17

Es war bereits hell, als sie in Mayfield ankamen, und sie konnten das Bauernhaus klar erkennen, alt, verwittert und ebensosehr zu einem Teil der Landschaft geworden wie die riesige Esche zu seiner Rechten.

Fusil läutete an der Haustür. Fröstelnd standen sie im Wind und warteten; schließlich sahen sie Coutts in Pyjama und Morgenrock die Treppe herunterkommen. Er schaute durch das kleine Seitenfenster des Vorraums und erkannte Kerr. Er schloß die innere Tür auf und öffnete ihnen die äußere, die nicht abgeschlossen war.

Sie traten in den Hausflur, wo es dank eines großen Heizkörpers warm war. Fusil stellte sich vor, entschuldigte sich für ihren frühen Besuch und erklärte, daß es sich um eine Angelegenheit von äußerster Wichtigkeit handele.

Coutts’ Miene blieb reserviert; schweigend nickte er, und ging ihnen voraus ins Wohnzimmer.

Kerr, der Fusil folgte, zog gerade unter dem Türrahmen den Kopf ein, als über ihnen ein paar harte Schläge erklangen.

»Meine Frau wird wissen wollen, wer uns zu so früher Stunde aufsucht«, sagte Coutts. »Bitte entschuldigen Sie mich, einen Augenblick, bis ich oben war und ihr Bescheid gesagt habe.«

Als er das Zimmer verlassen hatte, sagte Kerr leise zu Fusil: »Sie ist sehr krank. Als ich letztes Mal hier war, hat sie ihn immer wieder hochgerufen.«

Coutts kam zurück und blieb mitten im Zimmer stehen, genau vor dem tragenden Hauptbalken, an den er mit dem Kopf gerade heranreichte. »Ich habe ihr gesagt, wer Sie sind und sie beruhigt, daß Sie mich nicht direkt verhaften und ins Gefängnis stecken werden. Wollen Sie sich nicht setzen und mir erklären, worum es bei dieser so dringenden Angelegenheit geht?«

Mit knappen Worten erläuterte Fusil, sie hätten jetzt Grund zu der Annahme, daß zwischen den Bankräubern und den Brandstiftern beziehungsweise Erpressern eine direkte Verbindung bestünde, und daß es eine Frage von Tod und Leben sei, sie schnellstens zu identifizieren.

Coutts trat ans Fenster und starrte hinaus in den Garten. »Soweit kann ich Ihnen selbstverständlich folgen, nur – warum müssen Sie herkommen und mir das erzählen?«

»Weil ich weiterhin fest überzeugt bin, daß es in der Bank jemanden gegeben hat, der den Einbrechern die Einzelheiten des Alarmsystems verriet. Wenn ich ihn finde, kann er mir den Namen dessen nennen, dem er diese Informationen gab.«

Eine ganze Weile schwieg Coutts, dann drehte er sich um; jetzt war seinem Gesicht anzusehen, wie sehr er litt. »Schwören Sie mir, daß Sie die Wahrheit sagen?«

»Ich kann Ihnen versichern, daß das Leben einer möglicherweise großen Zahl völlig unschuldiger Menschen von Ihren Worten abhängt.«

Wieder erklang das Klopfen von oben. Coutts blickte hoch, und seine langen, dünnen Finger ballten sich zur Faust. »Ich komme gleich«, rief er laut.

Er ging in die Mitte des Zimmers zurück. »Sie liegt im Sterben«, sagte er unvermittelt. »Man kann nichts mehr dagegen tun, aber es dauert nun schon Monate – oft kommt es einem eher wie Jahre vor.« Er stieß die Fäuste in die Taschen seines Morgenmantels. »Der Arzt stellt sich taub, wenn ich ihn bitte, sie zu erlösen, und ich habe den Mut nicht, es selbst zu tun. Ist es nicht schockierend für einen Polizisten, zu hören, daß ich meine Frau töten möchte?«

»Nein, Sir, nicht im geringsten«, sagte Fusil. Kerr konnte sich nicht erinnern, daß Fusil jemals jemanden mit Sir angeredet hätte, der nicht einer seiner Vorgesetzten gewesen wäre.

»Doch wenn ich ihrem Körper schon nicht helfen kann, so kann ich ihr doch wenigstens seelisch helfen, indem ich das Leid anderer von ihr fernhalte, insbesondere das der eigenen Familie … Sie liebt ihre Tochter Betty sehr. Ich möchte das hier ganz deutlich machen, denn sollten Sie Betty kennen, wird es Sie verwundern. In dem Maße, wie sich Angelas Krankheit verschlimmerte, wuchs ihre Liebe zu ihrer Tochter. Ich glaube, statt soviel blühendes Leben zu beneiden – was ja denkbar gewesen wäre, jetzt, wo das eigene dahingeht – schöpft sie Kraft aus dem Gefühl, daß etwas von dem zurückbleibt, was sie selbst einmal besessen hat. Aber vielleicht verstehen Sie auch gar nicht, was ich meine.«

»O doch«, entgegnete Fusil ruhig, »wir verstehen Sie sehr gut.« Coutts ging zu dem Stuhl rechts neben dem Eckkamin. »Bettys Glück ist Angelas Glück, Bettys Unglück auch das ihre. Als Betty seinerzeit herkam und mich bat …« Er sah Fusil an. »Sie müssen schon erraten haben, was damals passierte, sonst wären Sie wohl kaum wieder hier.«

»Ich glaube schon. Morgan gab Ihnen dreitausend Pfund, die Sie auf Ihr Konto einzahlen sollten, um sie ihm dann schenken zu können. Also gab es einen Scheck, der seinem Konto gutgeschrieben wurde, und Ihr Konto wurde belastet als Beweis, daß Sie ihm diese Summe auch wirklich gegeben hatten.«

»Stimmt. Natürlich schien mir die Sache ziemlich faul, also sagte ich Betty, ich würde es nicht tun. Sie brach sofort in Tränen aus und behauptete, Brian wäre ruiniert, wahrscheinlich käme er ins Gefängnis, und sie wolle nicht wissen, was das bei ihrer Mutter anrichten würde … Ich habe mich oft gefragt, wie jemand wie Angela so wenig Glück im Leben haben kann. Sie ist die Güte in Person, zutiefst aufrichtig, aber ihre Tochter ist der eigensüchtigste Mensch, der mir je begegnet ist. Betty wußte ganz genau, wie sie vorgehen mußte. Wenn ich ihr nicht verspräche, Brian zu helfen, sagte sie, dann wisse sie nicht, ob sie diesen ganzen entsetzlichen Kummer noch länger für sich behalten könne, und was das für ihre Mutter bedeute …« Coutts Stimme erstarb. Er schwieg eine Weile, dann hatte er sich wieder gefaßt. »Ich mußte zustimmen. Doch als mir klar wurde, was Brian getan hatte … Ich war nahe dran, die Wahrheit zu sagen. Aber die Folgen für meine Frau wären dieselben gewesen, und so hatte ich nicht den Mut dazu.«

»Ich glaube, die meisten von uns hätten ebenso gehandelt wie Sie, Mr. Coutts.«

Er sah Fusil aufmerksam an. »Sie verstehen mich, nicht wahr? Familie zu haben bedeutet manchmal, durch die Hölle zu gehen, weil Kinder abgrundtief unbarmherzig sein können … Wie geht es jetzt weiter?«

»Wir fahren nach Fortrow zurück und befragen Brian Morgan.«

»Muß denn alles, was passiert ist, herauskommen?«

»Ich fürchte, ja.«

»So ist es mir also nur gelungen, das Entsetzliche hinauszuschieben.« Er blickte kurz zur Decke hoch. »Es sei denn, ihre Qualen hätten bald ein Ende.«

Fusil und Kerr verabschiedeten sich mit wenig Worten. Sie waren bereits über eine Meile gefahren, bevor Fusil etwas sagte, und auch das stand in keinem Zusammenhang mit dem, was eben stattgefunden hatte.

Sie erreichten Morgans Haus um Viertel nach acht. »Haben Sie nicht mal seine Frau beschrieben als schöne Helena und Kleopatra in einer Person?« fragte Fusil.

»Ja, so ungefähr«, antwortete Kerr.

»Und wie würden Sie ihren Mann beschreiben?«

»Gewöhnlich, ziemlich willensschwach – allerdings ist dies der ganz generelle Eindruck, den ich hatte, und ich wüßte keinen bestimmten Grund, warum ich ihn so und nicht anders charakterisiere.«

»Ihre Beschreibung paßt ins Bild. Dann wollen wir mal feststellen, wie schwach er ist.«

Die Tür wurde ihnen von Betty Morgan geöffnet. Sie trug so enganliegende Hosen und einen Pullover, daß sich jeder Zweifel erübrigte, ob sie auch überall die richtigen Kurven hatte.

Auf Fusils Frage nach ihrem Mann gab sie zur Antwort: »Aber Brian ist gerade dabei zu gehen. Können Sie nicht ein andermal vorbeikommen?«

»Nein, tut mir leid.«

Der Blick, mit dem sie ihn bedachte, war halb der eines kleinen Mädchens, halb der einer reifen Frau. »Wollen Sie ihm denn wieder all die alten Fragen stellen?«

»Diesmal nicht. Diesmal haben wir ein paar neue.«

»Oh!« Sie zögerte. »Dann kommen Sie wohl besser mit ins Wohnzimmer; ich werde ihn rufen.« Als sie ging, schwenkte sie aufreizend ihre Hüften.

Brian Morgan erschien in weniger als einer Minute. Er trug einen dunklen Anzug mit Nadelstreifen, nicht mehr ganz neu, aber immer noch recht elegant. »Sie wollten mich sprechen, sagte Betty? Es würde mich freuen, wenn ich Ihnen behilflich sein kann.« Er wirkte aufrichtig. »Übrigens – es ist Ihnen doch sicher recht, wenn ich die Heizung anstelle – morgens ist es immer schon recht frisch, nicht wahr?«

Sie antworteten nicht, und Morgan ließ sich, ein wenig hastig, wie es schien, weiter über das schlechte Wetter aus. Er holte einen Heizstrahler herbei, steckte den Stecker in die Dose und schaltete das Gerät ein. »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee? Betty macht Ihnen gern eine.«

»Bitte bemühen Sie sich nicht«, sagte Fusil ruhig. »Gestatten Sie, daß ich rauche?« Er stopfte seine Pfeife mit Tabak, den er sich von einem Sergeant geliehen hatte. »Haben Sie Ihr Notizbuch bereit?« fragte er Kerr, riß ein Streichholz an und setzte die Pfeife in Brand. Dann blickte er auf und wandte sich an Morgan. »Wollen wir uns nicht setzen? Vermutlich wird’s diesmal länger dauern.«

»Aber ich kann mich nicht mehr lange aufhalten …« Er schwieg, als sie mit freundlichem Desinteresse auf seine Worte reagierten. Langsam, unentschlossen ging er zum Sofa und setzte sich. Dann fing er an, mit einer Haarsträhne zu spielen, die ihm in die Stirn gefallen war.

»Wir wissens«, begann Fusil, »daß Sie eine Bestechungssumme von dreitausend Pfund angenommen haben, und zwar dafür, daß Sie die technischen Einzelheiten der Alarmanlage Ihrer Bank weitergaben. Was wir jetzt wissen wollen ist, wer Sie bezahlt hat, und wem Sie diese Informationen gaben.«

»Aber ich habe nichts Derartiges getan!« rief er. Erregt zeigte er auf Kerr. »Ich habe ihm doch erzählt … So etwas würde ich nie und nimmer getan haben …«

»Zuerst versuchten Sie, Mr. Coutts dazu zu bringen, Ihnen freiwillig zu helfen, und als er sich weigerte, zwangen Sie ihn.« Fusil schwieg. Dann fuhr er verächtlich fort: »Er hat uns erzählt, wie Sie ihn buchstäblich erpreßt haben. Sie gaben ihm die dreitausend, damit er sie Ihnen schenken konnte und Sie die entsprechenden Unterlagen in die Hand bekamen als Beweis, daß alles seine Ordnung hatte.«

Morgans Gesicht verzog sich angstvoll.

»Wer gab Ihnen die dreitausend?«

»Nie … Niemand.«

»Begreifen Sie nicht, daß Sie am Ende sind? Da ist nichts mehr mit hoffnungslos kranker Frau und verzweifeltem Ehemann, die Sie mit Gefühlen erpressen und dazu bringen konnten, Ihnen aus Ihrem Schlamassel zu helfen.«

Die Standuhr auf dem Kaminsims schlug halb. »Ich muß zur Arbeit!« rief Morgan schrill. »Ich kann nicht mehr länger bleiben. Sie müssen ein andermal wiederkommen …«

Fusil schüttelte den Kopf.

»Mein Gott!« flüsterte Morgan.

Freundlich begann jetzt Kerr zu sprechen. »Sagen Sie uns, was passiert ist, bringen Sie es hinter sich. Es hat keinen Sinn, immer weiter zu leugnen. Wir wissen doch längst, was geschehen ist. Jetzt ist der Punkt erreicht, wo Sie Ihre Lage nur verschlimmern.«

Morgan sah Kerr flehend an, als hoffe er, daß ihn der Beamte vielleicht von allem freisprechen könnte.

»Ihre Frau hat Sie dazu überredet, nicht wahr?«

Morgan schüttelte den Kopf, aber seine Lippen bewegten sich. Plötzlich überstürzten sich seine Worte: »Betty wollte alles Mögliche haben, Dinge, die ich mir nicht leisten konnte. Immer wieder hielt sie mir vor, daß all unsere Freunde neue Sachen hätten – Kleider, Autos, Möbel, nur ich würde ihr nie etwas kaufen … Und nachts wollte sie nicht … Sie lächelte dann nur und sagte, sie habe Kopfschmerzen, aber sie wußte, daß ich wußte, daß sie log … Und sie brachte es fertig, mir das Leben immer schwerer zu machen. Sie können sich nicht vorstellen, was los war. Sie lief hier rum, keinen Faden am Leib, und sagte … und sagte mir, wie sehr sie mich begehre. Aber wenn ich dann … Dann fing sie wieder an, was wir alles haben müßten, und wenn ich es ihr nicht kaufen würde, warum sollte sie dann lieb zu mir sein … Es war zum Verrücktwerden!«

»Wann ist zum erstenmal jemand an Sie herangetreten, den Plan der Alarmanlage herauszugeben?« fragte Fusil.

»Es war ein Anrufer.« Morgan starrte verzweifelt ins Leere. »Dreitausend, und niemand würde jemals etwas erfahren. Ich sagte dem Mann, er solle sich zum Teufel scheren. Aber Betty wollte wissen, was denn los sei. Und wissen Sie was?« Er klang mitleiderregend überrascht. »Sie konnte nicht verstehen, warum ich mich weigerte! Sie sagte mir, mit den dreitausend könne sie sich doch wenigstens einige von den Dingen leisten, die sie brauche, und ein paarmal verreisen.

Ich versuchte ihr klarzumachen, daß ich einen Vertrauensposten in der Bank habe. Sie schien einfach nicht fähig, zu begreifen. Verächtlich nannte sie mich einen Schwächling, und als wir an dem Abend zu Bett gingen … Sie schwor, daß sich zwischen uns nichts mehr abspielen würde, weil ich ja auch nichts für sie täte. Ich habe versucht, mein Verlangen zu zügeln ich schwör’s Ihnen, aber es war ein hoffnungsloses Unterfangen.

Ich wußte ja, daß es eine polizeiliche Untersuchung geben würde, also dachte ich mir aus, das Geld auf das Konto meines Schwiegervaters einzuzahlen. Natürlich wollte er davon zuerst nichts wissen. Er war schon immer so … so durch und durch ehrenhaft. Dann schaffte Betty es, ihm die Zustimmung abzuringen.«

»Von wem haben Sie die dreitausend? Und wem haben Sie die Pläne gegeben?«

Morgan schüttelte den Kopf.

»Hören Sie endlich auf, den Einfältigen zu spielen!«

»Ich kann nicht. Ich werde es nicht sagen.«

»Die Männer, deren Werkzeug Sie wurden, sind in den Erpressungs- und Brandstiftungsfall verwickelt, den wir jetzt hier in Fortrow haben. Sie haben bereits zweimal gemordet. Sie drohen, wer weiß wie viele Menschen umzubringen.«

»Ich werde nichts mehr sagen.«

Fusil legte die Pfeife ab und wandte sich an Kerr. »Vergessen Sie Ihr Notizbuch.« Er wartete, bis Kerr das Buch zugeschlagen hatte. Er sprach sehr langsam weiter. »Ich habe gesehen, wie sie das Kind, das in einem Haus am Hatton Close umgekommen ist, hinaustrugen, und ich habe die Eltern gesprochen. Haben Sie jemals einen verbrannten Menschen gesehen? Jemals mit Eltern gesprochen, die verrückt vor Kummer waren? Wenn ich keinen Namen von Ihnen erfahre, kann es eine Unzahl weiterer Leichen geben und – zig Männer und Frauen, Eltern und Kinder, die vor Kummer nicht aus noch ein wissen.

Vergessen Sie wenigstens einmal Ihre eigene jämmerliche Situation. Versuchen Sie, wenigstens einen Teil dessen wieder gutzumachen, was Sie angerichtet haben. Wer gab Ihnen das Geld? Wem gaben Sie den Plan?«

»Ich kann es Ihnen nicht sagen.«

Fusil erhob sich. »Ich halte nichts von Gewalt. Mein ganzes Leben gilt dem Kampf gegen Gewalt. Aber irgendwann kommt der Punkt, wo man sie anwenden muß, weil nichts sonst hilft. Sie werden mir also entweder die Namen nennen, oder ich prügele sie aus Ihnen heraus.«

»Nein!«

Fusil ging auf Morgan zu; er wußte, daß er damit seine Karriere aufs Spiel setzte, aber er wußte auch, daß man diesen Feigling zum Sprechen bringen konnte.

»Einen Augenblick, Sir«, sagte Kerr.

»Sie halten sich da raus!« erwiderte Fusil heftig.

»Nein, Sir.« Kerr wandte sich an Morgan. »Als ich bei Mr. Coutts war, fiel mir im Wohnzimmer ein Foto auf. Wahrscheinlich ist die Aufnahme gleich nach seiner Hochzeit gemacht worden, als Ihre Frau noch ein kleines Mädchen war.«

Morgan zitterte.

»Da war auch ein Junge auf dem Bild, ein etwas älterer. Ich bin sicher, es war Bettys Bruder. Was ist aus ihm geworden? Warum hat keiner von Ihnen ihn jemals erwähnt? Warum war Mr. Coutts über die Familie seiner Frau derart verbittert – viel stärker noch, als selbst nach den gegebenen Umständen angemessen wäre? Warum wollte er den Glauben seiner Frau, daß ihre Tochter Betty glücklich sei, unter allen Umständen erhalten, so daß er sich sogar erpressen ließ, Ihnen bei einem Verbrechen zu helfen? Ist es deswegen, weil ihr Sohn schon vor langer Zeit auf die schiefe Bahn geraten und ihr nur noch die Tochter geblieben war, an die sie glauben konnte? Wenn sie also erfahren mußte, daß ihre Tochter genauso verkommen ist wie ihr Sohn, hätte es sie nicht umgebracht?«

Morgan schloß die Augen.

»Es war also Bettys Bruder, der Sie bestochen hat«, sagte Fusil, und es klang gleichermaßen wie eine Frage und wie eine Antwort.

Morgan nickte.

»Wie nannte er sich?«

»Joe Allsopp«, sagte Morgan leise.

»Wo wohnt er?«

»Das weiß ich nicht.«

»Verdammt noch mal …«

»Ich schwöre, ich weiß es nicht … Niemand in unserer Familie weiß es. Er taucht immer nur plötzlich auf oder ruft an.«

Fusil war sicher, daß er die Wahrheit sagte. Er steckte die Pfeife ein, gab Kerr einen Wink mit dem Kopf und ging auf die Tür zu. Sie waren gerade auf dem Flur, als Betty aus der Küche kam. »Ich hoffe, jetzt ist alles in Ordnung? Wollen Sie nicht noch ein wenig bleiben und eine Tasse Tee oder Kaffee mit uns trinken?« fragte sie. Fusil starrte sie so voller Verachtung an, daß es ihr den Atem verschlug und sie zurückwich.