13
Als aber Sir Waldo am nächsten Tag nach Staples kam, betrat er einen Schauplatz größter Unordnung. Miss Trent sah er überhaupt nicht, nur Mrs. Underhill, die ihm den Grund der Aufregung erklärte. Nach dem, was er erfuhr, machte er keinen Versuch, Miss Trent zu sehen. Es wäre wirklich der falsche Augenblick gewesen, sich ihr zu erklären.
Als nämlich Miss Trent den Tee eingegossen hatte und den Salon verließ, ging sie nach oben, um nach Charlotte zu sehen. Sie fand sie mit erhitztem Gesicht und geröteten Augen, offensichtlich unter heftigen Schmerzen leidend. Die alte Nurse bemühte sich um sie und gab zu verstehen, daß Miss Trent ihren Liebling zwar nach Gutdünken unterrichten konnte, daß man aber weder ihren Rat noch ihre Hilfe verlangte, wenn Miss Charlotte krank war. Sie verfüge über einige unfehlbare Heilmethoden gegen Zahnschmerzen, und wenn auch Miss Trents Angebot, bei der Kranken zu bleiben, sehr nett sei, so bestehe doch kein Grund, sie selbst zu verjagen.
Miss Trent legte diese Worte so aus, daß jeder Versuch ihrerseits, die Pflegerin zu unterstützen, als ein arger Eingriff betrachtet würde. Sie zog sich dankbar zurück und ging zu Bett.
Aber nicht um zu schlafen. Obwohl sie müde war, konnte ihr Geist nicht zur Ruhe kommen. Der Abend, der sich zu einem Albtraum verdichtete, hatte seinen Höhepunkt in der kurzen Unterredung mit dem Unvergleichlichen gefunden, die ihr viel zu denken gab und viele Auslegungen zuließ.
In den frühen Morgenstunden wurde sie durch das Knarren des Fußbodens aus ihrem unruhigen Schlummer geweckt. Sie stützte sich auf die Ellbogen, zog die Vorhänge ihres Himmelbetts zurück und lauschte. Ein schwerer Schritt – den sie sofort erkannte – und das Quietschen der Tür, die in den Dienertrakt führte, waren hörbar. Sie nahm sich nicht Zeit, die Kerze aus der Zunderschachtel, die auf einem Tischchen neben ihrem Bett stand, anzuzünden, stand schnell auf, tastete im düsteren Dämmerschein zwischen den Vorhängen nach den Pantoffeln und warf sich in ihren Morgenrock. Als sie in den weiten Korridor trat, sah sie, daß die Tür zu Mrs. Underhills Zimmer offenstand. Sie stürzte in Charlottes Zimmer, wo sie ein trauriger Anblick erwartete.
Charlotte hatte ihrer Gouvernante beim Gute-Nacht-Sagen eifrig versichert, daß es ihr schon viel besser gehe und daß sie morgen frisch wie ein Fisch im Wasser sein werde. Nun aber schritt sie tränenüberströmt in ihrem Nachthemd – das Häubchen hatte sie vom Kopf gerissen – im Zimmer auf und ab. Alle Heilkünste der alten Nurse hatten versagt, der Zahnschmerz wurde von Minute zu Minute ärger, bis sie ihn trotz aller Bemühungen nicht länger ertragen konnte. Sie war offensichtlich halb verrückt vor Schmerzen.
Miss Trent bemerkte, daß die Drüsen geschwollen waren, und in Erinnerung an eine schreckliche Nacht, die sie unter den gleichen Umständen mit der Pflege ihres Bruders Christopher verbracht hatte, zweifelte sie kaum mehr, daß ein Abszeß die Ursache von Charlottes Qualen war. Die Nurse hatte versucht, Laudanum auf den schmerzenden Zahn zu träufeln. Aber sobald sie Charlotte nur berührte, schrie diese auf und benahm sich so wild, daß die Nurse es mit der Angst zu tun bekam und die Hausfrau weckte.
Mrs. Underhill war eine hingebungsvolle Mutter, hatte aber wenig Erfahrung in Krankheiten und kam als Pflegerin nicht in Frage. Wie viele dicke und von Natur aus gütige Personen, brachte sie ein Ernstfall bald aus der Fassung, und da ihre Sensibilität größer war als ihr Verstand, erregte sie der Anblick ihrer gequälten Tochter so sehr, daß sie fast so heftig weinte wie Charlotte selbst. Ihr Versuch, das Kind in die Arme zu nehmen, wurde heftig zurückgewiesen, und ihre zärtlichen Beruhigungen hatten nur den Erfolg, Charlotte hysterisch zu machen. So dankbar sie war, als sie Miss Trent nun das Zimmer betreten sah, so ungehalten war sie, als die Gouvernante wenig Mitgefühl zeigte und in strengem Ton mit Charlotte sprach.
«Allerdings war es gut für die Arme, denn ich muß sagen, es gelang Miss Trent, Charlotte zum Niedersetzen zu bewegen. Sie sagte ihr, daß das Herumtoben im Zimmer den Schmerz nur vergrößere. Die Nurse legte dann einen heißen Ziegelstein unter die Füße der Kranken, wir wickelten sie in einen Umhang, und Miss Trent sagte mir, sie glaube, es sei ein Abszeß, und es hätte gar keinen Sinn, Laudanum auf den Zahn zu träufeln; daher wäre es gescheiter, einige Tropfen in ein Glas Wasser zu geben, damit sie schläfrig werde. Das hat dann auch nach einer Weile gewirkt. Aber welche Mühe hat es gekostet, Charlotte dazu zu bewegen, die Lippen zu öffnen oder das Glas in die Hand zu nehmen – das würden Sie nicht glauben!»
«Armes Kind», sagte Sir Waldo. «Ich kann mir vorstellen, daß sie halb verrückt vor Schmerzen war.»
«Ja, und alles aus eigener Schuld! Nun, ich hoffe, man hält mich nicht für gefühllos; aber als sie Miss Trent gestand, daß sie seit fast einer Woche Zahnschmerzen habe, daß es immer schlechter und schlechter geworden sei und sie keiner Seele ein Wort darüber gesagt habe, aus Angst, daß der Zahn gezogen werde, da war ich so böse, daß ich ihr sagte: Laß es dir eine Lehre sein, Charlotte! sagte ich ihr.»
«Ich glaube, das wird es sein, Ma'am. Ich gestehe, ich habe alle Sympathie mit Leuten, die Angst vor dem Zähneziehen haben.»
«Ja», sagte Mrs. Underhill schaudernd, «aber wenn man die Dinge so weit kommen läßt wie gestern nacht! Und noch immer weint sie und sagt, sie werde, was immer geschehe, nicht zu Mr. Dishford gehen– das ist einfach dumm! Nun, ich muß gestehen, ich zittere selbst richtig, wenn ich nur daran denke, sie zu ihm zu führen, denn ich muß weinen, wenn ich sie so elend sehe, und das wäre ein schöner Anblick, wenn wir uns beide wie Gießkannen benähmen und der arme Mr. Dishford nicht aus und ein weiß! Nicht auszudenken, was ich oder Courtenay gemacht hätten, wenn Miss Trent nicht alles in die Hand genommen hätte! Sie packte sie sofort zusammen, und Courtenay– der ein guter Bruder ist – ging mit ihnen. Und gut war es, daß er dabei war, denn man mußte sie festhalten – in solcher Verfassung war sie –, und wie Miss Trent ohne ihn fertig geworden wäre, glauben Sie mir, ich weiß es nicht. Dann haben sie sie nach Hause gebracht, und Courtenay ritt gleich hinüber zu Doktor Wibsey, denn sie ist ganz erschöpft, und das ist kein Wunder!»
Sicherlich war das nicht der Augenblick, sich zu erklären. Sir Waldo verabschiedete sich mit den besten Wünschen für Charlotte.
Auch die nächsten fünf Tage sah er Miss Trent nicht. Statt sich schnell zu erholen, wie man von einem jungen, springlebendigen Mädchen erwarten konnte, kam Charlotte von Harrogate in einem solchen Zustand zurück, daß man sie ins Bett stecken mußte. Dr. Wibsey schrieb das Fieber dem Gift zu, das in ihren Körper gedrungen war, aber Mrs. Underhill sagte zu Sir Waldo nicht ohne Stolz, daß Charlotte genau so sei wie sie selbst.
«Es geschieht selten, daß bei mir eine Schraube locker wird», sagte sie. «Im allgemeinen – wie Sie wissen – geht es mir prächtig. Aber wenn mir das Geringste fehlt, wie zum Beispiel eine Kolik, bringt es mich so durcheinander, daß mein verstorbener Gatte sehr oft glaubte, es sei mein Ende – und es war nur eine Erkältung.»
Sir Waldo kam jeden Tag nach Staples, um sich nach Charlottes Befinden zu erkundigen, aber erst am fünften Tag wurde er mit Miss Trents Anblick belohnt, aber das unter ungünstigen Umständen. Die Kranke saß in der frischen Luft auf der Terrasse, auf der einen Seite ihre Mutter, auf der anderen ihre Gouvernante, die einen Schirm über sie hielt, um sie vor der Sonne zu schützen. Mrs. Mickleby und ihre zwei Töchter saßen im Halbkreis herum. Als Sir Waldo von Totton auf die Terrasse geführt wurde, hatte Mrs. Mickleby schon von Mrs. Underhill erfahren, daß er ein regelmäßiger Besucher in Staples sei. Sie zog ihre Schlüsse, zögerte aber nicht, den angeblichen Grund seiner täglichen Besuche zurückzuweisen.
«Er war so freundlich, man kann es kaum glauben», erzählte Mrs. Underhill selbstgefällig. «Es vergeht kein Tag, an dem er nicht kommt, sich nach Charlotte zu erkundigen, und fast immer bringt er ihr ein Buch mit, oder eine Kleinigkeit, um sie zu unterhalten – ist es nicht so, meine Liebe? Nun, Charlotte hat nicht mehr Gefallen am Lesen als ich, aber sie hat es gerne, wenn Miss Trent ihr vorliest, was sie sehr schön macht, wie ein Theaterstück. Nun, wie ich gestern zu Sir Waldo sagte, nicht nur Charlotte ist ihm sehr dankbar, denn Miss Trent liest uns nach dem Dinner vor, und ich kann wirklich nicht sagen, wer von uns das größere Vergnügen hat: ich oder Charlotte oder Tiffany. Nun, es ist so aus dem Leben gegriffen – ich konnte gar nicht einschlafen, weil ich darüber nachdenken mußte, ob der schlechte Glossin den armen Harry Bertram wieder von den Schmugglern verschleppen läßt, oder ob die alte Hexe ihn retten wird, sie und der Hauslehrer – Tiffany glaubt, sie müßte das, da wir bald am Ende des ersten Bandes sind.»
«Ah, ein Roman!» sagte Mrs. Mickleby. «Ich muß gestehen, ich bin ein Feind dieser Art von Literatur, aber ich glaube gerne, daß Sie, Miss Trent, für Romanzen eingenommen sind!»
«Wenn sie so gut geschrieben sind wie diese, dann ja, Ma'am!»
«Oh, Sir Waldo brachte auch eine zerlegbare Landkarte», sagte Charlotte. «Ich habe so etwas noch nie gesehen. Sie besteht aus kleinen Stückchen, die so zusammenpassen, daß sie eine Landkarte von Europa ergeben.»
Auch die jungen Damen Mickleby hatten eine solche noch nie gesehen. Miss Trent nützte die Gelegenheit, eine kleine Schuld heimzuzahlen, und riet der Mama sehr freundlich, doch eine für ihre Töchter zu kaufen. «So erzieherisch und wirklich außergewöhnlich!»
Dann erschien Sir Waldo. Obwohl er Miss Trent keine besondere Aufmerksamkeit schenkte, war Mrs. Mickleby – die ebenso wie Mr. Calver die Anzeichen einer Affäre zu bemerken glaubte – überzeugt, daß Sir Waldo, wäre sie nicht eisern sitzen geblieben, sicher eine Ausrede gefunden hätte, Miss Trent im Garten herumzuführen – oder etwas ähnliches.
«Und ich glaube sicher – leider muß ich so etwas annehmen –, daß sie mit ihm gegangen wäre», erzählte sie Mrs. Banningham später. «Ich habe sie ganz genau beobachtet, und ich muß Ihnen sagen, sie verfärbte sich von dem Augenblick an, da sein Name genannt wurde. Ich habe nie jemanden schuldbewußter gesehen!»
«Das überrascht mich nicht im geringsten», antwortete Mrs. Banningham. «Es war schon immer etwas an ihr, das ich nicht mochte. Sie–soviel ich mich erinnere – hatten gleich Gefallen an ihr, aber was mich betrifft, ich fand sie affektiert: diese übertriebene Zurückhaltung zum Beispiel und ihre Miene der Vornehmheit!»
«Oh, was das betrifft», sagte Mrs. Mickleby ein wenig hochmütig, «die Trents sind eine sehr gute Familie! Das macht ja ihren Mangel an Takt so traurig! Immer diese Ausritte! Natürlich, man sagt, sie achte dabei auf Anstand, aber ich fand das damals recht sonderbar und unklug!»
«Unklug?» schnaubte Mrs. Banningham. «Sehr schlau nenne ich das! Sie war von allem Anfang an darauf aus, ihn einzufangen. Wäre ja nicht schlecht für sie, arm wie eine Kirchenmaus! Wenn er ihr einen Antrag macht – was ich nicht wirklich in Betracht ziehe –, une Garte blanche vielleicht; Heirat nie!»
«Jemand sollte sie darauf aufmerksam machen, daß er nur scherzt. Ich würde ihr nicht wünschen, getäuscht zu werden; ich verabscheue zwar die Art, wie sie ihn an sich lockt, halte sie aber nicht für ein lockeres Mädchen.»
«Was? Zweimal mit ihm zu tanzen – noch dazu Walzer! –, außerdem sich von ihm zu Tisch führen zu lassen, ihn um ihren Schal zu schicken, ganz zu schweigen von der Art, wie sie ihn über die Schulter ansah, als er ihr den Schal umlegte – es hat mich zum Erröten gebracht!»
«Sehr ungehörig!» stimmte Mrs. Mickleby bei. «Aber man muß einräumen, daß sie sich, ehe Sir Waldo nach Broom Hall kam, mit allem Anstand benahm. Ich fürchte, er hat sie – nur weil er aufmerksam gegen sie war – glauben gemacht, daß er nach einer Ehegattin Ausschau hält. Nun, und in ihrer Situation, wissen Sie, schien es ihr dafürzustehen, ein wenig nachzuhelfen. Sie kann einem leid tun!»
Mrs. Banningham zögerte nicht, zuzustimmen. «Ich mag dumme Gänse nicht, und das muß sie doch sein, wenn sie sich auch nur einen Augenblick einbildet, daß ein Mann seiner Stellung einen Gedanken an eine Heirat mit ihr verschwendet!»
«Sehr wahr! Aber ich glaube, ihre Erfahrung mit Korinthiern ist nicht groß. Natürlich wird ihr Mrs. Underhill nie einen Wink geben.»
«Dieses gewöhnliche Weib? Sie gibt ihrer eigenen Nichte keinen Wink! Es täte mir leid, wenn eine meiner Töchter sich so benähme, wie Tiffany es tut. Ihre Wildheit! Es ist widerlich, wie sie bestrebt ist, jeden Mann, dem sie begegnet, an ihre Schürzenbänder zu heften. Zuerst war es Lord Lindeth, jetzt ist Mr. Calver an der Reihe. Ich bitte Sie: er lehrt sie kutschieren! Ich habe die beiden mit meinen eigenen Augen gesehen. Kein Groom, keine Miss Trent als Garde. O nein, Miss Trent denkt nur daran, sie zu bewachen, wenn Sir Waldo um sie ist!»
«Ich werde froh sein, wenn das elende Ding zu ihrem Onkel nach London zurückkehrt! Was Miss Trent betrifft, habe ich immer gesagt, daß sie viel zu jung ist für ihre Stellung; aber man muß gerecht sein und sagen, daß ihre Zeit von Charlotte in Anspruch genommen wird. Wenn Mrs. Underhill es vorzieht, daß Miss Trent sich Charlotte widmet statt Tiffany, dann ist sie zu tadeln. Es liegt mir fern, auch nur anzudeuten, daß Sir Waldos tägliche Besuche etwas mit der Sache zu tun haben. Und so kann Tiffany ganz nach Lust mit Lord Lindeth spielen, nicht wahr? Mir scheint, daß Mr. Calver viel eher ihren Stil hat. Mr. Mickleby nennt ihn zwar einen Makkaronikrämer, aber zweifellos hält Tiffany ihn für das Feinste vom Feinen.»
Hierin hatte sie recht. Tiffany war von Laurence sehr beeindruckt, den sie sofort als einen Angehörigen des Dandy-Set einschätzte. Während ihres kurzen Aufenthaltes in London hatte sie manche dieser Auserwählten auf dem großen Korso im Hyde Park gesehen, und sie fand, daß es das Ansehen einer Dame sehr erhöhe, wenn sie die Bewunderung eines so tonangebenden Mannes gewann. Das war kein leichtes Stück, denn im allgemeinen sind die Dandys außerordentlich kritisch und pflegen eine anerkannte Schönheit eher gelangweilt durch ihr Monokel zu betrachten, als sie zu bewundern. Auch seine Konversation machte großen Eindruck auf sie, und es schmeichelte ihr, daß er voraussetzte, sie wüßte über die Persönlichkeiten und die on-dits der eleganten Welt ebenso Bescheid wie er. Wäre er und nicht Lindeth der Peer gewesen, sie hätte ihn vorgezogen, weil er so modisch war und weil er sie nie mit Erzählungen über sein Landhaus langweilte, was Lindeth oft tat.
Sie hätte ihn auf jeden Fall gerne an ihre Schürzenbänder geheftet, weil es sie quälte, daß irgendein junger Mann (selbst ein so unbedeutender wie Humphrey Colebatch) sich entweder unempfänglich für ihre Reize zeigte oder gar verriet, daß er eine andere vorzog. Im Falle Laurence gab es noch einen Grund, seine Courtoisien zu ermuntern; sie hatte entdeckt, daß Lindeth seit den Ereignissen in Leeds eine gewisse Zurückhaltung an den Tag legte, vermutliche Rivalen wie Mr. Ash, Mr. Jack Banningham und Mr. Arthur Mickleby nichtbeachtete, aber sie konnte nicht glauben, daß er der Konkurrenz seines modischen Cousins gleichgültig gegenüberstehen werde. Es war ihr sofort klar, daß er Laurence nicht mochte. Nicht, daß er ein herabsetzendes Wort geäußert hätte, sondern weil er, wenn man ihn fragte, in kühlen Worten von ihm sprach, die sich sehr von dem auffallenden Enthusiasmus, mit dem er von seinem anderen Cousin sprach, unterschieden. Da aber Tiffany Laurence sehr bewunderte, zögerte sie nicht, Julians Abneigung der Eifersucht auf sie zuzuschreiben. Es kam ihr gar nicht in den Sinn, daß Lindeth seinen Cousin einfach nicht mochte, und hätte es ihr jemand gesagt, sie hätte es nicht geglaubt.
Als Lindeth einmal Besuch in Staples machte, sagte sie ihm mit einem herausfordernden Blick hinter ihren langen Wimpern, daß sein Cousin seine Dienste angeboten hatte, als er erfuhr, daß sie zwar eine vollendete Reiterin sei, aber nie jemanden gefunden hatte, der ihr den tadellosen Gebrauch der Zügel hätte beibringen können.
Lindeth blickte sie erstaunt an.
«Mr. Calver sagt, er wollte mich kutschieren lehren, daß die Pferde auf den Zoll genau gehorchen», sagte sie mit ihrem kecksten Lächeln. «Laurence?» fragte er mit sonderbarem Gesichtsausdruck.
«Warum nicht?» gab sie mit erhobenen Brauen zurück.
Er öffnete den Mund, schloß ihn wieder und wandte sich, um seinen Hut und seine Handschuhe zu nehmen.
«Nun», sagte Tiffany, mit dem Erfolg ihres Angriffs zufrieden, «haben Sie eine Einwendung?»
«Nein, nein, keine einzige», sagte er eilig. «Wie sollte ich? Nur – ich – aber kümmern Sie sich nicht darum!»
Das genügte, Tiffany in ihrem Glauben zu bestärken, daß sie den Dämon der Eifersucht in seiner Brust geweckt hatte. Sie wußte nicht, daß Seine Lordschaft (den Laurence einen Dudelsack nannte) die erste Gelegenheit ergriff, seinem Cousin Waldo den Witz zu erzählen, der zu saftig war, um ihn bei sich zu behalten. «Ich weiß nicht, wie ich meine Fassung bewahren konnte. Laurie lenkt auf Abstand eines Zolles! O Gott! Ich werde noch krank, wenn ich länger lache!»
Aber Tiffany, die keine Ahnung hatte, daß sie Lindeth reichlich Stoff zum Lachen geboten hatte, war zufrieden. Ihre früheren Bewunderer, die düster, aber ohne Groll Lindeth' Stern aufgehen sehen hatten, empfanden heftige Eifersucht gegen Laurence; sie sah daher nicht ein, warum Lindeth nicht ähnlich empfinden sollte. Tagelang war sie berauscht von ihrem Erfolg, hielt sich für unwiderstehlich und herrschte wie eine Königin über ihren Hofstaat, mit stets wachsender Launenhaftigkeit. Da sie sich – wie Mrs. Mickleby – über den angeblichen Grund für die täglichen Besuche des Unvergleichlichen nicht den Kopf zerbrach, hatte sie auch nicht einen Moment lang vermutet, daß er ihre Gesellschafterin ihrem unnachahmlichen Selbst vorziehen würde; sie war sicher, daß auch er ihr nicht widerstehen könne. Das schien ihr selbstverständlich, und sie dachte nicht darüber nach, daß sein Benehmen, wenn er nach Staples kam, keinesfalls dem eines Mannes glich, der ihrem Charme erlegen war. Da sie ihn für unberechenbar hielt, vermutete sie, daß er schon zufrieden war, sie nur anzusehen.
Courtenay, der aufgebracht von ihrer Überheblichkeit und böse auf seine Freunde war, weil sie solche Narren aus sich machten, sagte ihr, sie sei nicht besser als ein gewöhnliches leichtes Mädchen, und er prophezeite ihr, daß ihr Hochmut zu Fall kommen werde. Da sie darüber lachte, versicherte er ihr, daß Lindeth bloß der erste war, der von ihr abgestoßen wurde – andere würden bald folgen.
«Pah!»
«Du bist sehr sicher, nicht wahr? Aber mir kommt vor, daß wir Lindeth nicht mehr so oft zu Gesicht bekommen!»
«Wenn ich ihn will» prahlte Tiffany mit einem Lächeln, für das er sie am liebsten geschlagen hätte, «brauche ich nur einen Finger zu rühren! Du wirst schon sehen!»
Das versetzte Courtenay in eine solche Raserei, daß er seiner Mutter die absolute Notwendigkeit vor Augen hielt, Tiffanys koketten Possen Einhalt zu gebieten. «Ich sage dir, Mama, sie ist unausstehlich!»
«Aber, Courtenay, rege dich um Himmels willen nicht auf!» bat Mrs. Underhill beunruhigt. «Ich gestehe, ich sähe es lieber, wenn Tiffany nicht so dreist wäre, aber sie ist eben sprunghaft und hat doch nur mit Herren, die den Anstand wahren, zu tun. Sie würde auch nicht im geringsten darauf achten, wenn ich mich einmische – du kennst sie, wenn sie böse ist! Ich habe genug Kummer mit Charlotte, der Armen, um mir Tiffanys Ausbrüche ersparen zu wollen.»
Nun wandte er sich bittend an Miss Trent, aber auch die schüttelte den Kopf. «Ich glaube, die einzige Kur für sie ist, wenn ihre Bewunderer kühler werden», sagte sie lächelnd. «Sie ist zu starrsinnig, und man hat sie viel zu lange ihren eigenen Weg gehen lassen, um sie jetzt zurückzuhalten. Was soll ich denn tun? Soll ich sie in ihr Zimmer einsperren? Sie würde aus dem Fenster klettern und sich wahrscheinlich das Genick brechen. Ich bin Ihrer Meinung, daß ihr Benehmen unschön ist, aber sie hat nichts Skandalöses getan, und sie wird auch nichts dergleichen tun, außer man reizt sie dazu.»
«Wie können Jack und Greg und Arthur sich so lächerlich machen?! Herrgott! Es bringt mich in Rage, daß sie solche Tröpfe sind! Das ist unerträglich!»
«Ich würde mich, an Ihrer Stelle, nicht darüber ärgern», sagte sie. «Es ist unter ihnen Mode, Tiffany anzubeten, und Moden dauern nicht lange!»
«Nun, ich kann nur hoffen, daß sie einmal zu Fall kommt», sagte er wütend. «Und was sagen Sie zu diesem Calver? Sie kutschieren lehren! Woher wissen wir, daß er es ehrlich meint?»
«Das wissen wir allerdings nicht; mir wäre es zwar lieber, wenn sie nicht täglich mit ihm ausführe, aber ich glaube doch nicht, daß er ihre Unerfahrenheit ausnützen würde.»
«Bestimmt nicht», sagte Mrs. Underhill. «Als er um die Erlaubnis bat, versprach er, gut auf sie achtzugeben. Er ist ein sehr höflicher junger Mann, und ich sehe keinen Grund, warum du ihn ablehnst.»
«Höflicher junger Mann! Ich halte ihn für einen regelrechten Glücksritter!»
«Schon möglich», stimmte Miss Trent ungerührt bei. «Aber da sie minderjährig ist, müssen wir nichts befürchten. Wenn Sie sich vorstellen, daß Tiffany einem einfachen Bürgerlichen zuliebe jede Vorsicht außer acht läßt, dann kennen Sie sie nicht!»
Es war ein sonderbarer Zufall, daß gerade in diesem Augenblick Sir Waldo Laurence fragte: «Hast du ein Auge auf die Erbin geworfen?»
«Nein, das habe ich nicht. Meinst du das Wield-Mädchen?»
«Die meine ich. Sieht so aus, als ob du dich für sie interessiertest?»
«Nein, keineswegs. Ist sie eine Erbin?»
«So hat man mir erzählt. Mir scheint sogar, sie hat es mir selbst erzählt.»
«Sieht ihr ähnlich», sagte Laurence. Er dachte kurz nach, dann fügte er hinzu: «Ich lasse mir keine Fußfesseln anlegen; es gibt nichts, wozu ich mich zwingen ließe!»
«Ich zögere, deine Hoffnungen zu vernichten, Laurie, aber ich halte es für richtig, dich darauf aufmerksam zu machen, daß du mit deiner Werbung kein Glück haben wirst. Miss Wield ist entschlossen, in den Hochadel zu heiraten.»
«Genau!» rief Laurence. «Ich habe das auf den ersten Blick erkannt. Sie möchte natürlich Lindeth einfangen. Ich kann mir vorstellen, daß dir das nicht sehr recht wäre.»
«Nicht sehr», sagte Sir Waldo in leutseliger Übereinstimmung.
«Nein. Und meine Tante hätte es auch nicht gerne!» sagte Laurence. «Und ich könnte es ihr nicht verübeln. Es besteht auch kein Grund, warum er sich in die Wolle setzen müßte. Er ist ja nicht auf dem trockenen!»
«Ich glaube nicht, daß er derlei Absichten hat.»
«Das weiß ich nicht. Der dumme Junge war von ihrem Gesicht stark beeindruckt. Du willst mich doch nicht glauben machen, daß Julian nicht dein Nesthäkchen ist! Du würdest etwas darum geben, daß er da heil heraussteigt, nicht wahr?»
Sir Waldo, der seine Schnupftabaksdose aus der Tasche gezogen hatte, öffnete sie und nahm eine Prise. Er blickte nachdenklich auf Laurence, dann sagte er mit vergnügtem Schmunzeln: «Leider! Du hast danebengeraten!»
Laurence starrte ihn an. «Wenn du mich beschwindelst, damit ich glaube, Julian ist nicht hinter dem Mädchen her, dann bist du es, der danebengeraten hat, Waldo! Du wirst mir doch nicht sagen wollen ...»
«Das einzige, was ich dir sagen will, ist, daß du derjenige bist, der hinter der Schönen her ist. Schau mich nicht so gekränkt an! Tröste dich mit dem Gedanken, daß ich deine Angelegenheiten ebensowenig mit Julian bespreche, wie ich seine mit dir besprechen werde.»
Er sagte nichts weiter und ließ Laurence unsicher und gekränkt zurück. Er hatte seine guten Gründe zu glauben, daß Julian von seiner Verzauberung geheilt war. Wenn aber Laurie, der Tiffany für sich beanspruchte, nicht entdeckt hatte, daß sein junger Cousin sich in ein anderes Gehege begeben hatte, um so besser, dachte Sir Waldo, denn er mißtraute Laurences unheilbringender Zunge. Sollte sich Julians Interesse für Miss Chartley festigen, könnte seine Mutter gegen die Verbindung sein, wenn sie die Neuigkeit von Laurie erführe. Die erste Nachricht mußte sie von Julian selbst erhalten, und dann wäre es seine, Waldos, Aufgabe, die Witwe mit dem Gedanken auszusöhnen, überlegte er. Sie würde bitter enttäuscht sein. Aber wenn sie ehrlich war, mußten ihr schon seit langem Zweifel darüber gekommen sein, daß ihr geliebter Sohn ihren Ehrgeiz befriedigen und um eine der Damen von Rang, Vermögen und Mode anhalten werde, mit denen sie ihn bekannt gemacht hatte. Sie war auch eine sehr hingebungsvolle Mutter. Sir Waldo war sicher, daß sie, nachdem sie sich von ihrem ersten Schock erholt hatte, die sanfte Patience an ihren Busen drücken würde. Eine zutreffende Beschreibung der schönen Miss Wield würde viel länger brauchen, ihren Sinn günstig zu stimmen.
Er selbst glaubte, daß Julian nach seinen verschiedenen tastenden Versuchen genau die Gattin gefunden hatte, die zu ihm paßte. Genauso wie Patience sich von Tiffany unterschied, unterschied sich Julians Werbung für sie von der für Tiffany. Es begann damit, daß sie ihm gefiel; seine Bewunderung wurde durch die Episode von Leeds entzündet; und jetzt war es – nach Sir Waldos Urteil – eine stille, tiefe Liebe. Aus manchen Bemerkungen über Patience entnahm Sir Waldo, daß sie sehr liebenswerte Eigenschaften besaß, gebildet war und eine erstaunliche Bereitschaft zeigte, sich mit Julians Ideen vertraut zu machen und jedes seiner Gefühle zu teilen. Sir Waldo nahm an, daß Julian ein häufiger Besucher des Pfarrhauses war, aber es gab nicht die Ausritte, Picknicks und Abendgesellschaften, die seine vorübergehende Leidenschaft für Tiffany begleitet hatten. Vermutlich hatte Laurie deshalb die Wandlung seines Cousins nicht erkannt und glaubte ihn in Gesellschaft seines älteren Cousins, wenn er ihn nicht in Broom Hall antraf. Er wurde durch die angeborene Höflichkeit, mit der Julian seine Besuche in Staples fortsetzte, irregeführt und hielt ihn weiter für einen Anbeter Tiffanys.
Bei einem dieser Vormittagsbesuche erfuhr Julian, daß die Redoute im Garten, die Tiffany ihrer Tante abgeschmeichelt hatte, verschoben werden mußte. Charlotte war noch immer leidend und müde, der Arzt verordnete Meerbäder. So beschloß Mrs. Underhill, mit ihr nach Bridlington zu fahren, wo ihr pensionierter Cousin mit seiner Frau lebte. Das erklärte sie entschuldigend Lindeth und Arthur Mickleby, den Julian im grünen Salon vorfand. Sie hoffte, die Herren würden nicht böse sein, aber sie wäre außerstande, eine Redoute zu geben, solange Charlotte so krank war. Die beiden jungen Herren drückten ihr Bedauern aus, und Arthur Mickleby erinnerte Mrs. Underhill tröstend daran, wie er nach den Masern nach Bridlington gebracht wurde, wo er sich schnell erholt hatte.
Während sie so sprachen, kam Tiffany im Reitkleid, Laurence auf den Fersen, herein.
«Bridlington? Wer sucht schon diesen blödsinnigen Ort auf?» fragte sie. Sie reichte Lindeth flüchtig die Hand. «Wie geht's? Ich habe Sie schon ewig lange nicht gesehen! Oh, Arthur! Hast du auf mich gewartet? Mr. Calver lehrte mich, eine Schleife mit dem Zügel zu ziehen. Du gehst doch nicht nach Bridlington? Es ist der langweiligste, schrecklichste Ort, den man sich vorstellen kann. Warum gehst du nicht nach Scarborough?»
«Nicht ich, Charlotte», erklärte Arthur ruhig. «Ich habe Mrs. Underhill erzählt, wie gut mir Bridlington getan hat, als ich kränklich war.»
«Oh, Charlotte! Arme Charlotte! Ich glaube gerne, daß es für sie das beste sein wird. Wann reist sie ab, Ma'am?»
«Nun, meine Liebe, ich glaube, ich bringe sie diese Woche hin», sagte Mrs. Underhill nervös. «Es hat keinen Sinn, hierzubleiben, wo sie doch müde ist. Und da Cousine Matty mich immer bittet, sie doch zu besuchen und Charlotte mitzubringen, habe ich mich bei Seiner Lordschaft entschuldigt und auch bei Arthur, daß ich leider die Redoute verschieben muß.»
«Meine Redoute verschieben?» rief Tiffany. «O nein, Sie können nicht so grausam sein, Ma'am!»
«Es tut mir schrecklich leid, meine Liebe, aber du kannst keine Party haben, wenn ich nicht hier bin, nicht wahr? Das wäre unpassend.»
«Aber Sie müssen hier sein, Tante! Schicken Sie doch die Nurse oder Ancilla mit Charlotte! Oh, bitte, tun Sie es doch!»
«Ich hätte keine Ruhe, wenn ich das arme Lämmchen ohne mich gehen ließe, und ich würde auch keinen Sinn für eine Redoute oder irgendeine Party aufbringen. Aber es ist kein Grund, sich aufzuregen, meine Liebe, denn ich habe nicht die Absicht, länger als eine Woche fortzubleiben; das heißt, wenn es Charlotte gutgeht und wenn sie gerne bei Cousin George und Tante Matty bleiben will, was sicher der Fall sein wird. Aber sie nahm mir das Versprechen ab, daß ich mit ihr fahren werde, und ich hätte es auch gar nicht anders gewollt.»
«Wie kann sie so abscheulich selbstsüchtig sein!» rief Tiffany, rot vor Zorn. «Läßt Sie versprechen, mit ihr zu fahren, wenn sie doch weiß, daß ich Sie brauche! Sie können sich darauf verlassen, sie tat es aus Bosheit, nur um mir die Redoute zu verderben!»
Arthur blickte verblüfft auf, aber Lindeth schaltete sich ein: «Es ist doch ganz natürlich, daß sie bei ihrer Mutter sein möchte, finden Sie nicht?»
«Nein», antwortete Tiffany böse, «denn sie hätte lieber Ancilla bei sich. Oh, ich weiß, was wir tun werden! Ancilla wird an Ihrer Stelle die Hausfrau spielen, Tante! Famos! Es wird herrlich!»
Aber Mrs. Underhill war standhaft und lehnte diese Anregung ab. Da sie jedoch Sturmsignale in Tiffanys Augen aufleuchten sah, wollte sie die Enttäuschung mildern und versprach, die Redoute sofort nach ihrer Heimkehr aus Bridlington abzuhalten. Aber Tiffany stampfte mit dem Fuß, erklärte, daß sie es hasse, wenn etwas aufgeschoben werde, und wunderte sich, daß ihre Tante auf Charlottes Dummheiten hereinfalle.
«Ich glaube, sie könnte ganz gesund sein, wenn sie wollte. Aber sie will interessant sein, was ich ganz unsinnig finde, und das werde ich ihr sagen!»
«Also, das ist zuviel!» protestierte Arthur entsetzt. «Entschuldige, aber – aber – das solltest du nicht sagen!» Und zögernd fügte er hinzu: «Obwohl auch ich mich sicher gut unterhalten hätte, gibt es Leute, denen so etwas nicht gefällt. Nun, Mrs. Chartley wird Patience nicht erlauben zu kommen, und – um die Wahrheit zu sagen – Mama läßt meine Schwestern auch nicht gehen. Nicht zu einer Mondscheinparty im Garten!»
«Also, habe ich dir nicht gesagt, es wäre nicht das richtige?» rief Mrs. Underhill aus.
«Wer kümmert sich darum, ob sie kommen oder nicht?» rief Tiffany wütend. «Wenn sie lieber muffig sind – ich verspreche, es nicht zu sein!»
Arthur wurde rot und erhob sich, um sich zu verabschieden. Mrs. Underhill drückte, sehr verlegen, herzlich seine Hand und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Tiffany hingegen wandte sich ab und sagte, er sei genauso muffig wie seine Schwestern.
«Ich muß auch gehen», sagte Lindeth. «Bitte, sagen Sie Charlotte, wie leid es mir tut zu hören, daß sie sich nicht wohl fühlt, und sie soll, wenn sie im Meer badet, achtgeben, daß nicht eine Krabbe sie ins Bein kneift! Kommst du, Laurie?»
«Oh, warte nicht auf mich! Ich habe mir gedacht, Miss Wield, wir könnten vielleicht eine Gesellschaft zusammenstellen, um statt auf der Redoute auf einer Veranstaltung in Harrogate zu tanzen. Würden Sie es gestatten, Ma'am? Natürlich mit Miss Trent oder einer älteren Dame, wenn man eine dazu bewegen könnte?»
Tiffanys Augen hellten sich auf, aber Mrs. Underhill blickte unglücklich drein und sagte zaudernd: «Du meine Güte! Nein, nein, schlagen Sie so etwas nicht vor, Mr. Calver, das ist genau das, was Mr. Burford – das ist Tiffanys Onkel und Vormund, wie Sie wissen – nicht wünscht. Sie ist noch nicht bei Hofe vorgestellt, und er erlaubt nicht, daß sie in öffentliche Lokale tanzen geht. Das kann man ihm doch nicht übelnehmen?»
«Nicht ihm, sondern Tante Burford», sagte Tiffany. «Sie ist das widerlichste Biest, das frei herumläuft. Warum sollte ich nicht in einem Tanzsalon in Harrogate tanzen? Ich möchte – ich möchte!»
Lindeth verließ schnell den Raum – er hörte den Sturm nahen. Im Treppenhaus traf er Miss Trent, die stehenblieb und ihn fragend ansah: «Sagen Sie mir: ist es wegen der Redoute?»
Er brach in Lachen aus: «Ja, genau, zusammen mit dem Verbot von Mrs. Underhill, einen Tanzsalon in Harrogate zu besuchen.»
Miss Trent schloß einen Augenblick lang gequält die Augen. «Das also! Wie klug von Ihnen, sich aus dem Staub zu machen! Ich wollte, ich könnte das tun! Nun wird sie tagelang schmollen.»