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Am Freitagnachmittag rief er Glory an. Wie erwartet meldete sie sich, klang aber mürrisch und verärgert. »Es wurde langsam Zeit, dass ich von dir höre«, blaffte sie. »Dein schöner Eine-Woche-oder-höchstens-zehn-Tage-Plan wird nämlich nicht aufgehen. Bereits am Sonntagnachmittag treibt die Immobilienmaklerin einen Typen hier durch, der das Haus kaufen will, und wahrscheinlich muss ich in den nächsten dreißig Tagen raus. Und wenn du meinst, du kannst mich in einem weiteren gottverlassenen Loch wie diesem absetzen, hast du dich geschnitten. Wenn ich am Sonntagmorgen nicht das Geld in Händen halte, werde ich zur Polizei gehen und die fünf Millionen Dollar Belohnung einfordern.«
»Gloria, wir können diese Sache bis Sonntag durchziehen. Aber wenn du glaubst, du könntest dir diese Belohnung schnappen, dann bist du dümmer, als ich gedacht habe. Kannst du dich noch an Son of Sam erinnern? Wenn nicht, mach dich kundig. Er war ein Serienmörder, und als er über seine mörderischen Exzesse ein Buch schreiben wollte, wurde ein Gesetz erlassen, das es untersagte, dass ein Verbrecher von seinen Vergehen profitiert. Meine Liebe, ob dir das klar ist oder nicht, aber du hängst bis über beide Ohren mit drin. Du hast Matthew Carpenter entführt und ihn fast zwei Jahre lang gefangen gehalten. Wenn man dich erwischt, landest du im Gefängnis. Verstanden?«
»Vielleicht machen sie bei mir ja eine Ausnahme«, kam es zögerlich von Gloria. »Aber unterschätze den Jungen nicht, er ist ein schlauer Kopf. Wenn du meinst, er wird, wenn er gefunden wird, erzählen, dass ihn an jenem Tag seine Mommy weggebracht hat, dann täuschst du dich. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich noch daran erinnert. Als er im Wagen aufgewacht ist, hatte ich noch die Perücke auf. Und als ich sie abgenommen habe, hat er sich erschreckt und geweint. Daran erinnert er sich. Einmal dachte ich, ich hätte die Tür zugesperrt, und ich habe die Perücke aufgesetzt, die frisch gewaschen war. Ich war mit dem Rücken zu ihm, und er hat die Tür geöffnet und ist hereingekommen, bevor ich sie abnehmen konnte. Da hat er mich gefragt: ›Warum willst du wie Mommy aussehen?‹ Was ist, wenn er ihnen erzählt, dass Glory ihn aus dem Buggy genommen hat? Das wäre dann ganz toll für mich.«
»Du hast ihn doch nicht die Bilder sehen lassen, die jetzt überall im Fernsehen kommen, oder?«, fragte er, während ihm die schreckliche Wahrheit allmählich dämmerte. Wenn Matthew der Polizei erzählt, dass es nicht seine Mutter gewesen war, die ihn entführt hat, dann ist mein ganzer Plan hinfällig.
»Was für eine dumme Frage. Natürlich hat er sie nicht gesehen«, sagte sie.
»Ich glaube, du bist verrückt, Brittany. Das ist jetzt alles fast zwei Jahre her. Er ist zu klein, um sich noch daran erinnern zu können.«
»Bau jedenfalls nicht darauf, dass er von nichts weiß, wenn sie ihn finden. Und nenn mich nicht Brittany. Ich dachte, darauf hätten wir uns verständigt.«
»Schon gut, schon gut. Hör zu, wir müssen unseren Plan ändern. Vergiss die Sache mit der Kirche, du musst dich auch nicht wieder wie Zan zurechtmachen. Ich kümmere mich selbst um alles. Pack den Wagen mit allen Habseligkeiten voll. Wir treffen uns morgen Abend am Flughafen LaGuardia. Ich werde das Geld für dich dabeihaben und ein Ticket nach Texas.«
»Und was ist mit Matthew?«
»Mach, was du immer machst, nur diesmal wird es eben etwas länger dauern. Leg ihn im Schrank schlafen, lass das Licht an und gib ihm genügend Sandwiches und Limo, damit es einige Zeit reicht. Du sagst, die Leute, die sich das Haus ansehen wollen, kommen am Sonntag?«
»Ja. Aber was, wenn sie nicht kommen? Wir können den Jungen nicht einfach im Schrank eingesperrt lassen.«
»Natürlich nicht. Sag der Immobilienmaklerin, dass du am Sonntagmorgen fährst und ihr Bescheid geben würdest, wohin sie dir die überschüssige Miete schicken soll. Dann kannst du davon ausgehen, dass sie am Sonntagmittag das Haus inspiziert, mit oder ohne neuen Käufer. Und dann wird sie Matthew finden.«
»Sechshunderttausend Dollar, fünfhunderttausend in bar, den Rest als Überweisung auf das Konto meines Vaters in Texas. Zück deinen Stift, ich geb dir die Kontonummer durch.«
Seine Hand war schweißnass, ständig drohte ihm der Stift aus den Fingern zu rutschen, aber er schaffte es, die von ihr genannten Ziffern zu notieren.
Das war das Einzige, was er nie in Betracht gezogen hatte – dass sich Matthew daran erinnern könnte, dass es nicht seine Mutter war, die ihn entführt hatte.
Wenn das geschah, würde man Zan glauben. Sein so sorgfältig durchdachter Plan würde in sich zusammenfallen. Selbst wenn er sie wie beabsichtigt umbrachte, würde die Polizei trotzdem irgendwann nach dem wahren Täter suchen, der diese Entführung geplant hatte.
Und irgendwann würden sie auf die Wahrheit stoßen. Mit derselben Akribie, mit der jetzt Zan verdächtigt wurde, würden sie die Ermittlungen in andere Richtungen vorantreiben.
Es tat ihm leid. Es tat ihm aufrichtig leid, aber Matthew durfte nicht im Schrank gefunden werden. Er musste verschwunden sein, wenn die Immobilienmaklerin am Sonntagnachmittag auftauchte.
Ich hatte nie vor, ihn zu töten, dachte er bedauernd. Ich habe nie gedacht, dass es so weit kommen würde. Er zuckte mit den Achseln. Aber jetzt war es an der Zeit, der Kirche einen Besuch abzustatten.
Verzeih mir, Vater, denn ich habe gesündigt, dachte er finster.