2. KAPITEL

Am nächsten Morgen schlafe ich erst einmal aus. Und ich hätte bestimmt noch länger geschlafen, wenn Makri nicht in mein Zimmer geplatzt wäre und sich lautstark über das Wetter beschwert hätte.

»Hört dieser blöde Winter denn niemals auf?«, meckert sie mürrisch.

Makri ist noch jung, und sie lebt noch nicht sehr lange in unserer Stadt. An das hiesige Klima hat sie sich immer noch nicht gewöhnt. Die Jahreszeiten in Turai mögen zwar grimmig sein, aber dafür sind sie wenigstens sehr pünktlich.

»Sicher hört er auf. In zwei bis drei Wochen. Und wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst morgens nicht einfach so in mein Schlafzimmer platzen?«

Makri zuckt mit den Schultern.

»Weiß ich nicht. Etwa neunzig-bis hundertmal, so in etwa. Wird es denn in zwei Wochen wieder heiß?«

»Nein. Auf den Winter folgt die Kalte Regenzeit. Die ist genauso schrecklich.«

»Ich hasse diese Stadt!«, verkündet Makri aus tiefstem Herzen. »Der Sommer ist zu heiß, der Herbst zu nass, und der Winter ist zu kalt. Wie um alles in der Welt kann man auf die Idee verfallen, ausgerechnet hier eine Stadt zu gründen? Das zeigt mal wieder, wie dumm Menschen sind.«

Makri ist nur zur Hälfte Mensch. Die andere Hälfte teilen sich Orgks und Elfen. Welche Rasse sie gerade verteufelt, hängt von den jeweiligen Umständen ab.

Mittlerweile habe ich mich aus dem Bett gewuchtet und öffne mein Frühstücksbier. In meinem Zimmer friert es, also werfe ich ein paar Holzscheite in den Kamin. Er hat noch Glut von gestern.

»Wenigstens besitzen die Elfen Grips genug, ihren Wohnsitz auf den Südlichen Inseln aufzuschlagen, wo es immer heiß ist. Ich sehe übrigens immer noch nicht ein, wieso wir unbedingt so schnell zurückkommen mussten.«

In diesem Punkt bin ich mit Makri einer Meinung. Vor nicht einmal sechs Wochen waren wir noch weit im Süden auf Avula, einer der größten Elfeninseln. Nach einigen anfänglichen Irritationen, wie zum Beispiel, dass die Elfen in Panik ausgebrochen sind, wenn sie Makris Orgk-Blut witterten, und dass ich in ihr Gefängnisbaumhaus geworfen worden bin, halt so die üblichen Schwierigkeiten, haben sich die Dinge schnell beruhigt. Daraufhin haben wir einen sehr angenehmen Urlaub verbracht und waren mehr oder weniger bei allen willkommen. Bedauerlicherweise wollten uns Vizekonsul Zitzerius und Prinz Dös-Lackal, wie wir Mitglieder der turanianischen Delegation, nicht dort bleiben lassen. Sie behaupteten, wir würden in Turai für wichtige Staatsangelegenheiten gebraucht. Was dazu führte, dass alle Turanianer aufgefordert wurden, wieder an Bord des Schiffes zu gehen und heimwärts in See zu stechen. Wir segelten mitten in das schlechteste Wetter hinein, das ich jemals erlebt habe. Und ich habe schon eine Menge schlechtes Wetter erlebt. Makri kann Seereisen nicht sehr gut vertragen, und sie hat eine Art Rekord aufgestellt, was Seekrankheit angeht. In ihren wachen Momenten hat sie wiederholt geschworen, sie wolle Zitzerius umbringen, weil er ihr eine solche Strapaze zumutete. Als wir in den Hafen von Turai einliefen und mitten in diesem grimmigen Winter von Bord gingen, war ich sehr versucht, ihr in diesem Punkt beizupflichten.

Jetzt jedoch bitte ich sie, nicht länger hier herumzuschleichen. »Wenn du schon meine Gemächer in diesen frühen Morgenstunden verpesten musst, dann setz dich wenigstens hin!«

»Ich kann mich nicht setzen. Ich habe zu viel Energie. Ich will in die Hochschule. Warum schließen sie im Winter?«

»Weil die meisten Studenten keine Lust haben, sich den Weg dorthin durch Schneewehen freizukämpfen. Von den Professoren ganz zu schweigen.«

Die einundzwanzigjährige ehemalige Gladiatorin ist eine sehr fleißige Studentin und findet diese Unterbrechung ihres Studiums sehr ärgerlich. Gestern hat sie sich die ganze Strecke zur Kaiserlichen Bibliothek durchgeschaufelt, nur um dann feststellen zu müssen, dass die ebenfalls während des Winters geschlossen ist.

»Was für ein verdammter Mist! Haben Bibliothekare denn nicht eine gewisse Verpflichtung der Öffentlichkeit gegenüber?«

»Sie wird bald wieder geöffnet – wenn die Zauberer in die Stadt kommen.«

»Ich kann nicht so lange warten. Ich kann nicht einfach hier herumlungern und nichts tun. Bist du zufällig hinter irgendwelchen Gewaltkriminellen her? Brauchst du mich vielleicht, um sie umzubringen?«

»Leider nicht.«

Makri läuft weiter auf und ab. Seit wir aus Avula zurückgekommen sind, hat sie eine merkwürdige Laune, und ich weiß nicht genau, warum. Es würde mich auch nicht weiter kümmern, wenn sie nicht angefangen hätte, mich morgens zu wecken. Das geht mir allmählich an die Substanz. Vor fünfzehn Jahren konnte ich noch nächtelang durchmarschieren und tagsüber Orgks abschlachten. Aber heutzutage brauche ich meinen Schlaf. Makri will wissen, wie meine Ermittlungen letzte Nacht gelaufen sind. Ich erzähle ihr, dass alles gut gegangen ist.

»Ich habe einfach vor dem Lagerhaus gewartet, bis Abzox aufgetaucht ist. Es war nicht weiter schwierig, obwohl er zwei Schläger dabeihatte. Aber die konnte man schwerlich als Kämpfer bezeichnen. Ich habe sie in die Flucht getrieben, und Abzox hat versucht, mich zu bestechen. Ich habe das natürlich abgelehnt. Jetzt befindet er sich im Gewahrsam der Zivilgarde und erwartet eine Anklage wegen Diebstahls von Drachenschuppen.«

»Wer interessiert sich denn für Drachenschuppen?«

»Elegante Frauen.«

»Und wofür brauchen sie die?«

»Als Schmuck.«

»Sind Drachenschuppen nicht etwas groß als Schmuckstücke?«

»Die Juweliere schneiden sie auf die entsprechende Größe zurück. Dann verkaufen sie die Schuppen an reiche Frauen, die gern glänzen. Ein paar Drachenschuppen-Ohrringe kosten ein kleines Vermögen.«

»Hat die Transportgilde dich gut bezahlt?«

»Meine üblichen dreißig Gurans pro Tag. Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich mit dem vielen Geld, das ich auf Avula gewonnen habe, den Winter über nicht arbeiten muss.«

Während unseres Aufenthalts hatte Makri eine junge Elfe zur Kämpferin ausgebildet. Dabei war sie so gründlich vorgegangen, dass diese junge Elfe den Jugendwettkampf gewonnen hat. Und da sie vorher die schwächste und jämmerlichste Elfe auf der ganzen Insel gewesen war, habe ich eine Menge Geld gewonnen, als ich auf sie gewettet habe. Es war ein richtiger Triumph. Allerdings wurde er auf der Heimfahrt empfindlich von meinen verheerenden Verlusten am Kartentisch getrübt.

»Es war dumm von dir, dein ganzes Geld zu verspielen.«

»Was hätte ich denn sonst auf diesem verdammten Schiff anfangen sollen? Wenigstens habe ich meinen Gewinn genossen. Und was hast du mit deinem gemacht?«

Makri antwortet mir nicht. Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sie die ganze Summe der Vereinigung der Frauenzimmer gespendet. Sie ist noch viel dümmer als ich. In dieser Vereinigung tummelt sich ein ganzer Haufen reicher Frauen, aber Makri ist der unverrückbaren Meinung, sie müsse auch ihren Teil beitragen. Statt mir zu antworten, verfällt sie in neue Hasstiraden auf das Wetter.

»Ich hasse die Kälte. Ich muss zu viel Kleidung tragen. Das fühlt sich nicht gut an. Warum öffnen sie die Bibliothek nicht wieder? Und wie soll ich mit meiner Axt üben, wenn es zu kalt ist, um sich lange draußen aufzuhalten? Weißt du, dass Ghurd mir verboten hat, mir Thazis von der Bar zu nehmen? Als wenn er das bisschen nicht erübrigen könnte! Ich hasse die Arbeit hier! Ich hasse Turai, und noch mehr hasse ich ZwölfSeen. Warum muss es hier so kalt sein? In den Gladiatorengruben ist wenigstens keiner erfroren. Welchen Sinn macht es schon, an einem solchen Ort zu leben? Hier passiert nie was. Ich verachte es. Ich brauche einen neuen Nasenknopf, der alte langweilt mich. Du kennst doch diesen jungen Burschen, der immer in die Kaschemme kommt? Er arbeitet in der Gerberei. Er hat doch tatsächlich die Unverschämtheit besessen, mich zu fragen, ob ich mit ihm ausgehen will! Dabei habe ich erst letzten Monat gehört, wie er gesagt hat, jeder mit orgkischem Blut in den Adern sollte aus der Stadt gejagt werden. Ich wollte ihn schon verprügeln, aber Ghurd stellt sich ja immer so an, wenn ich unsere Gäste zusammenschlage. Das deprimiert mich. Machst du eigentlich nie deine Zimmer sauber?«

»Makri, würdest du die Güte haben, endlich von hier zu verschwinden? Es ist schon schlimm genug, dass du mich aufweckst. Du musst nicht auch noch herumlaufen und dich über alles und jeden beschweren und so mies gelaunt sein wie eine niojanische Hure! Hier. Nimm. Rauch die Thazisrolle. Vielleicht hebt das deine Laune ja ein bisschen. Und jetzt lass mich allein. Du weißt genau, dass ich mein Frühstücksbier gern in Ruhe genieße.«

»Bist du immer noch sauer über diesen Konvent der Zauberer?«, will Makri wissen.

»Natürlich bin ich verärgert. Die besten Zauberer der ganzen Welt versammeln sich in Turai. Selbstverständlich weiß ich nichts besser zu würdigen, als immer wieder daran erinnert zu werden, dass ich ein Versager bin, wenn es um Zauberei geht.«

Ich habe in meiner Jugend Magie studiert, aber leider habe ich meine Ausbildung nie abgeschlossen. Deshalb beherrsche ich nur die Grundlagen der Zauberei und war nie gut genug, um in die Zaubererinnung aufgenommen zu werden. Seitdem habe ich mich auf der ganzen Welt als Soldat durchgeschlagen, als Söldner und schließlich als Detektiv. Das ist ein ziemlich hartes Leben, und seit ich die vierzig überschritten habe, ist es noch etwas härter geworden. Es gibt jede Menge gemütlichere Methoden, alt zu werden, als ausgerechnet die, Kriminelle in ZwölfSeen zu verfolgen. Das ist ein verdammt raues Viertel, selbst in dieser rauen Stadt.

»Als Zauberer wärst du auch nicht glücklicher«, meint Makri. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie du im Palast herumhockst und Horoskope erstellst.«

Das kommentiere ich nur mit einem Schulterzucken. Ich finde, das klingt gar nicht schlecht. Im Palast ist es jedenfalls sehr gemütlich. Das weiß ich, weil ich einmal Hoher Ermittler der Palastwache war. Sie haben mich schon vor einer geraumen Weile gefeuert. Ich habe zu viel getrunken. Jetzt trinke ich noch mehr, aber ich bin wenigstens mein eigener Herr.

Makri und ich leben in Zimmern über der Rächenden Axt, einer der eher einladenden Kaschemmen von ZwölfSeen. Makri verdient sich ihren Lebensunterhalt als Barmädchen. Sie genießt ihren Beruf zwar nicht besonders, aber sie kann mit dem Verdienst ihr Studium finanzieren und sich ab und zu eine neue Waffe leisten. Jetzt schaut sie aus dem Fenster.

»Es schneit immer noch. Ich habe keine Lust, länger hier herumzuhocken. Ich besuche Sermonatius.«

»Sermonatius? Den Quatschkopf?«

»Er ist kein Quatschkopf! Sermonatius ist so spitz wie ein Elfenohr und der brillanteste Denker im ganzen Weiten Westen.«

Ich schnaube verächtlich.

»Er hockt nur da und palavert über die Mysterien des Universums.«

»Das tut er nicht. Er philosophiert über Ethik, Moral und alles Mögliche.«

»Na großartig. Vielleicht kann er dir ja auch etwas Nützliches beibringen. Geldverdienen, zum Beispiel.«

»Sermonatius strebt nicht nach Geld«, verteidigt Makri ihren Lehrer.

»Alle streben nach Geld.«

»Er nicht. Er erhebt nicht einmal Gebühren für seine Vorlesungen.«

»Also ist der Mann auch noch ein Idiot!«, spotte ich. »Wie gut kann ein Philosoph schon sein, wenn er keine Gebühren verlangt? Hätte er Talent, würde er abkassieren. Wenn in dieser Stadt jemand etwas für umsonst anbietet, muss daran etwas faul sein.«

Makri schüttelt den Kopf.

»Manchmal überrascht deine Engstirnigkeit mich wirklich, Thraxas.«

»Du hast mich aus dem Schlaf gerissen, um mir das zu sagen? Vielen Dank!«

Makri fragt mich, ob sie sich meinen magischen warmen Mantel ausleihen darf.

»Von mir aus. Ich habe nicht vor, irgendwohin zu gehen.« Ich reiche ihn ihr. »Aber komm nicht auf die Idee, den Mantel diesem billigen Philosophen zu schenken.«

»Sermonatius sind die klimatischen Bedingungen gleichgültig.«

»Klar doch.«

Makri wirft sich den Mantel über. »Das fühlt sich schon besser an. Ich hasse diese Stadt. Wie kann man hier nur freiwillig leben wollen?«

Sie verschwindet, wobei sie das Klima mit weiteren Beleidigungen bedenkt. Ich schüttele den Kopf. Mit ihrer Laune geht es wirklich zusehends bergab.

Nachdem ich mein Bier ausgetrunken habe, mache ich mich zügig über das zweite her. Dieser Konvent der Zauberer deprimiert mich wirklich. Es ist schon viele Jahre her, seit er das letzte Mal in Turai abgehalten worden ist. Für die Stadt ist das eine große Sache, wenn sich so viele mächtige Zauberer aus dem ganzen Weiten Westen hierher aufmachen. Sie wollen den neuen Oberhexenmeister der Zaubererinnung küren, und das ist immer ein bedeutendes Ereignis. Trotz der Vorliebe der Zauberer, in Palästen herumzuhocken und sich das Leben so bequem wie möglich zu gestalten, sind sie für jeden Staat von größter Bedeutung. Ohne sie wären wir nämlich im Falle eines Krieges mit den Orgks erledigt. Die Orgks sind uns zahlenmäßig überlegen, und als sie das letzte Mal aus dem Osten Richtung Sonnenuntergang marschiert sind, hat nur die vereinigte Macht unserer Menschenzauberer sie lange genug aufhalten können, bis endlich die Elfen zu unserer Rettung herangesegelt sind.

Unten in der Kaschemme bereitet Tanrose das Essen für die Trinker zu, die schon mittags ihrem Vergnügen frönen. Trotz des bitteren Winters laufen die Geschäfte nicht schlecht. Selbst die beißende Kälte kann die Bewohner von ZwölfSeen nicht von Ghurds Bier fern halten. Ghurd ist ein Barbar aus dem Hohen Norden und versteht eine Menge vom Bierbrauen. Tanrose begrüßt mich freundlich. Wir kommen ganz gut miteinander aus. Das liegt wohl auch an meiner unverhohlenen Bewunderung für ihre wirklich exzellenten Kochkünste. Selbst im tiefsten Winter gelingt es Tanrose, aus gepökeltem Rehbraten eine köstliche Pastete zu zaubern. Ich lasse mir eine dreifache Portion geben und setze mich mit einem frischen Krug Bier an den Tresen.

»Hast du Makri heute schon gesehen?«, erkundigt sich Tanrose.

Ich nicke. »Sie hat mich geweckt. Anscheinend war sie von dem Bedürfnis getrieben, sich über ein paar Dinge zu beschweren.«

»Ist dir schon aufgefallen, dass sie sich seit eurer Rückkehr aus Avula merkwürdig benimmt? «

»Ja. Makri benimmt sich allerdings oft merkwürdig. Ich bemühe mich, es zu ignorieren.«

Zu meiner Überraschung handele ich mir damit einen feindseligen Rüffel von der Köchin ein.

»Was soll das heißen, du versuchst ihr Verhalten zu ignorieren? Das ist aber nicht besonders nett.«

»Nett? Was erwartest du denn von mir? Ich bin ein Magischer Detektiv. Ich spüre Verbrecher auf. Wenn die Verbrecher zu nachdrücklich gegen ihre Festnahme protestieren, lege ich sie um. Ich mag Makri, aber ich bin nicht gerade der Typ, der ihr bei ihren Problemen helfen könnte.«

Tanrose reagiert gereizt. »Ist dir denn nicht klar, wie sehr Makri sich auf dich verlässt?«

»Nein.«

»Das sollte es aber.«

Mir gefällt die Richtung überhaupt nicht, die dieses Gespräch nimmt. Also konzentriere ich mich schweigend auf die Pastete. Aber Tanrose lässt nicht locker.

»Makri ist in einer Gladiatorensklavengrube aufgewachsen. Seit sie in Turai angekommen ist, hat sie es schwer. Du bist wahrscheinlich ihr bester Freund. Du solltest ihr gefälligst aufmerksam zuhören.«

Ich schlucke meine ärgerliche Antwort mit einem Stück Rehfilet hinunter. Wie immer ziehe ich gegen Tanrose den Kürzeren. Sie macht die besten Rehpasteten im ganzen Stadtstaat, und ich kann es mir nicht leisten, es mir mit ihr zu verderben.

»Komm schon, Tanrose. Du weißt doch, dass ich ziemlich unbeholfen bin, wenn es um persönliche Probleme geht. Warum hätte mich meine Frau sonst wohl verlassen sollen? Makri ist zweiundzwanzig Jahre jünger als ich. Ich weiß wirklich nicht, welche verdammten Probleme sie hat.«

»Das weißt du sehr wohl. Denn sie sagt es dir doch ständig. Du willst einfach nur nicht zuhören. Wusstest du, dass sie ihre ersten … romantischen Erfahrungen auf Avula hatte?«

Ich leere hastig meinen Krug und rufe nach einem frischen. Um diese Tageszeit überfordern mich solche Themen vollkommen.

»Ja, ich hatte da so eine Vermutung …«, sage ich schließlich.

»Und jetzt ist sie ganz durcheinander.«

»Kannst du sie denn nicht wieder aufpäppeln?«

Tanrose lächelt. Es sieht aber ziemlich grimmig aus.

»Nicht so gut wie du, Thraxas. Dir vertraut sie. Gott weiß warum. Wahrscheinlich, weil du mit einem Schwert umgehen kannst. So was beeindruckt sie immer noch.«

Mich beschleicht das eindeutige Gefühl, als säße ich in der Falle. Es gibt nichts, was ich weniger gern besprechen würde als Makris Probleme bei ihrem ersten Lehrjahr des Gefühls. Tanrose schwenkt ein großes, duftendes, saftiges Stück Rehpastete vor meiner Nase.

»Na gut, verdammt noch mal! Ich höre ihr zu, wenn sie das Thema noch mal anschneidet. Aber ich handle nur unter schärfstem Protest. Ich habe seit fünfzehn Jahren keine Romanze mehr gehabt. Vielleicht ist es sogar noch länger her. Ich habe völlig vergessen, wie so was läuft. Wenn es um Liebe geht, bin ich so nützlich wie ein einbeiniger Gladiator. Und eigentlich will ich gar nichts über ihre Erlebnisse mit diesem jungen Elf hören.«

»Ich glaube, das hat sie ganz schön deprimiert.«

»Makri ist immer deprimiert.«

»Nein, ist sie nicht.«

»Jedenfalls quält sie immer irgendwas. Sie ist ein Viertel Orgk und ein Viertel Elf. Das muss einfach zu Problemen führen. Wie kommst du bloß auf die Idee, dass ausgerechnet ich ihr helfen könnte?«

»Nimm doch noch eine Portion Pastete«, meint Tanrose aufmunternd.

Ich trage die angebotene Portion und sicherheitshalber noch eine in Reserve zusammen mit einem Krug Bier nach oben in meine Gemächer. Dort werfe ich einen Blick aus dem Fenster. Schnee, wohin das Auge sieht. Mein Kaminfeuer ist erloschen. Ich versuche, es mit einem einfachen Zauberspruch zu entzünden. Es raucht, aber mehr passiert nicht. Was für ein mieser Start in den Tag. Ich fluche. Das Leben in Turai ist schon hart genug, auch ohne Kindermädchen für Makri zu spielen.