15.
Sam ließ seine Augen geschlossen, da er befürchtete, wenn er sie aufschlüge, würde er wissen, dass alles nur eine durch Medikamente hervorgerufene Illusion gewesen war. Er streckte seine Hand aus, und neben ihm war das Bett leer. Sein Herzschlag setzte aus, und er wies energisch den Gedanken von sich, seine Nacht mit Azami sei nichts weiter als ein Traum gewesen. Einen Moment lang war er wieder der kleine Junge in einem verdunkelten Hauseingang, dem davor graute, sich auch nur zu rühren.
Er atmete tief ein. Ihr Duft hing noch im Zimmer, vermischt mit den Gerüchen, die sie beide gemeinsam verströmt hatten. Er hatte sie dreimal geliebt, sie wieder und wieder geweckt, doch selbst das hatte nicht genügt, um sein Verlangen zu stillen. Er wollte sie wieder, mit genau derselben Intensität und Leidenschaft wie beim ersten Mal. Für ihn bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass es ihm bei ihr immer so gehen würde.
Sei wirklich mein, Kleines, murmelte er in Gedanken, um in Kontakt mit ihr zu treten. Sie musste ihm gehören, denn er brauchte sie.
Du alberner Kerl, ich bin ja hier. Ich koche dir Kaffee.
Er atmete langsam aus und schlug die Augen auf. Du bist eine Göttin.
Ihr leises Gelächter wärmte ihn, und einen Moment lang lag er da und kostete einfach nur das Gefühl aus, umsorgt zu werden und von Liebe und Gelächter umgeben zu sein.
Das Morgenlicht glühte hinter einem leichten Dunstschleier und ergoss sich durch das Fenster. Draußen wiegten sich sachte die Äste der Bäume, und das raschelnde Laub trug seinen Teil zur Musik des Bachs bei. Die Sonnenstrahlen strömten durch das Geäst, und goldene Lichtpunkte tanzten auf dem plätschernden Wasser. Die zarte Dunstschicht verstärkte sein Gefühl, in seiner eigenen Welt eingesponnen zu sein. Er griff nach dem Kissen, das neben ihm lag, und sog Azamis Duft tief in seine Lunge ein, ehe er den Kissenbezug liebevoll streichelte und das Kissen wieder neben seines legte. Dann warf er die Zudecke zurück und streckte sich träge, ehe er barfuß und nackt ans Fenster tappte, um in den Wald hinauszublicken.
Eine kleine Schar von Rehen kam über den Pfad, der zum Bach führte. Einige tauchten ihre Nüstern ein und tranken, während andere die Umgebung im Auge behielten. Seine Welt. Er hatte sie nie zuvor wirklich gesehen und zu schätzen gewusst. Der Wald und die Natur hatten ihm immer einen Anschein von Frieden gegeben, doch Azami in seinem Leben zu haben hatte seine Sicht der Dinge verändert. Er ertappte sich dabei, dass er grundlos lächelte, als er sich wieder vom Fenster abwandte, um durch sein Schlafzimmer ins Bad zu tappen.
Als er mit einem Frotteetuch, das er tief um seine Hüften geschlungen hatte, aus der Dusche herauskam, war Azami da und sah so schön aus, dass er im ersten Moment keine Luft bekam. Sie trug einen Becher frischen Kaffee. Das Aroma verband sich mit ihrem Duft, ein willkommener Beginn eines jeden Morgens. Er stellte fest, dass er dämlich grinste, als er ihr den Becher abnahm und sich hinunterbeugte, um sie zu küssen.
»Du bist wunderschön heute Morgen.«
Ihr Haar war wieder so aufgesteckt, wie sie es mochte, jede kunstvoll verzierte Haarnadel war an Ort und Stelle, und die wenigen langen Strähnen, die so hinunterfielen, dass sie geschickt um ihren Hals und ihre Schultern hingen, ließen sie unglaublich sexy auf ihn wirken. Er wollte diese Haarnadeln wieder aus ihrem Haar ziehen, langsam, eine nach der anderen. Sie trug ihren seidenen Morgenmantel und offensichtlich nichts darunter, aber sie roch himmlisch und hatte demnach schon gebadet. Sogar ihr Haar verströmte einen frischen Zitrusduft, den er nicht ganz einordnen konnte, aber verführerisch fand. Seine freie Hand legte sich um ihren Nacken. Sie wirkte heiter und gelassen, sogar spröde, doch als sie ihn ansah, stand in ihren glänzenden Augen eine Glut, die seine Pulsfrequenz in die Höhe schnellen ließ.
»Wie kannst du nach der letzten Nacht so unschuldig aussehen?«
Sie sah ihn mit ihrem geheimnisvollen Lächeln an. »Eine Frau muss ihre Geheimnisse haben, Sammy.« Ihr Lächeln wurde strahlender, und sie ging barfuß auf die ordentlich zusammengefalteten Kleidungsstücke zu, die auf der Kommode bereitlagen.
Sam trank einen Schluck Kaffee und sah ihr gebannt zu. Sie bewegte sich wie Wasser, mit fließenden Bewegungen, die so mühelos wirkten, dass es schien, als verdrängte sie die Luft um sich herum nicht. Es fiel ihm schwer, auch nur den geringsten Anstieg von Energien in ihrer Nähe wahrzunehmen. Sie war so sehr im Einklang mit ihrer Umgebung, dass sie mit ihr verschmolz, statt sich von ihr abzuheben.
Die Seide glitt Zentimeter für Zentimeter von ihren Schultern und legte langsam den auffliegenden Phönix frei, bis zu den langen, faszinierenden Schwanzfedern, die sich so filigran um die Rundung ihres Hinterns schlangen. Fast wäre er an seinem Kaffee erstickt, denn er reagierte augenblicklich auf den Anblick ihres nackten Körpers.
»Ich werde den ganzen Tag mit einer teuflischen Erektion durch die Gegend laufen müssen, und das habe ich dir zu verdanken«, sagte er anklagend.
Sie drehte mit einer anmutigen Bewegung ihren Kopf um, und ihre langen Wimpern flatterten, als sie ihn mit ihren dunklen Augen betrachtete. »Das freut mich, Sam. Ich möchte, dass du den ganzen Tag an mich denkst. Das wird mir gefallen, denn dann weiß ich, dass du dich schon auf unser Bad heute Abend freust.«
Bei der Erinnerung daran, wie sie ihn zärtlich umsorgt hatte, durchfuhr seinen Schwanz ein heftiger Ruck. Er stöhnte. »Du bringst mich um, Honey.«
Sie nahm mit beiden Händen einen Hauch von Spitze und zog ihn langsam über ihre Beine hoch. Die Spitze brachte die Form ihres Hinterns wunderbar zur Geltung, während ein einziger Streifen zwischen ihren gewölbten Pobacken verschwand. Sam stöhnte wieder und kam näher, um mit seiner Hand eine pralle Pobacke zu packen. Azami blickte lächelnd zu ihm auf und schmiegte ihren Hintern noch enger an seine Hand. Sie hob beide Hände und verschränkte ihre Finger hinter ihrem Kopf, senkte ihre Wimpern und öffnete ihre Lippen einen Spalt weit.
Sam schloss einen Moment lang die Augen und betete um Kraft. Heißes Blut strömte in seine Lenden, und die Erinnerung an ihren Geschmack füllte seinen Mund. Sie war von Natur aus sinnlich, und jede ihrer Bewegungen war so präzise und geschmeidig wie sonst, wenn sie mit einem Gegner kämpfte oder Tee einschenke. Er war so steif geworden, dass er sich nicht traute, auch nur einen Schritt zu machen, aus Angst, er würde explodieren. Er schluckte schwer und ließ das Badetuch von seinen Hüften sinken. Seine Hand schloss sich kurz um seine schmerzende Erektion, ehe er Azami von hinten umfasste und seine Hände auf ihre Brüste legte.
Er senkte seinen Kopf auf ihren einladenden Hals und zog von dort aus eine Spur von Küssen zu ihrer Schulter hinunter, während seine Finger an ihren Brustwarzen zogen und sie neckten. Ihr kleiner Körper lehnte sich an ihn zurück, und sie rieb sich an ihm wie eine Katze.
Ich male mir dich gerade jetzt vor meinen Füßen aus, mit meinem Schwanz in deinem hübschen Mund.
Wirklich? Ihr Kopf lehnte sich wieder an seine Brust. Ihre Arme hoben sich und schlangen sich um seinen Nacken, um seinen Kopf auf ihre Lippen hinunterzuziehen. Sie küsste ihn und zog seine Zunge in ihren Mund, bis die Simulation dessen, was er wollte, ihn stöhnen ließ. Du brauchtest es nur zu sagen. Es wird mir ein Vergnügen sein.
Die Freude in ihrer Stimme machte ihn noch schärfer, ganz zu schweigen von der Freude, die ihr Inneres erfüllte. Bis zu dem Moment hatte er nicht gewusst, dass sein Genuss aufgrund ihres Genusses so immens war. Das war der Grund, weshalb sein Körper so stark auf sie reagierte. Deshalb war er so wahnsinnig steif und von glühendem Verlangen erfüllt, so dicht davor, die Selbstbeherrschung zu verlieren. Es war überwältigend.
Azami drehte sich in seinen Armen um, und ihre Brüste streiften verlockend seinen Brustkorb. Sie drückte einen Kuss auf die Stelle über seinem Herzen und dann auf diverse Narben, die sich über seine Rippen und seinen Bauch zogen. Er hielt die Luft an, als sich ihre Hände um seine Eier legten, sie drehten und behutsam zudrückten, bevor sie höher hinaufglitten, um seinen Schwanz zu umfassen.
Sie ließ sich Zeit, wie sie es bei allem anderen auch tat. Und sie ging behutsam vor, völlig vertieft und mit äußerster Konzentration. Und so verdammt liebevoll, dass er das Gefühl hatte, er sei gestorben und in den Himmel gekommen. Ihre weichen Lippen glitten über die empfindliche samtene Eichel, gaben ihr kleine Küsse, und ihre Zunge kreiste, um die schimmernden Tröpfchen aufzufangen. Er legte seine Hand auf ihre Schulter, und sie ging vor ihm auf die Knie und sah ihm fest in die Augen. Ihr Anblick ließ sein Herz rasen, und seine Hüften bäumten sich auf. Sie war die schönste Frau – der schönste Anblick, der sich ihm je geboten hatte.
Eine Hand schlüpfte zwischen seine Beine und massierte die Innenseite seines Oberschenkels, wobei sich ihre Finger immer weiter nach oben bewegten, während ihr Mund über seine Eichel glitt, heiß, feucht und eng. Ihre Zunge tanzte über seinen Schwanz und traf die Stelle, an der sie ihm einen Schauer der Lust über den Rücken jagte. Feuer raste durch seine Adern, wütete in seinen Lenden und toste wie ein Feuersturm in seinem Bauch. Ihr Mund schloss sich enger um ihn, und ihre Finger fanden diese Stelle direkt hinter seinen Eiern und streichelten und massierten sie, während ihr Mund mit ihm beschäftigt war.
Dieser Moment war für ihn da, ganz allein für ihn – das konnte er in ihren Augen sehen. Ein reines Geben, ein Geschenk ihres Körpers an ihn, ein selbstloser Akt der Leidenschaft. Die Freude in ihr ließ sie vibrieren und drang durch ihren bebenden Mund direkt in sein hartes Fleisch. Ihre kleine Hand am Ansatz seines Schwanzes begann, im Takt zu dem Saugen ihres Mundes und dem Massieren ihrer Finger zuzudrücken und loszulassen. Ihr Mund umschloss ihn eng und saugte fest an ihm, dann langsam und locker, während sie abwechselnd nur seine Eichel und dann sein ganzes Glied tief in sich aufnahm und mit ihrer schlauen kleinen Zunge die Stelle neckte, die seinen Körper vor Lust erschauern ließ.
Sam konnte seinen Blick selbst dann nicht von ihr losreißen, als seine Hüften begannen, den Rhythmus zu bestimmen, da sein Schwanz in diesem seidigen, feuchten Tunnel in Flammen stand. Hol Atem. Er brauchte das jetzt nämlich. Er konnte es nicht lassen, noch tiefer zuzustoßen, und, verdammt noch mal, er war stolz darauf gewesen, dass sein Schwanz so lang und dick war, aber jetzt drängte er sie an ihre Grenzen und konnte nichts gegen das Verlangen tun, das sich in ihm anstaute, das in ihm wütete. Und gleich noch mal. Er stieß sich jedes Mal tiefer in sie und blieb einen Moment dort, während sie seinen Schwanz drückte und ihn massierte und das Feuer in ihm außer Kontrolle geriet.
Sie gab sich ihm ganz hin, hustete zwar ein wenig, doch sie befolgte jeden seiner Befehle, wenn er ihr sagte, sie solle den Atem anhalten oder Atem holen. Die Glut baute sich immer mehr auf, der Druck wollte nicht enden und ließ keinen Moment nach. Er konnte den feurigen Sturm in seinen Eiern fühlen, und diese klugen Finger hörten nie damit auf, ihn zu massieren und fester zuzudrücken, während sie ihn immer tiefer in sich aufnahm, und ihr Mund war so eng und so seidig, dass er den harten Stößen seines Körpers keinen Einhalt gebieten konnte, bis sie ihn zum Höhepunkt brachte.
Ihre langen Wimpern flatterten, während sie schluckte, aber sie war tapfer und entschlossen, und ihr Mund liebte ihn, als er sich in sie verströmte. Er blieb so lange wie möglich dort, in reiner Ekstase, bevor er langsam weicher wurde, während ihre Zunge ihn mit der pedantischen Sorgfalt und der vollkommenen Hingabe sauber leckte, mit der ihre Hände seinen Körper gewaschen hatten.
Sams Knie drohten, unter ihm nachzugeben. Er stand auf wackligen Beinen und wartete darauf, dass sein Gehirn die Arbeit wieder aufnehmen würde. Azami erhob sich anmutig. Auf ihrem Gesicht stand ein zufriedenes kleines Lächeln, als sie sich noch einmal über seinen Schwanz beugte und ihn behutsam in die Hände nahm, damit sie einen Kuss auf seine Eichel drücken konnte.
»Danke, Sammy. Ich liebe es, dir Freude zu bereiten.«
Ehe er Worte fand, tappte sie barfuß ins Bad, und er konnte hören, wie sie sich den Mund ausspülte. Er stand mitten im Schlafzimmer, atmete tief und war schockiert darüber, dass sie sein Leben im Handumdrehen verändert hatte, schockiert darüber, dass es einer Frau wie Azami möglich war, sich ihm so hinzugeben, wie sie es tat, so vollständig.
Sie kehrte ins Zimmer zurück und sah genauso unschuldig und sittsam aus wie vorher, als hätte sie ihn nicht gerade in den Himmel geführt. Sie streckte ihre Hand nach dem kleinen Spitzen-BH aus, der zu ihrem Slip passte. »Die Garrotte ist ein so dünner Draht, dass sie bei den Flughafenkontrollen nicht auffällt. Und selbst wenn sie es täte, würde sie nichts weiter als ein Formbügel sein. Sie lässt sich sehr bequem tragen, sogar so bequem, dass ich ihre Existenz die meiste Zeit vergesse.«
Sowie sie anfing, mit dieser reizenden, zarten Stimme über Waffen zu reden, ballte sich Glut in seiner Magengrube zusammen. Er ließ sich auf das Bett sinken, um zu verhindern, dass er sich absolut lächerlich machte, indem er ihr vor die Füße fiel. »Das ist gut. Meine sind in die Säume meiner Jeans eingenäht.«
Sie nickte. »Da habe ich auch welche eingenäht.« Sie schlüpfte in eine weiche schwarze Hose mit gerade geschnittenen Beinen. Das Material täuschte, denn es war sehr dehnbar und passte sich ihrem Körper mühelos an. Sie ergänzte ihr Outfit durch eine rote Seidenbluse und hob einen kunstvoll gearbeiteten Gürtel auf. Sie lächelte und reichte ihm den Gürtel.
Sam nahm den Gürtel und wog ihn in seiner Hand. Er bestand aus mehreren Strängen geflochtener Schnüre. Ein kunstvolles Geflecht, hübsch anzusehen. Die Gürtelschnalle war klein und fiel daher nicht weiter auf, eine robuste, flache Silberplatte, in die etwas eingeritzt war, was ein Sonnenmotiv zu sein schien. »Sehr leicht.«
»Und praktisch. Die Schnur kann bis zu einer halben Tonne tragen und lässt sich leicht mit einem Bogen abschießen, damit man sie als Ankertau benutzen kann, um ein anderes Gebäude zu erreichen. Die Schnalle ist in Wirklichkeit ein Wurfstern oder, in einer heiklen Lage, ein Enterhaken, der mit Titan verstärkt ist.«
»Sehr praktisch. Meine Frau ist ein wandelndes Waffenarsenal.«
Sie lachte leise. »Das ist noch lange nicht alles.« Sie legte den Gürtel um ihre schmale Taille und bückte sich, um ihre Socken anzuziehen.
»Sind die aus Sprengstoff?«
Ihre dunklen Augen betrachteten ihn nüchtern. »Ich habe daran gedacht, aber mich dagegen entschieden. Man kommt zu schwer dran.« Sie richtete sich auf, nahm einen Ring vom Nachttisch und steckte ihn an ihren Finger. Der Rubin war klein, doch er funkelte, wenn sie ihre Hand bewegte. »Eine winzige Menge von einem Pulver, das zu vorübergehender Blindheit führen kann.«
Sam schüttelte den Kopf und hob seine Kleidungsstücke auf. Sie war tatsächlich ein wandelndes Waffenarsenal und dadurch in seinen Augen, mochte Gott ihm beistehen, ganz besonders sexy. Er sah zu, wie sie ihre Hand nach ihren Ohrringen mit den Rubinen ausstreckte. Sie baumelten zierlich an ihren Ohren, winzige leuchtende Steine am Ohrläppchen und mehrere Perlen am Ende von fünf geflochtenen Kettchen. Er zog die Augenbrauen hoch. Er glaubte im Traum nicht, dass es sich bei den einfachen Schmuckstücken um nichts weiter handelte.
Sie lächelte ihn wieder an und berührte die weißen Kügelchen am Ende der Ketten. »Das sind keine echten Perlen, nur Kapseln. Sie enthalten die Munition für mein Blasrohr. Das gibt mir im Fall eines Kampfes zehn weitere Nadeln.«
»Ich brauche bloß an dich mit all diesen Waffen zu denken, und ich kriege sofort wieder einen Ständer.« Seine Hand schlängelte sich vor, seine Finger legten sich um ihr Handgelenk, und er zog, bis sie zwischen seinen Beinen stand. »Wie soll ich den Tag durchstehen, wenn ich weiß, wie verdammt sexy du bist, Honey?«
Ihre Augen glitten unter schweren Lidern über sein Gesicht und an seinem Körper hinunter und steckten ihn eindeutig als ihr Territorium ab. »Genauso, wie ich ihn durchstehen werde. Ich freue mich auf unsere gemeinsamen Abende.«
»Ich weiß, dass es in der Öffentlichkeit keine Bekundungen von Zuneigung geben wird«, sagte Sam, als er seine Jeans zuknöpfte, »aber wenn es zu schlimm wird, darfst du dich nicht wundern, wenn ich dich in einen Wandschrank zerre und dir diese Hose runterziehe.«
Ihr Blick richtete sich sofort auf sein Gesicht. »Du bist ein sehr mutiger Mann, Sammy.«
»Du machst dir keine Vorstellung davon, was ich für mehr Sex mit dir zu opfern bereit bin.«
Gelächter tanzte in ihren Augen, als sie eine Kette um ihren Hals legte. Ein Anhänger baumelte an dem schmalen Kettchen. »Ich freue mich schon auf ein Abenteuer im Wandschrank«, sagte sie und senkte sittsam ihre Wimpern.
»Das muss eine Art Messer sein.« Der Anhänger war kurz, keine vier Zentimeter lang, und wie ein sehr schmales Herz geformt. »Ist es aus Keramik?«
»Jede Dame braucht ein Messer.«
Er stellte sich dicht vor sie, um ihre Schmuckstücke genauer zu untersuchen. Sie waren erstaunlich gut gearbeitet, die Details schlicht, aber ansprechend. Er zog eine Augenbraue hoch. »Hast du die gemacht?«
»Mein Vater war für seinen Schmuck bekannt, und ich habe von ihm gelernt.« Sie legte ein Armband an, das aus dünnen Spiralen aus gedrehtem Hanf bestand. Es war einzigartig, aber reizvoll. Sie hielt ihren Arm hoch. »Für meinen Bogen. Ich brauche weniger als eine Minute, um ihn zusammenzubauen.« Sie griff nach einem zweiten Armband, das sie dicht neben das erste schob; es bestand aus Perlensträngen.
Sam brauchte sich nicht erst sagen zu lassen, dass es eine Waffe war, denn er hatte schon früher Kriegerperlen gesehen, doch ihre sahen kunstvoll aus, denn es waren wunderschöne geschnitzte Perlen. Niemandem käme jemals der Verdacht, dass dieses Armband tödlich war.
Azami zog eine schmale, wunderbar gearbeitete Armbanduhr über ihr linkes Handgelenk. Sam zog die Augenbrauen hoch.
Sie lachte. »Eine Dame braucht ein paar Geheimnisse.«
Zu allem Überfluss sah sie in ihrer roten Seidenbluse und der schwarzen Anzughose wunderschön aus. Er konnte sehen, dass sie sich in diesen Kleidungsstücken schnell und mühelos bewegen konnte. Die Bluse war weit genug geschnitten, um an strategisch günstigen Stellen ein paar Messer unterzubringen, wenn sie in den Kampf zog.
Sie streckte ihre Hand nach ihren Schuhen aus. Ihren Stiefeln, verbesserte er sich. Modisch. Niedrige Absätze, vorn bis oben geschnürt. Er musterte die Ösen, die aus robustem Metall bestanden – Titan? – und durch ein schickes Drahtgeflecht miteinander verbunden waren. Es handelte sich eindeutig nicht nur um Stiefel, aber er hatte keine Ahnung, was sie sonst noch waren – nur, dass sie in Azamis Händen tödliche Waffen sein würden.
Azami wandte sich zu ihm um, als ein Stroboskop Lichtblitze durch den Raum schickte, die von leichten Vibrationen begleitet wurden. Sam, der einen trägen und zufriedenen Eindruck erweckt hatte, sprang vom Bett und war im Nu angezogen. Sie stellte keine Fragen, sondern schlüpfte eilig in ihre Jacke und steckte Messer in speziell für diesen Zweck angefertigte Scheiden. In einen Stiefel rammte sie eine Pistole, in den zweiten ein weiteres Messer.
Sam zog den Teppich zur Seite und riss eine Falltür im Boden auf. »Los, Azami, mach schnell.« Er trat zurück, um ihr den Vortritt zu lassen.
Azami zögerte nicht. Sie stieg rasch die Stufen hinunter und benutzte das Geländer, um in den Keller zu rutschen. Sam war direkt hinter ihr. Sie wartete im Dunkeln, in dem sie problemlos sehen konnte, eine weitere »Gabe«, die sie Whitneys genetischen Weiterentwicklungen zu verdanken hatte, wahrscheinlich der Katzen-DNA. Im Keller sah es aus wie im Keller jedes anderen Mannes: Werkzeug, Werkzeugwände und Werkbänke. Sie verhielt sich vollkommen still und wartete.
Sam trat vor die Seitenwand, die ihnen am nächsten war, und ließ seine Handfläche über etwas gleiten, was ein Lichtschalter zu sein schien. Sie hätte gewettet, dass er unter anderem tatsächlich Licht anschaltete. Eine Tür, die in die Wand eingebaut war, schwang lautlos auf. Kleine Lichtbänder erhellten einen Tunnel vor ihnen. Diesmal ging Sam voraus. Azami folgte ihm schweigend. Sie öffnete und schloss ihre Finger und überprüfte systematisch ihren ganzen Körper, um sich zu vergewissern, dass jeder Muskel gedehnt und gelockert und zu allem bereit war.
Sam blieb in einer kleinen Nische in der Wand stehen und benutzte auch hier wieder seine Handfläche. Dann hielt er sein Auge an einen Augenscanner, um eine weitere Tür zu öffnen. Azamis stockte der Atem.
»Sexy«, bemerkte sie, als sie sich umsah. »Ich bin beeindruckt.«
»Wir haben sie überall in den Tunneln verteilt. Man muss vom Programm erfasst sein, um sie zu öffnen. Wir haben Lagepläne von all den versteckten Waffenlagern im Kopf«, sagte er, während er Waffen und Munition in Gürtel und Halfter und in seine Stiefel stopfte. »Brauchst du was?«
»Noch eine Schusswaffe. Mein Bogen ist in meinem Zimmer. Ich habe einen Miniaturbogen, aber auf größere Entfernungen ist er nicht allzu effektiv.«
Sie sah, wie sein Blick über ihr Gesicht glitt und er sich ein Urteil über ihre Fähigkeit im Umgang mit Schusswaffen zu machen versuchte. Sie grinste ihn unverfroren an. Seine Züge entspannten sich, und er deutete auf das Arsenal.
Azami hatte bereits eine kleine Automatikwaffe entdeckt, die ihr vertraut war. Sie lag gut in ihrer Hand. Sie hatte kleine Hände, und deshalb war das bei Schusswaffen oft nicht der Fall, aber die kleine Automatik mochte sie. Sie schnappte sich den Gürtel und Munition, trat zurück und gab Sam ein Zeichen, dass sie zum Aufbruch bereit war. Sie zog nicht gern mit einer unerprobten Waffe in den Kampf und würde sich daher vorwiegend auf ihre Geschwindigkeit und auf den Nahkampf verlassen, falls es nötig wurde, doch die Schusswaffe könnte trotzdem nützlich sein.
Sowie Sam die Tür geschlossen hatte, setzten sie sich im Laufschritt in Bewegung und liefen, wie Azami klar erkennen konnte, geradewegs zurück zum Haupthaus.
Meine Brüder?
Sie werden mit Daniel und Lily in den Tunneln sein. Niemand wird sie in Gefahr bringen, beteuerte ihr Sam.
Ich mache mir keine Sorgen um sie. Sie sind Samurai. Sie werden eine Bereicherung für euch sein. Sie kämpfen mit großer Geschicklichkeit, und sie können mit sehr vielen Waffen umgehen.
Azami war nicht um ihre Sicherheit besorgt, wie er es anzunehmen schien. Sie wusste, dass sowohl Daiki als auch Eiji Daniel und Lily beschützen würden, wenn etwas schiefging. Sam kannte die beiden nicht so gut wie sie. Sie hatte mit ihnen trainiert und zweifelte nicht an ihrem Können. Sie fürchteten sich vor dem Sterben genauso wenig wie sie, aber wenn sie getötet wurden, würde die Welt zwei unglaubliche und hochintelligente Menschen verlieren.
Was haben wir zu erwarten?
Ich habe keine Ahnung. Das Signal dient nur der Vorbereitung. Jemand nähert sich dem Anwesen. Wir gehen kein Risiko ein, und es bewährt sich, auf der Hut zu sein. Meistens ist es ein Spaziergänger, der sich verlaufen hat, oder eine Gruppe von Jägern, aber wir hatten auch schon verdächtige Fahrzeuge, die umgekehrt sind, sowie ihnen klar wurde, dass sie unter Beobachtung standen.
Es begeisterte sie, dass Sam restlos an sie glaubte. Sie hatten sich immer wieder geliebt. Sie konnte seine Liebe und seine Fürsorge spüren, aber trotzdem sah er sie als das an, was sie war: eine Frau, die niemals in die Tunnel gehen und dort darauf warten würde, dass man ihr sagte, die Luft sei rein. Sie brauchte ihm nichts zu erklären, damit er verstand, dass sie ihm ohnehin den Rücken decken würde, ganz gleich, was geschah.
Das unterirdische Tunnelsystem führt von unserem Gelände bis zum Gelände von Team zwei und verbindet sämtliche Häuser miteinander. Jeder Tunnelabschnitt hat im Abstand von jeweils sechs Metern einen Aktivierungsschalter, und wir können ganz gezielt bestimmte Abschnitte in die Luft jagen.
Sie prägte sich jede Abzweigung ein, die sie nahmen, und wo jeder Ausstieg über ihren Köpfen war, falls sie fliehen mussten. Es gab keine Leitern, aber sie konnte den Unterschied in der Luft fühlen und gerade so die schwarz gestrichenen Griffe über ihrem Kopf erkennen. Bisher hatte sie an fünf Stellen einen Weg an die Oberfläche identifiziert. Sie wusste noch nicht, wie man diese Ausstiege benutzte, aber sie war froh, dass sie da waren. Die Benutzung von Tunneln konnte große Vorteile mit sich bringen, aber sie konnten auch entsetzliche Fallen sein.
Gehören diese Handgriffe zu Falltüren, die an die Oberfläche führen?
Ja. Man muss hochspringen, um sie zu erreichen. Man muss die Griffe packen, sich hochschwingen und die Füße auf der Falltür platzieren. Dann stemmt man sie nach oben und drückt die Falltür auf.
Das heißt, nur jemand mit genetisch gesteigerter Kraft kann diese Türen öffnen?
Er warf ihr einen Blick über seine Schulter zu und taxierte offensichtlich ihre Körpergröße und ihre Kraft. So ist es. Und man muss wissen, dass sie da sind. Er kam keinen Moment lang aus dem Takt, während er sich im schnellen Laufschritt durch den langen Tunnel zum Haupthaus begab.
Ich kriege das hin. Vergiss nicht, dass ich Katzen-DNA habe, beruhigte sie ihn.
Ich war ziemlich sicher, dass du keine Schwierigkeiten damit haben würdest. Aus seiner Stimme war Zustimmung und sogar Stolz herauszuhören. Diese Abzweigung führt zu dem Haus von Jack und Ken Norton. Es liegt höher oben auf dem Berg, und daher führt der Weg aufwärts. Es ist ziemlich weit weg, aber falls du jemals dorthin gehen musst, ohne gesehen zu werden, ist das der beste Weg. Die Bodenbeschaffenheit und die Bäume über uns verhindern, dass jemand die Tunnel vom Himmel aus findet. Hier unten kann man sich frei bewegen. Das Tunnelsystem könnte praktisch sein, wenn wir ein Haus voller Kinder haben.
Das Gelächter in seiner Stimme wärmte sie. Sam Johnson war kein Wegwerfartikel, und wenn General Ranier eingewilligt hatte, sein Leben für einen Diamanten einzutauschen, den Whitney brauchte, dann würde der General sehr schnell sterben.
Sam blieb so abrupt stehen, dass sie tatsächlich in ihn hineinrannte. Er riss seinen Kopf herum und packte ihre Oberarme so fest, dass sie blaue Flecken bekommen würde. »Du wirst den General nicht anrühren. Egal, aus welchem Grund.« Er schüttelte sie tatsächlich.
Ein Schauer durchlief sie, als sie seinen Tonfall hörte. Sie wehrte sich nicht gegen seinen Griff, sondern blickte fest zu ihm auf. »Ich würde dich mit meinem Leben beschützen, sogar vor dir selbst, Sam. Falls dieser Mann dich verrät …«
»Dieser Mann ist der einzige Vater, den ich je gekannt habe.«
»Whitney ist der einzige Vater, den Lily je gekannt hat«, hob sie hervor, denn sie weigerte sich, zurückzuschrecken oder der Wahrheit auszuweichen. »Ich hoffe, dass dein Vater alles ist, wofür du ihn hältst, Sam, aber im Laufe unserer Nachforschungen hat es kleine Hinweise darauf gegeben, dass er mit Whitney zusammenarbeitet.«
»Ihr habt Nachforschungen über den General angestellt? Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon, wer er wirklich ist? Was er diesem Land gegeben hat?«, fragte Sam schroff.
»Sam, darum geht es eigentlich gar nicht, stimmt’s?« Sie blieb äußerlich sehr ruhig, doch zugleich wurde ihr erstmals bewusst, dass sie eine Menge zu verlieren hatte. »Du weißt, dass ich hinter Whitney her bin und dass ich versuche, seine Verbindungen zur Legitimität zu kappen, insbesondere zum Militär. Was würdest du dir wünschen, was geschehen sollte, falls du herausfindest, dass er nicht nur dich, sondern dein ganzes Team verrät?«
»Willst du damit sagen, wenn Daiki oder Eiji dich verrieten, würdest du von mir wollen, dass ich sie töte?«
»Ich würde hoffen, dass du mir diesen großen Kummer ersparen wollen würdest«, gestand sie.
Sam machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch er schloss ihn wieder und ließ langsam ihre Arme los, als merkte er jetzt erst, wie fest er sie umklammert hielt. »Ich will nicht glauben, dass er dazu fähig ist, die Männer zu verraten, die seinem Befehl unterstellt sind«, gab er widerstrebend zu. »Ich sollte meine Wut nicht an dir auslassen. Ich glaube wirklich an ihn, aber ab und zu bewirkt eine Kleinigkeit, dass ich an ihm zweifle, und dann bin ich wütend auf mich selbst. Es geht nicht um dich, Azami.«
Sie legte ihre Arme um ihn und hielt ihn einen Moment fest. »Das weiß ich doch.«
Er drückte einen Kuss auf ihr Haar. »Wir müssen uns beeilen.«
»Dann lauf los, ich bin dicht hinter dir.« Ihre Erleichterung war überwältigend. Ihr erster Streit, und er hatte ihr nicht gesagt, sie solle aus seinem Leben verschwinden.
Sie war immer noch dieses weißhaarige Kind, das damit rechnete, weggeworfen zu werden. Ihr Vater hatte ihr immer gesagt, ihre Vergangenheit würde sie heimsuchen und sie müsse dagegen ankämpfen. Die Vergangenheit gestaltete die Zukunft. Wie viele Male hatte er das zu ihr gesagt? Sie hoffte, es machte ihm keine Schande, dass sie immer noch Beteuerungen brauchte, sie sei etwas wert.
Sie sprintete hinter Sam her, der sich jetzt rascher voranbewegte, und fertigte automatisch in Gedanken eine Skizze der Tunnel an, für den Fall, dass sie das Tunnelsystem jemals benutzen musste. Der Boden war zwar abschüssig, doch das Gefälle war so gering, dass sie mühelos rennen konnten. Die gebogenen Tunnelwände waren dick und bestanden aus Beton und Stahl. Lily hatte bei der Anlage der Fluchtwege keine Kosten gescheut.
Der Tunnel kam im Haupthaus heraus, wo sich das Team bereits versammelt hatte. Sie waren alle bewaffnet, um ihre Häuser zu verteidigen.
»Ein Hubschrauber ist im Anflug«, sagte Ryland, als sie eintraten. Er blinzelte nicht einmal, als er sah, dass Azami bewaffnet war.
»Ich hole meinen Bogen«, sagte sie und rannte zu ihrem Zimmer.
»Es scheint General Ranier zu sein, obwohl er keinen Besuch bei uns eingeplant hatte und seine Besuche in der Vergangenheit immer angekündigt hat«, sagte Ryland und sah Sam an.
Sam schüttelte den Kopf. »Er hat keinen Kontakt zu mir aufgenommen.«
Als Azami zu ihrem Zimmer eilte, fiel ihr auf, dass sich niemand in den Fluren aufhielt und dass Lily und Daniel fort waren. Sämtliche Computer waren runtergefahren, und in dem Gebäude herrschte eine gespenstische Stille, obwohl hier zehn Männer zum Kampf bereit waren. Sie schnappte sich ihren Bogen und die Pfeile und schulterte sie gemeinsam mit ihrer Armbrust, ehe sie wieder zur Einsatzzentrale raste.
Sam war inzwischen bereits fort, um einen Teil des Geländes zu bewachen, ebenso wie die anderen. »Was kann ich tun? Ich bin telepathisch begabt, das heißt, Sie können mir Ihre Befehle auch ohne Funkgerät übermitteln«, sagte sie zu Ryland.
»Sie sind ein geachteter Gast in diesem Haus.«
»Ich bin Schattengänger«, sagte sie. »Und Sams Frau. Lassen Sie mich helfen. Ich bin draußen besser als drinnen.« Zum ersten Mal hatte sie tatsächlich ein Zugehörigkeitsgefühl und war bereit, für das zu kämpfen, was richtig war.
»Übernehmen Sie die Ostseite des Dachs. Ich werde die anderen verständigen, dass Sie dort sein werden.«
Azami wartete nicht erst ab, ob er es sich noch einmal anders überlegen würde, sondern sprintete zur Ostseite des Gebäudes. Sie drang mit ihrem Geist in Sams Geist ein und konnte auf diese Weise hören, dass Ryland Befehle erteilte und die Nachricht weitergab, dass sie gemeinsam mit ihnen das Anwesen verteidigen würde.
Der Hubschrauber ist gelandet.
Das war der, den sie Nico nannten.
Nur General Ranier und der Pilot. Niemand sonst in Sicht. Er hat nicht einmal seinen Adjutanten mitgebracht. Keine Bordschützen. Er ist allein, Rye.
Kaden, hol ihn ab. Nico, behalte den Piloten im Auge.
Azami begab sich trotz des Umstandes, dass es so aussah, als sei alles in Ordnung, aufs Dach. Sie wollte sich ein Bild vom Grundriss des Anwesens und der Anordnung der Gebäude machen und selbst sehen, wie viel Deckung zur Verfügung stand. Offensichtlich waren auch beim Bau des Dachs Gefechte berücksichtigt worden. Es gab zahlreiche Stellen, an denen ein Soldat in Deckung bleiben und doch das Dach und das Gelände um ihn herum verteidigen konnte. Sie konnte den Hubschrauber auf dem Landeplatz etliche Meter von dem eigentlichen Gelände sehen. Kaden rannte neben dem Mann her, den sie bisher nur auf Bildern gesehen hatte. General Ranier. Sie hoffte wirklich, dass der Mann so anständig war, wie Sam glaubte.
Alles klar. Versammelt euch in der Einsatzzentrale. Nico, behalte den Piloten im Auge.
Der Befehl ertönte ein paar Minuten nachdem der General im Haus verschwunden war. Azami war nicht sicher, ob der Befehl auch ihr galt, aber sie machte sich auf den Weg zur Einsatzzentrale. Wenn sie sie rauswarfen, würde sie eine andere Möglichkeit finden, sie zu belauschen. Daiki hatte bei ihrer ersten Führung durch das Gebäude heimlich winzige Kameras und Sender angebracht. Die Kameras ermöglichten es ihr, sich ohne Furcht vor Verletzungen per Teleportation umherzubewegen. In den meisten Räumen brauchte sie die Kameras nicht, da sie die Koordinaten inzwischen im Kopf hatte, doch sie hatten ihre Geräte noch nicht wieder abmontiert, obwohl die Schattengänger zwei der Kameras gefunden hatten.
Sie betrat die Einsatzzentrale nach Art der Samurai, still, aber mit grenzenlosem Selbstvertrauen. Der General blickte auf, zog die Stirn in Falten und wandte sich an Ryland.
»Das ist Azami Yoshiie. Sie ist ein Schattengänger, Sir«, sagte Ryland. »Sie ist eine von uns.«
»Und sie ist mit mir verlobt«, fügte Sam hinzu. »Wir werden heiraten, sobald es sich einrichten lässt.«
Der General sah aus, als hätte ihm Sam einen Knüppel über den Schädel gezogen. »Wovon zum Teufel sprichst du? Wir sitzen schon tief genug in der Tinte, wenn du nicht obendrein noch den Verstand verlierst, Junge.«
»Ich bin ein Mann, Sir«, verbesserte ihn Sam. »Ich bin schon seit langer Zeit erwachsen. Azami und ich wollen bald heiraten. Ich fand, Sie sollten das wissen. Sie wird uns von Nutzen sein. Sie besitzt große Kampferfahrung.«
»Ihr gehört eine der größten Satellitenfirmen auf Erden«, verbesserte ihn Ranier. »Sie ist Unternehmerin, nicht eine von uns.« Seine Stimme klang schroff, fast schon grob.
Azamis Haltung war gesittet und gefasst, und sie beobachtete ihn weiterhin unbeirrt. Sie interessierte nur, was er hier vorhatte, nicht, was er über sie sagte. Sein Besuch fiel offensichtlich aus dem Rahmen. Obwohl sie ihn kannten und um den Tisch herum Platz genommen hatten, waren die Männer noch in Alarmbereitschaft und auf alles gefasst.
»Sir, was führt Sie zu uns?«, fragte Ryland.
Der General funkelte Sam noch eine Weile finster an, ehe er seufzte. »Das ist Verschlusssache. Sie wissen sehr wohl, dass ich nicht in Anwesenheit einer Zivilistin darüber reden kann.«
Sam machte den Mund auf, um zu protestieren, doch Azami neigte den Kopf und verließ augenblicklich den Raum. Es war zwecklos, Einwände zu erheben. Sie raste schleunigst in ihr Zimmer und schaltete sofort den kleinen Monitor an, um zu beobachten, was sich ereignete.
Der General zog einen Packen Papiere aus seiner Jacke. »Deshalb bin ich hergekommen.« Seine Stimme war grimmig, als er die Papiere vor Ryland auf den Tisch knallte.
Ryland nahm sie langsam in die Hand, überflog sie rasch und reichte sie an Kaden weiter. »Ich wähle für jede Mission mein eigenes Team, General. Das ist Ihnen bekannt.«
Azami überraschte es, dass Ryland jeden Argwohn aus seiner Stimme fernhalten konnte. Ihr wurde schwer ums Herz. Die Befehle für den Einsatz im Kongo waren erteilt worden, da war sie ganz sicher, und dem, was Ryland gerade gesagt hatte, war zu entnehmen, dass der General ausdrücklich bestimmt hatte, Sam solle mitgehen, wie sie es vorhergesagt hatte. Ihr Herz litt mit ihm, doch ihre Entschlossenheit, ihn zu beschützen, geriet nicht ins Wanken.
»Genau«, brüllte der General. »Was glauben Sie denn, warum ich hier bin? Ich habe versucht, diesen Befehl in der Befehlskette nach oben zu verfolgen, aber plötzlich sagt keiner mehr ein Wort. Ich kann verstehen, dass ein Team in den Kongo geschickt werden soll, um Fahrzeuge und Artillerie zu zerstören und um den derzeitigen Anführer auszuschalten, diesen Idioten, der sich General Armine nennt, und auch den, der ihm die Führung der Rebellenarmee streitig machen will, Eudes Ekabelas Bruder Ezekial. Beide müssen aus dem Weg geräumt werden, wenn der Präsident dieses Landes die Lage jemals festigen will.«
»Sie wollen beide Männer ausgeschaltet haben?«, fragte Ryland.
Der General nickte. »Sie wollen, dass diesem Völkermord dort Einhalt geboten wird, und die zerlumpte Rebellenarmee scheint einfach nur alles zu zerstören und wegzurennen. Verschwinden, das können sie gut. Sie hindern die UN daran, die Menschen mit Nahrung zu versorgen, die besonders dringend etwas zu essen brauchen, obwohl die Rebellen, wenn Sie mich fragen, auch die Diamantenminen halten und der Präsident sie wieder an sich bringen will, was für ihn wahrscheinlich ein größerer Motivationsfaktor ist, Hilfe zu erbitten.«
»Und was ist mit der Abholung?«, fragte Ryland.
»Ekabela hat ein streng gehütetes Paket, einen großen Diamanten. Er behauptet, er würde ihn aushändigen, wenn Armine ermordet wird und er die Führung der Rebellen an sich reißen kann. Er hat einen Zeitpunkt und einen Ort ausgehandelt, wo Sie ihn treffen und das Paket entgegennehmen werden. Sie wollen, dass Sam sich mit ihm trifft.«
Ryland schnaubte missbilligend. »Sam ist der Scharfschütze, der seinen Bruder Eudes getötet hat.«
Der General nickte. »Das sollte er nicht wissen. Diese Information sollte er nicht haben, aber warum will er ausdrücklich Sam, wenn er es nicht weiß?«
»Das ist eine gute Frage, Sir«, sagte Ryland. »Nico übernimmt die meisten Scharfschützeneinsätze für uns. Es ist nicht einleuchtend, dass jemand ausdrücklich Sam verlangt.«
Der General zog ein weiteres Blatt Papier aus seiner Innentasche und schob es Ryland über den Tisch zu. »Das ist der Name des Mannes, von dem ich glaube, dass er diese Befehle ausgegeben hat. Ich bin abgeblockt worden, wo auch immer ich gefragt habe, aber dieser Mann war in meinem Büro, und beide Male, als wir, nachdem er fort war, nach Wanzen gesucht haben, haben wir sie gefunden. Ich weiß, das klingt verrückt, aber ich bin ihm zweimal auf Wohltätigkeitsveranstaltungen begegnet, die Whitney abgehalten hat. Ich glaube, er ist ein früherer Spießgeselle von Whitney und sie haben noch Kontakt. Ich weiß nicht, was diese Befehle zu bedeuten haben, aber ich weiß, dass von uns erwartet wird, dass wir sie ausführen.«
Azami konnte sehen, dass Ryland den Namen stirnrunzelnd ansah, doch er sprach ihn nicht laut aus. Es gab etliche Menschen, die sie verdächtigte, Whitney zu unterstützen, und die sie deswegen unter Beobachtung gestellt hatte.
»Wer ist das?«, fragte Ryland.
»Er arbeitet für die CIA und ist von Kinshasa aus tätig. Er steht sich gut mit dem Präsidenten dort, und daher wäre es einleuchtend, dass der Befehl von ihm kommt, aber ich konnte keine Bestätigung dafür einholen, was keinesfalls einleuchtend ist. Man sollte mir diese Informationen nicht vorenthalten. Hier stimmt etwas nicht, Rye.« Er holte Atem und vermied es, Sam in die Augen zu sehen. »Ich will, dass Sie Sam hierbehalten. Ich übernehme die Verantwortung dafür, dass der Befehl in dem Punkt nicht ausgeführt wird.«
Erleichterung durchflutete Azami. Der General hätte versuchen können, den Verdacht auf eine andere Person zu lenken, wenn er noch mit Whitney befreundet war, doch er liebte seinen Ziehsohn mit Sicherheit.
»Sir«, setzte Sam an.
Ryland warf ihm einen warnenden Blick zu. »Das ist nicht nötig, Sir. Sam ist in dem Kampf mit den Männern verwundet worden, die versucht haben, die Familie Yoshiie an sich zu bringen. Er ist nicht in Form für einen Einsatz.«
Der General lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und legte beide Hände flach auf den Tisch. »Sie hielten das nicht für eine Information, die ich hätte haben wollen?«
»Ich war besorgt, Ihr Büro könnte …«, Ryland zögerte, ehe er sich entschloss fortzufahren »… kompromittiert sein. Sie werden mit Sicherheit von jemandem beobachtet. Wir wollten nicht, dass Sams Verletzungen bekannt werden. Wenn er nicht gut auf die Operation angesprochen hätte, hätten wir Sie selbstverständlich benachrichtigt, damit Sie herkommen.«
»Azami hat ihm das Leben gerettet, Sir«, fügte Kaden hinzu.
»Das nächste Mal werden Sie mich benachrichtigen, wenn mein Junge auch nur einen Kratzer abkriegt«, fauchte der General.
Azami stellte fest, dass sie lächelte. Seine Wut war aufrichtig. Das konnte er nicht heucheln.
»Und wie gehen wir jetzt damit um, Rye?«, fragte General Ranier.
»Wir befolgen die Befehle, Sir. Wir gehen in den Kongo«, sagte Ryland.
»Das ist ein verdammter Hinterhalt«, betonte Ranier. »Daran besteht für mich kein Zweifel. Sie brauchen sich doch nur Ken Norton anzusehen, dann wissen Sie, was diese Rebellen ihren Gefangenen antun.«
»Ich vermute, der Trick wird darin bestehen, uns nicht erwischen zu lassen«, sagte Ryland.
Der General machte einen Moment lang den Eindruck, als könnte er Einwände erheben, doch dann wandte er seinen Blick stattdessen Sam zu, und seine buschigen Augenbrauen zogen sich finster zusammen. »Was ist das für ein Unsinn mit dieser Heirat?«
Sam grinste seinen Ziehvater an, und seine Miene hellte sich auf. »Ich werde sie schleunigst heiraten, bevor sie Zeit findet, darüber nachzudenken, welch ein Irrsinn es ist, einen Soldaten zu heiraten, Sir.«
»Du kennst diese junge Frau überhaupt nicht.«
»Ich kenne sie besser, als die meisten Männer die Frau kennen, mit der sie zwanzig Jahre zusammengelebt haben.«
Azami wusste, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Er war in ihrem Inneren gewesen und hatte ihren Charakter gesehen, ebenso, wie auch sie seinen Charakter gesehen hatte. Das war nicht immer unbedenklich, denn je näher sie einander kamen und je öfter sie sich einander öffneten, desto leichter glitt gewissermaßen einer von beiden unbemerkt von seinem Partner in den anderen und schlüpfte ebenso unbemerkt wieder hinaus. Aber seit sie diese innere Verbindung erstmals aufgenommen hatten, war es ihr unmöglich, ohne ihn nicht einsam zu sein.
Der General schnaubte. »Machst du dir überhaupt eine Vorstellung davon, wie reich diese Frau ist? Du bist Soldat.«
Sam lächelte ihn einfach nur an.
Der General stieß sich vom Tisch ab. »Ich sehe schon, dass mein Versuch, dich davon abzuhalten, zu nichts führt. Du musst auf jeden Fall mit ihr zu Besuch kommen, damit deine Mutter sie sieht.« Seine Stimme war sehr barsch. »Und du wirst dieses Anwesen unter keinen Umständen verlassen, während dein Team im Kongo ist.« Er wandte sich an Ryland. »Ich will, dass Sie Ihr Team zusammenstellen und sich peinlich genau an diese Anweisungen halten. Schalten Sie diese Rebellenhorde aus. Entfernen Sie ihre Anführer, nehmen Sie das Paket in Empfang, nehmen Sie ihnen ihre Fahrzeuge und ihre Waffen ab, und bringen Sie Ihre Männer bis auf den letzten zurück, jeden Einzelnen. Das ist ein direkter Befehl von mir. Haben wir uns verstanden?«
»Ja, Sir«, erklärte sich Ryland einverstanden und salutierte.