Unterwegs mit der Familie

Es gibt nichts Abwechslungsreicheres als Autofahrten im Kreis der Familie. Kaum bin ich zehn Meter gefahren, stößt die beste Ehefrau von allen ihren ersten schrillen Schrei aus: »Rot! Rot!« Oder: »Ein Radfahrer! Gib auf den Radfahrer acht!«

Diese Begleittexte kommen immer paarweise: der erste mit einem Ausrufezeichen, der zweite im Kursivdruck. Früher versuchte ich meiner Gattin beizubringen, dass ich seit meiner Kindheit einen Führerschein besitze und noch kein einziges Mal gegen die Verkehrsordnung verstoßen habe, dass ich ebenso viele Augen habe wie sie, vielleicht sogar mehr, und dass ich sehr gut ohne ihre Ausrufezeichen auskommen kann.

Seit einigen Jahren habe ich es aufgegeben. Es hilft nichts. Genauso gut könnte man den Arabern zureden, sich mit der Existenz Israels abzufinden. Sie hört mir einfach nicht zu. Sie selbst hat schon elf Verkehrsstrafen bekommen, aber an denen bin ich schuld. Es kommt vor, dass wir durch eine völlig menschenleere Straße fahren – und plötzlich dringt ihr Schreckensruf an mein Ohr: »Ephraim! Ephraim!«

Ich reiße das Steuer herum, gerate auf den Gehsteig, stoße zwei Koloniakübel um und krache in den Rollbalken einer Wäscherei. Dann stelle ich die Reste des Motors ab und blicke um mich. Weit und breit ist nichts und niemand zu sehen. Die Straße ist so verlassen wie der unwirtlichste Teil der Negev-Wüste.

»Warum hast du geschrien?«, erkundige ich mich und füge im Kursivdruck hinzu: »Warum hast du geschrien?«

»Weil du unkonzentriert gefahren bist. Überhaupt – wie du fährst! Wie du fährst!« Und sie schnallt demonstrativ ihren Sicherheitsgurt enger.

Die Kinder nehmen natürlich Partei für Mami. Das erste Tier, das meine kleine Tochter Renana erkennen lernte, war ein Zebrastreifen. Ein Zebrastreifen! Auch ihr Großvater stellt oft und gerne fest, dass ich wie ein Verrückter fahre. Wie ein Verrückter! Neulich nahm er mich zur Seite, um von Mann zu Mann ein paar mahnende Worte an mich zu richten.

»Du hast schon Sorgen genug, mein Junge. Du bist ein schöpferischer Mensch. Du denkst beim Fahren an alles Mögliche. Warum überlässt du es nicht meiner Tochter?«

Auch die Kinder haben es schon gelernt. »Papi«, tönt es von den Hintersitzen, »du bist nicht konzentriert. Lass doch Mami … lass doch Mami …«

Diese entwürdigenden Sticheleien setzen sich zu Hause fort: »Es ist nur Papi«, ruft mein rothaariger Sohn Amir in die Küche. »Nichts ist passiert.« Warum soll etwas passiert sein? Und warum »nur« Papi?

Und ihre Mutter unterstützt sie noch. »Ich würde lachen, wenn dich jetzt ein Verkehrspolizist erwischt! Ich würde lachen!« Oder: »Das kostet dich den Führerschein! Das kostet dich den Führerschein!«

Nach eigener Aussage kann sie sich nur entspannen, wenn sie selbst fährt. Manchmal entwindet sie mir das Lenkrad mit Gewalt und unter lautem Beifall der restlichen Familie. Bisher ist sie zweimal mit je einem Fernlaster zusammengestoßen, einmal mit einem Klavier, hat mehrere Parkuhren umgelegt und ungezählte Katzen überfahren.

»Weil deine wilde Fahrerei mich ansteckt«, erklärt sie. Neuerdings beteiligt sich sogar unsere Hündin Franzi an der Verschwörung gegen mich. In jeder Kurve steckt sie den Kopf zum Fenster hinaus und bellt laut und scharf: »Wau! Wau!« Zweimal. Das zweite Mal im Kursivdruck. Sie will, so dolmetscht sie, zum Ausdruck bringen, dass ich das Lenkrad mit beiden Händen halten soll. Wie jeder andere. Wie jeder andere!

Es gibt auch rückwirkende Kritik. Zum Beispiel passiere ich glatt und anstandslos zwei Fußgänger und werde nach ein paar Metern vorwurfsvoll gefragt: »Hast du sie gehen? Hast du sie gesehen?«

Natürlich habe ich sie gesehen. Natürlich habe ich sie gesehen. Sonst hätte ich sie ja niedergefahren oder wenigstens gestreift, nicht wahr?

»Was machst du denn, um Gottes willen!«, lautet der nächste Mahnruf. »Was machst du?«

»45 Kilometer in der Stunde.«

»Du wirst doch noch einmal im Krankenhaus enden. Oder im Gefängnis. Oder im Gefängnis!«

Sie selbst fährt durchschnittlich 120 Stundenkilometer, was ungefähr der Schnelligkeitsrate ihrer Kommentare entspricht. Unlängst riss sie den Wagen an sich, sauste zum Supermarkt und wurde unterwegs von einer Verkehrsampel angefahren. Sie kroch unter den Trümmern hervor, blass, aber ungebrochen, und seit diesem Ereignis folgt mir ihr vorwurfsvoller Blick auf Schritt und Tritt.

»Stell dir vor, du armer Kerl«, will dieser Blick bedeuten, »stell dir vor, was für ein Unglück es gegeben hätte, wenn du gefahren wärst.«

Ich bin nach längerem Nachdenken zu dem Entschluss gekommen, mir die bewährte »Do-it-yourself«-Methode anzueignen, und tatsächlich geht es jetzt viel besser. Um meiner Familie jede Aufregung zu ersparen, warne ich selbst: »Nach 50 Metern kommt ein Stoppzeichen«, verlautbare ich bei einer Stundengeschwindigkeit von 30 Kilometern. »Ein Stoppzeichen nach 50 Metern!« Oder: »Nicht bei Gelb, Ephraim! Nicht bei Gelb!« Und wenn ich eine harmlose Kurve genommen habe: »Wie ich fahre! Wie ich fahre!«

Auf diese Weise herrscht in meinem Wagen nun doch eine Art von Frieden. Die beste Ehefrau von allen sitzt mit zusammengepressten Lippen neben mir, die Kinder verachten mich stumm, der Hund bellt zweimal, und ich fahre langsam, aber sicher aus der Haut.