58
Danny fragte sich, wie er reagieren würde, sobald er Gerald Payne gegenüberstand. Er konnte es sich nicht leisten, irgendwelche Gefühle zu zeigen, und wenn er in Wut geriet, wären all die Stunden, in denen er die Vernichtung Paynes geplant hatte, vergeudet.
Big Al fuhr nur ein paar Minuten zu früh vor Baker, Tremlett und Smythe vor, aber als Danny durch die Schwingtüren ins Foyer trat, stand Gary Hall bereits am Empfang und wartete auf ihn.
»Er ist ein wirklich außergewöhnlicher Mann«, schwärmte Hall, während sie auf eine Reihe von Aufzügen zugingen. »Der jüngste Partner in der Geschichte der Kanzlei«, fügte er hinzu und drückte auf den Knopf, der sie in den obersten Stock bringen würde. »Vor kurzem wurde ihm allerdings ein sicheres Parlamentsmandat in Aussicht gestellt, darum wird er vermutlich nicht mehr lange bei uns bleiben.«
Danny lächelte. Sein Plan sah vor, dass Payne gefeuert würde, wenn er auch noch seinen Parlamentssitz verlor, wäre das ein Bonus.
Als sie aus dem Aufzug traten, führte Hall seinen wichtigsten Mandanten durch den Flur, an dem die Büroräume der Partner lagen, bis sie vor einer Tür standen, auf der mit goldenen Buchstaben ›Gerald Payne‹ stand. Hall klopfte dezent, öffnete die Tür und trat zur Seite, damit Danny eintreten konnte. Payne sprang hinter seinem Schreibtisch auf und versuchte, sein Jackett zuzuknöpfen, während er auf sie zukam, aber es war augenscheinlich schon eine Weile her, seit der mittlere Knopf zuletzt das Knopfloch erreicht hatte. Payne streckte die Hand aus und schenkte Danny ein übertriebenes Lächeln. So sehr Danny es auch versuchte, er konnte es einfach nicht erwidern.
»Sind wir uns schon einmal begegnet?«, fragte Payne und musterte Danny.
»Ja«, antwortete Danny. »Auf der Dernièrenparty von Lawrence Davenport.«
»Ach ja, natürlich.« Payne bat Danny, sich auf den Besucherstuhl vor seinem Schreibtisch zu setzen. Gary Hall blieb stehen.
»Lassen Sie mich damit anfangen, Sir Nicholas …«
»Nick«, sagte Danny.
»Gerald«, sagte Payne. Danny nickte.
»Lassen Sie mich meiner Bewunderung für Ihren kleinen Coup mit der Tower Hamlets Bezirksverwaltung bezüglich der Objekte in Bow Ausdruck verleihen – ein Deal, der Ihre Investition in weniger als einem Jahr verdoppeln wird.«
»Mr. Hall hat den Großteil der Kleinarbeit erledigt«, meinte Danny. »Ich fürchte, ich habe mich von etwas sehr viel Anspruchsvollerem ablenken lassen.«
Payne beugte sich vor. »Möchten Sie Ihr neues Unterfangen ebenfalls über unsere Kanzlei abwickeln?«, erkundigte er sich.
»Auf jeden Fall in der Schlussphase«, erwiderte Danny. »Die Vorarbeiten habe ich weitestgehend schon erledigt. Aber ich brauche jemanden, der mich repräsentiert, wenn es darum geht, ein Angebot für das Grundstück zu unterbreiten.«
»Wir helfen gern auf jede nur erdenkliche Weise.« Das Lächeln kehrte in Paynes Gesicht zurück. »Können Sie uns in dieser Phase bereits ins Vertrauen ziehen?«
Danny freute sich, dass Payne offenbar nur daran interessiert war, was für ihn dabei heraussprang. Dieses Mal erwiderte er das Lächeln. »Jeder weiß, dass viel Geld zu verdienen sein wird, falls London den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2012 bekommt«, sagte Danny. »Es steht ein Budget von zehn Milliarden zur Verfügung, da sollte genug für uns alle herausspringen.«
»Normalerweise würde ich Ihnen recht geben«, sagte Payne und wirkte jetzt leicht enttäuscht, »aber glauben Sie nicht, dass sich auf diesem Markt bereits zu viele tummeln?«
»Ja, in der Tat«, bestätigte Danny, »wenn man nur an das Hauptstadion denkt, an die Turnhallen, das Dorf für die Athleten oder das Reiterzentrum. Aber ich habe eine Gelegenheit entdeckt, die weder die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im Allgemeinen noch der Presse im Besonderen geweckt hat.«
Payne beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Schreibtischplatte, während Danny sich zurücklehnte und sich zum ersten Mal entspannte. »Fast keinem ist aufgefallen, dass das Olympische Komitee sechs Grundstücke für den Bau eines Velodroms ins Auge gefasst hat«, fuhr Danny fort. »Wie viele Leute können einem schon sagen, welche Sportart in einem Velodrom beheimatet ist?«
»Radfahren«, sagte Gary Hall.
»Sehr gut«, lobte Danny. »In zwei Wochen werden wir erfahren, welche beiden Grundstücke das Komitee in die engere Wahl gezogen hat. Ich wette, nach der Ankündigung wird nicht mehr als ein einziger Absatz in der Tageszeitung stehen und selbst dann nur irgendwo im Sportteil.« Weder Payne noch Hall unterbrachen ihn. »Aber ich besitze Insiderinformationen, die ich zu einem Preis von 4 Pfund 99 erworben habe.«
»4 Pfund 99?«, wiederholte Payne verständnislos.
»So viel kostet Cycling Monthly.« Danny zog ein Exemplar des Magazins aus seiner Aktentasche. »In der aktuellen Ausgabe wird kein Zweifel daran gelassen, welche der beiden Grundstücke das Komitee in die engere Wahl ziehen wird, und der Chefredakteur hat sein Ohr eindeutig am Puls der Zeit.« Danny reichte Payne das Magazin, das er auf der entsprechenden Seite aufgeschlagen hatte.
»Sie sagen, dass die Presse diesem Punkt keine Beachtung schenkt?«, fragte Payne, nachdem er den Leitartikel des Magazins überflogen hatte.
»Warum sollte sie?«, sagte Danny.
»Aber sobald die Grundstückswahl gefallen ist, werden sich doch Dutzende von Baufirmen bewerben.«
»Ich habe nicht vor, das Velodrom zu bauen«, erklärte Danny. »Lange bevor die ersten Bagger auf das Grundstück rollen, werde ich meinen Gewinn bereits gemacht haben.«
»Und wie genau beabsichtigen Sie das zu tun?«
»Ich gebe zu, das hat mich etwas mehr als 4 Pfund 99 gekostet, aber wenn Sie sich der Rückseite von Cycling Monthly zuwenden, werden Sie den Namen des Verlages lesen können, der in der unteren rechten Ecke steht.« Danny drehte die Zeitschrift um. »Die nächste Ausgabe kommt erst in zehn Tagen in die Kioske, aber für etwas mehr als den Zeitschriftenpreis konnte ich den ersten Probedruck in die Finger bekommen. Auf Seite 17 findet sich ein Artikel vom Präsidenten des britischen Radsportverbandes, in dem er erklärt, dass die Ministerin ihm versichert habe, es kämen nur zwei Grundstücke ernsthaft in Betracht. Die Ministerin wird am Tag, bevor das Magazin erscheint, eine diesbezügliche Ankündigung im Unterhaus tätigen. Und sie wird auch klarstellen, für welches der beiden Grundstücke sich ihr Ministerium aussprechen wird.«
»Hervorragend«, meinte Payne. »Aber der Besitzer dieses Grundstücks muss sich doch bewusst sein, dass er auf einem Vermögen sitzt?«
»Nur, wenn er die nächste Ausgabe von Cycling Monthly in die Finger bekommt, denn im Moment glaubt er noch, er sei nur einer von sechs, die in der engeren Wahl stehen.«
»Und was genau planen Sie jetzt?«, wollte Payne wissen.
»Das Grundstück, das der Radsportverband präferiert, hat vor kurzem für drei Millionen Pfund den Besitzer gewechselt, obwohl ich nicht herausfinden konnte, wer der Käufer war. Doch sobald die Ministerin ihre Ankündigung getätigt hat, könnte das Grundstück fünfzehn, vielleicht sogar zwanzig Millionen Pfund wert sein. In der engeren Wahl stehen offiziell sechs Grundstücke, und wenn man dem derzeitigen Besitzer vier oder fünf Millionen anbieten würde, dann wäre er meiner Ansicht nach sehr versucht, lieber einen raschen Gewinn einzustreichen, als zu riskieren, am Ende mit gar nichts dazustehen. Unser Problem ist, dass wir weniger als vierzehn Tage haben, bevor die beiden Finalisten bekanntgegeben werden, und sobald die Ansichten des Präsidenten des Radsportverbandes öffentlich werden, gibt es für uns nichts mehr zu gewinnen.«
»Dürfte ich einen Vorschlag machen?«, sagte Payne.
»Nur zu«, meinte Danny.
»Wenn Sie so sicher sind, dass nur noch zwei Grundstücke miteinander konkurrieren, warum kaufen Sie dann nicht beide? Ihr Profit fällt dann nicht ganz so groß aus, aber Sie könnten unmöglich verlieren.«
Danny wurde klar, warum Payne der jüngste Partner in der Geschichte der Kanzlei geworden war.
»Gute Idee«, meinte Danny. »Aber das macht nicht viel Sinn, bevor wir nicht wissen, ob das Grundstück, an dem wir interessiert sind, wirklich zum Verkauf steht. Hier kommen Sie ins Spiel. Sie finden alle relevanten Informationen in diesem Ordner, abgesehen vom Besitzer des Grundstücks. Sie müssen schließlich etwas tun, um sich Ihr Geld zu verdienen.«
Payne lachte. »Ich mache mich sofort an die Arbeit, Nick. Sobald ich den Besitzer aufgespürt habe, melde ich mich bei Ihnen.«
»Beeilen Sie sich.« Danny stand auf. »Der Profit ist nur dann hoch, wenn wir rasch vorgehen.«
Payne lächelte wieder überbreit, stand auf und schüttelte die Hand seines neuen Mandanten. Als Danny gerade gehen wollte, entdeckte er eine vertraute Einladung auf dem Kaminsims. »Nehmen Sie heute Abend an Charlie Duncans Party teil?«, fragte er und klang erstaunt.
»Ja. Gelegentlich investiere ich in seine Theaterstücke.«
»Dann sehen wir uns dort«, sagte Danny. »Sie können mich dann auch gleich über den neuesten Stand der Dinge informieren.«
»Wird gemacht«, versicherte Payne. »Darf ich nur noch eine Sache fragen, bevor ich mich an die Arbeit mache?«
»Aber ja, natürlich.« Danny versuchte, nicht besorgt zu klingen.
»Was die Investition angeht, wollen Sie die gesamte Summe selbst aufbringen?«
»Bis zum letzten Penny«, bestätigte Danny.
»Und Sie haben nicht vor, jemand anderem ein Stück vom Kuchen abzugeben?«
»Nein«, erklärte Danny mit fester Stimme, »habe ich in der Tat nicht.«
»Vergeben Sie mir, Vater, denn ich habe gesündigt«, sagte Beth. »Es ist jetzt zwei Wochen her, seit ich das letzte Mal gebeichtet habe.«
Hochwürden O’Connor lächelte, als er Beths sanfte Stimme erkannte. Er war immer sehr bewegt, wenn sie beichtete, denn was sie für Sünde hielt, hätten die meisten seiner Gemeindemitglieder nicht einmal der Erwähnung wert erachtet.
»Ich bin bereit, deine Beichte zu hören, mein Kind«, sagte er, als habe er keine Ahnung, wer auf der anderen Seite des Gitterfensters saß.
»Ich habe schlecht von einem anderen Menschen gedacht und diesem Menschen Böses gewünscht.«
Hochwürden O’Connor rutschte auf seinem Bänkchen vor. »Kannst du mir sagen, was dich zu solch bösen Gedanken veranlasste, mein Kind?«
»Ich wollte, dass meine Tochter es einmal besser hat als ich, und ich fand, dass die Direktorin der Schule, die ich ausgesucht hatte, mir keine faire Chance gab.«
»Wäre es möglich, dass du die Dinge nicht von ihrer Warte aus betrachten konntest?«, wandte Hochwürden O’Connor ein. »Möglicherweise hast du ihre Motive falsch gedeutet.« Als Beth nichts darauf erwiderte, fuhr er fort: »Du darfst nie vergessen, mein Kind, dass es nicht an uns liegt, den Willen des Herrn zu hinterfragen. Vielleicht hat Er andere Pläne für deine kleine Tochter.«
»Dann muss ich den Herrn um Vergebung bitten«, sagte Beth, »und darauf warten, dass er mir seinen Willen offenbart.«
»Ich glaube, das wäre die vernünftigste Vorgehensweise, mein Kind. In der Zwischenzeit solltest du beten und die Führung des Herrn suchen.«
»Und welche Buße wird mir für meine Sünden auferlegt, Vater?«
»Du musst reumütig werden und jenen vergeben, die deine Probleme nicht verstehen können«, erklärte Hochwürden O’Connor. »Sprich ein Vaterunser und zwei Ave Maria.«
»Danke, Vater.«
Hochwürden O’Connor wartete, bis er die Tür zufallen hörte und sicher sein konnte, dass Beth gegangen war. Er blieb noch eine Weile sitzen und dachte über Beths Problem nach, erleichtert darüber, dass er von keinem anderen seiner Schäfchen dabei gestört wurde.
Sobald er seinen Vorsatz gefasst hatte, verließ er den Beichtstuhl und eilte in die Sakristei. Dabei kam er an Beth vorbei, die mit gesenktem Kopf und auf Knien den Rosenkranz betete.
In der Sakristei angekommen, verschloss Hochwürden O’Connor die Tür, ging zu seinem Schreibtisch und wählte eine Nummer. Dies war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen er das Gefühl hatte, dass der Wille des Herrn ein wenig Unterstützung brauchte.
Big Al setzte seinen Boss wenige Minuten nach 20 Uhr vor dem Haupteingang ab. Als Danny das Gebäude betrat, musste man ihm nicht erst sagen, wo sich die Büroräume von Charlie Duncan befanden. Lautes Lachen und Geplauder drangen aus dem ersten Stock nach unten, und ein oder zwei Gäste standen im Flur am Treppenkopf.
Danny stieg die schäbige, schlecht beleuchtete Treppe hinauf, wobei er an den gerahmten Postern früherer Theaterstücke von Duncan vorbeikam. Keines von ihnen war ein Erfolg gewesen, soweit Danny es beurteilen konnte. Er passierte ein eng umschlungenes Pärchen, das ihn keines Blickes würdigte, dann betrat er einen Raum, der eindeutig Duncans Büro war. Rasch fand er heraus, warum so viele Menschen bis auf den Flur hinausquollen. Es war so brechend voll, dass sich die Gäste kaum bewegen konnten. Eine junge Frau neben der Tür bot ihm einen Drink an, und Danny bat um ein Glas Wasser – er musste sich schließlich konzentrieren, wenn seine Investition einen Gewinn abwerfen sollte.
Danny sah sich im Raum nach jemanden um, den er kannte, und entdeckte Katie. Sie wandte ihm in dem Moment den Rücken zu, als sie ihn sah. Er lächelte und musste an Beth denken. Beth hatte ihn immer damit aufgezogen, wie schüchtern er war, vor allem, wenn er einen Raum voller fremder Menschen betrat. Wäre Beth mit ihm hier, würde sie mittlerweile mit einer Gruppe von Leuten plaudern, die sie nie zuvor gesehen hatte. Wie sehr er sie vermisste. Jemand berührte ihn am Arm, unterbrach seinen Gedankengang. Als er sich umdrehte, stand Gerald Payne neben ihm.
»Nick«, begrüßte er ihn, als seien sie alte Freunde, »gute Neuigkeiten. Ich habe die Bank gefunden, die den derzeitigen Besitzer eines der beiden Grundstücke vertritt.«
»Haben Sie einen Kontaktmann bei der Bank?«
»Leider nicht«, räumte Payne ein. »Aber sie hat ihren Sitz in Genf, darum könnte der Grundstückseigner ein Ausländer sein, der keine Ahnung vom potentiellen Wert seines Besitzes hat.«
»Oder es ist ein Engländer, der das nur allzu gut weiß.« Danny hatte bereits bemerkt, dass Paynes Flasche immer zu drei Vierteln voll war.
»Wie auch immer, das finden wir morgen heraus, denn der Bankier, ein Monsieur Segat, hat mir versprochen, mich am Vormittag wissen zu lassen, ob sein Kunde zu einem Verkauf bereit ist.«
»Und das andere Grundstück?«, fragte Danny.
»Macht nicht viel Sinn, dem nachzugehen, falls der Besitzer des anderen Grundstücks nicht verkaufen will.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht.« Danny machte sich nicht die Mühe, ihm zu sagen, dass er diese Vorgehensweise überhaupt erst vorgeschlagen hatte.
»Gerald.« Lawrence Davenport küsste Payne auf beide Wangen.
Danny war überrascht, dass Davenport unrasiert war und ein Hemd trug, in dem er in dieser Woche ganz offensichtlich nicht zum ersten Mal steckte. Während die beiden Männer sich begrüßten, verspürte er einen solchen Abscheu gegen sie, dass er an der Unterhaltung unmöglich teilnehmen konnte.
»Kennst du Nick Moncrieff?«, fragte Payne.
Davenport zeigte weder Wiedererkennen noch Interesse.
»Wir haben uns bei Ihrer Dernièrenparty kennengelernt«, half Danny ihm auf die Sprünge.
»Ach ja.« Jetzt kam doch etwas Interesse in Davenport auf.
»Ich habe mir das Stück zweimal angesehen.«
»Wie schmeichelhaft.« Davenport bedachte ihn mit dem Lächeln, das er für seine Fans reserviert hatte.
»Werden Sie auch in Charlies nächster Produktion mitspielen?«, erkundigte sich Danny.
»Nein«, erwiderte Davenport. »So sehr es mir auch gefallen hat, an Bunbury mitzuwirken, darf ich mein Talent nicht ausschließlich der Bühne widmen.«
»Warum nicht?«, fragte Danny unschuldig.
»Wenn man sich auf so lange Zeit verpflichtet, muss man unglaublich viele Angebote ausschlagen. Und man weiß ja nie, wann man gebeten wird, die Hauptrolle in einem Film oder einer Mini-Serie zu übernehmen.«
»Wie schade«, sagte Danny. »Ich würde beträchtlich mehr investieren, wenn Sie zur Besetzung gehörten.«
»Wie nett, dass Sie das sagen«, meinte Davenport. »Vielleicht ergibt sich ja zukünftig etwas.«
»Das hoffe ich doch sehr«, erwiderte Danny. »Sie sind schließlich ein echter Star.« Er war sich bewusst, dass es ein Zuviel bei Lawrence Davenport nicht gab, solange man nur mit Lawrence Davenport über Lawrence Davenport sprach.
»Tja«, sagte Davenport. »Wenn Sie wirklich klug investieren wollen, dann hätte ich da …«
»Larry!«, rief plötzlich eine Stimme. Davenport drehte sich um und küsste einen anderen Mann, sehr viel jünger als er selbst. Die Chance war vertan, aber Davenport hatte die Tür weit offen gelassen, und Danny plante, in Bälde unangemeldet hindurchzustürmen.
»Wie traurig«, meinte Payne, als Davenport weitergegangen war.
»Traurig?«, wiederholte Danny.
»In Cambridge war er der Star unserer Generation«, erzählte Payne. »Wir nahmen alle an, er würde eine glänzende Karriere einschlagen, aber das sollte wohl nicht sein.«
»Mir fiel auf, dass Sie ihn Larry nannten«, sagte Danny. »Wie Laurence Olivier.«
»Das ist aber auch das Einzige, was er mit Olivier gemeinsam hat.«
Danny tat Davenport fast leid. Er musste an die Worte von Dumas denken: Wer solche Freunde hat …
»Tja, die Zeit ist auf seiner Seite«, meinte Danny.
»Nicht bei seinen Problemen«, hielt Payne dagegen.
»Probleme?«, sagte Danny, aber da schlug ihm jemand kräftig auf die Schulter.
»Hi Nick!«, rief Charlie Duncan, ein weiterer Instant-Freund.
»Hi Charlie«, erwiderte Danny.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen auf der Party.« Duncan füllte Dannys leeres Glas mit Champagner.
»Ja, danke.«
»Haben Sie immer noch vor, in Bling Bling zu investieren?«, flüsterte Duncan.
»O ja«, bestätigte Danny. »Ich steige mit zehntausend ein.« Trotz des wirren Manuskripts, was er aber nicht aussprach.
»Kluger Kerl.« Duncan schlug ihm erneut auf die Schulter. »Ich gebe morgen den Vertrag in die Post.«
»Dreht Lawrence Davenport gerade einen Film?«, fragte Danny.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Das unrasierte Aussehen und die schäbige Kleidung. Ich dachte, das gehört zu einer Rolle, die er gerade spielt.«
»Aber nein.« Duncan lachte. »Er spielt keine Rolle, er kommt nur gerade erst aus dem Bett.« Duncan senkte seine Stimme. »Ich würde mich momentan von ihm fernhalten, alter Junge.«
»Und warum?«, wollte Danny wissen.
»Er schnorrt herum. Leihen Sie ihm bloß nichts, Sie kriegen es nie zurück. Gott allein weiß, wie viel er den Leuten in diesem Raum schuldet.«
»Danke für die Warnung.« Danny stellte das volle Glas Champagner auf ein vorbeikommendes Tablett. »Ich muss los. Aber danke, es ist eine großartige Party.«
»Jetzt schon? Sie haben noch nicht einmal die Stars getroffen, in die Sie investieren werden.«
»Doch, habe ich«, sagte Danny.
Sie hob den Hörer vom Telefon auf ihrem Schreibtisch ab und erkannte die Stimme sofort.
»Guten Tag, Hochwürden«, sagte sie. »Was kann ich für Sie tun?«
»Anders herum, Miss Sutherland, ich möchte etwas für Sie tun.«
»An was denken Sie dabei?«
»Ich hatte gehofft, Ihnen bezüglich einer Entscheidung hinsichtlich Christy Cartwright helfen zu können, ein junges Mitglied meiner Gemeinde.«
»Christy Cartwright?«, fragte die Direktorin. »Der Name kommt mir bekannt vor.«
»Das sollte er auch, Miss Sutherland. Jede gewissenhafte Direktorin hätte sofort bemerkt, dass Christy in diesem entsetzlichen Zeitalter der Tabellenplätze wunderbares Stipendiumsmaterial abgibt.«
»Aber eine gewissenhafte Direktorin hätte auch bemerkt, dass die Eltern des Kindes nicht verheiratet waren, ein Zustand, über den die Oberen von St. Veronica auch heute noch die Stirn runzeln, wie Sie sich sicher aus Ihrer Zeit im Vorstand erinnern werden.«
»Und das ist auch richtig so, Miss Sutherland«, erwiderte Hochwürden O’Connor. »Doch lassen Sie mich Ihr Gewissen beruhigen, indem ich Ihnen versichere, dass ich das kirchliche Aufgebot dreimal in St. Mary verkündet und das Datum der Hochzeit am Kirchenanschlagsbrett und in der Gemeindezeitung veröffentlicht habe.«
»Leider fand die Eheschließung selbst niemals statt«, rief ihm die Direktorin in Erinnerung.
»Aufgrund unvorhersehbarer Umstände«, murmelte Hochwürden O’Connor.
»Ich muss Sie bestimmt nicht an das enzyklische Evangelium Vitae von Papst Johannes Paul erinnern, Vater, laut dem unvorhersehbare Umstände wie Selbstmord und natürlich auch Mord in den Augen der Kirche immer noch Todsünden darstellen. Ich fürchte, ich habe keine andere Wahl, als meine Hände in Unschuld zu waschen.«
»Sie wären nicht der erste Mensch in der Geschichte, der das tut, Miss Sutherland.«
»Das war Ihrer nicht würdig, Vater«, fauchte die Direktorin.
»Sie tun gut daran, mich zurechtzuweisen, Miss Sutherland, und ich entschuldige mich. Ich fürchte, ich bin auch nur ein Mensch und mache daher Fehler. Vielleicht war einer von ihnen, dass ich dem Vorstand der Schule, als eine außergewöhnlich talentierte junge Frau sich als Direktorin an St. Veronica bewarb, nicht mitteilte, dass sie, in unvorhersehbaren Umständen erst kurz zuvor eine Abtreibung hatte vornehmen lassen. Ich bin sicher, Miss Sutherland, ich muss Ihnen nicht in Erinnerung rufen, dass der Heilige Vater das ebenfalls für eine Todsünde hält.«