Das half auch nicht. Nicht das kleinste bisschen. Er hatte gehofft, der Alkohol würde etwas von dem Feuer löschen, das durch seine Adern strömte. Doch er war vor lauter unterdrücktem Verlangen so steif, dass es wehtat. Heute Abend würde diese Begierde ihre Erwiderung finden... oder für immer zerstört werden.
Ein Geräusch aus der Halle kündigte ihm Sophias Nahen an, und er entblößte seine Zähne wie ein Wolf, der von einem Leckerbissen träumt. Sie würden zusammen zu Abend essen, und dann ... Mit raschen Schritten bewegte er sich in Richtung Flur.
Ihr hautfarbenes Kleid schien im Kerzenlicht über ihren Körper zu fließen. Zärtlich liebkoste der Stoff ihre Hüften, während sie leichtfüßig und anmutig wie eine Fee die Treppe herunterschwebte. Tatsächlich erinnerte sie an diesem Abend an eine übersinnliche Erscheinung in den Farben von rosiger Haut und einem klaren, durchscheinenden Sommerhimmel.
Unglücklicherweise änderte es nicht das Geringste an seinem gierigen Verlangen, dass Sophia rein und unschuldig wie ein Engel aussah. Im Gegenteil: Das Feuer in seinen Adern wurde nur noch verzehrender.
Zur Hölle, war er durch sie bereits so geschwächt, dass er nicht einmal seine Reaktion auf ihre Anwesenheit kontrollieren konnte? Wütend auf sich selbst, brummte er: „Da bist du ja. Wie nett von dir, dass du deinen Einsatz so hübsch für mich in Szene setzt. “ Seine Stimme klang, als wollte er versuchen, damit Metall zu schneiden.
Bei seinen Worten verblasste ihr strahlendes Lächeln, und ihre kühle Stimme forderte eine Entschuldigung von ihm. „Wie bitte?“
Sie war diejenige, die sich hätte entschuldigen müssen. Sie hätte vor ihm auf die Knie sinken und ihn anflehen müssen, ihr die heimtückischen Ränke, die sie gegen ihn geschmiedet hatte, zu vergeben. Dummerweise fachte die Vorstellung von Sophia, wie sie vor ihm auf den Knien lag, sein Verlangen nur noch mehr an.
Er würde noch verrückt werden, wenn er sie nicht bald berührt, sie schmeckte - sie besaß.
Als er sie so vor sich stehen sah, kostbar gekleidet wie eine Prinzessin, wunderschön und sinnlich wie eine Kurtisane, wusste er ohne jeden Zweifel, dass er sie sich auf die eine oder andere Art an diesem Abend nehmen würde. Dann würde dieses brennende Verlangen endlich gestillt werden, und sie würden beide frei sein, konnten ihrer Wege gehen und in ihren Alltag zurückkehren.
Sie sah ihm in die Augen, und ihre Miene war dabei äußerst kühl und beherrscht. „Es wird dich freuen zu hören, dass Mary heute etwas Besonderes zum Dinner zubereitet hat.“
„Etwas Genießbares, hoffe ich.“
Ihre Lippen kräuselten sich. „Unbedingt.“
„Dann ist es doppelt schade, dass ich heute Abend nichts essen möchte.“ Der Hunger, der ihn quälte, konnte mit Speisen nicht gestillt werden.
„Kein Abendmahl? Aber Mary ...“
„Hast du Hunger?“
Über ihr Gesicht huschte der Schatten eines Lächelns.
„Ich würde keinen Bissen hinunterbringen, und wenn mein Leben davon abhinge.“
Ihr Geständnis machte seine Angespanntheit ein wenig erträglicher. Sie war ebenso nervös wie er! Gut. Genauso sollte es sein.
Er hob eine ihrer Haarsträhnen an seine Lippen, und die seidige Locke verströmte einen zarten Duft, der den Tumult in seinem Körper noch verstärkte. „Ich kann nicht mehr länger warten, Sophia. Lass uns unser Spiel spielen und herausfinden, wie unsere Zukunft aussieht.“
Sie schaute ihn an, als wollte sie widersprechen, doch dann kniff sie die Augen zusammen. „Du hast getrunken, Dougal.“
Statt einer Antwort zuckte er mit den Schultern.
Sie schnüffelte. „Brandy.“
„Als ich herunterkam, stand er auf der Anrichte. Ich habe mir nur zwei Gläser eingeschenkt, bin also noch nicht völlig hinüber. “
Ein nachdenklicher Ausdruck trat in ihre Augen, und Dougal wusste, was sie dachte: Wenn er betrunken war, würde sie ihm überlegen sein. Sie ahnte nicht, dass die MacLeans trinkfester waren als die meisten anderen Männer.
Lächelnd nahm sie seinen Arm und lehnte sich leicht an ihn. „Ich werde Mary ausrichten lassen, dass wir beschlossen haben, nichts zu uns zu nehmen. Sie wird wütend sein, doch das lässt sich nicht ändern.“
„Dann gehen wir also in die Bibliothek. “ Dougal gab sich große Mühe, seine Aufregung zu unterdrücken. Er genoss die weiche Wärme, mit der sich ihre Brust gegen seinen Arm presste, und den leichten Jasminduft, der aus ihren Haaren aufstieg. Gott, sie war ein köstliches Häppchen. Als er zu ihr hinunterblickte, blieb sein Blick an der Stelle hängen, wo ihre Brüste im Ausschnitt ihres Kleids ein herrliches Tal bildeten, dann glitt er wieder an der eleganten Linie ihrer Schultern entlang.
In der Bibliothek zog Dougal ihre Hand aus seiner Armbeuge und küsste ihre Finger. Sie öffnete die Lippen und sah ihn erschrocken an, während sie rasch zurückwich und ihm ihre Hand entzog.
Dougal musterte sie interessiert. Manchmal schien Sophia MacFarlane eine kühle, äußerst beherrschte Frau von Welt zu sein. Dann wieder gab es Momente, in denen er sich fragte, ob sie jemals richtig geküsst worden war.
Er musste lächeln. Mindestens einen leidenschaftlichen Kuss hatte sie genossen. „Gestatten Sie, dass ich uns eine kleine Erfrischung besorge“, schlug er vor. „Hier steht nichts außer dem Brandy. “
„Brandy reicht mir vollkommen - Red hat mir beigebracht, dieses Getränk zu schätzen.“
Natürlich hatte er das! Dougal ging zur Anrichte, langte nach der Karaffe und begutachtete sie. „Es ist gerade noch genug für uns beide übrig.“ Er füllte zwei Gläser und brachte sie zum Tisch, neben dem sie stand.
Sie nahm ein Glas aus seiner Hand entgegen. „Wollen wir mit dem Spiel beginnen, da wir ja nun unser Abendessen haben?“
„Unbedingt“, stimmte er zu und rückte ihr einen Stuhl zurecht.
Ihr Lächeln war hintergründig und entfachte sofort neue Flammen in seinem Körper. Wenn sie so fühlte wie er, würde er sie am liebsten sofort an Ort und Stelle nehmen, genau hier auf dem Tisch. Was er vielleicht sowieso tun würde, nachdem er gewonnen hatte.
Mit der flachen Hand strich er über die glatte Platte und fragte sich, ob die Tischbeine haltbar genug waren. Er konnte es sich aufregend vorstellen, wie sie auf dem Tisch saß, ihr Seidenkleid bis über die Hüften hochgeschoben, während er ...
„Dougal?“ Ihre leise Stimme holte ihn zurück in die Gegenwart.
Er verdrängte das verführerische Bild, half ihr, sich auf ihrem Stuhl niederzulassen, legte ihre eine Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihr hinunter, um dicht neben ihrem Ohr zu sagen: „Möge der Bessere gewinnen.“
Sie wandte den Kopf, sodass ihre Lippen nur ein winziges Stück von seinem Ohr entfernt waren. „Die Bessere“, korrigierte sie ihn mit sanfter Stimme.
Lächelnd setzte sich Dougal auf den Stuhl ihr gegenüber. „Wollen wir es zur Abwechslung mit Whist versuchen?“, fragte er. Als sie nickte, fügte er hinzu: „Wir sollten erst ein paar Runden zum Aufwärmen spielen. Es sei denn, du hast es sehr eilig, mir zu unterliegen.“
Ihr Erröten war äußerst reizvoll. „Nein. Lass uns vorher einige Übungsrunden spielen. Sagen wir ... drei?“
Das würde ihm genügend Zeit lassen, den Anblick zu genießen, den sie in ihrem verführerischen Kleid bot. Und sich auszumalen, wie sie ohne dieses Kleid aussah. „Einverstanden. “
„Hervorragend. “ Sie betrachtete ihn unter ihren gesenkten Wimpern hervor. „Ich werde mich beim Spielen sehr geschickt anstellen. “
Bei ihren Worten durchlief Dougal eine weitere Welle des Begehrens, und seine Entschlossenheit, sie zu besiegen, wuchs noch.
Die erste Runde lief gut für ihn. Sophia verlor, wenn auch knapp. Er beobachtete ihren Gesichtsausdruck und bemerkte die Anspannung um ihren Mund. Obwohl sie unbedingt gewinnen wollte, konnte sie nicht anders, als ihn ebenso zu beobachten wie er sie, mit einem gewissen Hunger in den Augen.
Und ihre Blicke ließen sein Verlangen nur noch wachsen. Die zweite Runde ging an Sophia, und ihm fiel auf, dass das Zögern fehlte, welches ihm während der früheren Spiele an ihr aufgefallen war. Die kleine Hexe hatte ihn die ganze Zeit an der Nase herumgeführt. Obwohl er das eigentlich gewusst hatte, kratzte es erneut an seinem Stolz, es nun ganz deutlich zu sehen.
Während des letzten Übungsspiels war zwischen ihnen ein einziges Vibrieren. Mit jeder Karte, die umgedreht wurde, wuchs die spürbare Erregung im Zimmer. Dougal nahm auch das kleinste Zucken von Sophias Wimpern wahr, jedes Heben und Senken ihrer Brüste.
Langsam, aber sicher sammelte Dougal immer mehr Punkte. Schließlich drehte Sophia ihre letzte Karte um und stieß einen tiefen Seufzer aus. „Ich habe verloren.“
Er nahm die Unsicherheit in ihrer Stimme wahr. „Du scheinst erstaunt zu sein.“
Der Blick, den sie ihm zuwarf, war kurz und funkelnd. „Das bin ich allerdings. Ganz gleich wie oft ich spiele, ich kann mich nicht ans Verlieren gewöhnen.“
Ihm ging es ganz genauso. Dougal griff in seine Jackentasche, zog die Besitzurkunde hervor und warf sie auf den Tisch. „Genug geübt. Lass uns anfangen.“
Eine kleine Ewigkeit starrte Sophia die Urkunde an. Dann nahm sie den Kartenstapel in die Hand und bot Dougal an, abzuheben. Er tat es, und sie verteilte die Karten. Obwohl er sie aufmerksam beobachtete, bemerkte er keine Unregelmäßigkeiten.
Als er dann seine Karten aufnahm und sie betrachtete, durchfuhr ihn ein freudiger Schreck. Er würde gewinnen. Er wusste, dass er gewinnen würde. Unter seinen halb gesenkten Lidern schaute er Sophia an und bemerkte ihre Blässe. Vielleicht war ihre Hand nicht so gut, wie sie gehofft hatte ... Oder bluffte sie?
Sie fragte, ob er Karten ablegen wollte, und er winkte ab. Sofort zog sie die Brauen zusammen und sah ihn misstrauisch an, bevor sie zwei ihrer eigenen Karten ablegte und Stattdessen zwei neue zog.
Als die Runde endete, legte Dougal seine Karten offen auf den Tisch. „Ich denke, ich markiere einen Trick.“ Lange betrachtete sie seine Karten, schließlich legte sie, ohne ein Wort zu sagen, ihre nieder.
Verblüfft starrte Dougal Sophias Blatt an. Drei Königinnen. Sie hatte gewonnen.
Enttäuschung und unerfülltes Verlangen durchströmten seinen Adern; sein Stolz war sehr verletzt. Er hatte alles verloren - das Haus und Sophia. Verdammt, Shelton hatte recht gehabt, er hätte morgens fortreiten sollen.
Sophia konnte es selbst kaum glauben. Sie hatte gewonnen - MacFarlane House gehörte wieder ihr! Für einen Augenblick spürte sich nichts als wilden Triumph. Dann fing sie Dougals finsteren Blick auf.
Nun hielt ihn nichts mehr hier. Der Gedanke schoss ihr ebenso überraschend durch den Kopf, wie er niederschmetternd war. Eigentlich hätte sie wegen ihres Gewinns überglücklich sein müssen, doch sie fühlte sich, als hätte sie verloren.
Sie griff nach der Besitzurkunde, hielt sie zwischen ihren Fingern und wartete vergeblich auf das Gefühl der Erfüllung. Wenn Dougal erst einmal fort war, würde ihr Leben wieder wie früher sein. Sie würde morgens aufstehen und Red das Frühstück machen. Sobald er das Haus verlassen hatte, um irgendeinen Freund zu besuchen, würde sie in ihrem Garten arbeiten. Dann kam die Zeit für eine Pause und den Lunch. Danach las sie manchmal ein Buch, oder sie putzte das Haus, oder sie beschäftigte sich mit etwas anderem, was es gerade zu tun gab. Nach dem Dinner, wenn Red zurückkam, holte sie ihre Stickerei hervor oder zog sich mit einem Buch ins Bett zurück, während Red bis zum späten Abend im Stall herumbastelte oder Reparaturen erledigte.
Früher hatte sie sich nichts anderes gewünscht, doch nun genügte ihr ein solches Leben nicht mehr. Jetzt wollte sie etwas Kostbareres als einfach nur ein Haus.
Während die Jahre vergingen, hatte tiefe Einsamkeit die Traurigkeit über den Tod ihrer Mutter ersetzt. Das war ihr gar nicht aufgefallen, doch als Dougal in ihr Leben trat, hatte sie plötzlich jemand anderes als Red zum Reden gehabt, einen interessanten und faszinierenden Gesprächspartner. Jemanden, der morgen früh gleich nach dem Aufstehen fortgehen würde.
Sie betrachtete die Besitzurkunde in ihrer Hand. Ihre Mutter hatte sich so sehr gewünscht, dass sie das Haus zu einem Zuhause machten, aber sie hätte sicher nicht gewollt, dass das Leben an ihnen vorüberging, weil sie sich nur auf diese Aufgabe konzentrierten. Die Art, wie ihre Mutter ihr Leben gelebt hatte, war der beste Beweis dafür, wie wichtig ihr nicht nur ein Zuhause, sondern auch Freude und Spaß gewesen waren.
Warme Finger legten sich um Sophias Handgelenk, und sie hob den Kopf und schaute über den Tisch in Dougals Augen.. Langsam und unerbittlich zog er sie nach vorn.
Seine Miene war entschlossen, sein Blick ließ den ihren keine Sekunde los. Eigentlich hätte sie sein Verhalten beleidigend finden sollen, doch Stattdessen ertappte sie sich dabei, wie sie sich ihm entgegenlehnte, sich über den Tisch beugte und keinen Gedanken mehr an die Besitzurkunde verschwendete.
Unergründlich und kalt schauten seine grünen Augen sie an, und sie waren plötzlich so dunkel, dass sie ihr fast schwarz erschienen. „Ein Kuss nur“, flüsterte er verführerisch und eindringlich. „Oder ... hast du Angst?“