17
Conner war nervös. Damit hatte er nicht gerechnet, obwohl er eine gewisse Aufregung einkalkuliert hatte. Doch umgeben von einem überraschend zahlreichen Publikum wurde ihm im Angesicht des Richters plötzlich etwas mulmig. Rio grinste ihn unentwegt an und zu Leonardo und Felipe sah er besser gar nicht erst hinüber. Selbst Elijah hatte ihm ein amüsiertes Lächeln zugeworfen, ehe er losging, um Wache zu schieben. Conner steckte einen Finger hinter seinen Kragen, um ihn etwas zu lockern, und richtete sich noch einmal die Krawatte. Letztendlich war das Ganze seine Idee gewesen, also konnte er sich jetzt nicht aus dem Staub machen.
Außerdem wollte er Isabeau ja wirklich heiraten. Das war es nicht, was ihn nervös machte. Aber was geschah, wenn sie ihre Meinung geändert hatte? Er hätte sie nicht so sehr drängen dürfen. Isabeau war noch jung, fast zehn Jahre jünger als er, und behütet aufgewachsen. Und was hatte er getan? Er hatte sich in ihr Leben eingemischt, ihren Vater als Verbrecher entlarvt, ihr enthüllt, dass sie adoptiert worden war, und sie dann in eine sehr gefährliche Situation gebracht. Conner holte tief Luft und wischte sich die schweißnassen Hände an den Oberschenkeln ab. Zugegeben, Isabeau war diejenige gewesen, die sein Team für diesen Auftrag angeheuert hatte, aber natürlich hätte er, sobald er von seinem Bruder erfuhr, sowieso etwas unternommen; er hätte sie besser schützen können und müssen …
Die Musik setzte ein. Gedämpftes Gemurmel erhob sich. Conner wandte den Kopf, und sein Herz stockte. Der Anblick war atemberaubend. Im Türrahmen stand Isabeau, ihre behandschuhte Hand ruhte in Docs Armbeuge. Sie trug ein bodenlanges Kleid, das ihre Kurven perfekt zur Geltung brachte. An Hals und Ohren funkelten Diamanten. Sie wirkte ätherisch, wie eine Märchenprinzessin, so wunderschön, dass Conners Augen brannten und seine Kehle trocken wurde. Sein Herz schaffte es, wieder in Gang zu kommen, und begann, in der Brust zu hämmern. In seinem Kopf dröhnte es, und seine Bauchmuskeln krampften. Ihr störrisches Haar war elegant frisiert, verlieh ihr jedoch nach wie vor einen Hauch vom Ungezähmten, der das Pochen in seinen Lenden noch verstärkte.
Conner merkte, dass ihm der Mund offen stand und er Isabeau mit den Augen verschlang, aber er konnte nicht anders. Es war ihm unmöglich, den Blick von der Erscheinung im Türrahmen abzuwenden. Eine Mischung von Gefühlen überwältigte ihn, vor allem Demut, dass sie ihn noch lieben konnte nach dem, was er getan hatte – und vielleicht noch tun musste. Sie bedeutete ihm alles, und er wusste, dass ihm diese Tatsache deutlich ins Gesicht geschrieben stand, doch er konnte es nicht verbergen. Er versuchte es nicht einmal.
Mary in der ersten Reihe schluchzte, und einige andere Frauen betupften sich die Augen. Einer der Männer putzte sich lautstark die Nase. Dann ging Isabeau los, auf ihn zu, ohne ihn aus den Augen zu lassen, und Conners Liebe zu ihr wuchs mit jedem Schritt, bis er glaubte, platzen zu müssen. Er wusste nicht, ob jeder Bräutigam sich so fühlte, aber in seiner Welt, in der es ständig um Leben oder Tod ging und er schlimme Dinge sah, war dieser Moment im Kreis von Freunden und guten Menschen einfach perfekt.
Er schaute kurz zu Rio hinüber, um sich zu vergewissern, dass er das Wichtigste dabeihatte, den Ring. Eine Freundin von Doc, eine ältere Frau namens Monica Taylor, hatte mehrere Kästchen vorbeigebracht, aus denen er einen Ring für seine Braut wählen durfte. Nie zuvor hatte Conner so schöne Schmuckstücke gesehen, und als er herausfand, dass Monica sie selbst entworfen hatte, wuchs seine Hochachtung noch, denn ihre Hände waren arthritisch verkrümmt und verknotet, und als sie ihm die Ringe gezeigt hatte, zitterten sie.
Rio schien Conners Ansinnen zu verstehen, nickte und klopfte beruhigend auf seine Jackentasche, damit sein Freund sich auf die Braut konzentrieren konnte, die durch den Mittelgang schritt. Conner wünschte, der Augenblick, in dem dieses Bild von einer Frau auf ihn zukam, ginge niemals vorüber. Alles andere wurde unwichtig. Selbst sein Selbsterhaltungstrieb. Dabei war er dazu erzogen worden, immer – unter allen Umständen – wachsam zu sein. Ein Teil von ihm war sich stets seiner Umgebung bewusst, ständig verteidigungsbereit, doch in jenem Augenblick war nicht nur seine Aufmerksamkeit, sondern auch die seines Leoparden ganz auf Isabeau konzentriert.
Wie aus weiter Ferne hörte Conner, wie der Richter fragte, wer diese Frau diesem Mann übergeben wolle. Doc murmelte eine Antwort und legte Isabeaus Hand in seine. Sofort schloss Conner seine Finger um ihre, und er zog sie an sich. Dann beugte er sich zu ihr hinab und sah sie an.
»Du bist wunderschön, Isabeau. Ich danke dir für das alles hier.«
Ihre Lider flatterten. Sie wirkte geradezu schüchtern. Als ihre Finger sich um seine Hand schlossen, machte Conners Herz einen Satz. Nie im Leben hatte er einem anderen Wesen gegenüber einen so starken Beschützerdrang verspürt. Er zog Isabeau eng an sich, dann wandten sie sich gemeinsam dem Richter zu. Er wollte sie am liebsten in seine Wärme und seinen Duft einhüllen, damit sie von ihm ebenso erfüllt war wie er von ihr.
Als Conner den Richter über den heiligen Bund der Ehe reden hörte, begriff er seine Gefühle endlich. Isabeau war seine andere Hälfte. Sie brauchten einander, um komplett zu sein. Sie hatten sich gegenseitig erwählt, um alles miteinander zu teilen – das Gute wie das Schlechte. Letzteres kannten sie schon. Sie waren bösen Menschen begegnet – aber auch freundlichen. Und sie hatten sich entschlossen, zusammen durchs Leben zu gehen. Er wollte es für sie so schön wie möglich machen.
Sie sah ihm in die Augen, als sie mit leiser, fester Stimme ihr Versprechen gab. Conner klang klarer, zuversichtlicher, ganz so, wie er sich fühlte. Mit jeder Minute, die die Trauungszeremonie voranschritt, wurden die Bande, die sie einten, stärker, bis sie eine untrennbare Verbindung eingegangen waren. Isabeau wirkte ein wenig erstaunt, als er ihr den Handschuh abstreifte und den Ring über ihren Finger schob. Überrascht sah sie zu ihm auf, dann suchte sie Monicas Blick und bedankte sich glücklich lächelnd mit einem leichten Kopfnicken.
Während die anderen aufstanden und klatschten, nahm Conner Isabeau in die Arme, zog sie an seine Brust und besiegelte ihren Schwur mit einem Kuss. Rio klopfte ihm auf den Rücken, und Felipe und Leonardo folgten seinem Beispiel derart überschwänglich, dass Conner fast die Luft wegblieb.
Er küsste Isabeaus Fingerspitzen. »Du siehst unglaublich schön aus.« Conner sog ihren Körperduft ein; sie roch nach Kirschblüten und wie ein frischer Wald nach einem Regenguss.
»Die Frauen haben mir geholfen. Sie waren einfach wundervoll.«
Isabeau sah so glücklich aus, dass Conner sie noch einmal küsste und sich insgeheim schwor, irgendeinen Weg zu finden, sich bei den Menschen aus dem Tal zu revanchieren. Sie hatten diesem Tag etwas Magisches verliehen. Ihre Freigiebigkeit schien schier grenzenlos zu sein. Bei der Gratulation drückte jeder Hochzeitsgast dem Brautpaar ein kleines Geschenk in die Hand, alle waren liebevoll selbst gemacht und samt und sonders unbezahlbar. Ein scharfes Jagdmesser, das Metall gefaltet und geschliffen, dass die Klinge glänzte. Ein Pullover für Conner. Eine Jacke mit passendem Schal für Isabeau, die Wolle dafür war im Tal gesponnen und gefärbt worden. Isabeaus persönliches Lieblingsstück war ein kleines bronzenes Standbild von einem Leopardenpärchen, wobei das Männchen wachsam und schützend über dem Weibchen stand, das den Kopf an seinem Hals rieb. Sie fand die Statue so schön, dass ihr ein dicker Kloß in den Hals stieg.
Um die beiden herum begannen die Stimmen sich zu verwirren, und die Musik setzte wieder ein. Die Tische waren mit einem herrlich duftenden Buffet beladen, und mehrere Frauen brachten Elijah abwechselnd Essen und Kaffee, denn er patrouillierte auf dem Grundstück und im nahen Wald, um für die allgemeine Sicherheit zu sorgen. Marcos flirtete ungeniert mit den Damen, und lautes Gelächter schallte durch das Tal.
Conner zog Isabeau in die Arme, die Musik ging ihm ins Blut. Sie hatte den gleichen Rhythmus wie sein Herzschlag. Sie passten nahtlos zusammen, und Conner ließ sich Isabeaus Duft auf der Zunge zergehen. Dann legte er eine Wange an ihr weiches, seidiges Haar und wiegte sich einfach langsam mit ihr im Takt.
»Kaum zu glauben, was diese Menschen für uns getan haben, Conner«, sagte Isabeau. »Ich hatte Angst, dass ich mich einsam und traurig fühlen würde, aber sie haben uns einen zauberhaften Tag beschert.« Sie legte den Kopf in den Nacken, um Conner anzusehen. »Das haben sie für deine Mutter getan, für Marisa. Sie ist hier bei uns. Alle haben sie geliebt, deshalb haben diese Leute uns aufgenommen und wie Familienmitglieder behandelt.«
»Meine Mutter war eine Zauberin«, stimmte Conner zu. »Sie brachte es fertig, dass jeder Mensch sich bedeutend fühlte, vielleicht, weil die Menschen ihr wirklich wichtig waren. Ich habe sie nie ein böses Wort sagen hören. Sie hat Mateo angenommen und wie ihr eigenes Kind aufgezogen. Und wenn ich sage, ›wie ihr eigenes‹, meine ich, dass sie ihn genauso geliebt hat wie mich. Von ganzem Herzen.« Conner drückte Isabeau fester an sich. »Ich bin froh, dass du die Gelegenheit hattest, sie kennenzulernen.«
»Du bist ihr sehr ähnlich, Conner.«
»Wirklich?« Es war eine ernst gemeinte Frage. Voller Hoffnung. »Ich hatte schon befürchtet, dass ich ganz wie mein Vater bin.« Also hart und gemein. Ein Mann, dem alle aus dem Weg gingen.
»Ich sehe sie in deinen Augen, Conner. Und in der Art, wie du liebst. Auch wenn du mich deswegen verloren hättest, hättest du ohne Zögern die Verantwortung für Mateo übernommen. Für einen kleinen Jungen, den du nicht einmal kennst, hättest du unsere Beziehung geopfert. Marisas Freundlichkeit lebt in allen Menschen weiter, die sie berührt hat, in dir und hoffentlich auch in deinem Bruder.«
Conner hauchte Küsse auf Isabeaus Lippen. »So viel dürfte sicher sein.«
»Machst du dir etwa Sorgen, Conner?«, fragte Isabeau. »Wir werden ihn finden und heil nach Hause bringen.«
»Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es wohl ist, Kinder zu haben. Zuerst habe ich nur befürchtet, dass ich für dich nicht gut genug bin, und nun überlege ich ständig, was für einen Vater ich abgeben werde.«
Isabeau schmiegte sich an Conners Brust. »Ich glaube, in dieser Hinsicht brauchst du dich nicht zu sorgen. Deine Mutter hat dir ein sehr gutes Beispiel gegeben, und auch mein Vater war gut zu mir. Obwohl er viele andere Dinge völlig verkehrt gemacht hat, hat er mich geliebt und mir das Gefühl gegeben, wichtig für ihn zu sein. Außerdem hat er darauf geachtet, dass ich eine gute Erziehung bekam und stets behütet war. Ich hatte keine Mutter, aber einen Vater. Du hattest keinen Vater, aber eine großartige Mutter. Ein paar Dinge werden wir zwei wohl gelernt haben.«
Conner sah sich um und betrachtete die Männer und Frauen, die im Tal ihren Lebensabend genossen. Sie bauten ihre Nahrung auf den Höfen selber an, und obwohl die meisten noch ihrem jeweiligen Beruf nachgingen, engagierten sie sich nun in erster Linie für das Wohl ihrer Gemeinschaft. »Hier ist ein großer Reichtum an Wissen versammelt«, flüsterte Conner Isabeau ins Ohr. »Schau sie dir nur an. Diese Menschen haben ihre Kämpfe bereits gefochten und ihre Lektion gelernt. Wir werden uns irgendwo in ihrer Nähe niederlassen. Dann kannst du weiter mit deinen Pflanzen im Regenwald arbeiten, während wir Mateo und eventuell eigene Kinder großziehen.«
»Und was ist mit deiner Arbeit?«
Conner zuckte die Achseln. »Das ist kein großes Problem. Rio trommelt uns nur zusammen, wenn er einen Auftrag hat.«
Sie sah ihn finster an. »Ich glaube nicht, dass ich es nach diesem Auftrag weiterhin zulasse, dass du irgendwelche Frauen verführst. Ich würde ja gern behaupten, dass meine Leopardin nicht eifersüchtig ist …«
Conner lachte leise. »Deine Leopardin würde platzen vor Eifersucht und fuchsteufelswild werden, wenn sie ihren Gefährten mit einer anderen Frau sieht. Mach dir keine Sorgen, ich trete meinen Job gern an einen der anderen ab. Wenn ich arbeiten gehe« – Isabeau sollte wissen, dass er sein Lebenswerk nicht aufgeben würde -, »dann als ein Mitglied des Teams, nichts als Strohmann.«
Elijah kam auf seinem Rundgang an ihnen vorbei, und eine der Frauen reichte ihm eine Erdbeerlimonade. Das Lächeln, mit dem Elijah sie annahm, war aufrichtig, doch was er wirklich dachte, konnte man ihm nicht ansehen. Ob die Leute im Tal von seiner Vergangenheit wussten? Wahrscheinlich. Diese Männer und Frauen schienen über alles informiert zu sein, was sich um sie herum tat – bei den Leoparden und bei den Menschen. Aber sie waren verständnisvoll und tolerant und ließen jeden sein eigenes Leben leben. Niemand stellte Elijah Fragen, und man begegnete ihm offen und freundlich.
Isabeau atmete tief, sie wollte sich jedes Detail einprägen; die sinkende Sonne, die den Himmel mit einem orangeroten Schein überzog, vor dem der Wald eine dunkle Silhouette aus Bäumen und Büschen bildete, und besonders die Gerüche, die sich in der Luft vermischten. Wenn sie gewollt hätte, hätte sie jeden einzelnen zuordnen können, ob er von den Speisen, aus dem Wald oder von den Menschen stammte. Sie wusste in jeder Sekunde ganz genau, wo Mary und Doc sich befanden. Während Isabeau mit Conner über den Hof schlenderte und sich mit verschiedenen Gästen unterhielt, verflocht sie ihre Finger mit seinen.
Mary, Ruth und Monica bestanden darauf, dass sie zusammen den Kuchen anschnitten und sich gegenseitig damit fütterten. Isabeau gehorchte und lachte über das schiefe Gesicht, das Conner dabei machte. Die Trauung war seine Idee gewesen, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass die Frauen des Tals eine traditionelle Hochzeitsfeier ausrichten würden. Isabeau lehnte sich mit dem Rücken an ihn, schaute in die Runde und verinnerlichte diesen magischen Tag.
Da erfasste sie urplötzlich eine Hitzewelle, die alle vorherigen weit übertraf. Diese war so heiß und gewaltig, dass es ihr den Atem verschlug. Fast hätte sie den Teller mit dem Kuchen fallen lassen. Ihre Haut juckte nicht nur, sondern schien sich unter einem immensen Druck zum Zerreißen zu spannen. Ganz vorsichtig stellte Isabeau den Teller auf den Tisch, mit äußerst präzisen Bewegungen. Ihr wurde angst und bange. Die Leopardin wollte nicht mehr warten. Sie schien förmlich aus der Haut zu platzen, Mund und Kiefer schmerzten, selbst die Zähne taten weh. Das Licht blendete, und sie sah nur noch verschwommen.
»Conner«, Isabeau flüsterte den Namen wie eine Beschwörung.
»Was ist los, Liebste?«, fragte er und schaute ihr ins Gesicht.
Sie sah, dass er sofort begriff. Ihre Augen leuchteten wie Katzenaugen bei Nacht und waren von Raubtieraugen nicht mehr zu unterscheiden. Die Panik stand ihr ins Gesicht geschrieben, doch sie konnte es nicht verhindern, denn sie merkte, dass diesmal alles anders war, selbst ihr Herzschlag. Das Gewicht des Kleides lastete auf ihrer erhitzten Haut. Am liebsten hätte sie es sich vom Leib gerissen, sich die Nägel ins eigene Fleisch gebohrt, es zerfetzt und abgestreift. Die Hitze kam in pausenlosen Wellen, die sie kaum noch zum Atmen kommen ließen.
Conner stellte seinen Kuchenteller neben ihren, genauso vorsichtig, wie sie es getan hatte. »Hab keine Angst, Isabeau. Ich bin bei dir. Du wirst erleben, wie es ist, frei durch den Wald zu laufen, das fühlt sich fast euphorisch an. Du brauchst dich nicht zu fürchten.«
Sie holte mehrmals tief Luft und versuchte, dem Drang zu widerstehen, sich der Länge nach an Conner zu reiben. Sie hatte ihre Sucht nach seinem Körper schon vorher für stark gehalten, doch nun, da die Bedürfnisse der Leopardin die Oberhand gewannen, konnte sie sich kaum noch zurückhalten. Verzweifelt sah sie Conner ins Gesicht. Sie wollte diesen perfekten Tag nicht ruinieren, indem sie sich das wertvolle Kleid herunterriss, als Leopardin auf den Tisch sprang und den Hochzeitskuchen zerstörte. Einen schrecklichen Augenblick lang sah sie das Chaos vor sich.
»Atme weiter, Baby«, flüsterte Conner, während er einen Arm um ihre Taille legte, sie zur Hintertür führte und beinah ins Haus stieß. Dabei blickte er über die Schulter und rief: »Mary!« Es klang wie ein Kommando.
Als Isabeau versuchte, etwas zu sagen, brachte sie kein verständliches Wort heraus; ihre Kehle fühlte sich eng und geschwollen an. Sie registrierte jede noch so kleine körperliche Reaktion. Wie sie einatmete und wohin sich die Luft in ihrem Körper bewegte. Jedes einzelne Haar auf ihrem Kopf. Immer stärker werdende Gerüche drangen auf sie ein, sodass sie fürchtete, ihr Geruchssinn könnte streiken. Ihr ganzer Körper brannte und verspannte sich weiter, das Kribbeln hatte nach den Hautzellen auch alle anderen erfasst.
»Ich passe auf dich auf«, beteuerte Conner, während er sie in das erstbeste Zimmer schob.
Unfähig stillzuhalten, lief Isabeau unentwegt auf und ab. Die duftende Hitze im Innern des Regenwalds lockte sie. Die Wände wirkten beengend. Sie fühlte sich eingesperrt, wie erdrückt. Ihre Brüste spannten und schmerzten, die Nippel, die sich bei jedem Schritt an ihrem engen Mieder rieben, waren hart und so empfindlich, dass ihre Nervenenden glühten. Isabeau hatte das Gefühl, sich von innen heraus aufzulösen. Conners maskuliner Geruch berauschte sie, und seine warmen Finger, die an den Knöpfen ihres Hochzeitskleides fingerten, setzten sie förmlich in Brand.
Mary riss die Tür auf und schlüpfte, nach einem Blick auf Isabeaus gerötetes Gesicht und ihre bange Miene, hastig ins Zimmer. »Du holst alles, was ihr braucht«, beschied sie Conner. »Ich helfe Isabeau. Bei mir war es genauso.« Sie löste Conner ab, und trotz ihres Alters öffnete sie das Kleid an den satinbezogenen Knöpfen wesentlich geschickter und schneller als er.
Conner beugte sich zu Isabeau hinab und gab ihr einen schnellen Kuss. »Gib mir fünf Minuten, Liebste.«
Ob ihr noch so viel Zeit blieb, konnte sie beim besten Willen nicht sagen. Das Haus war zu stickig, und ihre Katze war wütend, dass Mary so nah bei Conner stand. Verärgert darüber, dass ihre Leopardin sich gegenüber einer Frau, die wie eine Mutter zu ihr gewesen war, sich derart schlecht benahm, nahm Isabeau das Tier an die Kandare.
»Alles in Ordnung«, versicherte Mary ihr. »Sie bekommen sie schon in den Griff. Ihre Leopardin will raus, und all ihre Instinkte sind auf Conner konzentriert. Lassen Sie sie mit ihm laufen und flirten, bis sie erschöpft ist. Sie wird sich mit seinem Leoparden paaren wollen. Sie braucht das. Und so soll es auch sein. Sobald ihr klar wird, dass keiner ihr den Gefährten wegnehmen will, wird sie sich beruhigen.« Mary hielt das Kleid so, dass Isabeau es ablegen konnte.
»Wird es wehtun?«
Mary lächelte sie an. »Es ist wie eine Erlösung. Kurz vor der Verwandlung werden Sie sich nach allem verzehren, was halbwegs an einen Mann erinnert. Wenn es so weit ist, lassen Sie es einfach geschehen. Sie werden nicht verschwinden, aber beim ersten Mal hat man den Eindruck unterzugehen. Je weniger Sie sich wehren, desto leichter ist es. Ihr Mann wird bei Ihnen sein und es nicht zulassen, dass etwas schiefgeht.«
Isabeau konnte das Gefühl von Kleidung auf der Haut nicht ertragen, andererseits wollte sie vor ihren Gästen nicht nackt über den Hof laufen und im Wald verschwinden. Mary drückte ihr ein dünnes Kleid in die Hand, und Isabeau zog es über, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen.
»Sie sind so gut zu mir gewesen«, sagte Isabeau – zumindest versuchte sie es. Ihre Stimme war rau geworden, doch sie war entschlossen, Mary wissen zu lassen, was sie für sie getan hatte und was dieser Tag ihr bedeutete. »An meine Mutter kann ich mich nicht mehr erinnern – weder an die leibliche noch an die, die mich adoptiert hat, aber wenn ich Kinder habe, werde ich versuchen, so zu sein wie Sie.« Ohne auf ihre wütende Katze zu achten, umarmte sie ihre mütterliche Freundin. Sie würde sich nicht in Panik versetzen lassen. Wenn diese ruhige, verlässliche Frau ihr versprach, dass alles gutgehen würde, dann wollte sie diesem aufregenden, beglückenden Augenblick tapfer entgegensehen. »Ich danke Ihnen, Mary, für alles.«
Isabeau konnte kaum sprechen, so sehr schmerzten Kiefer und Mund. Ihre Haut fühlte sich an, als wäre sie wund, jede Nervenfaser vibrierte. Ihr wurde flau, und erregende Schauer rieselten über Beine und Bauch. Das Dröhnen in ihrem Kopf übertönte Marys Antwort. Isabeau hörte sie nur noch wie aus weiter Ferne. Sie sah schon ganz wie eine Katze aus, und ihre Hände verkrümmten sich bereits, sie hielt es kaum aus, noch länger auf Conner zu warten.
»Ich muss gehen.« Ihre Stimme klang fremd, die Veränderungen in ihrer Kehle hatten sie heiser und rau gemacht.
Fell überzog Isabeaus Arme und Beine, verschwand wieder und ließ ihren Körper hypersensibel zurück. Flammen leckten über ihren Leib, während ihre Muskeln sich verformten, als führten sie ein Eigenleben. Isabeau wurde so heiß, dass sie es kaum noch ertragen konnte. Das leichte Kleid schmerzte auf der Haut. Alles schmerzte.
Conner steckte den Kopf durch die Tür, warf einen Blick auf sie und zog sie schützend an sich. »Lass uns gehen.«
»Wartet!« Mary hielt sie zurück. »Ihr Schmuck. Steck ihn in deinen Beutel.«
Conner nahm Isabeau den Ring ab, während Mary die Halskette und die Ohrringe löste. Als die Stücke sicher verstaut waren, seufzte Isabeau erleichtert auf.
»Danke für alles, Mary«, sagte Conner.
»Es war mir ein Vergnügen«, erwiderte Mary. »Nur Mut, Isabeau«, fügte sie noch hinzu.
Conner trug keine Schuhe und kein Hemd, nur eine lässige Jeans und ein Bündel auf dem Rücken. Hastig schob er Isabeau zur Hintertür und lief mit ihr in den Wald. Isabeau nahm zwar noch das leise Gemurmel in ihrem Rücken wahr, interessierte sich aber nur noch für ihre seltsame Sehkraft, das geschärfte Gehör und die unzähligen unbekannten Empfindungen, die auf sie einstürmten.
Sie fühlte sich, als litte sie an einem stetig steigenden Fieber, das sie von innen heraus verbrannte. Alles wurde ihr zu eng, insbesondere der Schädel. Der Wald verschluckte sie, und Conner und sie rannten immer tiefer ins Dunkle, doch Isabeau konnte trotzdem sehen. Anstatt sich vor dem finsteren Wald zu fürchten, erfreute sie sich an den Blättern, die sie streiften, dem Rascheln der Insekten, dem ständigen, unaufhörlichen Kreischen der Zikaden und den Vögeln und Affen, die über ihr in den Bäumen von Ast zu Ast hüpften.
Plötzlich gaben ihre Beine nach, und sie fand sich mit Muskelkrämpfen auf dem Waldboden wieder. Ihre Hände wurden krumm und knotig, die Knöchel dick. Ihre Muskeln zuckten, ein neuer Streifen Fell glitt über ihre Haut und verschwand wieder. Knochen und Gelenke knackten. Sie stieß einen Schrei aus, doch er klang seltsam, denn ihre Stimmbänder wurden durch die Veränderungen in ihrer Kehle beinahe zerquetscht.
Sofort war Conner an ihrer Seite und nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Lass es zu, Isabeau, kämpf nicht dagegen an. Du brauchst keine Angst zu haben.«
Tränen brannten in Isabeaus Augen. Sie wollte ja – wirklich, aber es war so erschreckend. Sie hatte Angst vor dem Unbekannten. Vor der letzten Zerreißprobe, die ihr Inneres nach außen kehrte. Ihr Rückgrat, diese lange, bewegliche Wirbelsäule, die es ihr erlaubte, sich im Sprung um die eigene Achse zu drehen, verbog sich. Isabeau atmete tief ein und aus und versuchte, ihre Katze zu rufen. Ja, sie wollte sich verwandeln. Das gehörte zu ihrem Leben mit Conner dazu, und sie wollte dieses Leben, egal, was kommen würde. Sie konnte das, sie konnte mit einem lauten Dröhnen im Kopf und Angst im Bauch zuckend auf dem Waldboden liegen – für Conner. Für ihn hätte sie alles getan.
Doch Conner, der neben ihr hockte, schüttelte den Kopf, als sie sich an ihm festhalten wollte. »Du tust das für dich. Damit du weißt, wer du bist.«
Isabeau hörte ihn wie aus weiter Ferne. Ihr wurde schwarz vor Augen, sie registrierte nur noch, wie ihr Körper sich verformte und die gequälten Muskeln und Sehnen brannten. Scharfe, stechende Schmerzen durchzuckten sie, dann verlor sie das Interesse an den Details, denn mit einem Mal spürte sie ihre andere Hälfte, die Katze – ihren geschmeidigen, kompakten Körper, die scharfen Sinne, die drängenden Instinkte, aber vor allen Dingen spürte sie, dass sie nie wieder einsam sein würde. Das Gefühl, allein auf der Welt zu sein, verschwand in dem Augenblick, in dem ihre Katze sich zeigte und einen Moment über den dicken Pflanzenteppich rollte, ehe sie graziös auf die Füße sprang und ihr erstes zufriedenes Schnauben von sich gab.
Die Leopardin streckte sich träge und verführerisch und warf dem großen Leoparden, der sich ihr von der Seite näherte, einen Schulterblick zu. Dann setzte sie sich in Bewegung und rieb sich aufreizend an Bäumen und Sträuchern, um ihren Duft zu verteilen und ihm unmissverständlich klarzumachen, wie überaus begehrenswert sie war. Das Männchen folgte ihr vorsichtig, denn Weibchen hatten einen eigenen Zeitplan und unterwarfen sich erst, wenn sie dazu bereit waren.
Die Leopardin provozierte absichtlich, wälzte sich auf dem Boden, strich mit ihrem wunderbar dichten Pelz an der Rinde der Bäume entlang und ließ mit einem Tatzenhieb die abgefallenen Blätter auffliegen. Conner konnte sehen, dass Isabeau ihre neue Freiheit genoss. Ein Leben in der Wildnis stellte eine große Verlockung dar, der sie alle widerstehen mussten. Die Gesetze des Dschungels waren verglichen mit den menschlichen Regeln leicht zu befolgen. Gier und Verrat hatten im Wald keinen Platz.
Conner riss die Augen auf und richtete die Ohren nach vorn, um der Leopardin zu signalisieren, dass er Lust zum Spielen hatte. Alle Katzen spielen gern – selbst die großen. Sekunden später jagten die beiden sich bereits und rollten, sich balgend, immer wieder über den dicken Pflanzenteppich. Dann spielten sie lange Zeit Verstecken. Isabeau verkroch sich, und Conner suchte sie, schlich sich an, stürzte sich auf sie, brachte sie in einem Wirrwarr aus Schwänzen und Beinen zu Fall und ließ dann vergnügt wieder von ihr ab.
Immer wieder reizte die Leopardin das Männchen, indem sie sich mit lockenden Lauten reckte und streckte. Dann kam Conner näher und starrte ihr nach Leopardenart in die Augen. Sie erwiderte zunächst seinen Blick und hielt ihn fest, doch sobald er noch näher kam, wies sie ihn knurrend und fauchend in seine Schranken und rannte kokett davon.
Conner lief neben der Leopardin her und verteilte seine Duftmarken der Länge nach auf ihrem pelzbesetzten Leib. Er fand sie wunderschön und sinnlich, eine aufregende Mischung für seinen Leoparden. Isabeau folgte einem engen Pfad, der zwischen den Bäumen hindurch zum Fluss führte. Alle paar Minuten hielt sie inne und hockte sich vor ihm hin, dann näherte er sich äußerst vorsichtig, denn ein unwilliges Weibchen war gefährlich. Conner wollte solange warten, bis die Leopardin sich ganz sicher war. Noch sprang sie jedes Mal, wenn er sie erreichte, fauchend auf und schlug nach ihm.
Er liebte es, sie in ihrer Tiergestalt zu sehen. Ihr Duft war verlockend, berauschend, ein anregendes Aphrodisiakum, das ihn immer tiefer in den Wald lockte. Ringsherum riefen Nachttiere einander zu. Das ständige Flattern von Flügeln verriet ihm, dass Fledermäuse im Dunklen auf Insektenjagd waren. Das war seine Welt, und er war ihr Herrscher. Wieder näherte er sich der Leopardin, und diesmal ließ sie ihn an sich heran. Als das Weibchen endlich sitzen blieb, kam alles in Conner zur Ruhe.
Isabeau war seine Gefährtin. Seine. Ein herausforderndes Brüllen warnte jedes Männchen im Umkreis, dann war er über der Leopardin, grub die Zähne in ihren Nacken, damit sie stillhielt, und bestieg sie. Alle männlichen Leoparden waren herrisch und wachsam, wenn ihre Gefährtin in die Brunst kam, und der Sex konnte rau sein. Der große Leopard nahm sich Zeit, denn der Drang, seine Herrschaft zu demonstrieren, war stark. Die Leopardin brüllte, als er sich wieder zurückzog, und wirbelte herum, um ihn mit bebenden Flanken zähnefletschend zu bedrohen, doch als er sein Maul an ihr rieb, beruhigte sie sich wieder.
Danach lagen sie in einem großen Fellhaufen beisammen, die Schwänze umeinandergelegt, und das Männchen ruhte sich aus, ehe es sich wieder mit der Leopardin paarte. So verbrachten sie mehrere Stunden, wobei der männliche Leopard darauf achtete, langsam aber unaufhaltsam zu der kleinen Hütte zurückzukehren, die ihre menschlichen Gegenstücke angemietet hatten. Dabei kopulierten sie häufig und heftig, so wie es ihre Art war.
Als sie sich der Hütte näherten, erkannte das Weibchen, wo sie waren und versuchte, sich wieder dem Wald und dem freien, wilden Leben zuzuwenden. Doch das Männchen, das die große Verlockung kannte, hielt die Leopardin davon ab und setzte die Kraft in Schultern und Oberkörper ein, um sie zum Haus zurückzudrängen. Isabeaus Reaktion auf die erste Verwandlung war nicht unüblich, doch es war wichtig, sie bald zu unterdrücken. Längere Zeit in der Leopardengestalt zu bleiben, war gefährlich, denn es verstärkte die animalischen Eigenschaften des Menschen.
Isabeau roch die Zivilisation und merkte, dass Conner sie zwang, nach Hause zu gehen. Die Rückverwandlung begann bereits. In dem Augenblick, in dem sie sich ihres Verstandes bediente, funktionierte ihr Hirn wieder wie das eines Menschen. Die Umstellung begann im Kopf und setzte sich im Körper fort. Beinahe augenblicklich begannen Muskeln und Knochen sich zu verformen. Ein leiser Schrei – halb menschlich und halb animalisch – entschlüpfte Isabeau.
Dann spürte sie die Nachtluft auf ihrer Haut und stellte fest, dass sie bäuchlings im Eingang zu ihrer Hütte lag, vollkommen nackt und hochgradig erregt. Kaum zu glauben, nachdem ihre Leopardin so ausgiebig befriedigt worden war, doch anscheinend war das wilde Begehren auch im Menschen angelegt – zumindest in ihr. Sie schaute auf und sah ihren Ehemann an.
Conner saß einige Meter von ihr entfernt auf dem Boden, fixierte sie mit seinen goldenen Augen und machte keine Anstalten, sein offensichtlich starkes Verlangen zu verbergen. Ohne jede Scham griff er nach ihr und drehte sie gleich dort auf der Türschwelle auf den Rücken. Sein Blick war wild, beinahe so wild wie der des Leoparden, als er sie besprungen hatte, und sein Mund suchte heißhungrig nach ihrem. Gierig nach ihrem zarten Fleisch glitten seine Hände über ihre Rundungen.
Sie hob den Kopf, um ihm entgegenzukommen. Dann trafen sich ihre Lippen, saugten sich fest und verschmolzen, während ihre Zungen sich duellierten und Conner ihre Brüste massierte und die Nippel knetete, bis Isabeau diese kleinen, gequälten Seufzer ausstieß. Bis sie schließlich beide keine Luft mehr bekamen und sich gezwungen sahen, sich ein klein wenig voneinander zu entfernen, und hastig Luft in die brennenden Lungen zu saugen, wobei sie sich mit den Augen verschlangen. Doch Conners Hände ließen nicht los, sondern glitten über Isabeaus Bauch zu ihrer Scham. Dann steckte er die Finger in sie hinein, und sie rieb sich hilflos an ihnen. Ihr war so heiß, dass ihr Inneres zu schmelzen schien.
»Beeil dich, Conner, bitte«, flehte Isabeau.
Da kniete er sich zwischen ihre Beine, hob ihre Hüften an und verharrte an ihrer Pforte. Sie wand sich und warf den Kopf hin und her, sie wollte nicht länger warten, drängte ihm entgegen. Da bohrte er sich in sie hinein und Isabeau schrie, stieß einen abgehackten, wimmernden Schrei aus, der ihren intensiven Genuss verriet. Ihre enge Scheide hielt ihn fest, öffnete sich nur zögernd, zwang ihn, sich durch ihre heißen Falten zu schieben, damit sie jeden Zentimeter seiner prallen Erektion zu spüren bekam.
Die Holzdielen gaben nicht nach, und als Conner sie festhielt und immer wieder zustieß, entfachte er ein unkontrollierbares Feuer, das Isabeau in einen Sinnesrausch stürzte. Jedes Mal, wenn er in sie eindrang, schien er sie bis an die Grenzen des Möglichen zu dehnen, sein steifes Glied grub sich zwischen ihre Lenden, tiefer und tiefer, bis sie fast das Gefühl hatte, ihn in ihrem Bauch zu spüren. Sie fühlte ihren Körper rund um Conner pochen und pulsieren und griff gierig zu, völlig berauscht von der wilden Lust, die er ihr bereitete.
Während ihre Hüften sich seinem hämmernden Rhythmus anpassten, krümmte und wand sie sich unter ihm. Ihr Atem ging stoßweise, und sie drückte sich mit den Fersen ab, um ihn besser aufnehmen zu können. Sein dickes, heißes Glied erfüllte sie, beglückte sie, in immer wieder wechselndem Tempo, bis sie von Kopf bis Fuß bebte vor Vorfreude, nur noch seinen Namen flüstern konnte und die Nägel in seine Arme grub, um nicht verlorenzugehen. Conner hielt sie und liebte sie, während Isabeaus Spannung unaufhaltsam anstieg und sie immer mehr verkrampfte. Da hob Conner ihre Hüften an, beugte sich über sie und spießte sie auf.
Isabeaus leiser, klagender Schrei war bis in den Wald zu hören, und ihre Körper vereinten sich wie im Drogenrausch in einem heißblütigen, hemmungslosen Rhythmus. Schluchzend vor schier unerträglicher Lust begann Isabeau, sich unter Conner aufzubäumen.
Seine Gesichtszüge waren maskenhaft starr, die Begierde tief eingegraben, und Liebe strahlte aus seinen goldenen Augen als er sie in Besitz nahm, ihre Beine über seine Schulter warf und so tief in sie eindrang, dass sie sich versteifte und ihn umklammerte wie ein Schraubstock. Dann durchzuckte sie ein Orgasmus, der ihn mitriss, denn trotz der heftigen Wellen, die sie überrollten, konnte Isabeau seinen heißen Erguss spüren. Sie stieß einen langen, genüsslichen Schrei der Erlösung aus und weigerte sich, ihn zu entlassen aus dem feurigen Inferno, das sie beide bei lebendigem Leib zu verbrennen drohte.
Keuchend brach Conner über ihr zusammen. Als sie die Finger in seinem Nacken verschränkte, hörte sie, wie sein Herz heftig hämmerte. Sie hätte ihm gern gesagt, dass sie ihn liebte, doch sie bekam nicht genug Luft. Er lächelte und richtete den Oberkörper langsam wieder auf, wobei er seine Hände bedächtig von ihren Brüsten zu ihrem Bauch und tiefer gleiten ließ. Sie wusste, das sollte seinen Besitzanspruch demonstrieren. Sie war sein. Und sie liebte es, seine Frau zu sein.
Isabeau lächelte ihm zu und genoss es, so im Dunkeln mit ihm zusammen zu sein. Der Tag war wunderbar gewesen. Nach einer märchenhaften Hochzeit war endlich ihre Leopardin zum Vorschein gekommen; sie hatte nicht nur erfahren, wie freundlich wildfremde Menschen sein konnten, sondern auch, wie schön es war, frei durch den Wald zu streifen; und schließlich hatten sie sich geliebt, bis sie beide sich nicht mehr rühren konnten, und nun waren sie hier, in ihrer eigenen kleinen Welt, wo die Perversität einer Imelda Cortez nicht hinreichte.
»Manche Tage sind einfach perfekt«, flüsterte sie.
Conner beugte sich wieder zu ihr hinab, küsste sie auf den Mund, knabberte an ihrer Unterlippe und arbeitete sich dann über ihren Hals zu ihrer linken Brust vor. »Du bist wunderschön, Isabeau. Als du in diesem Kleid auf mich zukamst, ist mir fast das Herz stehengeblieben.« Conner brachte es nicht fertig, sich von ihr zu lösen, obwohl er wusste, dass ihr Mund Wunder wirken würde, wenn er sie nur ließ. Doch noch genoss er das Gefühl, von ihrer feurigen Hitze umgeben zu sein, und die leichten Nachbeben, die sie durchrieselten, kitzelten ihn an Bauch und Lenden.
»Alle waren so nett zu uns.« Isabeau hob die Hand und streichelte seine Wange – die vier Narben erhöhten seine maskuline Schönheit.
»Das hier sollte ewig dauern.« Conner legte den Kopf zurück und schaute zum Nachthimmel empor. Die Sterne standen so dicht, dass die tintenschwarze Dunkelheit beinahe milchig wirkte.
»Dummkopf«, sagte sie und stieß ihn vor die Brust. »Es wird mir ein Vergnügen sein, dich auch in Zukunft glücklich zu machen.«
Schon diese Ankündigung heizte ihm ein. Leoparden konnten Lügen wittern, doch Isabeau hatte ihn noch nie angelogen. Sie liebte es tatsächlich, ihn nach allen Regeln der Kunst zu verwöhnen.
Sie lachte leise, als sie spürte, dass seine Erektion wieder härter und dicker wurde, und er sich vorsichtig tiefer schob. Er schloss die Finger fester um ihre Hüften und sah zum Himmel auf. In dem Augenblick drehte sich der Wind ein klein wenig. Ruckartig wandte Conner den Kopf und suchte mit leuchtenden Augen den Waldrand und die Baumkronen ab. Dann richtete er sich ganz langsam auf, blieb aber auf den Knien und in Isabeau begraben. Tief in ihm erhob sich wutschnaubend sein Leopard.
Conner holte scharf Luft und witterte – einen Feind. Er schnappte nur einen kurzen, fast unmerklichen Hauch auf, der sich beinahe augenblicklich wieder verflüchtigte, so als ob der andere Leopard mit dem Wind die Richtung gewechselt hätte. Es gab keine Warnschreie aus dem Wald, nichts, was auf einen dort versteckten Feind hindeutete, doch Conner wusste, dass er sich nicht getäuscht hatte – für einen kurzen Moment hatte er einen anderen Leoparden gerochen. Er verharrte reglos und spähte in die Runde.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Isabeau, als sie seine Anspannung bemerkte. Sie wollte sich umsehen, doch Conner packte sie fest bei den Hüften, stieß in sie hinein und ließ sie in ihren Nachwehen erbeben.
»Nicht bewegen. Schau mich an.«
»Oh mein Gott«, flüsterte Isabeau. »Sieht uns etwa jemand zu?« Vor lauter Schreck begann sie zu zittern. Eigentlich jagte der Regenwald ihr keine Angst ein, doch nun schien hinter jedem Baum ein Schatten zu lauern.
»Er ist da draußen und beobachtet uns.«
Sie brauchte nicht zu fragen, wen Conner mit »er« meinte. Es konnte nur Ottila Zorba sein. »Wie lange ist er schon da?«
»Ich habe keine Ahnung. Wir gehen ins Haus. Ich möchte, dass du dich einschließt. Schießen kannst du ja. Ich rufe Verstärkung, dann verwandle ich mich und verfolge ihn.«
Am liebsten hätte Isabeau den Kopf geschüttelt, denn sie hatte Angst um Conner. Er löste sich von ihr und schirmte sie so ab, dass Ottila sie nicht sehen konnte, als er ihr aufhalf und sie durch die offene Tür ins Haus schob.
Ottila hatte die Telefonleitung heil gelassen, wohl um seine Anwesenheit nicht zu verraten. Conner rief Rio an und lief dann durch die Hütte, um die nötigen Vorkehrungen zu treffen, ehe er ging.
»Warte noch auf Rio, Conner«, riet Isabeau. »Ottila hat etwas Beängstigendes an sich. Mir wäre es lieber, wenn du noch bliebst.«
Doch Conners Leopard wollte nichts davon wissen. Und der Mann eigentlich auch nicht. Isabeau hatte noch keine Ahnung, wie sehr die natürlichen Instinkte ihr Leben bestimmten, manchmal siegten sie sogar über die Vernunft. Conners Leopard tobte vor Zorn und auch ihm vernebelte finstere Eifersucht zunehmend den Verstand. Er breitete seine Waffen aus und erklärte Isabeau jede einzelne. Dann klebte er eine Pistole unter den Tisch, eine weitere legte er in eine Schublade. Insgesamt versteckte er vier Pistolen und zwei Messer für sie.
»Er wird zu sehr damit beschäftigt sein, dich zu jagen«, bemerkte Isabeau. »Er will nicht mich töten, sondern dich. Falls du wirklich ihn gewittert hast – und ganz sicher können wir nicht sein …«
»Er war es«, sagte Conner im Brustton der Überzeugung. »Mein Leopard kennt ihn. Schließ die Türen ab, Isabeau. Bleib im Haus und mach kein Licht. Ich rufe, wenn ich zurückkehre. Falls jemand anders hereinzukommen versucht, schießt du.«
Sie klammerte sich an ihn. »Bitte, hör nur dieses eine Mal auf mich. Er ist hinter dir her. Er will dich tot sehen. Er hat es darauf angelegt, dass du im Wald nach ihm suchst. Warum hätte er sich sonst verraten sollen?«
»Niemand kann vorhersehen, wann genau sich der Wind dreht. Er ist erwischt worden und ist wahrscheinlich schon auf der Flucht ins nächste Dorf.«
Isabeau wusste es besser, Ottila war ganz sicher nicht auf der Flucht. Ihr Herz klopfte vor Angst um Conner. Er strotzte vor Selbstbewusstsein, doch er kannte seinen Gegenspieler nicht so gut wie sie. Ottila war gerissen, und sie hatte das Gefühl, dass er etwas im Schilde führte.
Conner machte sich sanft von ihr los und gab ihr noch einen Kuss. Dann schob er das hintere Fenster hoch, verwandelte sich noch im Sprung und war beinahe im selben Moment im Dunkeln verschwunden. Sie schloss das Fenster und versperrte es, klappte die Läden zu und vergewisserte sich, dass auch alle anderen geschlossen waren und niemand auf diesem Wege ins Haus gelangen konnte.
Danach zog sie mit zitternden Händen etwas über, legte die Kleider an wie eine Rüstung, Schicht um Schicht. Unterwäsche, Jeans, dicke Socken, ein T-Shirt. Zuletzt hüllte sie sich noch in einen Pulli von Conner. Schließlich setzte sie sich auf einen Stuhl, um zu warten. Ihr Herz klopfte heftig, und ihr war flau vor Angst. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie so saß, doch sie merkte, dass Tränen ihr die Sicht verschleierten. Sie konnte nicht einfach still dasitzen. Sie ging eine Weile auf und ab, klappte dann die Läden vor dem Fenster mit Blick auf die vordere Veranda wieder auf und spähte in die Nacht, um zu sehen, was im Dschungel vor sich ging. Sie hörte die Geräusche der Insekten und Tiere – nachts hatte der Wald seine eigene Musik, doch es gab keine Störung, nichts, was auf einen Kampf zwischen Raubkatzen hindeutete, auch keine Schreie, mit denen die Tiere vor Eindringlingen warnten.
Mittlerweile, so tröstete sie sich, war Rio sicher schon mit auf der Jagd. Und vielleicht hatte Conner sich getäuscht. Vielleicht hatte er doch keinen Leoparden gewittert – obwohl sie das eigentlich selbst nicht glaubte.
Nach einer Weile erkannte sie, wie hoffnungslos es war, sich in Richtung Regenwald die Augen aus dem Leib zu starren, obwohl es gar nichts zu sehen gab, daher klappte sie die Läden vorsichtig wieder zu, versperrte sie und setzte den Kessel auf. Tee half vielleicht gegen die Angst. Zumindest gab das Ritual des Teebereitens ihr etwas zu tun. Nachdem das Wasser gekocht hatte, goss sie es über die Teeblätter in der kleinen Kanne und legte ein Handtuch darüber, um den Tee ziehen zu lassen. Sie brauchte etwas, das sie belebte. Sich zu entspannen, war ihr unmöglich, solange Conner sich in Gefahr befand.
Als Isabeau sich wieder zum Fenster umdrehte, blieb ihr das Herz stehen. Dann begann es, wie wild zu hämmern. Ihr Mund wurde trocken vor Angst. Keine drei Meter von ihr entfernt stand Ottila Zorba; seine Augen leuchteten im Dunkeln, und er fixierte sie wie ein Raubtier seine Beute. Offenbar hatte er sich gerade erst verwandelt. Isabeau hatte keine Ahnung, wie lange er schon im Raum war, doch seinem splitterfasernackten Körper, der nur aus Muskeln zu bestehen schien, war deutlich anzusehen, wie stark er erregt war.