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Er hatte sich den Plan bis ins letzte Detail ausgedacht und führte ihn nun Schritt für Schritt zu Ende. Es war an der Zeit. Gloria wurde allmählich unruhig. Außerdem war es ein fürchterlicher Fehler gewesen, ihr zu sagen, dass es nötig sein werde, Zan umzubringen und es wie einen Selbstmord aussehen zu lassen. Sie kapierte nicht, dass es nicht reichte, Alexandra Moreland öffentlich bloßzustellen.
Er würde erst zufrieden sein, wenn Zan tot war.
Vergangenen Abend hatte er Gloria angerufen und ihr gesagt, dass sie mit ihm bald wieder die Kirche aufsuchen müsse. Den Grund dafür hatte er ihr verschwiegen. Sie hatte sich zunächst widersetzt, aber er hatte sie niedergebrüllt. Er hatte ihr nicht gesagt, dass er den alten Mönch loswerden musste und sie dabei auf den Überwachungskameras wie Zan aussehen sollte.
Erst dann würde Zans Selbstmord glaubwürdig erscheinen.
Sein Plan sah vor, dass Gloria noch am gleichen Tag Matthew irgendwo aussetzte, wo er schnell entdeckt werden würde. Er konnte die Schlagzeilen schon vor sich sehen: Vermisstes Kind nur Stunden nach dem Selbstmord seiner Mutter aufgefunden.
Die nachfolgende Story konnte er sich schon jetzt genüsslich in allen Einzelheiten ausmalen. »Alexandra ›Zan‹ Moreland wurde in ihrem Apartment in der Battery Park City tot aufgefunden. Man geht von Selbstmord aus. Die Innendesignerin, der vorgeworfen wurde, ihr eigenes Kind entführt zu haben …«
Die Fotos des Touristen … Warum waren sie gerade jetzt aufgetaucht? Der Zeitpunkt hätte nicht ungünstiger sein können. Andererseits waren sie vielleicht auch ein unerwartetes Geschenk des Himmels.
Er hatte sie eingehend studiert und auf seinem Computer vergrößert. Gloria sah genauso aus wie Zan. Wenn die Polizei die Fotos für authentisch hielt, würde Zans Leugnen, per Kreditkarte all die Einkäufe getätigt zu haben, nur ein weiteres Indiz für ihre geistige Zerrüttung sein – und belegen, dass sie die Entführung selbst inszeniert hatte.
Jedenfalls musste die Polizei im Moment der Frage nachgehen, ob sie ihr eigenes Kind gekidnappt hatte. Sollte aber der Polizei oder sonst jemandem auf den Fotos auch nur eine einzige Diskrepanz auffallen, würde alles andere auch nicht mehr glaubwürdig klingen. Das ganze Lügengebäude würde dann in sich zusammenstürzen.
Würden sie die Babysitterin erneut vernehmen?
Natürlich.
Würden sie Nina Aldrich vernehmen, die Kundin, bei der sich Zan zum Zeitpunkt der Entführung angeblich aufgehalten hatte?
Klar.
Aber Nina Aldrich hatte damals und auch heute noch einen guten Grund, sich nur vage zu äußern, was den Zeitrahmen betraf. Sie würde sich nicht festlegen lassen wollen, dachte er.
Die größte Gefahr drohte von Gloria und den Fotos, die dieser Tourist geschossen hatte.
Er hatte Gloria heute noch nicht angerufen. Es bestand immer die Möglichkeit, dass der Junge in Hörweite war, und so oft er auch auf sie eingeredet hatte, Gloria hatte die dumme Angewohnheit, den Jungen bei seinem richtigen Namen zu nennen.
Er sah auf die Uhr. Fast eins. Er konnte nicht mehr warten. Er musste mit Gloria reden. Er hatte zwei Prepaid-Handys gekauft, eines für sie und eines für ihn. Er schloss seine Bürotür und wählte ihre Nummer.
Sie meldete sich beim ersten Klingeln, und ihr wütender Ton verriet ihm, dass es kein einfaches Gespräch werden würde.
»Ich habe die Geschichte gelesen«, sagte sie. »Das Internet ist voll mit den Fotos.«
»War der Junge in der Nähe, als du am Computer warst?«
»Natürlich. Er war hin und weg, als er sein Bild gesehen hat«, blaffte Gloria zurück.
»Spar dir deinen unangebrachten Sarkasmus. Wo ist er?«
»Im Bett. Es geht ihm nicht gut. Er hat sich zweimal übergeben müssen.«
»Wird er krank? Du kannst ihn nicht zum Arzt bringen.«
»Nein. Ich hab ihm wieder die Haare gefärbt. Er hasst das Zeug. Dieses verrückte Leben macht ihm zu schaffen. Und mir auch. Du hast gesagt, ein Jahr, höchstens. Jetzt sind es schon fast zwei.«
»Es wird bald vorbei ein, das verspreche ich dir. Die Bilder von dir im Park beschleunigen die Sache. Aber du musst deine grauen Zellen anstrengen. Schau dir die Bilder im Internet noch mal an und versuche herauszufinden, ob es irgendetwas gibt, was der Polizei als verdächtig erscheinen und daraufhinweisen könnte, dass die Frau nicht Zan ist.«
»Du hast mich dafür bezahlt, ihr zu folgen, ihre Fotos zu studieren, mir anzugewöhnen, so zu gehen und zu reden wie sie. Ich bin eine verdammt gute Schauspielerin, und ich will auf die Bühne, nicht auf einen kleinen Jungen aufpassen, den man seiner Mutter weggenommen hat. Großer Gott, er hat unter seinem Kopfkissen eine Seife, weil deren Geruch ihn an sie erinnert.«
Ihm war nicht entgangen, dass sie bei ihrer Antwort kurz gezögert und dann versucht hatte, das Gespräch auf das Kind zu lenken.
»Gloria, konzentrier dich«, warnte er. »Gibt es irgendetwas an der Kleidung oder dem Schmuck, den du getragen hast, was die Polizei dazu veranlassen könnte, an der Echtheit der Bilder zu zweifeln?«
Wütend, weil sie nicht darauf antwortete, fragte er: »Und noch etwas: Was genau hast du dem Priester erzählt?«
»Wenn du mich weiter damit nervst, dreh ich noch durch. Ich hab ihm gesagt, dass ich an einem Verbrechen beteiligt bin, dass ein Mord geschehen wird und ich ihn nicht stoppen kann.«
»Das hast du ihm also erzählt?« Sein Ton war von einer tödlichen Kälte.
»Ja, verdammt noch mal, das habe ich ihm erzählt. Aber es fällt unter das Beichtgeheimnis. Wenn du nicht weißt, was das ist, dann schlag es nach. Und ich schick dir gleich noch eine Warnung hinterher. Noch eine Woche, dann bin ich raus aus der Sache. Und wenn du nicht die zweihunderttausend Dollar in bar für mich bereit hast, gehe ich zur Polizei und erzähle ihr, dass du mich gezwungen hast, mich um den Jungen zu kümmern, weil du ihn sonst umgebracht hättest. Ich werde reinen Tisch machen und alles aufdecken, wenn mir im Gegenzug Straffreiheit zugesichert wird. Und willst du noch was wissen? Sie werden mich als Heldin feiern! Ich werde einen Buchvertrag über eine Million Dollar abschließen. Ich habe mir alles genau überlegt.«
Bevor er darauf etwas erwidern konnte, hatte die Frau, die von Matthew und ihrem Vater Glory genannt wurde, das Handygespräch beendet.
Trotz seiner wiederholten Versuche, sie nochmals zu erreichen, ging sie nicht mehr ran.