtete sich Dermots Blick ganz langsam auf die Winde über dem schwarzen Erdloch. »Lebendig begraben. Ist das nicht dein schlimmster Albtraum? Das bringt dich dazu, im Schlaf zu schreien, stimmt’s? Als mir Neela davon erzählte, konnte ich einfach nicht widerstehen. Nimm es ihr nicht übel, sie hat sich solche Sorgen um dich gemacht.« Er lachte. »Willkommen im neuen Zuhause, Dermot. Ich nenne es Anti-Penthouse, weil es so tief ist.« Er lachte wieder.

Wäre sein Körper nicht betäubt gewesen, hätte sich Dermot auf der Stelle übergeben. Gottlob konnte er seinen Schließmuskel beherrschen.

»Möchtest du dir das aus der Nähe ansehen? Du bist herzlich eingeladen.«

Nick trug Dermot zum Rand der Grube, um ihm einen Blick in sein Grab zu ermöglichen. Dann drehte er sich ein wenig, damit sein Gefangener in den maßgefertigten Sarg schauen konnte.

»Du wirst es richtig kuschelig haben«, sagte Nick.

Ganz langsam und mit unmenschlicher Grausamkeit senkte er Dermot Zentimeter für Zentimeter in die Kiste und beobachtete dabei, wie sich dessen Brust immer heftiger hob und senkte.

Als Dermot lag, nahm ihm Nick die Fesseln ab und streckte dessen Glieder, um es ihm bequemer zu machen. Nick wusste, dass die Wirkung des Medikaments noch mindestens zehn Minuten andauern würde, also ließ er sich Zeit, alles so herzurichten, wie es sein sollte.

Dermot ließ seinen Folterer nicht einen Moment aus den Augen; er wusste, dass sein schlimmster Albtraum zum Leben erwachen oder besser zum Tode führen würde.

Nick befestigte die Seile an dem Sarg-Seile, die Dermot in der Waagerechten halten würden, wenn er in die Grube gesenkt wurde.

Plötzlich baute sich Nick drohend neben Dermot auf, einen Hammer in der einen und ein paar Nägel in der anderen Hand. Er steckte die Nägel zwischen die Zähne und griff nach dem Sargdeckel.

»Zeit fürs Bett.«

Dermots Augenlider flatterten, als Nick eine Schneiderschere in die Hand nahm und begann, ihm die Kleider vom Leib zu schneiden. Anschließend entfernte er jedes Stückchen Stoff aus dem Sarg. Dermot schwitzte wie ein korpulenter Mann in der Sauna. Er konnte weder sprechen noch richtig atmen. Dafür liefen ihm Tränen über die Wangen.

Nick hob den schweren Deckel hoch, und wieder genoss er den Moment in vollen Zügen und schob den Deckel quälend langsam über den Sarg, bis von Dermot nur noch die Augen hinter der Öffnung zu sehen waren.

»Ich wette, du wünschst dir, du hättest vor all den Jahren nicht »das Falsche« getan. Bestimmt wünschst du dir, du hättest deinen Schwanz in der Hose gelassen, alter Junge.«

Die wahnwitzige Panik, die einen erfasst, wenn man hört, wie die Nägel in den eigenen Sarg geschlagen werden, kann man nur erahnen. Für Dermot hätte es nicht schlimmer sein können, wenn sein Herz plötzlich aufgehört hätte zu schlagen.

»Oh, noch etwas«, rief Nick, nachdem der letzte Nagel eingeschlagen war. »Da ist eine Glocke, falls du etwas brauchst. Oh! Und ein Licht. Sayonara.«

Es dauerte nicht lange, Dermots Sarg in das Grab über der Wanne hinunterzulassen. Als Nick begann, die Erde auf den Sarg zu schaufeln, hörte er ein entferntes Klingeln. Dermot benutzte tatsächlich das Glöckchen! Das war zu komisch. Und das laute Stöhnen bereitete Nick ebenfalls großes Vergnügen. Als die Wirkung der Droge nachließ, wurden Schreie aus dem Ächzen, aber sobald das Grab wieder gefüllt war und Nick die Erde festklopfte, war gar nichts mehr zu hören.

Die Gerechtigkeit hatte obsiegt.

Nick blieb noch in dem Schuppen. Er dachte nach und genoss seinen Triumph. Nach einer Stunde holte er ein Stethoskop aus der Tasche, drückte die Membran auf die Erde und lauschte. Obwohl der Sarg praktisch schalldicht war, hörte Nick nach wie vor das Glöckchen – welch ein Spaß! Dermot schien tatsächlich zu glauben, dass ihn sein Peiniger aus dem Gefängnis entlassen würde, wenn er nur lange genug die Glocke schwang!

Das Läuten wurde begleitet von einem nicht enden wollenden Schrei.