6. Kapitel

Da stand er nun also, der Anführer des Clans der MacLeans, Aug in Aug mit der gefürchteten Weißen Hexe. Sie hatte ihn schon mit ihrem Fluch belegt, aber er dachte nicht daran aufzugeben und glaubte, er könnte sie mit Süßholzraspeln dazu bringen, den Fluch zurückzunehmen. Doch er hatte nicht auf seiner Rechnung, dass er zwar süße Worte sprechen konnte, sie aber süß schmeckte. Und das ist doch eine ganz andere, viel größere Macht.

So sprach die alte Heilerin Nora von Loch Lomond in einer kalten Nacht zu ihren drei Enkelinnen.

Sophias Blick wurde unwiderstehlich von MacLeans Lippen angezogen, und ihr ganzer Körper kribbelte. Sie stemmte ihre Ellenbogen auf

den Tisch und stützte ihr Kinn auf einer Hand. „Haben Sie die Diamanten meiner Mutter bei sich?“

„Ja.“ Er griff in seine Jackentasche, zog einen Samtbeutel hervor, öffnete die Kordel und schüttete den Inhalt aus. Ein Wasserfall aus Diamanten und Gold fiel auf den Tisch.

Sophia wollte nach der Halskette ihrer Mutter greifen, aber er legte seine große, warme Hand auf die ihre und hielt sie fest.

„Ts, ts“, flüsterte er, und seine Augen funkelten sie an. „Sie kennen die Regeln.“

„So ist es“, erklärte sie schnippisch. „Und die erste Regel lautet, dass Sie mich nicht berühren dürfen. Ich möchte den Schmuck bei Licht betrachten - es sei denn, Sie fürchten, ich könnte entdecken, dass Sie ihn durch Fälschungen ausgetauscht haben.“

Er grinste und hauchte einen Kuss auf die Innenseite ihrer Finger. „Einverstanden. Sehen Sie sich die Stücke genau an.“

Nie zuvor hatte sie sich so lebendig gefühlt und gleichzeitig einen so erstaunlich klaren Kopf gehabt. Es war, als hätte sie viele Jahre geschlafen und sei gerade eben erwacht.

Ob Red sich so fühlte, wenn er am Spieltisch saß? Falls es so war, betrachtete sie es als Wunder, dass er es geschafft hatte, nach dem Tod ihrer Mutter mit dem Spielen aufzuhören. Zum ersten Mal seit jener Zeit fragte Sophia sich, was er wohl vor vielen Jahren noch aufgegeben hatte.

Sie nahm die Halskette vom Tisch und ließ sie durch ihre Finger gleiten. Die Diamanten fühlten sich warm an, weil Dougal den Schmuck in seiner Jackentasche bei sich getragen hatte.

„Nun?“ Seine tiefe Stimme unterbrach ihre Gedanken. „Sind Sie zufrieden mit der Kette Ihrer Mutter?“

Vorsichtig legte sie das Geschmeide zurück auf den Tisch. „Ja.“

„Vielleicht möchten Sie alle Preziosen eingehend untersuchen - für den Fall, dass wir ein weiteres Spiel wagen wollen.“

Ihr Herz machte einen Sprung. Bitte, bitte, wage ein weiteres Spiel! hätte sie ihm am liebsten laut zugerufen. Stattdessen sagte sie: „Ich muss den Rest nicht näher in Augenschein nehmen. Ich sehe auch so, dass alles da ist.“

„ Sehr schön. “ Er schob mit der linken Hand den Schmuck in seine Rechte und platzierte ihn auf dem Säckchen, wo er als glitzerndes Häufchen aus Diamanten und Gold auf dem roten Samt lag. Nun schob er das Ganze in die Mitte des Tisches.

Sie deutete auf den Kartenstapel. „Spielen wir Siebzehnundvier?“

Seine Brauen verschwanden fast unter dem Haaransatz. „Siebzehnundvier? Ich dachte, Sie würden ein Spiel auswählen, das ein wenig mehr strategische Planung verlangt. “

„Heute ist mir danach, mein ganzes Glück von einer einzigen Karte abhängig zu machen.“

Seine Augen begannen zu funkeln. „Wie Sie wünschen. Wollen Sie geben?“

„Ich möchte nicht, dass Sie nachher, wenn Sie verloren haben, behaupten, ich hätte geschummelt.“

„Oh, ich werde zu gut aufpassen. Sie werden keine Möglichkeit zum Falschspiel haben.“ Er wedelte mit der Hand durch die Luft. „Machen Sie nur.“

Seine Großspurigkeit brachte sie zum Lächeln. Gelassen griff sie nach dem Blatt und mischte den Stapel wieder so rasch, dass ihre Finger flogen. Sie liebte es, die Karten in ihren Händen zu spüren. Schon jetzt stand für sie fest, dass sie dieses erste Spiel verlieren würde. Es war wichtig, MacLean dazu zu bringen, seinen Einsatz zu erhöhen. Damit er dann nur noch mehr setzte. Bis er so erpicht darauf war zu gewinnen, dass er einen Fehler machte. Mehr brauchte sie nicht: einen einzigen Fehler.

Unter ihren gesenkten Wimpern musterte sie ihren Gegner. Er war ein Mann, der schon so viel erlebt und gesehen hatte, dass er vollkommen übersättigt war. Wenn sie seine Aufmerksamkeit gewinnen wollte, musste sie ihm etwas Neues bieten. Eine Abwechslung.

Sie legte die Karten auf den Tisch. „Wollen Sie abheben?“

Nach kurzem Zögern schüttelte er den Kopf. „Nein, das ist nicht nötig. “

Ein leichtes Lächeln zuckte um ihre Lippen. „Nun sind Sie derjenige, der ohne jedes Misstrauen ist.“

„Ich wüsste nicht, wie ich dieses Spiel verlieren könnte. Entweder gewinne ich die Diamanten. Oder ich gewinne Sie.“

Seine tiefe Stimme sorgte dafür, dass ein heißer Schauer über Sophias Rücken lief.

Einen winzigen Augenblick zitterten ihre Hände, in denen sie ihre beiden Karten hielt. Dann gewann sie die Fassung wieder, und legte ihm seine erste Karte vom Stapel aufgedeckt auf den Tisch. Es war eine Fünf.

Seine Augen blitzten auf. „Fünf ist meine Glückzahl.“ „Wie schön für Sie.“ Sie selbst deckte eine Königin auf. „Sie sind vorn, meine Liebe.“

„Nur für den Moment.“ Sie hatte das Gefühl, als würde sich jeder Gegenstand im Zimmer dem Tisch zuwenden, an dem sie saßen, und als würde sich jeder einzelne Lichtstrahl im Raum auf MacLean und sie richten. Auf sie beide ganz allein.

Er klopfte mit einem Finger auf den Tisch. „Noch eine Karte.“

Sie deckte die oberste Karte vom Stapel auf. Neben seiner Fünf lag nun eine Sechs. „Elf“, stellte sie fest.

„So ist es.“

Sophia drehte die nächste Karte auf dem Stapel um. „Eine Drei“, bemerkte er. „Sie haben nun dreizehn Punkte. Ich hoffe, Sie verlassen sich nicht auf Ihr Glück. “ „Auf keinen Fall“, erwiderte sie kühl. „Ich verlasse mich auf meine Fähigkeiten und meine Leistung.“

Er sah sie mit ernster Miene an. „Ich nehme nicht an, dass Sie den Einsatz erhöhen möchten?“

Schon? Sie hatte nicht erwartet, dass es so leicht sein würde. „Um was möchten Sie erhöhen?“

Er deutete auf das Schmuckset. „Die passenden Ohrringe. “

„Gegen?“

„Eine Berührung.“ In seiner heiseren Stimme schwang Verheißung mit.

Ihr Blick wanderte zu den glitzernden Diamanten. Eine Berührung - eine einzige nur - würde ihn noch mehr entflammen.

Sie wusste, dass das geschehen würde. Denn auch sie würde das Feuer spüren, dessen war sie sich sicher. „Abgemacht. Eine Berührung. Nicht länger als eine Sekunde.“ Er runzelte die Stirn. „Für die Ohrringe? Es sind Diamanten.“

„Ich weiß. Ich kenne den Schmuck. Ich kenne aber auch meinen Wert.“

Seine weißen Zähne wurden sichtbar, als er breit grinste. „Sie sind eine zähe Verhandlungspartnerin.“

„Dann sind wir uns also einig?“

Er nickte und lehnte sich zurück. Dann deutete er auf den Kartenstapel, und weil er seine Lider gesenkt hatte, erkannte sie den Ausdruck in seinen Augen nicht. „Noch eine.“

Sie deckte eine weitere Karte auf. „Eine Zwei. Jetzt haben Sie ebenfalls dreizehn Punkte.“

Seine Miene wirkte ein wenig verwirrt. „Sie sind dran.“

Sie legte ihre Fingerspitzen auf den Stapel. Ihr Herz raste. So viel hing von der nächsten Karte ab. Langsam zog sie die oberste Karte vom Deck und legte sie neben ihre anderen. „Eine Vier. Dann habe ich jetzt insgesamt siebzehn Punkte.“ Sie zwang sich zu einem zufriedenen Lächeln. Verdammt, sie hatte diese Runde verlieren wollen.

„Sie können nicht eine weitere Karte nehmen, ohne die einundzwanzig Punkte zu überschreiten. Es ist jedenfalls zu vermuten, dass das geschehen wird, sollten Sie nochmals ziehen.“

„Vielleicht muss ich gar keine Karte mehr nehmen.“ Sophia zog die oberste Karte vom Stapel und setzte sie neben Dougals Karten. Eine Acht leuchtete ihm entgegen.

Für einen Moment lag Schweigen über dem Tisch.

Als sie ihn anschaute, stellte sie fest, dass sein Blick auf ihr ruhte. Um seinen Mund lag ein Lächeln. „Ich habe gewonnen.“

„Noch nicht“, erklärte sie in scharfem Ton. „Ich nehme eine weitere Karte.“

„Aber es ist, wie gesagt, höchst unwahrscheinlich, dass Sie eine Vier erhalten. “

„Es ist gewiss unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. “ Sie zog die Karte vom Deck, hielt sie in der Hand und hatte Angst, sie anzuschauen. Gleichzeitig war sie zu aufgeregt, um es nicht zu tun. Zischend stieß sie den Atem durch die Zähne und drehte dabei die Karte um.

Es war eine Fünf. Sie hatte verloren.

Dougal schob seinen Stuhl zurück, und die Holzbeine machten ein schabendes Geräusch auf dem Teppich. „Sie haben die Wahl, meine Liebe. Soll ich Ihnen helfen, die Halskette anzulegen? Oder möchten Sie meine Hilfe, wenn Sie Ihr Haar lösen?“

Ihr Herzschlag beschleunigte sich erneut. „Das kann ich selber, vielen Dank. “

„Wie schade.“ Er schaute sich im Zimmer um und überlegte offensichtlich genau, wie er es am liebsten haben wollte. „Stellen Sie sich bitte ans Fenster. Dort ist das Licht am besten. “

Sophia verschränkte die Arme. „Ich werde mich ganz bestimmt nicht ans Fenster stellen, wo mich womöglich jemand sieht.“

Wieder grinste Dougal. „Wer sollte Sie sehen? Wir sind hier mitten im Nirgendwo.“

„Angus muss vielleicht etwas aus der Scheune holen. Oder Ihr Pferdeknecht wandert da draußen herum. Oder ... “

„Na gut! Stellen Sie sich hin, wo auch immer Sie stehen wollen.“ Er klang so angespannt, als könnte er sich vor lauter Erwartung kaum noch beherrschen.

Sehr gut! Sie wollte, dass er verzweifelt nach ihr dürstete.

Langsam ging sie in die dunkelste Ecke des Zimmers, drehte sich um und wartete. „Hier.“

„Da hinten ist es stockfinster.“

„Sie dürfen eine Kerze mitbringen.“

Seufzend trug er seinen Stuhl in ihre Ecke. „Na gut.“ Sie rauschte an ihm vorbei, nahm die Halskette vom Tisch und kehrte dorthin zurück, wo er stand. „Ich nehme an, Sie möchten, dass ich das hier nun trage?“ Mit diesen Worten reichte sie ihm die Kette.

„So wie es jetzt abläuft, habe ich es mir nicht gerade vorgestellt“, erklärte er und kräuselte die Lippen.

„Ich bin sicher, Sie haben es als Verführung mit allem Drum und Dran geplant.“

„Möglicherweise. “

„Für ein einziges kleines Kartenspiel?“ Sie zog ihre Mundwinkel ein so winziges Stück hoch, dass es gerade eben noch als Lächeln durchgehen mochte. „Seien Sie realistisch, MacLean.“ Damit wandte sie ihm den Rücken zu. „Würden Sie bitte die Kette schließen?“

Er hielt die Kette zwischen seinen Fingern und schaute auf Sophias Nacken. Die zarte, sanft geschwungene Linie, über der sich ihr weiches, goldenes Haar ringelte, zog ihn unwiderstehlich an. Dies war die Stelle, an der er eine Frau am allerliebsten küsste.

Plötzlich nahm er ihren Duft wahr, jene berauschende Mischung aus Jasmin und Rosenblüten, die ihn an sonnige Felder und warme Sommertage erinnerte. Er schloss die Augen und atmete tief ein, während er immer noch das Geschmeide umklammerte. Das war einfach zu verführerisch. Ohne nachzudenken senkte er den Kopf, um sie zu schmecken. Er hielt erst inne, als er schon fast mit seinen Lippen ihre Haut streifte. Nun wagte er doch nicht, sie zu berühren.

Sein Mund schwebte über der süßen Stelle, sein Atem strich über ihre Haut, der schwache Duft ihres Parfüms quälte ihn ... zog ihn wie magisch an ... zwang ihn, sich noch weiter vorzubeugen ...

„MacLean?“ Sophias heisere Stimme riss ihn aus seinen Träumen. „Sie ... Sie dürfen mich jetzt für eine Sekunde berühren. “

Eine Sekunde würde nicht ausreichen. Auch eine Stunde wäre nicht annähernd genug. Zwei Wochen? Nicht einmal diese Zeit würde genügen, um seine Sehnsucht zu stillen. Er brauchte einen Monat, zwei Monate, vielleicht auch zehn, um sich an ihr zu erfreuen.

Doch er würde nicht mehr bekommen, als dieses bisschen Zeit hier. Wenn sie erst einmal begriffen hatte, dass es ihr durch all ihre Tricks und Mühen nicht gelingen würde, ihn aus seinem Haus zu vertreiben, würde sie ihn nie mehr Wiedersehen wollen.

Er seufzte, richtete sich auf, legte die Kette um ihren wohlgeformten Hals und hakte den Verschluss zu, während sein Körper vor Verlangen vibrierte.

Nachdem das Geschmeide geschlossen war, wandte sie sich um und schaute ihn an. Ihre Augen glitzerten vor Aufregung.

Bei diesem Anblick stieg in ihm erneut eine Welle der Erregung auf. Er holte einen Kandelaber von der Anrichte, stellte ihn auf den kleinen Tisch in der Ecke und zündete nacheinander sämtliche Kerzen an. Dabei löste er keine Sekunde seine Augen von Sophia, die er über die Flammen hinweg ansah. Das Kerzenlicht badete sie in goldenem Schein, und sie glich mehr denn je einem Engel.

Er sank auf den Stuhl, lehnte sich zurück und genoss ihre Erscheinung und die Wärme, die sich in ihm ausbreitete.

Sophia nahm einen tiefen Atemzug, dann hob sie einen Arm und zog eine Nadel aus dem goldenen Haar, das sich schimmernd auf ihrem Kopf türmte.

„Warten Sie.“

Sie hielt inne.

„Nicht so schnell.“

Sie griff nach einer weiteren Haarnadel und ließ sie langsam aus den seidigen Wellen gleiten. Eine schwere goldene Strähne fiel hinunter auf ihre Schulter. Es war ihm, als hätte er ein sanftes Knistern gehört.

Ihre Schönheit löste eine schmerzliche Sehnsucht in Dougal aus. Während sie eine goldene Locke nach der anderen löste, spannte sich sein Körper mit jeder Sekunde, die verrann, mehr an. Ihr Haar war sogar noch länger, als er es sich vorgestellt hatte. Dicht und seidig floss es über ihre Brüste bis hinunter auf ihre Taille.

Jede ihrer Bewegungen war reine Qual und reine Freude für ihn. In einem Augenblick warfen ihre herrlich geformten Arme Schatten über ihr Gesicht, und wenn sie die Hände gleich darauf senkte, liebkoste das Licht ihre leicht geöffneten Lippen und ihre cremeweiße Haut.

Dougal konnte seinen Blick nicht von ihr abwenden.

Schließlich war die letzte Strähne gelöste. Dort, wo sie nicht von Sophias Haaren verdeckt wurde, funkelte die Halskette auf ihrer hellen, glatten Haut.

Sophia sah ihm in die Augen und senkte ihre Stimme fast zu einem Flüstern: „Bitte. Ich habe meine Spielschulden beglichen. “

„Nicht ganz.“ Er erhob sich. „Da ist noch die Sache mit der Berührung.“

Zartes Rosa kroch über ihre seidige Haut. „Oh. Das ..."

Er stellte sich vor sie und blickte auf sie hinunter.

Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute zu ihm auf. Dabei beschatteten ihre dichten Wimpern ihre Augen. „Soll ich ... irgendetwas tun?“

„Nein.“

Nervös befeuchtete sie die Lippen mit der Zunge.

Dougal hätte fast aufgestöhnt, obwohl er sich beherrschte, so sehr er nur konnte. Er begann bei ihrer Hüfte -und hielt die Hand so dicht neben ihren Körper, dass er sie fast berührte, aber nur fast.

„Was machen Sie da?“, erkundigte sie sich. Sie klang so atemlos, als wäre sie sehr schnell ein weites Stück gelaufen.

„Ich berührte Sie nicht... noch nicht. “ Ganz langsam, als würde er die Hand tatsächlich über ihren Körper gleiten lassen, beschrieb er in der Luft neben ihrer Hüfte die liebliche, großzügige Kurve, die ihr Körper dort bildete. Auf dieselbe Weise zeichnete er den Schwung ihrer Taille nach und ließ die Hand weiter nach oben wandern. Über ihrer Brust hielt er inne, wölbte seine Hand genau so, dass er sie hätte umfassen können, doch er berührte sie immer noch nicht.

Sie schluckte mühsam, und ihr Atem wurde rascher. Ihre Brust hob und senkte sich so heftig, dass sie gefährlich nah an seine Hand kam. Also zog er sie ein Stück zurück.

Er fühlte ihre Anziehung wie einen unsichtbaren Faden, der so stark an ihm zerrte, dass er den Wunsch verspürte, zurückzuweichen und sich in Sicherheit zu bringen. Gleichzeitig wuchs das Verlangen in ihm, ihr noch näher zu kommen. Und er wusste, dass sie dasselbe fühlte. Sie keuchte, als hätte sie an einem Rennen teilgenommen. Ihre Haut war zart gerötet und glitzerte vor zahllosen winzigen Schweißtröpfchen. Ihr Blick versenkte sich in seinen Augen, als wollte sie nie wieder wegschauen.

Langsam schob er seine Hand unter die seidige Masse ihrer Haare und folgte der Linie ihres Schlüsselbeins. Immer noch waren seine Fingerspitzen ein winziges Stück von ihrer Haut entfernt, immer noch berührte er sie nicht. Die diamantene Halskette funkelte, und er wusste, dass sie sich auf ihrer warmen Haut kühl anfühlen musste.

Ihr Kopf fiel in den Nacken, als sie mit einer unbewussten Bewegung ihre Haare nach hinten schüttelte, sodass ihr Hals frei lag. Da beugte er sich vor und presste seine Lippen auf die Stelle, wo ihr Herzschlag wild in ihrer Kehle pochte, direkt neben der Kette.

Sophia schloss die Augen und klammerte sich an seine breiten Schultern, während sein federleichter Kuss sie durchfuhr wie ein heißer Pfeil, gefolgt von zahllosen Wellen sinnlichen Kribbelns.

All ihre Sinne spielten verrückt, und ihr Herz schlug so wild, dass sie glaubte, sie würde im nächsten Moment ohnmächtig werden. Gerade als ihre Knie unter ihr nachgeben wollten, zog er sich zurück. Dabei ließ er seine Lippen über ihren Hals gleiten, und es war ein Gefühl, als würde ein glühendes Brandeisen sie als seinen Besitz kennzeichnen.

Sie starrten einander an. Dougals Augen waren so dunkel, dass sie ihr schwarz erschienen. Sein Gesicht war ernst, und rechts und links von seinem Mund gruben sich tiefe senkrechte Falten in die Haut. Es war jener Mund, der eben noch die empfindlichsten Stellen ihrer Kehle berührt hatte.

Sophia erschauerte. Sollte sie irgendetwas tun, irgendetwas sagen? Und wenn ja was? Alles, was ihr in den Kopf kam, waren die Worte, die sie in dem Moment gedacht hatte, in dem er sie berührte: Nicht aufhören. Nicht aufhören. Nicht aufhören.

Mühsam nahm sie einen tiefen Atemzug. „Jetzt sind wir quitt.“ Mit bebenden Fingern versuchte sie, ihr Haar zusammenzufassen und wieder hochzustecken, aber ihre Hände zitterten so sehr, dass es ihr nicht gelang.

Dougal stand ganz ruhig da und sah ihr zu. Seine Miene war undurchdringlich.

Sie gab auf und ließ die Haare erneut über ihre Schultern fallen. Sie konnte nur hoffen, dass weder Angus noch Mary sie sahen, wenn sie in ihr Zimmer ging. „Ich ... Ich werde mich jetzt besser zurückziehen.“

Sein Nicken war knapp und unhöflich. Mehr kam nicht als Antwort von ihm.

Rückwärts bewegte Sophia sich in Richtung Tür. „Ich ... Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht und ...“

„Warten Sie.“

Sie erstarrte. Sie hätte sich auch nicht von der Stelle bewegen können, wenn es um ihr Leben gegangen wäre.

Während er auf sie zukam, liebkoste er mit seinen Blicken ihre Haare, ihre Lippen und einige Regionen ihres Körpers, die tiefer lagen.

Statuengleich verharrte Sophia mitten im Zimmer. Endlich blieb Dougal vor ihr stehen, hob die Arme und legte seine warmen Hände um ihren Hals.

Ihr Herz wollte ihr aus der Brust springen, und ihre Lippen öffneten sich ganz von selbst. Dougal trat zurück und streifte mit seinen Fingern ihre Brüste, als er die Hände hinhielt, um die Kette aufzufangen, die sich von ihrem Hals löste und nach unten glitt.

Vollkommen ruhig steckte er das Schmuckstück in seine Hosentasche. „Ich denke, das gehört mir.“

Die wilde Ekstase, die von Sophia Besitz ergriffen hatte, verpuffte innerhalb von Sekunden. „Ich vergaß, dass ich noch Ihre Halskette trage. “

Er zog die Brauen hoch. „Kein Problem.“ Mit diesen Worten ging er zur Tür und öffnete sie. „Soll ich Sie zu Ihrem Zimmer begleiten?“

Ha! Er glaubte doch nicht wirklich, dass sie ihm das erlaubte! Mit hocherhobenem Kopf rauschte sie an ihm vorbei. „Nein, danke“, antwortete sie ihm, während sie sich kurz umdrehte. „Ich kenne den Weg sehr gut.“

Dennoch folgte er ihr, und sie hörte seine festen Schritte hinter sich auf der Treppe. „Ich hoffte lediglich, Ihre Gesellschaft ein paar Augenblicke länger genießen zu können.“ Auf der obersten Stufe blieb sie stehen und verzog ihre Lippen mühsam zu einem Lächeln. „Ich glaube nicht, dass ich heute Abend noch viel mehr Genuss ertragen kann.“ Er grinste, und seine Augen funkelten schelmisch. „Na gut. Ich nehme an, unter diesen Umständen kann ich Sie nicht bitten, mir morgen früh wie besprochen das Haus zu zeigen?“

„Wir sollten uns vielleicht erst die Ländereien ansehen und später am Nachmittag dann das Haus. Es wird angenehmer sein zu reiten, wenn es kühler ist.“

„Dann bis morgen.“ Er sah sie lange an, und in seinen Augen las sie Triumph, Erheiterung und etwas anderes, das ihr auf seltsame Weise den Atem verschlug. „Gute Nacht, Sophia.“

Eine Sekunde später stand sie allein auf dem Korridor und starrte seine geschlossene Schlafzimmertür an.