15

Ich richte mich kerzengerade auf, als Adrian die Landstraße verlässt und durch ein offenes Tor fährt, das offenbar die Zufahrt zu einem sehr einsam gelegenen Haus ist. An der Stadt sind wir nur vorbeigefahren; jetzt taucht hinter Eichen und alten Kirschbäumen ein uraltes viktorianisches Herrenhaus aus rosa Granit mit einem runden Türmchen auf. Ich halte die Luft an und starre durch die Windschutzscheibe auf das Haus, das wie eine Burg wirkt.

»Da wohnt deine Familie?«, frage ich schockiert, und Adrian lacht.

Er streckt die Hand aus und streichelt mein Bein, während er den Wagen langsam über den Kies dirigiert und neben einem knallroten Porsche einparkt. Ich muss den Kopf in den Nacken legen, um zum Dach des Hauses hinaufsehen zu können. Großer Gott, das sieht aus wie die Sommerresidenz der Queen, auch wenn der Renovierungszustand etwas zu wünschen übrig lässt. Hier und da fehlen einige Schiefertafeln, und die in den Stein gehauenen Motive von Rosen, Ranken und Vögeln bröseln stellenweise. Trotzdem habe ich noch nie im Leben ein so imposantes Haus gesehen.

»Ich sagte ja, meine Mutter hat einen reichen Schotten geheiratet. Das Haus ist uralt und gehört mit dem gesamten Land seit Jahrhunderten der Familie. Kein Grund, ehrfürchtig zu werden.«

»Für dich vielleicht nicht, du bist an Luxus gewöhnt«, sage ich und streiche mein Kleid glatt, nachdem ich aus dem Sportwagen geklettert bin. »Ich kenne so was hier nur aus Filmen!«

Noch bevor Adrian meine Tasche aus dem Kofferraum geholt hat, wird die massive Holztür von innen aufgestoßen. In der Öffnung erscheint ein rothaariger Schopf.

»Onkel Adrian!«

Das Mädchen, das in dem riesigen Portal winzig aussieht, stürmt die Treppe herab und auf Adrian zu, der sofort vom Wagen ablässt, in die Knie geht und lächelnd beide Arme ausbreitet. Mein Herz zieht sich zusammen während ich beobachte, wie der rothaarige Wirbelwind gegen seine Brust springt, sodass er sich nach hinten fallen lässt und seine laut lachende Nichte mit sich reißt.

»Emmy! Nicht so wild!«

Die rügende Stimme einer Frau lenkt meine Aufmerksamkeit zum Haus zurück, und die Frau, die dort steht und die sehr dünn gezupften Brauen hebt, muss Adrians Mutter sein. Sie wirkt wie eine Adlige, die blondierten Haare streng zu einem Kranz geflochten, schmale Lippen. Ihr Kostüm sieht teuer und ungemütlich aus und würde eher in eine Bank passen als aufs Land. Als sie mich entdeckt, verzieht sie den Mund zu einem höflichen Lächeln, das ich erwidere. Dann wende ich mich wieder Adrian zu, der noch immer am Boden liegt und inzwischen das Mädchen auskitzelt. Ihr quietschendes Lachen ist ansteckend, und die gelegentlichen spitzen Schreie, mit denen sie ihn abzuhalten versucht, sind niedlich. Sie trägt ein gelbes Kleid mit Rüschen am Saum.

»Du musst Gwendolyn sein«, sagt plötzlich eine Stimme hinter mir. Irritiert drehe ich mich um, dann schnappe ich erschrocken nach Luft. Vor mir steht Adrian ... nein, natürlich nicht ganz. Aber der Mann ist eindeutig sein Bruder, denn er ist Adrian wie aus dem Gesicht geschnitten. Nur sein Haar ist viel heller und schimmert golden in der Sonne. Er trägt ein Poloshirt zur Jeans und streckt mir lächelnd die Hand entgegen.

»Richtig, ja«, sage ich, Adrian und seiner Nichte lauschend, die ihren ungleichen Ringkampf offenbar nicht beenden wollen.

»Ich bin Gordon, Adrians Bruder. Und der kleine Teufel da unten ist meine Tochter, Emily. Herzlich willkommen in Breda House!«

Er ist wohl nur ein paar Jahre jünger als Adrian, wirkt aber im Vergleich wie ein Teenager. Sein Gesicht trägt keine Spuren von Ernsthaftigkeit, Trauer oder Nachdenklichkeit wie Adrians, was vielleicht auch daran liegt, dass ihm die Falte über der Nase fehlt und seine Augen grün sind und nicht blau.

»Willkommen, Gwendolyn. Ich freue mich, dass Adrian uns endlich eine Freundin vorstellt.« Adrians Mutter ignoriert meine ausgestreckte Hand und schlingt ganz selbstverständlich beide Arme um mich, um mich an sich zu drücken. Ich bleibe irritiert steif stehen, bevor ich ihre Umarmung erwidere.

Das kleine Mädchen an Adrians Hand hebt den Kopf und mustert mich neugierig. »Bist du Onkel Adrians Freundin?«, fragt sie, und ich spüre, wie mir die Röte ins Gesicht kriecht. Was um alles in der Welt soll ich darauf antworten?

»Ja, das ist Gwen. Meine Freundin«, hilft Adrian mir aus der Klemme, und mein Gesicht wird noch heißer. Wir haben bisher nicht darüber gesprochen, was wir eigentlich miteinander haben. Aber jetzt, wo er es so selbstverständlich seiner Familie gegenüber sagt, fühlt es sich verdammt gut an.

»Kommt rein. Ich habe das Master-Schlafzimmer für euch hergerichtet, weil Craig erst nächste Woche von seinem Japantrip kommt. Da habt ihr viel Platz.«

Adrian zwinkert mir zu und ich muss mir ein Lachen verkneifen. Master-Schlafzimmer – wie passend! Ob seine Mutter von den Vorlieben ihres Sohnes weiß? Bestimmt hat sie sein Buch gelesen, aber ahnt sie, dass dahinter mehr steckt als reine Fantasie?

Adrian lässt sich von seiner Nichte ins Haus ziehen und dreht sich, entschuldigend mit den Achseln zuckend, zu mir um. Ich nicke, um ihm zu zeigen, dass ich okay bin, dann folge ich seiner Mutter an absurd breiten Treppen vorbei in den rechten Flügel des Hauses. Überall Holz, Stuck an den hohen Decken, Marmor und alte Dielen auf den Böden. Und in jedem Zimmer ein offener Kamin.

Eleonor, wie sie sich mir vorgestellt hat, plappert ununterbrochen auf dem Weg durch das Labyrinth von kleinen und größeren Räumen, bis wir in einem gemütlich eingerichteten Zimmer mit breiter Fensterfront ankommen.

»Setz dich, Gwen. Möchtest du etwas trinken? Tee, Kaffee, Cola, Wein, Whisky?«

»Ein Wasser?«, frage ich vorsichtig, bevor ich auf einem altmodischen Sofa mit Troddeln an den Seiten Platz nehme. Himmel, in diesem Haus würde ich mich rettungslos verlaufen! Ich hoffe sehr, dass Adrian bald zurückkommt. Eleonor ist allerdings warmherziger und netter, als ihre strenge Erscheinung befürchten ließ. Sie macht es mir wirklich leicht, sie zu mögen. Trotzdem bin ich angespannt und sitze ganz steif da, weil ich mich auf die Probe gestellt fühle.

»Sei ganz du selbst, Gwen« Oh Mann, kann sie wie ihr Sohn Gedanken lesen? Oder habe ich meine Gesichtszüge wirklich so wenig unter Kontrolle?

»Keine Angst. Adrian hat bisher nicht viele Frauen mitgebracht, du musst also keine Vergleiche fürchten.« Sie lacht. »Er ist auch nur hier, weil Emmy morgen Geburtstag hat. Den lässt er sich nie entgehen, sonst kommt er leider nur sehr selten her. Seine Arbeit geht immer vor.«

»Ja, er arbeitet viel«, sage ich höflich und nehme das Wasserglas mit beiden Händen entgegen. Langsam entspanne ich mich, weil Eleonors Lächeln echt und natürlich wirkt und sie nicht den Anschein macht, mich wie eine böse Schwiegermutter durchleuchten zu wollen. Aber mir wäre wohler, wenn Adrian auch hier wäre.

»Adrian wird dir nachher sicher das Haus und die Umgebung zeigen. Das Land gehört Craig. Es ist wirklich riesig und leider pflegeintensiv, daher lassen wir den Großteil einfach wild wuchern. Sonst müssten wir mindestens drei Gärtner in Vollzeit beschäftigen.«

»Es ist wunderschön hier«, sage ich und betrachte den Raum. Er ist elegant, aber gemütlich und erinnert mich an einen altmodischen Teesalon. Überall stehen kleine Sessel, an der Wand ist ein offenes Regal angebracht, in dem sich ein paar Bücher und viele gerahmte Fotos befinden. Auch Bilder von Adrian sind dabei. Wie viele Räume das Haus wohl hat? Von außen jedenfalls sah es so aus, als könnte hier eine ganze Footballmannschaft in Einzelzimmern untergebracht werden.

»Mein Mann ist noch berufstätig, obwohl er sich mit seinen siebzig Jahren locker zur Ruhe setzen könnte. Aber er sagt, er langweilt sich ohne Arbeit und möchte am liebsten eines Tages mit dem Füller in der Hand einfach tot umfallen.« Sie zieht die Schultern hoch und grinst. Ihr Gesicht wirkt plötzlich wie das eines Teenagers. »Ich kann nicht sagen, dass es mir nicht recht wäre. Immerhin habe ich genug damit zu tun, das Haus instand zu halten, trotz des Personals. Craig will auf keinen Fall wegziehen, also musste ich mich arrangieren. Zum Glück wohnen Gordon und Nicole auch hier, sonst würde ich vereinsamen. Was machst du beruflich, Gwendolyn? Adrian sagte, du studierst noch?«

Ich schlage die Beine übereinander, bevor ich antworte. »Ich bin fast fertig, ich habe Literaturwissenschaften studiert und helfe Adrian derzeit bei seinem neuen Roman.«

»Ah, das hört sich gut an! Ich habe immer gesagt, dass er eine Frau mit Verständnis für seine Arbeit braucht. Es ist nicht leicht, mit einem Schriftsteller zu leben. Das weiß ich von seinem Vater. Ich habe mich oft wirklich allein gefühlt, obwohl er körperlich anwesend war. Manchmal konnte ich tagelang nicht mit ihm sprechen, weil er furchtbar wütend wurde, wenn ich ihn beim Nachdenken störte. Manche Tage waren so wechselhaft wie das Wetter in Schottland – in einer Minute bestens gelaunt und fast euphorisch, und nur fünf Minuten später war er auf einmal wütend oder enttäuscht oder sogar verzweifelt.« Sie seufzt und lächelt dabei wehmütig.

»Ich wusste nicht, dass sein Vater auch Schriftsteller war«, sage ich.

Eleonor steht auf, um zu dem offenen Regal zu gehen. Dort zieht sie ein großes Buch hervor und kommt damit zum Sofa. Sie drückt es mir in die Hand und setzt sich neben mich. Gemeinsam sehen wir uns das Fotoalbum an. Mein Herz wird warm, als ich Adrian erkenne. Als kleiner Junge, auf dem Schoß eines sehr nachdenklich und in sich gekehrten Mannes sitzend, der eindeutig sein Vater ist. Sogar die Falte zwischen den Brauen hat er von ihm.

»Er ist leider viel zu früh gestorben«, sagt Eleonor. »Adrian hat sehr unter dem Verlust gelitten und sich nie mit den Männern arrangiert, die nach ihm kamen. Ich bin inzwischen zum dritten Mal verheiratet. Manche nennen mich verrückt, aber ich glaube, ich will einfach trotz allem an die große Liebe glauben. Ich bin hoffnungslos romantisch.«

Ich halte fast den Atem an, während ich durch das leicht vergilbte Album blättere. Als Adrians Vater von den Fotos plötzlich verschwindet, erkenne ich, dass sich Adrians Gesicht verändert hat. Es wirkt älter und traurig. Das fröhliche Kinderlachen ist verschwunden und hat einen viel zu früh gealterten Jungen hinterlassen. Ich schlucke mehrmals, bevor ich das Buch zuklappe und es Eleonor zurückgebe.

»Ihr guckt euch doch wohl nicht peinliche Bilder an?« Seine Stimme bringt mich zum Lachen. Adrian steht in der Tür, das rothaarige Mädchen auf dem Arm. Vor seinem kräftigen Körper wirkt sie wie ein Spielzeug.

»Ich habe Gwendolyn deine Kinderfotos gezeigt. Wenn du frech wirst, hole ich das Album mit deinen Jugendbildern«, droht Eleonor, und wir lachen gemeinsam.

»Das weiß ich zu verhindern. Hast du Lust auf einen Spaziergang, Kleines?«

»Ja, sicher«, sage ich und springe fast vom Sofa auf. Es war nett, mit seiner Mutter zu plaudern, aber jetzt bin ich auch froh, dass er wieder da ist. Es ist entsetzlich, aber ich habe ihn schon in den wenigen Minuten vermisst! Ein deutliches Zeichen dafür, dass ich langsam, aber sicher verrückt werde.

»Um sechs Uhr gibt es Dinner, bitte seid pünktlich. Und du, junges Fräulein, hilfst Granny mit den Kaninchen und gönnst deinem Onkel ein paar Minuten mit seiner Freundin, okay?«

»Okaaay.« Emily lässt sich nur ungern von Adrian absetzen und strampelt dabei mit den Beinen. Sie schmollt aber nicht lange, sondern folgt ihrer Großmutter gleich durch die geöffnete Terrassentür nach draußen in den riesigen Garten.

Adrian reicht mir die Hand. »Komm. Ich brauche Bewegung nach der Autofahrt.«

*

Das Grundstück ist wirklich riesig. Mir tun die Füße weh, als wir am Fluss ankommen, der das Land teilt. Dornen und Gestrüpp haben mir die nackten Beine zerkratzt, aber es war schön, mit ihm durch die Wildnis zu spazieren, wild gewachsene Himbeeren zu pflücken und zu reden.

Wir setzen uns auf einen großen Findling am Ufer und ziehen die Schuhe aus, um die Füße in das eiskalte Wasser zu hängen. Sein Arm liegt um meine Schultern, wir sehen beide gemeinsam in dieselbe Richtung, dem strömenden Wasser nach. Der Fluss ist wechselhaft, wie das Wetter und die Liebe. Mal fließt er gemächlich vor sich hin, dann stürzt er über einige Steine herab und verwandelt sich kurzzeitig in reißende Stromschnellen, bevor er wieder friedlich plätschert.

»Es ist wunderschön hier«, sage ich. »So ruhig. Als ob man ganz allein wäre.«

Seine Hand fährt meinen Rücken entlang und löst eine Gänsehaut aus. »Wir sind hier ganz allein, Kleines«, flüstert er rau und beugt sich zu mir, um meinen Hals zu küssen.

Eine Gänsehaut breitet sich auf meinem Körper aus und lässt mich frösteln. Er küsst mich weiter, wandert etwas tiefer, bis er die Stelle knapp über meinem Schlüsselbein erreicht. Eine unmissverständliche Einladung, auf die mein Körper konditioniert zu sein scheint. Sofort zieht sich mein Unterleib zusammen, mein Atem stockt.

»Adrian, du hast doch wohl nicht vor, hier ...«

Seine Hand, die auf einmal zwischen meinen Beinen unter mein Kleid gleitet, ist Antwort genug. Etwas ängstlich schaue ich mich um.

»Keine Angst. Das Grundstück ist privat, und von meiner Familie wird uns garantiert niemand überraschen.«

»Warum glaubst du das? Weil sie wissen, was du hier draußen mit deinen Freundinnen treibst?«, necke ich ihn.

Er zuckt zusammen, fängt sich aber rasch wieder. »Es ist nicht so, dass ich ständig irgendwelche Frauen hierher bringe, Gwen«, sagt er. Seine Stimme klingt plötzlich kalt.

»Ich weiß«, entschuldige ich mich. »Deine Mutter hat es mir gesagt. Trotzdem, ich ...«

Seine Hand dringt weiter vor, teilt mit sanftem Druck meine Schenkel. Sofort streichen seine Finger über die erhitzte Haut, an den prickelnden Stellen vorbei, was meine Sehnsucht nur verstärkt. Mit der anderen Hand dreht er meinen Kopf zu sich herum, ich spüre seine Lippen auf meinem Mund.

Sein Kuss ist warm, wie die Sonne, und nicht einmal das kalte Wasser um meine Füße kann mich abkühlen. Sekunden später liegen wir im Gras neben dem Stein. Er stützt sich auf den Armen ab, die er rechts und links von meinem Kopf auf den Boden stemmt. Trotzdem spüre ich sein Körpergewicht auf mir, und noch etwas anderes.

Immer wieder schnappt sein Mund nach meinem, küsst mich, kurz und heftig, bevor er nach unten gleitet und meinen Körper liebkost. Langsam schiebt er das Kleid so zur Seite, dass es meine Brüste entblößt. Es riecht nach frisch gemähtem Gras, neben uns rauscht und plätschert der Fluss, und ein paar Vögel zwitschern. Sonst höre ich nur uns, unseren Atem, der langsam in ein leises Keuchen übergeht. Ich bin feucht, als er das Kleid nach oben schiebt und sich vor mich hinkniet, um seine Hose zu öffnen. In seinen Augen spiegelt sich die Sonne, sein Mund verzieht sich zu einem Lächeln.

»Gott, Kleines, wenn du wüsstest, wie verrückt du mich machst«, flüstert er. »Ich kann unmöglich bis heute Abend warten.«

»Ich auch nicht«, sage ich und erschauere beim Geräusch seines Reißverschlusses. Langsam sinkt er wieder auf mich herab, ich spreize meine Beine weiter für ihn, wie eine Einladung. Mit einer Hand ertaste ich seine Erektion, die schon jetzt so hart und groß ist, dass mein Atem sich wie von selbst beschleunigt. Grashalme kitzeln mich am Hals, sein Mund schließt sich um meine harten Brustwarzen, während ich an seinem Schaft auf- und abgleite und ihm damit ein heiseres Stöhnen entlocke.

Seine Finger finden meine Mitte, unsere Münder verschmelzen erneut miteinander. »Du bist unglaublich feucht, dabei habe ich noch nicht einmal angefangen.« Er grinst und streicht immer wieder fest über meine Mitte, verteilt die Nässe überall zwischen meinen Schenkeln. »Es erregt mich zu glauben, dass ich der Grund dafür bin.«

»Ich bin jedenfalls nicht inkontinent, also gebühren die Lorbeeren wohl dir«, murmle ich und küsse ihn wieder, um ihn am Weiterreden zu hindern. Ich will jetzt nicht reden. Ich will ihn nur spüren, fühlen. Unsere Zungen miteinander spielen lassen. Er küsst mich, wie er mich liebt. In diesem wechselhaften Rhythmus aus Leichtigkeit und Nachdruck. Fordernd und beherrscht, dabei doch auch sanft und zärtlich. Mit jedem Zungenschlag spüre ich, wie ich immer nasser werde. Ich kann meine Finger nicht von seiner Härte nehmen, die in meiner Hand weiter wächst. Groß und kräftig. Hart und doch seidig.

Plötzlich richtet er sich auf und zieht mich hoch. Nachdem er mich im Stehen kurz geküsst hat, dirigiert er mich mit wenigen Schritten zu einer alten Weide, deren Äste so tief über dem Fluss hängen, dass ihre Spitzen vom Wasser nass sind. Verwirrt versuche ich, in seinem Gesicht zu lesen, doch er dreht mich um und hält meine Hände hinter meinem Rücken fest. Mein Herz stolpert, um kurz darauf einen Sprint hinzulegen. Der rasche Wechsel von zärtlichem Streicheln zu diesem plötzlichen, harten Griff peitscht mich auf.

»Adrian«, stoße ich hervor, als er mich beinahe grob gegen den Baumstamm drückt und von hinten zwischen meine Beine greift. Die tief hängenden Blätter umgeben uns schützend wie ein Dach. Ich schließe die Augen, als ich ihn spüre. Er gleitet mit seiner Härte an meiner Spalte entlang und reizt mich mit dieser unerfüllten Gier, bis das Pochen so stark wird, dass ich mich in seinem festen Griff winde.

»Geduld, Kleines«, raunt er, umfasst meine Hüften und hält mich, während ich mich am rauen Baumstamm abstütze. »Ich bin noch lange nicht so weit. Und du auch nicht. Nicht so bald.«

Mit zitternden Beinen warte ich darauf, dass er mich endlich nimmt, doch ich spüre nur seine Finger, die in mich hineingleiten und mich massieren, wieder heraus und diesen köstlichen Punkt in meiner Mitte liebkosen, der mir seltsame Töne entlockt. Alles pulsiert und zieht sich zusammen. Die Furcht, erwischt zu werden, verschwindet, ebenso die Geräusche der Natur um uns herum. Die Vögel, das Rauschen des Wassers ... Dann dreht er mich herum, sodass ich mit dem Rücken gegen den Baum lehne, und geht vor mir in die Knie.

»Oh Himmel«, seufze ich, als mir klar wird, was er vorhat. Pfeilschnell ist seine Zunge da, zwischen meinen Beinen. Ich suche Halt in seinen Haaren, neben mir, irgendwo, weil meine Knie nachgeben und ich das Gefühl habe, zu fallen. Dieser Anblick, wie er vor mir kniet und so hingebungsvoll mit seiner Zunge an mir spielt, als ob ich das köstlichste Dessert aller Zeiten wäre, jagt Hitze durch meinen Körper. Ich zittere, überall, und als er von unten zu mir heraufsieht und seine blauen Augen meine treffen, stöhne ich laut auf, kralle die Finger in sein Haar und lasse das Beben zu, das mich durchströmt. Ich zerfließe, er hört nicht auf, treibt mich weiter einen Hügel hinauf, immer weiter. Spielt so gekonnt mit mir wie ein Pianist auf seinem Instrument. Weiß genau, wann er stärker, langsamer, kräftiger, sanfter sein muss, um mich von einer Welle zur nächsten zu jagen. Keuchend versuche ich, mir Halt zu verschaffen. Mir ist schwindelig.

Sein Finger teilt mich, massiert mich genau dort, wo ich es am intensivsten spüre. Unwillkürlich bewege ich mein Becken, um ihm entgegenzukommen. Reibe mich an seiner Zunge, seinem Kinn. Spüre die kratzigen Barthaare an den Schenkeln. Höre ihn, uns, die Geräusche, die meine eigene Nässe verursacht, wenn er den Finger herauszieht und ihn wieder in mich hineinschiebt, immer schneller, immer tiefer. Kreisend wie seine Zunge, rund und rund mit solcher Ausdauer und Kraft. Mein Körper spannt sich an, ich bin kurz davor, aber er lässt mich nicht. Schweißperlen lösen sich in meinem Nacken und rinnen mir über den Rücken. Meine Lider flattern.

»Gott, Adrian, bitte ... ich kann nicht mehr ... ich ... «, höre ich mich stammeln. meine Beine verkrampfen sich. Ich komme, laut stöhnend. Als er aufsteht und mit einer energischen Bewegung seine Hose endgültig abstreift, atme ich kaum noch. Das Blut rauscht durch meinen Kopf, mir ist heiß und gleichzeitig kalt, ich bin erregt und gleichzeitig befriedigt. Ich bin so empfindlich, so verletzlich. Großer Gott, ich will ihn trotzdem. In mir. Tief. Heftig.

»Du bist so wunderschön, wenn du kommst, Kleines «, flüstert er mir ins Ohr und küsst mich erneut am Hals. Ich schlinge beide Arme um ihn und presse meine Hüften gegen ihn, seine Härte drückt sich gegen meinen Bauch. »Komm. Benutz mich«, flüstere ich zurück. Weil ich es will.

Er sieht mir kurz in die Augen und ich erkenne das Aufblitzen in seinen. Mit einem Ruck hat er meinen Po mit beiden Händen gegriffen und hebt mich an, sodass ich meine Beine um seine Hüften winden kann. Mit dem Rücken lehne ich an dem harten Baumstamm, der mich zerkratzt und aufschürft und ganz sicher mein Kleid ruinieren wird, aber das ist egal. Das Klopfen in meinem Schoß verstärkt sich wieder, als ich ihn dicht an mir spüre. Dann presst er sich gegen mich, teilt mich und dringt in mich ein. Mit einem langsamen, tiefen Stoß.

»Zu ... viel«, stoße ich hervor. Es tut fast weh, weil ich so sensibel bin.

»Niemals zu viel, Gwen. Niemals genug von dir.«

Meine Füße schmerzen von Steinchen und abgebrochenen Ästen, aber das nehme ich kaum wahr. Er keucht in mein Ohr, während er mich roh nimmt und mich dabei hält. Ich spüre, wie ich erneut zerfließe. Süße Lust mischt sich zu dem feinen Schmerz, der durch mich hindurchschießt, wann immer er meine sensible Knospe berührt. Alles schwillt und wird heiß und hitzig. Mein Innerstes schmiegt sich pulsierend um seine Härte, die sich verdammt groß in mir anfühlt. So groß. Ich brauche nur wenige Stöße, dann bin ich erneut kurz davor. Meine Zehen rollen sich ein, mein ganzer Körper wird steif, und ich höre mich selbst keuchen. Unerträgliche Spannung, alles zieht sich zusammen und wird hart, unbeweglich, sehnt sich nach Erlösung.

»Oh fuck«, stöhnt er, ohne Unterlass in mich stoßend. Immer schneller. »Du machst mich verrückt, Kleines. Du machst mich wahnsinnig. Du machst mich so ... unfassbar ... geil ...«

Nur Sekunden später zuckt er in mir, dann spüre ich seine Hitze, die sich in mir ausbreitet. Unser Stöhnen vermischt sich mit dem Gezwitscher der Vögel und dem Rauschen des Flusses, während wir gemeinsam kommen und unsere Körper im Gleichtakt pulsieren.

Atemlos liegen wir im Gras, seine Hand ruht auf meiner Brust, unsere Münder suchen und finden sich, obwohl wir beide die Augen geschlossen haben. Wir streicheln uns, küssend, die Gerüche der Natur in der Nase und stechende Zweige im Rücken, wärmende Sonnenstrahlen auf der Haut.

»Du bist großartig«, flüstere ich und streichle lächelnd sein schönes Gesicht.

Er lächelt zurück. »Das liegt nur an dir. Ich verliere die Beherrschung in deiner Gegenwart, Kleines. Und ich mag es.«

Mein Herz verkrampft sich. Ohne Luft zu holen sehe ich ihm in die Augen und warte ... er sagt es nicht. Warum bin ich so verrückt darauf, es zu hören? Und warum mache ich nicht einfach den Anfang und sage, was ich für ihn empfinde?

Weil ich feige bin. Weil ich fürchte, ausgelacht zu werden. Weil ich ihm vielleicht nicht das bedeute, was er mir bedeutet und ich mich lächerlich machen würde, wenn er meine Gefühle nicht erwidert. Der Klumpen in meiner Brust wird härter. Er hat mich mitgenommen zu seiner Familie, ist das denn nicht genug? Ich muss mich beruhigen und abregen, also löse ich mich aus seiner Umarmung, ziehe mein Kleid runter und klettere vorsichtig das steinige Ufer hinab, bis ich bis zu den Knien im eiskalten Wasser stehe. Die Abkühlung ist herrlich, sofort spüre ich, wie das Blut wieder durch meinen Körper pumpt.

»Komm zu mir! Es ist herrlich!«, rufe ich ihm zu.

Lachend zieht er mit einer eleganten, geschmeidigen Bewegung seine Hose an, bleibt anschließend am Ufer stehen und beobachtet mich. Ich gehe in die Knie und halte meine Unterarme in das frische Wasser. Dass mein Kleid am Saum nass wird, stört mich nicht. Es ist warm und ich brauche die Erfrischung. Am liebsten würde ich das Kleid ausziehen und baden.

»Pass auf, manchmal springen die Lachse«, warnt Adrian mich mit hochgezogenen Brauen.

»Hast du etwa Angst vor Fischen?« Ich spritze ihn nass und lache über sein Kopfschütteln. Wie ein Hund. Doch als ich mich kurz umdrehe, um der Strömung hinterherzusehen, höre ich ein platschendes Geräusch hinter mir. Ich habe keine Zeit, mich umzudrehen. Schon sind seine Arme um meine Taille und ziehen mich mit einem solchen Schwung nach hinten, dass ich rücklings auf ihm lande –im Wasser!

»Oh mein Gott!«, rufe ich prustend. Die kalte Nässe nimmt mich komplett ein. Das weiße Hemd wird durchsichtig, offenbart seine muskulöse Brust, die Härchen, die Tätowierungen auf dem Unterarm. Mir wird heiß, obwohl der Kälteschock eine entsetzliche Gänsehaut auslöst. Und auf einmal liege ich auf ihm, mitten im Flussbett, spüre, wie er seine nassen Lippen auf meine presst, wie seine Hände durch mein nasses Haar gleiten. Ich muss zwischendurch nach Luft schnappen. Das Wasser ist überall, umspült unsere Körper und schafft es doch nicht, die Hitze zwischen uns zu mindern. Erst als meine Lippen zittern steht er auf und hilft mir auf die Beine, umklammert meine Hand fest, während ich umständlich hinter ihm her ans Ufer klettere.

»Du spinnst doch!«, rufe ich lachend und wringe den Rock meines Kleides aus, danach meine Haare.

Er grinst nur, bevor er mich wieder an sich zieht und noch einmal küsst. »Es ist schön mit dir. So leicht«, murmelt er gegen meinen Hals. Seine nassen Lippen ziehen eine Spur zu meinem Schlüsselbein, die mich erneut zum Zittern bringt. »Lass uns zurückgehen. Vielleicht sollten wir uns vor dem Dinner besser umziehen.«

Ich genieße seinen Arm, der um meine Taille liegt. Barfuß, die Schuhe in der Hand, tapsen wir durch das hohe Gras. Ja, es ist schön mit uns. Ich kann kaum glauben, dass ich das alles gerade wirklich erlebe. Ich kann es nicht vergleichen mit dem, was mit Julius war. Ich hatte keinen Maßstab für meine Gefühle damals, denn er war der Erste. Doch jetzt komme ich mir ein bisschen weise vor. So viel klüger als vor einigen Jahren. Altert man durch Erfahrungen, die man als junger Mensch macht? Oder liegt es daran, dass meine Gefühle so intensiv sind, dass ich mich selbst kaum wiedererkenne?

Auf der Hälfte des Weges schieben sich dunkle Wolken vor die Sonne. Ich fröstele, nass, wie ich bin. Das Wetter in Schottland ist wechselhaft, am Himmel zieht ein Unwetter herauf. Nachdenklich beobachte ich im Gehen Adrians Profil. Er sieht so verdammt gut aus, ist so klug ... Kann es wahr sein, dass er etwas für mich empfindet? Oder benutzt er mich nach wie vor nur als Inspiration, als Futter für einen Roman? Ich wünschte, ich könnte seine Gedanken ebenso gut lesen, wie er meine offenbar lesen kann. Aber irgendwie ist er mir trotz aller Nähe fremd ...