37 geSchenkE

Die nächsten beiden Wochen befolgte ich ihre neuen Regeln. Nicht weil ich es wollte, sondern weil es sich einfach so ergab. Den folgenden Sonntag verbrachten Evan und ich nicht bei ihm; stattdessen fuhren wir zu der Sportanlage und gingen diesmal auf den Golfplatz. Danach beschloss ich frustriert, dass Golf definitiv nicht mein Ding war.

Einen Teil des Kunstunterrichts und der Lernstunden verbrachte ich damit, Evans Geschenk vorzubereiten. Ich hatte Ms Mier zwar nicht erzählt, für welchen Zweck es gedacht war, aber sie ermutigte mich bei jedem Schritt. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie mehr wusste, als sie zugab, aber andererseits war das bei ihr immer der Fall.

Als das Geschenk endlich fertig war, zeigte ich es Sara. Ich wollte sichergehen, dass ich nicht irgendwelche Grenzen überschritten hatte und dass es nicht zu … aufdringlich war. Sie verstand den gesamten Inhalt, denn ich hatte ihr ja auch alles erzählt. Deshalb war es nervenaufreibend, ihre Reaktion beim Betrachten der einzelnen Bilder zu beobachten. Am Ende lächelte sie und nahm mich in den Arm, was mich zutiefst schockierte.

»Em, das ist perfekt!«, rief sie dann.

»Echt?«

»Absolut – er wird es lieben.«

»Warum hab ich dann das Gefühl, ich muss mich übergeben, wenn ich es ihm schenke?«

»Weil es so persönlich und so einfühlsam ist. Er muss es einfach lieben.«

Hoffentlich hatte sie recht.

Am Freitag klopfte mir das Herz auf der Fahrt zur Schule bis zum Hals, und ich verschränkte nervös die Hände auf dem Schoß. Als wir ankamen, sprach mich Evan endlich darauf an.

»Was ist los?«, fragte er, nachdem er den Motor abgestellt hatte, und sah mich prüfend an.

Ich holte tief Luft. »Ich wusste nicht, wann der beste Zeitpunkt dafür ist, also mach ich es einfach jetzt.« Kurz entschlossen griff ich in meinen Rucksack und zog das flache, viereckige Päckchen heraus. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.«

Mit einem verlegenen Grinsen nahm Evan es entgegen. »Danke.«

»Du musst es nicht jetzt aufmachen«, platzte ich heraus, als er anfing, am Geschenkpapier herumzuzupfen. »Du kannst es dir später auch allein anschauen.«

Er sah mich misstrauisch an, wickelte es aber trotzdem aus.

»Ehrlich, Evan, warte doch lieber.« Vielleicht würde ich mich tatsächlich übergeben müssen.

»Hast du das gemacht?«

Ich biss mir auf die Lippe und nickte.

Zu meinem Entsetzen begann Evan die Seiten der kleinen, von einem Band zusammengehaltenen Gemäldesammlung langsam durchzublättern. Ein Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Ich hielt die Luft an und beobachtete, wie er die Momente, die ich mit meinem Pinsel festgehalten hatte, einen nach dem anderen in sich aufnahm.

Als er zu der Seite mit Saras Schal kam, bemerkte er: »Den hab ich immer noch, stimmt’s?« Bei dem Bild mit dem blauen Handabdruck zögerte er, sein Lächeln wurde noch strahlender, und ein warmer Schauder durchlief meinen Körper. Während er den Text des Songs überflog, den er auf meinen iPod geladen und den ich abgeschrieben hatte, wurde sein Gesicht ganz weich, und meine Version von dem auserlesenen Kronleuchter der Jacobs’ kommentierte er mit einem verständnisinnigen Kopfschütteln. Langsam fuhr er mit dem Finger den Bach auf der Wiese entlang und stieß ein leises Lachen aus, als er sich an die Skyline erinnerte, die wir von dem Wohnblock in New York angeschaut hatten. Bei den rosa Rosen auf der letzten Seite röteten sich seine Wangen, er klappte das Buch langsam zu und holte tief Luft.

»Das ist alles, hm?«, fragte er und nahm meine Hand.

»Nur das Gute«, korrigierte ich, und mein Gesicht kam mir noch viel röter vor als seines.

»Das ist ein wundervolles Geschenk. Danke.« Er beugte sich zu mir, und ich wartete schon auf ihn. Weil ich nicht atmen konnte, schwirrte mir schon jetzt der Kopf, aber die Berührung seiner Lippen verstärkte das Gefühl beträchtlich. Als wir uns voneinander lösten, brauchte ich eine Minute, um wieder zu mir zu kommen, erst dann konnte ich die Autotür öffnen und aussteigen.

Evan kam mir von der anderen Seite entgegen und nahm mich fest in die Arme. Mein Herz, das sich noch nicht von dem Kuss erholt hatte, geriet erneut ins Stolpern, als ich in seine graublauen Augen sah.

»Das ist das schönste Geschenk, das ich jemals bekommen habe«, sagte er und küsste mich noch einmal, wenn auch etwas zurückhaltender.

Als er mich schließlich losließ, stieß ich einen tiefen Seufzer aus. »Es freut mich, dass es dir gefällt.«

»Das war schwierig für dich, oder?«, meinte er, als wir Hand in Hand aufs Schulgebäude zugingen. Ich zögerte, denn ich war mir unsicher, was er meinte. »Mich dabei zu beobachten, wie ich es mir anschaue«, fügte er hinzu.

»Ja, du kannst dir gar nicht vorstellen wie schwierig«, gab ich zu, und er lachte über meine Unverblümtheit.

»Morgen Abend bin ich dann aber an der Reihe«, erklärte er, drückte noch einmal meine Hand und ließ mich verwundert stehen, während er den Korridor hinunter verschwand.

Als ich ihn später am Tag noch einmal fragte, was er vorhatte, war er wieder nicht bereit, mir irgendetwas zu verraten. Aber er wünschte sich, dass ich den rosa Pulli trug, den er so gern an mir mochte, und ich erklärte mich achselzuckend einverstanden – schließlich hatte er ja Geburtstag. Er ging jedoch auch weiterhin nicht auf meine Fragen ein, und das machte mich ein bisschen nervös. Sara dagegen war begeistert. Sie malte sich tausend Gründe aus, warum er so geheimnisvoll tat, aber nichts davon traf auch nur annähernd ins Schwarze.

»Wir essen hier bei dir?«, fragte ich verwirrt, als wir am nächsten Abend in seine Auffahrt bogen. Evan grinste nur stumm.

»Mach die Augen zu«, verlangte er dann.

»Was?! Warum?«, wollte ich wissen. »Evan, was hast du vor? Wir feiern deinen Geburtstag, erinnerst du dich?«

»Ja«, erwiderte er, »und genau das möchte ich an meinem Geburtstag tun. Also schließ bitte die Augen.«

Ich schluckte meine Angst hinunter und gehorchte. Evan half mir beim Aussteigen und machte sich daran, mir mit einem Stück weichen Stoff die Augen zu verbinden.

»Ist das dein Ernst?«

»Ich weiß, dass du sonst schummeln würdest.«

»Evan, ich trage hohe Absätze, ich werde mich umbringen.«

»Aber nein.« Mit einer blitzschnellen Bewegung hatte er auch schon den Arm unter meine Knie gelegt, ich kippte nach hinten und landete in seinen Armen. Ich stieß einen überraschten Schrei aus und schlang die Arme fest um seinen Hals.

»Das war überhaupt nicht nötig«, tadelte ich ihn.

»Ich will nicht, dass du dich umbringst«, bemerkte er, und ich hörte das Lächeln in seiner Stimme.

Seine Schritte knirschten über den Kiesweg, der zur Scheune führte, dann quietschte die Tür. Ich erkannte die Gerüche der Garage, als wir die Treppe hinaufstiegen. Evan schob die Tür auf, stellte mich auf die Füße und löste meine Binde. Aber ich hatte Angst, die Augen aufzumachen.

Als ich es schließlich doch wagte, blieb mir der Mund offen stehen. Das ganze Zimmer war in schimmerndes Licht getaucht, auf jeder verfügbaren Stellfläche standen Kerzen. Die Couch war an die Wand geschoben, damit ein kleiner Tisch in der Mitte des Raums Platz fand. Er war ebenfalls mit Kerzen dekoriert und für zwei Personen gedeckt. Die Frauenstimme, die sanft und leise aus dem Lautsprecher erklang, erkannte ich sofort.

»Ist das der Song von meiner Playlist?«, fragte ich.

»Ich hab dir damals schon gesagt, dass er eine gewisse Stimmung hervorruft«, antwortete Evan, sah mich prüfend an und fragte: »Wie gefällt es dir hier?«

»Es ist wunderschön«, hauchte ich. Er stand hinter mir, die Arme um meine Taille geschlungen, und beugte sich herab, um mich auf die Schulter zu küssen.

Dann führte er mich zum Tisch und zog einen Stuhl für mich hervor. Obwohl ich inzwischen wusste, dass diese Ritterlichkeit ein Teil von ihm war, fühlte sie sich immer noch seltsam an, und ich lächelte nervös, als er sich mir gegenüber niederließ. Vor uns stand eine große Schüssel mit buntem Salat.

»Ist es dir unangenehm?«, fragte er, als er meine Unruhe bemerkte.

»Nein«, antwortete ich zögernd. »Ich versuche nur zu verdauen, dass du auf so eine Idee gekommen bist.«

»Danke«, erwiderte er sarkastisch. »Das hast du wohl nicht für möglich gehalten, was?«

»Nein, daran liegt es nicht«, protestierte ich. »Es ist dein Geburtstag, deshalb fühlt es sich irgendwie nicht richtig an.«

»Das ist genau das, was ich mir für meinen Geburtstag gewünscht habe. Also entspann dich, okay?«

Ich nickte und beschwor in mir den Appetit herauf, den ich brauchte, um die Beeren und Blätter vor mir angemessen zu würdigen.

»Wir gehen doch zusammen zum Abschlussball, ja?«, vergewisserte er sich. »Ich weiß, ich hab dich nicht offiziell gefragt – genaugenommen hat das, glaube ich, meine Mutter erledigt.«

Ich lachte. »Ja, Evan, ich gehe mit dir zum Abschlussball.«

»Bitte sag mir jetzt nicht, dass du mit ihr ein Kleid kaufen gehst«, flehte er.

»In den Läden, in denen deine Mutter einkauft, könnte ich mir sowieso nichts leisten.«

»Oh, ich bin ziemlich sicher, dass sie dir das Kleid spendieren würde.« Ich riss verwundert die Augen auf, und er fügte hinzu: »Aber ich würde es einfach seltsam finden, wenn du mit meiner Mutter allein unterwegs wärst. Ich weiß, sie würde dir Sachen erzählen, die mich wahnsinnig machen würden.«

»Ehrlich?«, neckte ich ihn. »Vielleicht sollte ich tatsächlich mit ihr nach New York fahren.« Evan schüttelte den Kopf, und ich lachte bei der Vorstellung, mich mit seiner Mutter anzufreunden.

Als ich den anfänglichen Schock über die romantische Kulisse verdaut hatte und merkte, dass ja nur Evan und ich hier saßen, fühlte ich mich wieder so wohl wie immer in seiner Nähe. Wir unterhielten uns angeregt und lachten viel. Es war perfekt, ich vergaß fast, dass wir in der Scheune saßen. Das flackernde Licht ließ Regale und Sportgeräte im Schatten verschwinden, Kerzen und Musik sorgten für eine wohlig entspannte Atmosphäre, und ich verlor mich im sanften Glanz von Evans Augen. Aber als er statt des Nachtischs, den ich erwartet hatte, eine kleine blaue Schachtel vor mich stellte, kam die Angst sofort zurück.

Ich war sprachlos und konnte kaum atmen. Von der anderen Seite des Tischs her sah er lächelnd zu, wie ich nach Worten rang.

»Du brauchst nichts zu sagen«, beharrte er. »So hab ich es mir gewünscht.«

Ich starrte ihn an, unfähig, das Päckchen zu öffnen.

»Aufmachen musst du es aber schon«, drängte er. Nervös wanderte mein Blick zwischen ihm und der Schachtel hin und her. »Bitte mach es auf, sonst bringt mich die Spannung noch um.«

Ich holte tief Luft und hob den Deckel an. Mit großen Augen sah ich zu Evan empor, noch immer unfähig zu sprechen.

»Ich dachte, du solltest selbst eine haben, passend zum Pulli«, erklärte er. »Sie gefällt dir doch, oder?«

»Ja«, hauchte ich und war zu überwältigt, um den glitzernden Stein in der Schachtel auch nur zu berühren. Evan stellte sich hinter mich, löste die Kette behutsam von ihrer Samtunterlage und legte sie mir um den Hals. Ehrfürchtig berührte ich den Stein mit den Fingerspitzen und spürte ihn auf meiner Haut.

Dann stand ich auf. »Danke«, sagte ich zu Evan, schlang die Arme um ihn und stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Sanft streiften meine Lippen seinen Mund und verharrten dort einen Moment, ehe sie sich langsam wieder lösten.

Evan drückte mich an sich, die Musik umhüllte uns, und auf einmal merkten wir, dass wir uns zu der einschmeichelnden, verführerischen Stimme der Sängerin langsam bewegten.

»Tanzen wir?«, fragte ich leise.

»Ich glaube, ja«, bestätigte Evan mit einem leichten Nicken. »Ist das schlecht?«

»Nein, ich hab so was nur noch nie gemacht«, gestand ich. Aber dann legte ich den Kopf unter sein Kinn und ließ mich von ihm führen.

Die zarten Rhythmen und Melodien waren hypnotisierend, sie verstärkten den Zauber der flackernden Lichter und der Wärme seines Körpers. Ich sah in Evans Gesicht, und er blickte mit einem sanften Lächeln zu mir herab. Ein Schwindel ergriff mich, ich fühlte mich ganz leicht, ihm vollkommen nah.

»Ich liebe dich«, flüsterte ich, und die Worte kamen mir mühelos über die Lippen.

Evan zog mich an sich und küsste mich auf den Mund. Bald wurde der zarte Kuss fordernder und schickte ein elektrisches Pulsieren durch meinen Körper. Seine Lippen bewegten sich über meinen Hals, seine Hände glitten unter den Pullover und über meinen Rücken. Heftig atmend streichelte ich seinen festen Brustkorb, bis er sein Shirt über den Kopf zog und wir uns gerade lange genug voneinander trennten, dass er es auf den Boden fallen lassen konnte.

Wir bewegten uns – noch immer leidenschaftlich umschlungen – auf das Zimmer über der Garage zu. Ich zog meinen Pulli über den Kopf und ließ ihn ebenfalls auf den Boden fallen. Evan hielt inne.

»Bist du sicher?«, fragte er schwer atmend und suchte in meinem Gesicht nach Anzeichen des Zweifels.

»Ja«, antwortete ich mit einem flüsternden Seufzen und zog ihn wieder an mich. Begierig nahm er mich in Empfang, aber als ich meine Schuhe wegkickte und meine Hose aufknöpfte, hielt er meine Hände fest.

»Wir müssen es nicht tun.«

»Evan, ich liebe dich. Ich will es. Aber wenn du nicht …« Schnell zog ich den Reißverschluss wieder hoch, und wieder fing er meine Hände ab. So standen wir eine Sekunde regungslos da und starrten einander an. Dann öffnete Evan den Reißverschluss behutsam wieder und zog meine Hose über die Hüften herunter. Ich trat aus ihr heraus und folgte ihm ins Zimmer. Kurz drückte er mich an seine warme, glatte Haut, dann legte er mich vorsichtig auf die Decke, und sein Mund arbeitete sich langsam von meiner Schulter zu meinem Bauch hinunter. Leider musste er noch einmal aufstehen, um seine Schuhe und seine Hose abzustreifen.

Ich schlang mein Bein um seinen Oberschenkel, als er sich wieder über mich beugte. Mein Mund fand seinen Hals, und meine Lippen wanderten langsam über seine Schulter. Vor Erregung schwer atmend, erforschten seine Finger meinen Bauch, und wieder sprühten tausend Funken durch meinen Körper.

Aber dann erstarrte er plötzlich – Licht strömte durchs Fenster, ich riss die Augen auf und hielt die Luft an.

»O nein!«, rief Evan und sprang auf. Blitzschnell packte er seine Hose und fuhr hinein, ich stützte mich auf die Ellbogen und sah ihm schockiert zu, wie er hastig wieder in seine Schuhe schlüpfte.

»Bleib hier«, wies er mich an, dann war er auch schon zur Tür hinaus und zog sie hinter sich ins Schloss.

»Evan, bist du da oben?«, hörte ich eine Männerstimme. Das musste ein Witz sein! Dann kamen laute Schritte die Treppe herauf.

»Oh«, rief die Stimme. »Stören wir etwa?«

Helles Licht strömte unter der geschlossenen Tür hindurch. Panik durchflutete mich. Jemand war nebenan! Da waren meine Klamotten! Wieder hörte ich Schritte und Stimmen, stand leise auf und schlich auf Zehenspitzen zum Wandschrank, um nachzusehen, ob ich dort etwas zum Anziehen finden konnte.

»Nein«, antwortete Evan beklommen. »Äh, ich wollte gerade aufräumen.«

»Du hattest einen schönen Geburtstag, was?«, fragte die Stimme lachend.

»Jared, was machst du hier?«, fragte Evan schließlich.

»Ich wollte dich mit ein paar von den Jungs zu deinem Geburtstag überraschen. Herzlichen Glückwunsch!«

»Danke«, erwiderte Evan. Offenbar bemerkte Jared die Anspannung in seiner Stimme nicht.

»Lass uns Musik anmachen und ein bisschen Pool spielen oder so«, schlug Jared vor. »Und uns irgendwas Schönes zu trinken von der Bar holen.«

»Klingt gut«, pflichtete ihm eine andere Stimme bei. »Was sollen denn die ganzen Kerzen?«

»Die sind von vorhin«, erklärte Evan abwehrend.

Im Dämmerlicht fand ich eine Jogginghose und ein Sweatshirt. Ich schlüpfte hinein und schlug den Bund um. Die Sachen hingen schlaff an mir herunter, aber es war besser als nichts.

»Ich bring die Teller schnell zurück ins Haus«, sagte Evan zu den anderen. »Bin gleich wieder da.«

Dann dröhnten das Gebrüll einer Punkband und das Klicken der Poolbälle aus dem Nebenzimmer.

Ich saß auf dem Bett und hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich wusste, dass ich nicht aus der Tür gehen konnte, solange diese Jungs nebenan waren.

»Emma?«, flüsterte Evan. Ich fuhr zusammen, als seine Stimme vom Boden zu mir heraufdrang. Dann beugte ich mich über die Bettkante und sah Evan aus einer offenen Falltür zu mir heraufblicken. Er stand auf einer Klappleiter, die hinunter in die Garage führte.

»Du kannst hier runterklettern, die merken nichts«, erklärte er.

Barfuß stieg ich die Leiter hinunter, Evan wartete unten auf mich. Ehe er die Leiter hochklappte, befestigte er das Bodenbrett wieder an Ort und Stelle. Dann packte er wortlos meine Hand. Ich folgte ihm durch die Tür hinaus in die mondhelle Nacht.

»Es tut mir so leid«, sagte Evan, während wir durch das feuchte Gras hinter dem Haus gingen. »Ich hatte keine Ahnung, dass er kommt.«

»Schon okay.«

»Ich hab deine Sachen im Wandschrank versteckt, bevor sie hochgekommen sind. Du bekommst sie zurück, versprochen.«

»Ich werde diesen Pulli nie wiedersehen, oder?«

»Na ja, vielleicht wenn er nicht mehr nach dir riecht«, antwortete er und nahm mich in den Arm. »Wir werden andere Momente miteinander haben, das schwöre ich dir. Ich gehe nirgendwohin … jedenfalls nicht ohne dich.«

»Ich weiß.«

 

»Hübsches Outfit«, bemerkte Sara grinsend, als ich in ihr Zimmer trat. »Du hast viel zu erzählen, das sieht man dir an.«

»Wie war dein Date mit Tony?«, fragte ich in dem Versuch, das unvermeidliche Gespräch hinauszuzögern.

»Ich hab’s hinter mir«, antwortete Sara mit einem leichten Achselzucken. »Ist das ein Diamant an deinem Hals? Em, jetzt fang endlich an zu reden.«

Die intimeren Szenen sparte ich aus – sehr zu Saras Enttäuschung. Als ich mit meinem Bericht am Ende war, brach sie in lautes Gelächter aus. Zögernd stimmte ich ein.

»Ich kann nicht glauben, dass du um ein Haar bei deinem ersten Mal erwischt worden wärst!« rief sie und prustete sofort wieder los.

»Ach, sei still, Sara«, rief ich, ebenfalls lachend, und warf ihr ein Kissen an den Kopf. »Es war ja nicht mein erstes Mal. Es ist überhaupt nichts passiert.«

»Du hast echt ein unglaubliches Pech!«, japste sie, und die Lachtränen liefen ihr übers Gesicht.