43
»Wie interessant, wie überaus interessant«, sagte Mr. Blundell und legte sein Vergrößerungsglas wieder auf den Tisch. Er lächelte seinen potentiellen Kunden an.
»Wie viel ist er wert?«, fragte Danny.
»Ich habe keine Ahnung«, gab Mr. Blundell zu.
»Aber es hieß, Sie seien der führende Experte auf diesem Gebiet.«
»Das möchte ich gern annehmen«, erwiderte Blundell, »aber ich bin seit dreißig Jahren in diesem Geschäft und habe noch nie etwas Derartiges zu Gesicht bekommen.« Er nahm erneut sein Vergrößerungsglas zur Hand, beugte sich vor und inspizierte den Umschlag genauer. »Die Briefmarke an sich ist nicht ungewöhnlich, aber eine, die am Tag der Eröffnungsfeier abgestempelt wurde, ist eine Rarität. Und dass der Umschlag auch noch an den Baron de Coubertin adressiert ist – das macht es noch seltener – wenn nicht gar einzigartig«, räumte Blundell ein. Er ging noch einmal mit dem Vergrößerungsglas über den Umschlag. »Es ist höchst diffizil, diesem Stück einen Wert beizumessen.«
»Könnten Sie eine ungefähre Schätzung abgeben?«, fragte Danny hoffnungsvoll.
»Sollte der Umschlag von einem Händler gekauft werden, 2200 bis 2500, nehme ich an. Wird er von einem Sammler erstanden, dann womöglich 3000. Aber wenn zwei Sammler gleichzeitig bieten? Lassen Sie mich Ihnen ein Beispiel nennen, Sir Nicholas. Letztes Jahr kam A Vision of Fiammetta, ein Ölgemälde von Dante Gabriel Rossetti, hier bei Sotheby’s unter den Hammer. Wir schätzten es auf 2,5 bis 3 Millionen Pfund und lagen damit sicher am oberen Ende. Alle bekannten Händler boten schon lange vorher nicht mehr mit. Aber weil sowohl Andrew Lloyd Webber als auch Elizabeth Rothschild das Bild ihrer jeweiligen Sammlung hinzufügen wollten, wurde der Zuschlag bei neun Millionen Pfund erteilt, mehr als das Doppelte dessen, was ein Rossetti jemals erzielt hatte.«
»Wollen Sie damit andeuten, dass sich mein Umschlag für mehr als das Dreifache des Schätzpreises verkaufen lässt?«
»Nein, Sir Nicholas, ich sage nur, dass ich keine Ahnung habe, für wie viel er sich verkaufen wird.«
»Können Sie denn dafür sorgen, dass Andrew Lloyd Webber und Elizabeth Rothschild zur Auktion kommen?«, fragte Danny.
Mr. Blundell senkte den Kopf, fürchtete, Sir Nicholas könne sehen, wie sehr ihn diese Frage amüsierte. »Nein«, erwiderte er. »Ich habe keinen Grund zu der Annahme, dass Lord Lloyd Webber oder Elizabeth Rothschild an Briefmarken interessiert sind. Falls Sie jedoch beschließen sollten, Ihren Umschlag bei unserer nächsten Auktion anzubieten, würde er im Katalog abgebildet und an die führenden Sammler dieser Welt verschickt.«
»Wann findet Ihre nächste Briefmarkenauktion statt?«, wollte Danny wissen.
»Am 16. September«, erwiderte Mr. Blundell. »In etwas über sechs Wochen.«
»Noch so lange?« Danny hatte angenommen, dass man seinen Umschlag binnen weniger Tage verkaufen könnte.
»Wir sind mitten in der Vorbereitung für den Katalog, den wir mindestens zwei Wochen vor der Auktion an unsere Kunden versenden werden.«
Danny musste an sein Treffen mit Mr. Prendergast von Stanley Gibbons denken, der ihm 2200 Pfund für den Umschlag angeboten hatte und wahrscheinlich bis auf 2500 Pfund gehen würde. Wenn er dessen Angebot annahm, müsste er keine sechs Wochen warten. Nicks letzter Kontoauszug zeigte, dass er nur noch 1918 Pfund besaß. Bis zum 16. September könnte sein Konto gut auf Null sein, ohne Aussicht auf ein weiteres Einkommen.
Mr. Blundell drang nicht weiter in Sir Nicholas, der über diese Angelegenheit sichtlich intensiv nachdachte. War er wirklich der Enkel von …? Dann könnte dies der Beginn einer langen und fruchtbaren Beziehung sein.
Danny wusste, für welche der beiden Alternativen Nick sich entschieden hätte. Er hätte das ursprüngliche Angebot von 2000 Pfund, das Mr. Prendergast ihm unterbreitet hatte, angenommen, wäre anschließend schnurstracks zu Coutts geeilt und hätte das Geld auf sein Konto eingezahlt. Das half Danny, zu einer Entscheidung zu gelangen. Er nahm den Umschlag und reichte ihn Mr. Blundell. »Ich überlasse es Ihnen, die beiden Menschen zu finden, die meinen Umschlag wollen.«
»Ich werde mein Bestes tun«, versprach Mr. Blundell. »Ich werde auch dafür sorgen, dass Sie einen Katalog erhalten, Sir Nicholas, ebenso eine Einladung zur Auktion. Darf ich hinzufügen, wie sehr es mich immer gefreut hat, Ihrem Großvater beim Aufbau seiner großartigen Sammlung behilflich sein zu können.«
»Seiner großartigen Sammlung?«, wiederholte Danny.
»Sollten Sie den Wunsch hegen, die Sammlung zu erweitern oder auch Teile davon zu veräußern, würde ich Ihnen gern zur Verfügung stehen.«
»Danke«, sagte Danny. »Ich komme vielleicht auf Sie zu.« Er verließ Sotheby’s ohne ein weiteres Wort – er konnte es nicht riskieren, Mr. Blundell Fragen zu stellen, auf die er die Antworten eigentlich kennen sollte. Aber wie sonst sollte er mehr über Sir Alexanders großartige Sammlung herausfinden?
Kaum stand Danny wieder auf der Bond Street, wünschte er sich, er hätte Mr. Prendergasts Angebot akzeptiert. Selbst wenn der Umschlag 6000 Pfund einbringen sollte, würde es nicht annähernd ausreichen, einen in die Länge gezogenen Rechtsstreit mit Hugo Moncrieff zu überstehen. Falls er die Sache aus der Welt schaffen konnte, bevor die Kosten dafür aus dem Ruder liefen, hätte er noch genug Geld, um ein paar Wochen zu überstehen, in denen er sich nach einem Job umsehen konnte. Leider war Sir Nicholas Moncrieff nicht qualifiziert, um als Werkstattleiter im East End zu arbeiten; allmählich fragte sich Danny, wofür er überhaupt qualifiziert war.
Danny schlenderte die Bond Street entlang und bog auf den Piccadilly. Er dachte über die Bedeutung von Mr. Blundells Worten nach – ›die Sammlung Ihres Großvaters‹. Dass er verfolgt wurde, merkte Danny nicht. Aber schließlich folgte ihm ja auch ein Profi.
Hugo nahm den Hörer ab.
»Er hat soeben Sotheby’s verlassen und steht jetzt vor einer Bushaltestelle am Piccadilly.«
»Dann geht ihm offenbar gerade das Geld aus«, sagte Hugo. »Warum war er bei Sotheby’s?«
»Er hat Mr. Blundell einen Umschlag überreicht. Blundell leitet die Philatelistenabteilung. Er wird den Umschlag in sechs Wochen auf einer Auktion präsentieren.«
»Was war auf dem Umschlag?«, wollte Hugo wissen.
»Eine Marke zur Erinnerung an die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, die Blundell auf 2000 bis 2500 Pfund schätzte.«
»Wann findet die Auktion statt?«
»Am 16. September.«
»Ich muss dabei sein.« Hugo legte den Hörer auf.
»Es sieht deinem Vater gar nicht ähnlich, dass er eine seiner Marken für den Verkauf vorgesehen hat. Außer …« Margaret faltete ihre Serviette.
»Ich kann dir nicht folgen, altes Mädchen. Außer was?«, sagte Hugo.
»Dein Vater hat sein Leben der Aufgabe gewidmet, eine der besten Briefmarkensammlungen der Welt zusammenzustellen. Sie ist am Tag seines Todes nicht nur verschwunden, sie wird nicht einmal in seinem Testament erwähnt. Erwähnt werden nur ein Schlüssel und ein Umschlag, den er Nick hinterlassen hat.«
»Ich weiß immer noch nicht, worauf du hinauswillst, altes Mädchen.«
»Es gibt offenbar einen Zusammenhang zwischen dem Schlüssel und dem Umschlag«, erklärte Margaret.
»Wie kommst du darauf?«
»Weil ich nicht glaube, dass die Briefmarke wichtig ist.«
»Momentan sind 2000 Pfund für Nick aber viel Geld.«
»Aber nicht für deinen Vater. Ich vermute, dass uns der Name und die Adresse auf dem Umschlag zur Sammlung führen werden.«
»Aber den Schlüssel haben wir trotzdem nicht«, wandte Hugo ein.
»Auf den Schlüssel kommt es nicht an, wenn du beweisen kannst, dass du der einzige Erbe des Moncrieff-Vermögens bist.«
Danny bestieg einen Bus nach Notting Hill Gate. Er hoffte, er würde noch rechtzeitig zu dem monatlichen Treffen mit seiner Bewährungshelferin kommen. Noch zehn Minuten, und er würde ein Taxi nehmen müssen. Ms. Bennett hatte ihm geschrieben, dass sich etwas Wichtiges ergeben hätte. Diese Worte machten Danny nervös, obwohl er wusste, dass er – sollte man herausgefunden haben, wer er in Wirklichkeit war – nicht durch einen Brief seiner Bewährungshelferin davon erfahren würde. Vielmehr würde sein Haus mitten in der Nacht von der Polizei umstellt.
Obwohl sich Danny immer vertrauter mit seiner neuen Rolle fühlte, verging kein Tag, an dem er nicht daran erinnert wurde, dass er ein Strafgefangener auf der Flucht war. Alles könnte ihn verraten: ein zweiter Blick, eine falsch verstandene Bemerkung, eine beiläufige Frage, auf die er keine Antwort wusste. Wie hieß der Lehrer, der damals in Loretto für Ihren Internatsflügel verantwortlich war? Welche Fächer hatten Sie in Sandhurst belegt? Welches Rugby-Team unterstützen Sie?
Als der Bus am Notting Hill Gate hielt, stiegen zwei Männer aus. Einer davon lief auf das Büro der Bewährungsbehörde zu, der andere folgte ihm, betrat jedoch das Gebäude nicht. Obwohl sich Danny zwei Minuten zu früh am Empfang meldete, musste er weitere zwanzig Minuten warten, bevor Ms. Bennett für ihn Zeit hatte.
Danny betrat ein kleines, spärlich möbliertes Büro, in dem nur ein Tisch und zwei Stühle standen. Es gab keine Vorhänge und der durchgetretene Teppich wäre auf jedem Flohmarkt zum Ladenhüter geworden. Viel besser als in seiner Zelle in Belmarsh sah es hier auch nicht aus.
»Wie geht es Ihnen, Moncrieff?«, fragte Ms. Bennett, als er sich auf den freien Plastikstuhl ihr gegenüber setzte. Kein ›Sir Nicholas‹, kein ›Sir‹, nur ›Moncrieff‹.
Benimm dich wie Nick, denke wie Danny. »Es geht mir gut, danke der Nachfrage, Ms. Bennett. Und Ihnen?«
Sie antwortete ihm nicht, schlug nur eine Akte auf, in der sich eine Liste mit Fragen befand, die alle ehemaligen Gefangenen einmal monatlich zu beantworten hatten, solange sie sich auf Bewährung befanden. »Ich möchte mich nur auf den neuesten Stand bringen«, fing sie an. »Gibt es irgendwelche Fortschritte in Bezug auf Ihren Wunsch, als Lehrer zu arbeiten?«
Danny hatte ganz vergessen, dass Nick nach Schottland zurückkehren und als Lehrer hatte arbeiten wollen, sobald er aus dem Gefängnis kam.
»Nein«, erwiderte Danny. »Die Lösung meiner familiären Probleme dauert doch etwas länger, als ich ursprünglich angenommen hatte.«
»Familiäre Probleme?«, wiederholte Ms. Bennett. Das war nicht die Antwort, die sie erwartet hatte. Familiäre Probleme – das bedeutete Ärger. »Möchten Sie über diese Probleme sprechen?«
»Nein, danke, Ms. Bennett«, sagte Danny. »Ich muss nur ein paar Dinge bezüglich des Testaments meines Großvaters klären. Sie müssen sich keine Sorgen machen.«
»Diese Einschätzung überlassen Sie bitte mir«, erwiderte Ms. Bennett. »Soll das bedeuten, dass Sie finanzielle Probleme haben?«
»Nein, Ms. Bennett.«
»Haben Sie schon einen Arbeitsplatz gefunden?«, fragte sie und kehrte damit zu ihrer Liste zurück.
»Nein, aber ich werde in naher Zukunft nach einer Stelle suchen.«
»Vermutlich als Lehrer.«
»Ich hoffe es sehr«, sagte Danny.
»Nun, falls sich das als schwierig erweisen sollte, könnten Sie sich nach einer anderen Beschäftigung umsehen.«
»Was denn zum Beispiel?«
»Tja, ich sehe, dass Sie im Gefängnis als Bibliothekar gearbeitet haben.«
»Das würde ich in der Tat gern in Betracht ziehen«, sagte Danny und war sicher, diese Antwort würde ein weiteres Häkchen ergeben.
»Haben Sie momentan eine Unterkunft oder wohnen Sie in einem Obdachlosenheim?«
»Ich habe eine Unterkunft.«
»Bei Ihrer Familie?«
»Nein, ich habe keine Familie.«
Ein Häkchen, ein Kreuz und ein Fragezeichen. Sie machte weiter. »Wohnen Sie zur Miete oder sind Sie bei Freunden untergekommen?«
»Ich wohne in meinem eigenen Haus.«
Ms. Bennett schaute verwirrt. Offenbar hatte sie diese Antwort noch nie zuvor bekommen. Sie entschied sich für ein Häkchen. »Nur noch eine Frage: Haben Sie im vergangenen Monat irgendwann das Bedürfnis verspürt, dasselbe Verbrechen, für das Sie im Gefängnis waren, noch einmal zu begehen?«
Ja, ich hatte das Bedürfnis, Lawrence Davenport zu töten, hätte Danny ihr am liebsten geantwortet, aber Nick sagte nur: »Nein, Ms. Bennett.«
»Das wäre alles, Moncrieff. Wir sehen uns dann heute in einem Monat wieder.« Sie warf einen Blick in ihren Terminkalender. »Am 2. September. Sie können sich jederzeit mit mir in Verbindung setzen, wenn Sie bis dahin Hilfe benötigen.«
»Danke«, sagte Danny. »Aber in Ihrem Brief erwähnten Sie, dass es etwas Wichtiges gebe …«
»Ach ja?« Ms. Bennett schloss die Akte. Darunter kam ein Umschlag zum Vorschein. »Aber natürlich, Sie haben ganz recht.« Sie reichte ihm den Brief, der an N A Moncrieff, Bibliothek, Justizvollzugsanstalt Belmarsh adressiert war. Danny las den Brief des britischen Kultusministeriums an Nick und fand heraus, was Ms. Bennett als so wichtig erachtet hatte:
Die Ergebnisse Ihrer A-Level-Prüfungen lauten wie folgt:
Wirtschaftswissenschaften A*
Mathematik A
Danny sprang auf und seine Faust schoss in die Höhe, als ob er im Upton Park wäre und West Ham den Siegtreffer gegen Arsenal geschossen hätte. Ms. Bennett war sich nicht sicher, ob sie Moncrieff gratulieren oder den Knopf unter ihrem Schreibtisch drücken sollte, um die Sicherheitskräfte zu rufen. Als seine Füße wieder auf dem Boden auftrafen, sagte sie: »Falls Sie immer noch studieren wollen, Moncrieff, würde ich Ihnen gern bei Ihrem Antrag auf ein Stipendium behilflich sein.«
Hugo Moncrieff studierte den Sotheby’s Katalog geraume Zeit. Er musste Margaret recht geben, es konnte sich nur um Posten 37 handeln: Ein seltener Umschlag mit einer Erstausgabenmarke zur Erinnerung an die Eröffnung der modernen Olympischen Spiele, adressiert an den Begründer der Spiele, Baron Pierre de Coubertin. Schätzwert 2200–2500 Pfund.
»Vielleicht sollte ich hinfahren und mir den Umschlag an einem der Besichtigungstage näher anschauen?«, schlug er vor.
»Das wirst du gefälligst nicht tun«, erklärte Margaret. »Dann wird Nick nur misstrauisch und womöglich errät er sogar, warum wir an dem Umschlag so interessiert sind.«
»Aber wenn ich am Tag vor der Auktion nach London fahre und mir die Adresse auf dem Umschlag ansehe, dann wissen wir, wo sich die Sammlung befindet, ohne dass wir für den Kauf Geld verschwenden müssen.«
»Dann haben wir aber keine Visitenkarte.«
»Ich bin nicht sicher, ob ich dir folgen kann, altes Mädchen.«
»Wir mögen den Schlüssel nicht in unserem Besitz haben, aber wenn der einzige noch lebende Sohn deines Vaters mit dem Umschlag und mit dem neuen Testament auftaucht, dann müssten wir denjenigen, der die Sammlung derzeit verwaltet, eigentlich problemlos davon überzeugen können, dass du der rechtmäßige Erbe bist.«
»Aber Nick nimmt möglicherweise an der Auktion teil.«
»Wenn ihm bis jetzt noch nicht klar ist, dass es auf die Adresse ankommt, nicht auf die Marke, dann ist es ohnehin zu spät, als dass er noch etwas tun könnte. Du kannst nur für eines dankbar sein, Hugo.«
»Und das wäre, altes Mädchen?«
»Dass Nick nicht wie sein Großvater denkt.«
Danny schlug den Katalog erneut auf. Er blätterte zu Posten 37 und las den Eintrag noch einmal gründlicher als zuvor. Es freute ihn, dass sein Umschlag so umfassend beschrieben wurde, allerdings war er ein wenig enttäuscht, dass er, anders als viele andere Posten, ohne Abbildung aufgeführt wurde.
Er studierte die Bedingungen des Verkaufs und musste zu seinem Entsetzen feststellen, dass Sotheby’s zehn Prozent des Verkaufspreises vom Käufer abzog und noch einmal zwanzig Prozent Prämie vom Käufer. Wenn er nur 1800 Pfund erzielte, wäre er besser davongekommen, hätte er an Stanley Gibbons verkauft – was Nick sicherlich getan hätte.
Danny schlug den Katalog zu und richtete seine Aufmerksamkeit auf den einzigen anderen Brief, den er an diesem Morgen erhalten hatte: eine Broschüre und ein Anmeldeformular für ein Studium an der London University. Er nahm sich viel Zeit, um über die diversen Möglichkeiten nachzudenken. Schließlich blätterte er zu dem Abschnitt ›Stipendiumsbewerbungen‹. Er wusste, sollte er sein Versprechen Nick und Beth gegenüber halten, würde das sein Leben beträchtlich verändern.
Auf Nicks Konto befanden sich nur noch 716 Pfund. Seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis war auf der Haben-Seite kein einziger neuer Eintrag erfolgt. Danny fürchtete, sein erstes Opfer würde Molly werden. Dann würde das Haus rasch wieder in dem Zustand sein, in dem er es seinerzeit vorgefunden hatte, als er das erste Mal die Tür öffnete.
Danny hatte es vermieden, bei Mr. Munro anzurufen und sich nach einem Statusbericht in der Schlacht gegen seinen Onkel Hugo zu erkundigen, weil er fürchtete, dass dann eine neue Rechnung ins Haus geflattert kam. Er lehnte sich zurück und dachte über den Grund nach, warum er überhaupt in Nicks Fußstapfen getreten war. Big Al hatte ihn davon überzeugt, wenn er fliehen konnte, wäre alles möglich. Danny hatte rasch herausgefunden, dass ein mittelloser Mann allein keine Chance gegen drei höchst erfolgreiche Karrieretypen hatte, selbst wenn sie glaubten, er sei tot und vergessen. Er dachte an seine Pläne, mit deren Umsetzung er begonnen hatte. Es fing damit an, dass er an diesem Abend die letzte Vorstellung von Bunbury besuchen würde. Wenn der Vorhang gefallen war und er an der Dernièrenparty teilnahm, würde er zum ersten Mal Lawrence Davenport von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen.