58. Neue Partner – 1,25 Stunde bis zum Bogen

 

Mane und Darmin erreichten das Labor des Administrators. Die Tür schlug rastlos auf und zu. Ein Klemmbrett lag im Durchgang und verhinderte das Schließen des Durchgangs. Vorsichtig blickte Darmin um die Ecke, seine Waffe gezückt und den Finger am Abzug. Mane stand mit dem Rücken zu ihm und sicherte mit ihren beiden Strahlenpistolen den Flur.

„Junis, wo bist du?“, rief Darmin in den Raum hinein.

Eine schwache Stimme war zu hören, keine richtige Antwort, vielmehr ein Stöhnen. Langsam und vorsichtig traten die beiden ein. „Pass gut auf!“, warnte Mane. „Damit die unerwartete Explosion in Tars Quartier die einzige böse Überraschung für heute bleibt!“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst?“, zeterte Darmin. „Selbst ungestüm und andere sollen parieren?“

Mane klopfte Darmin versöhnlich auf die Schulter.

Das Licht schimmerte düster, die Luft roch von Lötarbeiten verbraucht.

„Schau mal da!“, Darmin zeigte auf etwas.

Ein Reflex spiegelte sich in der Edelstahltür der Laborausstattung.

„Okay. Ich sichere dich zu den Seiten ab“, erklärte Mane.

Junis lag niedergeschlagen hinter der offenstehenden Tür des Tresorschranks. Blut lief über seine Stirn und eine geschwollene Beule zeugte von einem starken Schlag mit einem stumpfen Gegenstand. Darmin half ihm auf, während Mane den Raum zum Ausgang hin kontrollierte.

„Tar hat mich überrascht“, stöhnte Junis.

„So ein Mist!“, fluchte der Trifallianer.

„Nicht ganz so schlimm. Was er besitzt, wird ihm nicht viel Freude bereiten“, grinste Junis mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Elodie hat mit mir zusammen das Tiamid entfernt. Der Nanobot ist nichts weiter als ein Stück Metall. Zudem überkam mich so ein Verdacht. Da habe ich die freie Zeit genutzt und einen Ortungssender eingesetzt. Wer will wissen, wo sich Tar aufhält?“ Junis grinste erneut, diesmal über das gesamte Gesicht.

„Dein Plan scheint funktioniert zu haben – Kopfschmerzen inklusive“, tröstete Mane.

„Wie wahr.“ Junis rieb sich den Kopf und fühlte vorsichtig seine Beule.

„Ausgezeichnet – dann entsorgen wir zuerst das Tiamid ins All, danach schnappen wir uns den Verrückten.“

Darmin half Junis hoch und dieser kramte eine kleine Transporteinheit mit dem hochexplosiven Sprengstoff aus einer dunklen Ecke des Labors. Die drei verschlossen das Labor und rannten zur Backbordschleuse.

„Wir müssen uns beeilen! Vanti und Marla werden schon auf uns warten“, trieb Darmin seine zwei Kollegen an. Immer wieder trafen sie in den Fluren auf Besatzungsmitglieder, die hektisch zur Seite sprangen, als die bewaffneten Offiziere auf sie zu rannten.

Als sie die Schleuse erreichte, lagen die sieben Nanobots aus Marlas Tasche vorbereitet zum Ausstoß im Schleusendurchgang und Marla und Vanti standen mit gezückten Waffen davor.

„Was ist mit deiner Stirn passiert?“, fragte Vanti besorgt.

„Macht euch keine Sorgen. Ich habe die Kopfschmerzen und unser Tar den Ortungssender.“

Der Co-Captain zeigte sich zumindest von der zweiten Information begeistert. Junis trat in die Übergangszone, nahm das explosive Tiamid aus seiner Transportbox und legte es zu den anderen Minirobotern, dann kam er zurück. Marla verriegelte die innere Schleusentür, die sich unter leisem Surren schloss. Unverzüglich wurde der größte Teil der Luft abgepumpt. Ein Rest blieb für den benötigten Vakuumsog.

„Und tschüss ...“, sprach Vanti, als Marla das Außenschott freigab und die gesamte Ladung ins Weltall gesogen wurde.

 

In der Zwischenzeit war Tar über den hinteren Treppenhausschacht nach unten zurückgekehrt. Wachsam überprüfte er nach rechts und links den Korridor. Überall liefen aufgebrachte Besatzungsmitglieder umher.

‚Verdammt!’, dachte er. ‚Hier sind zu viele Leute! Ich brauche eine Stelle, wo ich mich in Ruhe zurückziehen kann. Zu Lagerraum 17 kann ich nicht zurück. Inzwischen werden sie Ina gefunden haben. Dummes Huhn! Wird schön die ganze Schuld auf sich ziehen.’

Er passte einen guten Augenblick ab, lief den Flur entlang und verschwand in Lagerraum 13.

‚Vielleicht überwachen sie die Zugangsprotokolle. Ich muss aufpassen! Wie soll ich erklären, was ich hier mache?’ Tar verharrte kurz und dachte nach. ‚Ich sollte meine Zugangsdaten hier unten nicht mehr benutzen.’

Er öffnete seinen Beutel und legte die spensanischen Geräte vor sich auf den Boden: das Lesepad, die klobige Strahlenpistole und das Subraumfunkgerät. Dann stellte er sich unter die Überwachungskamera und warf den Beutel über das Objektiv. ‚Lasst mich in Ruhe!’, dachte er.

Tar kletterte über zwei Container und holte das Strahlengewehr, vier Energiepakete und die verbleibende Granate, die er aus der Waffenkammer besorgt hatte, hervor. ‚Tar – das hast du gut gemacht! Wie geht es nun weiter?’

Er griff das spensanische Subraumfunkgerät, betrachtete es von allen Seiten. Die kryptischen Zeichen waren ihm unbekannt, doch beim Berühren des Bildschirms startete das Gerät, eine Animation füllte den Bildschirm und kurz darauf blickte er in das fremde Gesicht eines ebenso überraschten Spensaners.

„Wer bist du?“, fauchte Tars Gegenüber in gebrochenem Valatar. „Wo ist Ina?“

„Mein Name lautet Tar val’ Monec. Ina ist tot! Sie hat mich erpresst und ich musste sie beseitigen.“

„Du bist Tar? Das ist gut! Wir haben deine Schwester.“

„Tiamalin! Wie geht es ihr?“ Tat musste sich zusammenreißen. Innerlich kochte er, doch ihm war klar, dass er diese Situation nur diplomatisch und keineswegs emotional lösen konnte.

„Du kannst sie abholen! Die Koordinaten kennst du. Lirotech – Ende“

„Halt, warte!“ Tar musste sich zurücknehmen, damit ihn draußen auf dem Flur niemand hörte.

„Was ist?“

„Ich habe durch Inas Schuld die Zugriffscodes zur Shuttlerampe verloren! Ich kann Mane nicht vom Schiff bringen.“

Er versuchte Zeit zu schinden, auf der Suche nach einer Lösung.

„Schlecht für dich, schlecht für deine Schwester!“

Tar schaute sich um, dann griff er in seine Tasche.

„Schau hier. Weißt du was das ist?“

„Halte es näher an die Kamera“, forderte Lirotech.

„Das ist ein Nanit!“

„Das ist richtig!“, bestätigte Tar. „Aber ein besonderer, ein xalitischer!“

„Was macht ihn deshalb so besonders?“

„Er ist gefüllt mit Tiamid. Wusstest du das? Ich habe mehr, viel mehr davon. Vorerst sieben weitere in meiner Unterkunft, dazu die Koordinaten, wo du hunderte finden kannst.“

„Warte!“

Lirotech verschwand aus dem Blickfeld. Ein anderer Spensaner übernahm das Gerät. Starr blickte er auf Tar.

„Willst du mich anlügen?“, rief Lirotech nach einer Weile, entriss seinem Kollegen das Subraumfunkgerät und kehrte ins Bild zurück. „Die entscheidenden Bestandteile für Tiamid werden seit Jahren nicht mehr gefördert – lohnt sich nicht!“

„Das kann sein und dennoch habe ich hier reichlich davon!“ Tar hielt den Nanobot provokant ins Blickfeld. „Zeigt mir meine Schwester und wir reden weiter.“

Lirotech gab ein Zeichen und hinter ihm verließ jemand den Raum.

‚Sie haben Interesse, das ist gut.’, dachte Tar.

„Wie viel Tiamid hast du?“

„In jedem Naniten ist eine Ladung von der Größe einer Erbse.“

„Und du hast sofort acht Stück für die Übergabe? Später bekommen wir die Koordinaten für weitere?“

„Ganz genau! Du kennst die besonderen Vorteile dieses Sprengstoffs?“

„Natürlich. Bis heute ist es technisch nicht möglich, Tiamid zu orten. Hältst du uns für Idioten?“

Endlich brachten sie Tiamalin herein.

„Pass auf, eure Begegnung wird kurz sein!“

Lirotech schwenkte sein Gerät und Tars Schwester erschien im Bild.

„Hallo Tar. Alles wird gut. Ich habe es immer gewusst!“

„Tiamalin. Keine Sorge, ich habe einen guten Plan und bin bald bei dir!“

„So das reicht!“ Lirotech schwenkte zurück und lies die Krontenianerin wieder abführen. „Machen wir die Übergabe. Schwester gegen Tiamid.“

„Das will ich auch!“, rief Tar. „Aber ich komme hier nicht weg. Ina ist schuld, ich habe meine Privilegien an Bord verloren.“

„Wir holen dich!“

„Wie wollt ihr das anstellen?“

„Lass das unsere Sorge sein! Gib uns deinen Standort!“

„Also gut. Ich übertrage euch die Koordinaten, ihr bekommt nach meiner Rettung sofort sieben der Nanobots und wenn ihr mir und meiner Schwester ein Shuttle übergeben habt, nenne ich euch zusätzlich die Position der im Weltraum treibenden Naniten.“

„Sieben? Wieso nicht alle acht?“, schrie Lirotech.

„Der achte sichert mein eigenes Leben! Ist quasi meine Lebensversicherung. Damit meine Schwester und ich das ganze heil überleben! Versucht ihr ein krummes Ding, fliegen wir alle in die Luft.“

„Du bist nicht dumm!“

„Und du hast selbst mit den verbleibenden Nanobots genug Sprengkraft, um deine tollkühnsten Träume hochgehen zu lassen“, beschönigte Tar die Situation.

Dann übergab er die Koordinaten der „Beautiful Decision“.

„Warte!“ Lirotech verließ erneut den Ausschnitt der Bildübertragung, um kurz darauf zurückzukehren. „Unsere Reise wird nicht lange dauern. Wo finden wir dich?“

„Ich warte in der Nähe der Steuerbordschleuse. Erst einmal besorge ich die restlichen Nanobots aus meiner Unterkunft, dann hängt alles an euch! Bis gleich.“

„Du solltest dich beeilen! Lirotech – Ende.“

Tar war nassgeschwitzt, doch es lief alles nach Plan – seinem neuen Plan. Er steckte das Subraumfunkgerät, die vier Energiepakete und die Granate in seine Tasche und griff das Strahlengewehr. Er öffnete das Schott und trat auf den Flur hinaus.

„Was machen Sie hier?“, rief ihm eine bekannte Stimme zu. Tar drehte sich nach rechts, sein Strahlengewehr im Anschlag. „Warum sind Sie bewaffnet?“ Norman blickte angsterfüllt auf den Dritten Führungsoffizier.

„Ich will dir nichts tun, mein Junge. Ist alles gut. Was machst du hier unten?“

„Ich ... ich war bei Ina. Sie ist tot.“

„Das ist ja schrecklich“, heuchelte Tar.

Weitere Besatzungsmitglieder tauchten hinter Norman auf. Langsam wurde die Situation für den ehemaligen Führungsoffizier brenzlig.

„Ich muss zurück nach oben“, verteidigte er sich.

Norman warf einen Blick in Frachtraum 13.

„Was sind das für Geräte auf dem Boden? Gehören die Ihnen, val’ Monec?“ Der junge Kollege stutzte. „Und warum hängt dort etwas über der Kamera?

Tar drehte sich um, wollte losrennen. Doch in der Zwischenzeit hatten sich hinter ihm ebenfalls Crewmitglieder versammelt.

„Aus dem Weg, ich muss nach oben!“, schrie er sie an.

Sie hatten Respekt vor Tars Strahlengewehr und daher bewegten sie sich nur zögerlich. Tar verlor die Kontrolle und fing an zu feuern. Die Verwundeten schrien vor Schmerzen. Einige krümmten sich, überrascht von seinen Treffern. Andere brachen zusammen, fielen auf die Knie oder schlugen regungslos der Länge nach hin. Blut spritzte an die Wand hinter ihnen. Tar lief los, orientierungslos suchte er Schutz. Das Schott zu Frachtraum 14 ging auf, ein Mannschaftsdienstgrad trat ahnungslos heraus und wurde von ihm zur Seite gestoßen. Von innen verriegelte er den Durchgang und hielt nach weiteren Fluchtmöglichkeiten Ausschau.

Norman rief seinen Captain.

„Captain, hier spricht Norman. Wo sind Sie?“

„Einer sollte die Explosion des Sterns überwachen. Ich bin in die Navigationszentrale zurückgefahren. Bist du noch auf Deck 17?“

„Das bin ich. Tar ist hier! Er ist bewaffnet, außer Kontrolle. Er hat einfach auf Fregger und Manara geschossen. Wir brauchen einen Arzt und Leute mit Waffen!“

„Das kann doch alles nicht wahr sein! Ich schicke dir sofort das medizinische Team und Mane mit Eskorte. Wo ist Tar geblieben?“

„Frachtraum 14 …, er ist in Frachtraum 14.“

 

 

Krontenianer - Rendezvous am Bogen
titlepage.xhtml
part0000_split_000.html
part0000_split_001.html
part0000_split_002.html
part0000_split_003.html
part0000_split_004.html
part0000_split_005.html
part0000_split_006.html
part0000_split_007.html
part0000_split_008.html
part0000_split_009.html
part0000_split_010.html
part0000_split_011.html
part0000_split_012.html
part0000_split_013.html
part0000_split_014.html
part0000_split_015.html
part0000_split_016.html
part0000_split_017.html
part0000_split_018.html
part0000_split_019.html
part0000_split_020.html
part0000_split_021.html
part0000_split_022.html
part0000_split_023.html
part0000_split_024.html
part0000_split_025.html
part0000_split_026.html
part0000_split_027.html
part0000_split_028.html
part0000_split_029.html
part0000_split_030.html
part0000_split_031.html
part0000_split_032.html
part0000_split_033.html
part0000_split_034.html
part0000_split_035.html
part0000_split_036.html
part0000_split_037.html
part0000_split_038.html
part0000_split_039.html
part0000_split_040.html
part0000_split_041.html
part0000_split_042.html
part0000_split_043.html
part0000_split_044.html
part0000_split_045.html
part0000_split_046.html
part0000_split_047.html
part0000_split_048.html
part0000_split_049.html
part0000_split_050.html
part0000_split_051.html
part0000_split_052.html
part0000_split_053.html
part0000_split_054.html
part0000_split_055.html
part0000_split_056.html
part0000_split_057.html
part0000_split_058.html
part0000_split_059.html
part0000_split_060.html
part0000_split_061.html
part0000_split_062.html
part0000_split_063.html
part0000_split_064.html
part0000_split_065.html
part0000_split_066.html
part0000_split_067.html