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Alles fing wieder von
vorn an. Isabeau sah sich verstohlen um und hoffte, dass niemand
ihre Unruhe bemerkte. Ihr war heiß, ihre Haut spannte und jedes
einzelne Nervenende kribbelte erwartungsvoll. Sie rieb sich über
die Arme, doch selbst bei dieser leichten Berührung brannte jede
Pore. Worauf sie innerlich brannte war zum quälenden Verlangen
geworden, und sie konnte es nicht länger ignorieren.
An das dicke, warme Fell des Leoparden gekuschelt,
hatte sie die ganze Nacht durchgeschlafen, während der Regen dazu
einen gleichmäßigen, beruhigenden Rhythmus getrommelt hatte. Als
sie den Kopf auf den weichen Pelz gebettet und Conners Herzschlag
gelauscht hatte, war von dieser inneren Ruhelosigkeit noch nichts
zu spüren gewesen. Es war ihr sogar gelungen, das Bild, wie Conner
nackt im Fluss hockte, aus ihrem Kopf zu verbannen, wogegen sie im
Augenblick keinen Atemzug tun konnte, ohne dass sie seinen
frischen, würzigen Moschusduft roch – ein lockendes Aphrodisiakum,
dem anscheinend nicht zu entkommen war.
Selbst wenn sie ihn nicht ansah, war sie sich
seiner Gegenwart sehr bewusst und konnte in jeder Sekunde ganz
genau
sagen, wo er sich befand. Conner Vega würde noch ihr Verderben
sein. Isabeau versuchte verzweifelt, einfach nur normal zu atmen,
doch selbst ihre Lungen brannten, sodass sie nur mühsam Luft
bekam.
Während des ganzen Frühstücks hatten die Männer ihr
kurze Blicke zugeworfen, doch keiner von ihnen hatte sie richtig
angesehen – und das verriet ihr, dass die anderen, obwohl sie sich
so zusammenriss, merkten, wie es um sie stand. Sie befand sich in
einer demütigenden und äußerst unangenehmen Lage. Und ihre Qual
steigerte sich noch, als Conner, lässig in hautenge Jeans gekleidet
von der morgendlichen Dusche zurückkehrte. Das Letzte, was sie
brauchte, war dieser Anblick; andererseits, wie hätte sie wegsehen
können? Isabeau presste die Fingerspitzen an die Schläfen, um sich
in den Griff zu bekommen. Ihr Kiefer schmerzte schon, weil sie
ständig die Zähne zusammenpresste.
Nach dem Frühstück hatten die Männer sich leise
miteinander unterhalten, während Isabeau noch einen Kaffee
getrunken hatte, der so bitter schmeckte, dass sie ihn kaum
herunterbekommen konnte. Adan befand sich bereits auf dem Heimweg.
Sie hatte ihr plötzliches Unbehagen darauf zurückgeführt, dass ihr
einziger Freund sie verlassen hatte, doch – so gern sie es auch
abgestritten hätte -, seit dem Aufwachen am Morgen staute sich in
ihr nach und nach eine unerträgliche Hitze. Zäh wie Magma in einem
Vulkan strömte sie durch ihre Adern und verbreitete sich wie eine
schleichende Krankheit im ganzen Körper.
Dass nach dem Frühstück vom Team beschlossen wurde,
Jeremiah und sie im Kämpfen zu trainieren, machte es auch nicht
besser. Denn natürlich musste Conner sie, wenn auch unpersönlich,
immer wieder anfassen, um ihr die richtige
Stellung zu zeigen, sodass sie am Ende schon bei der geringsten
Berührung am liebsten um Erlösung gebettelt hätte. Sie wollte die
Gelegenheit auf keinen Fall verpassen, von den Männern zu lernen,
doch schon nach kurzer Zeit glänzten deren Körper vor Schweiß, und
daraufhin machten sie beinahe augenblicklich ihre Oberkörper
frei.
Isabeau beteiligte sich mit vollem Einsatz; sie
mochte schwierige Kampfsportübungen und trainierte hart, um alle
anderen körperlichen Gelüste zu unterdrücken. Wenn sie keinen
wilden, heißen Sex haben konnte, und zwar viel davon, wollte sie
sich bis zur völligen Erschöpfung beim Sport verausgaben. Jedes
Mal, wenn Conner ihre Haltung korrigierte oder sie beim Kickboxen
am Bein fasste, musste sie sich beherrschen, damit sie sich seinem
elektrisierenden Griff nicht entwand.
Sie hielt sich absichtlich von ihm fern und
arbeitete an ihrer Schnelligkeit, Sprungkraft und an der Präzision
ihrer Schläge. Während sie bei Jeremiah stand und versuchte, die
verliebten Blicke, die er ihr zuwarf, zu ignorieren, hörte sie
Conner mit Rio über Sparring reden. Ihre Katze wollte sich an den
Bäumen reiben, eigentlich sogar an egal was, und sie wollte sich
nur noch der Länge nach an Conner schmiegen, doch wenn die Männer
auf Sparring aus waren, auch gut.
Felipe war ihr erster Gegner; mit erhobenen Fäusten
und festem Blick trat er ihr entgegen. Isabeau sah, dass er
versuchte, flach zu atmen – um möglichst wenig von ihrem Geruch
mitzubekommen. Sie hatte noch gar nicht bemerkt, dass er so lange,
schön gebogene Wimpern hatte. Dazu eine hübsche Nase und ein
markantes Kinn. Er war sehr attraktiv, nicht ganz so muskulös wie
Conner und Rio, aber geschmeidig und wendig …
»Was zum Teufel machst du da, Isabeau?«, wollte
Conner wissen. »Er hat gerade sechs Schläge hintereinander
gelandet, und du hast noch nicht einmal versucht
abzublocken.«
»Tatsächlich?« Isabeau blinzelte mehrmals und
schaute ein wenig verwirrt in die Gesichter ringsum. Hatte Felipe
sich tatsächlich bewegt? »Aber er hat mich nicht getroffen.«
»Er hat nur angetäuscht, weil er wusste, dass ich
ihm die Zähne ausschlage, wenn er dir wehtut«, blaffte Conner
sichtlich aufgebracht. »Du musst dich trotzdem wehren.«
Conner war sehr sexy, wenn er böse war. Das war ihr
noch nie aufgefallen. Isabeau streckte die Hand aus, um ihm über
die gefurchte Stirn zu streichen, doch Conner wich schnaubend
zurück. Etwas gekränkt ließ sie den Arm wieder sinken. »Ich
versuch’s doch, Conner.«
»Dann gib dir mehr Mühe«, erwiderte er
barsch.
Seine Stimme war so heiser und verführerisch, dass
eine neue Hitzewelle sie überrollte, und sie genoss es. Felipe
wurde durch Elijah ersetzt. Doch Elijah schien mehr auf Conner zu
achten als auf sie. Versuchsweise attackierte sie ihn mit einer
Serie leichter Tritte und Schläge, entschlossen, ihn in die
Defensive zu drängen. Aber Elijah wich nicht wie erwartet zurück,
sondern schlug blitzschnell zu. Bewundernd betrachtete sie das
Spiel seiner Muskeln, den entschlossenen Zug um seinen Mund und den
sinnlichen Schwung seiner Lippen.
Fleisch klatschte auf Fleisch, und Isabeau
blinzelte. Conner hatte Elijahs Faust nur wenige Zentimeter vor
ihrem Gesicht mit der offenen Hand abgefangen. »Isabeau«, stieß er
zwischen den Zähnen hervor, »du passt nicht auf.«
»Doch, ehrlich«, widersprach sie. Wie sollte sie
sich konzentrieren, wenn Elijah nur aus geschmeidigen Muskeln zu
bestehen schien? Es war ein Bild von einem Mann, sexy und scharf,
richtig scharf.
Conner gab einen Laut von sich, schon fast ein
Knurren. Elijah trat einen Schritt zurück, ließ die Hände sinken
und schüttelte den Kopf. Kleine Schweißperlen standen auf seiner
Stirn. »Ich bin fertig hier, Conner.«
Hoffnungsvoll blickte Isabeau zu Leonardo hinüber.
Bei ihm konnte sie bestimmt ein oder zwei Treffer landen. Er wirkte
geradezu erschrocken – als wäre er dem Untergang geweiht. Daran
konnte Conner doch sehen, wie sehr die Männer sich vor ihr
fürchteten.
Sie fühlte sich großartig, hellwach und lebendig
bis in die Zehenspitzen. Bei jeder Bewegung spannte ihr enges
Oberteil und drückte sich so aufreizend gegen ihre hervortretenden
Nippel, dass sich ihr Magen genüsslich zusammenzog. Nie war ihr das
flüssige Zusammenspiel aller Körperteile bewusster gewesen – oder
ihre Weiblichkeit und der perfekte Sitz ihrer Jeans, die
wundersamerweise bei jedem Kick genau die richtigen Stellen
stimulierte.
Leonardo brach der Schweiß aus, als sie auf ihn
zuging; abrupt senkte er die Fäuste und wich vor ihr zurück. Conner
schnitt Isabeau den Weg ab und fasste sie bei der Schulter. »Was
zum Teufel hat das zu bedeuten?«
»Was meinst du?« Isabeau sah ihn nur verträumt
lächelnd an. Wenn sie ein klein wenig näher an ihn herankam, konnte
sie sich vielleicht an seine Brust schmiegen. Sie trat einen
Schritt vor.
»Ich glaube, du schnurrst zu laut«, warf er ihr
vor. »Wirklich?« Isabeau schmiegte sich an ihn und rieb sich an
seinem Brustkorb; sie musste ihren Geruch auf ihm verteilen und das
wilde Begehren genießen, das sie überfiel, als
ihre Nippel sich noch mehr versteiften. »Wusstest du, dass du
einen sehr hübschen Mund hast?«
Rio gab einen Laut von sich, irgendetwas zwischen
Frustration und Erheiterung. »So wird das nichts, Conner.
Vielleicht sollten wir uns eine Weile mit Jeremiah und seinen
Verwandlungskünsten beschäftigen.« Er deutete auf eine kleine
Lichtung ein Stück weit entfernt. »Da vorn.«
Conner wandte den Kopf und sah, dass der junge
Leopard Isabeau mit offenem Mund anstarrte, als liefe ihm schon das
Wasser im Mund zusammen. Conner spürte, wie eine weiche Hand sich
auf seine Jeans legte und die empfindlich geschwollene
Leistengegend streichelte, sodass seine Aufmerksamkeit jäh wieder
auf Isabeau gelenkt wurde. Ihr Schnurren hatte zugenommen, und ihre
Augen waren leicht verschleiert. Fluchend packte Conner sie bei den
Handgelenken, zog beide Hände an seine Brust und hielt sie dort
fest. »Gute Idee«, erwiderte er aufgebracht. Der Junge brauchte
Ablenkung.
Entweder Isabeaus Katze zeigte sich bald oder
dieser Anfall musste enden, bevor die Männer ihren Sexualtrieb
nicht mehr unter Kontrolle bekamen. Dass der Testosteronspiegel
stieg, war bereits zu riechen. Bald würde es zu spät sein, er
musste der Situation Herr werden.
»Du wirst noch jemanden umbringen«, zischte er der
Katze zu.
In diesem Moment machte er den Fehler, Isabeau in
seine Arme zu ziehen und sofort drückte sie sich mit all ihren
Kurven an ihn. Dann hob sie den Kopf und leckte über seinen Hals.
Es war ein erregendes Gefühl, ihre samtene Zunge an seiner
pochenden Pulsader zu spüren. Selbst sein schmerzendes Glied
reagierte auf die aufreizende Zärtlichkeit
und drückte hart gegen den ausgebeulten Stoff seiner Hose. Feuer
raste über seine Haut, entflammte sein Blut und kreiste durch seine
Adern. Er konnte nicht mehr klar denken vor Verlangen.
»Komm mit.« Er besaß gerade noch genug
Beherrschung, um Isabeau in den Schutz der Bäume zu ziehen.
Offenbar war ihr der Selbsterhaltungstrieb abhandengekommen, denn
sie folgte ihm widerstandslos und schaute schmachtend zu ihm
auf.
Ehe Conner die letzte Chance ergreifen konnte, sie
beide davor zu bewahren, entwich sein Atem schon zischend aus den
Lungen, und sein Mund suchte Isabeaus. Er konnte der Versuchung
nicht mehr widerstehen; sie pochte in seinen Adern und in seinem
Glied, sein ganzer Körper war berauscht – ja trunken – von ihr. Sie
tauschten lange, betörende Küsse, bis selbst Conner nicht mehr
wusste, wo er war. Alles wirkte wie in weite Ferne gerückt, die
Bäume und Büsche, sogar der Geruch der anderen Männer. Es gab nur
noch Isabeau, so warm und weich, eine Sirene, die ihn in einen
Strudel der Leidenschaft lockte.
Das war ihm schon einmal passiert. Jedes bisschen
Ehrgefühl, das er hatte, war in Flammen aufgegangen, als er Isabeau
zu nahe gekommen war – und nun begann alles wieder von vorn. Conner
riss sich von ihr los und schaute um Atem ringend in ihre
leuchtenden Augen, er musste seine eigenen Bedürfnisse
zurückstellen.
»Beherrsch dich, Isabeau«, sagte er mit rauer
Stimme. »Jeder Mann hier ist zur Hälfte Leopard. Hast du eine
Vorstellung davon, was für ein Chaos du anrichtest?«
»Ich liebe den Klang deiner Stimme«, Isabeau schob
eine Hand unter sein Hemd, um seine nackte Haut zu spüren,
»und deinen Mund. Wenn du mich küsst, kommt es mir so vor, als
würde ich verbrennen.«
Und für ihn war nichts auf der Welt verführerischer
als ihre Stimme, eine aufreizende Verlockung, die seine eiserne
Selbstdisziplin untergrub. Schnell schloss Conner die Augen und
versuchte, sich daran zu erinnern, wie viele Schwierigkeiten beim
letzten Mal daraus entstanden waren, als er es nicht geschafft
hatte, Isabeaus Zauber zu widerstehen – und damals hatte er von dem
zusätzlichen Anreiz, dass sie zu seinem Volk gehörte, noch nicht
einmal gewusst.
»Isabeau.« Conner schüttelte sie ein wenig, doch
das konnte ihre suchenden Hände nicht aufhalten. »Sieh mich an. Du
willst das nicht. In ein paar Stunden würdest du mich noch mehr
hassen als bisher. Ich habe dich schon einmal enttäuscht und ich
will verdammt sein, wenn ich es wieder tue.«
Wem zum Teufel wollte er das weismachen? So viel
Selbstbeherrschung hatte er gar nicht. Nicht in einer Million
Jahren. Bei jedem Atemzug, den er tat, sehnte er sich nach ihr.
Nicht wegen ihrer Katze, sondern weil sie Isabeau Chandler war, die
Frau, die er über alles liebte. Er bemühte sich, tief durchzuatmen.
Er liebte sie, und er wusste, wie es war, wenn sie nicht bei ihm
war. Er würde es nicht zulassen, dass die Geschichte sich
wiederholte.
»Hör auf, Isabeau.« Es klang barscher als
beabsichtigt.
Isabeau erstarrte und ließ die Hände sinken, als
hätte sie sich verbrannt. Dann trat sie einen Schritt zurück. »Oh,
es tut mir leid, wenn ich dir zu nahe getreten bin«, sagte sie mit
bebender Stimme. »Das wollen wir nicht, oder? Der große Conner
Vega. Komisch, dass das mit dem Verführen nur dann klappt, wenn die
Initiative von dir ausgeht.«
»Also darum geht es dir, Isabeau? Verführen? Du
spielst mit dem Feuer.«
Sie musterte Conner von Kopf bis Fuß. »Das
bezweifle ich. Vom Feuer scheint mir da wenig übrig.« Dann drehte
sie sich auf dem Absatz um und ließ ihren Blick deutlich
abschätzend über die anderen Männer gleiten. »Entschuldige, dass
ich dich belästigt habe.«
Als Isabeau ihn stehenlassen wollte, packte er sie
am Arm und riss sie herum.
Sie zog betont eine Augenbraue in die Höhe. »Ich
habe keine Ahnung, wovon du redest.« Dann schaute sie hochmütig auf
seine Hand hinunter, und Conner ließ sie los. Isabeau drehte ihm
den Rücken zu und ging mit wiegenden Hüften davon, ihr Haar war ein
wenig unordentlich und zerzaust und fiel ihr offen ums Gesicht und
über den Rücken, als hätte er ihr, ohne es zu merken, den
Pferdeschwanz gelöst. Doch er erinnerte sich nicht, das getan zu
haben, nur an das Gefühl von Seide an den Fingerkuppen.
Isabeau blinzelte, um die Tränen zurückzuhalten,
die ihr in den Augen brannten. Sie hatte sich Conner an den Hals
geworfen, und er hatte sie abgewiesen. Ihr Stolz war gebrochen, mit
Füßen getreten worden. Er wollte sie nicht. Sie senkte den Kopf und
beugte sich vornüber, um Luft zu schöpfen, doch das war ein Fehler,
denn augenblicklich hatte sie den Geruch aller Männer in der Nase,
eine verlockende Mischung aus Begehren und Männlichkeit.
Wenn du nicht aufhörst, du
Luder, erwürge ich dich, zischte Isabeau ihrer Katze zu. Am
liebsten hätte sie Conner den athletischen Rücken zerkratzt. Wer
hätte gedacht, dass Muskeln so gut definiert sein konnten? Doch
Isabeau wusste, dass nicht nur ihre Katze schuld war – oder
zumindest nicht
ganz allein. Sie selbst wollte Conner ganz genauso, und die
hervordrängende Katze war eine großartige Entschuldigung. Aber er wollte sie nicht.
Wie konnte das sein, wenn sie sich mit jeder Faser
ihres Seins nach ihm sehnte? Sie konnte kaum die Augen schließen,
ohne dass Bilder von Conner sie verfolgten. Keinen Atemzug tun,
ohne ihn zu begehren. Er sollte verdammt sein für seine
Zurückweisung. Er war doch derjenige, der behauptet hatte, das
Gesetz des Dschungels stehe über allem anderen, und kaum hielt sie
sich daran, hatte er nicht mitgemacht. Es hatte sie jedes Quäntchen
Mut gekostet, ihn dazu zu bewegen sie zu küssen, in der Hoffnung,
dass er dann nicht mehr widerstehen konnte. Aber wenn er sie nicht
mehr wollte, dann … Isabeau hob den Kopf und betrachtete die
Männer, die auf der Lichtung ganz in der Nähe mit Jeremiah
sprachen.
Sie hatte Adan nur deshalb vorgeschlagen, einem von
Imeldas Wachleuten den Kopf zu verdrehen, weil sie wusste, dass sie
nie mehr für einen anderen Mann dasselbe empfinden konnte, wie für
Conner. Sollte sie einfach einmal ihre Verführungskünste erproben?
Vielleicht konnte sie als Leopardin ohne Skrupel mehrere Männer
haben. Vielleicht waren moralische Bedenken leichter
beiseitezuwischen, als sie glaubte. Sie ging näher an die Männer
heran, weil sie wissen wollte, was sie miteinander
besprachen.
Sie merkte den Moment genau, in dem Conner sich den
Männern wieder anschloss. Er fiel auf in der Gruppe. Isabeau
fürchtete, dass er ihr wohl überall auffallen würde. Ein Kegel aus
Sonnenlicht hob ihn aus den Schatten der Lichtung hervor. Er fuhr
sich mit den Fingern durchs Haar und bändigte es auf diese
nachlässige Art, die sie so sexy
fand. In diesem Augenblick hasste sie ihn beinahe. Kaum wandte sie
den Blick von ihm ab, da begegnete sie dem Jeremiahs.
Unfähig wegzuschauen betrachtete er sie weiter
voller Bewunderung. Offensichtlich fand er sie attraktiv, denn er
ließ demonstrativ seine Muskeln spielen. Isabeau bemühte sich, ihre
Erheiterung zu verbergen. Es war nicht fair, ihn wie einen
Grünschnabel zu behandeln, wo er doch fast das gleiche Alter hatte
wie sie. Aber Conner mit seinem muskelbepackten Körper wirkte eben
männlicher.
Jeremiah ließ abermals die Muskeln tanzen und
schaute kurz zu Conner hinüber, ehe er ihr ein Lächeln zuwarf. In
dem Augenblick rief Rio ihm etwas zu, und Jeremiah sprintete los,
riss sich die Kleider vom Leib und schaute dabei zu Isabeau zurück.
Sofort wickelte sich seine Hose um seine Knöchel, sodass er Hals
über Kopf zu Boden stürzte und in seine Jeans verheddert halb nackt
über die Lichtung rollte.
»Was war denn das, verdammt nochmal?«, wollte Rio
wissen.
»Ich weiß genau, was das war«, betonte Conner
unheilverkündend, während er über die Lichtung auf Jeremiah
zuschlenderte.
»Conner!« Schnell trat Elijah ihm in den Weg. »Er
ist doch noch ein Kind.«
»Aber er kennt die Regeln.«
Trotzig rappelte Jeremiah sich auf. »Vielleicht
ärgert es dich bloß, dass ich besser ausgestattet bin als der
Durchschnitt, und sie mich vorziehen könnte.«
»Weil du den längeren Schwanz hast?« Verächtlich
musterte Conner ihn von Kopf bis Fuß. »Tut mir leid, Junge, das
reicht nicht. Du kriegst ja im richtigen Moment nicht mal die Hose
runter. Ich bezweifle, dass du großen Eindruck gemacht hast.«
Wütend riss Jeremiah sich die Jeans von den Beinen,
warf sie angewidert beiseite und stürzte sich auf Conner. Doch
Elijah fing ihn ab und zog ihn weg.
»Willst du dich umbringen, du Idiot? Weißt du
nicht, wie man sich verhält, wenn die Gefährtin eines Mannes kurz
vor dem Han Vol Don steht? Zeig etwas mehr Respekt, verdammt
nochmal.«
Jeremiah blieb wie angewurzelt stehen und sah zu
Isabeau hinüber. So wie alle anderen auch – mit Ausnahme von
Conner. Isabeau bemühte sich, nicht puterrot anzulaufen, und
blickte zu Boden; sie wünschte, er täte sich auf, und sie könnte
darin versinken. Dann drehte sie sich um und kehrte in den Schutz
der Bäume zurück, um zuzusehen, wie Jeremiah sich wieder anzog und
sich darauf vorbereitete, noch einmal von vorn zu beginnen.
Der Anblick, wie Jeremiah übte sich im Laufen zu
verwandeln, machte ihr Lust es selbst einmal zu probieren. Sie
hatte sich sorgfältig mit den Unterlagen im Büro ihres Vaters
beschäftigt, auch mit den privaten, aber keinerlei Hinweis auf das
Volk der Leopardenmenschen gefunden. Sie glaubte nicht, dass er
etwas davon gewusst hatte. Wahrscheinlich war ihre Mutter bei der
Geburt gestorben, genau wie Conner es vermutet hatte, und niemand
hatte das Kind haben wollen. Um die Zeit ihrer Geburt herum war ihr
Vater vom Amazonas nach Borneo gezogen. Es war also anzunehmen,
dass sie aus Südamerika stammte. Vielleicht sollte sie doch
versuchen, ihre Familie zu finden.
Nach Borneo wollte sie nicht zurück und in Panama
konnte sie nicht bleiben. Dort traf sie ständig auf Conner. Mit
ihm jedoch wäre sie überallhin gegangen. Und das, obwohl er für den
Tod ihres Vaters verantwortlich war. Beschämt drückte sie eine Hand
auf den Mund. Ein sehr praktischer Vorwand, um die erlittene
Kränkung nicht zu vergessen. Ihr Vater war selbst schuld an seinem
Tod. Conner war nur vorzuwerfen, dass er sie verführt hatte, ohne
an ihr interessiert zu sein.
Er hatte ihren Stolz verletzt. Und das tat er immer
noch. Er hatte sie genauso benutzt, wie er nun auf ihren Wunsch hin
Imelda Cortez benutzen sollte, um die entführten Kinder
zurückzubekommen. Heiligte der Zweck die Mittel? War sie nicht
ebenso scheinheilig?
Isabeau presste die Finger an die Schläfen und gab
sich alle Mühe, ruhiger zu werden. Sie wollte nicht abreisen, ohne
diese Sache zu Ende zu bringen. Das schuldete sie außer Adan auch
Conners Mutter, die ihre Freundin gewesen war, und den
verschleppten Kindern. Sie atmete tief ein und aus und lief auf und
ab, um möglichst viel überschüssige Energie abzubauen, ehe sie zu
den anderen zurückkehrte.
Als sie wieder aus den Bäumen hervorkam, trug
Isabeau den Kopf hoch, denn sie hatte sich vorgenommen, sich von
den Männern nicht mehr einschüchtern oder beschämen zu lassen. Was
immer sie war, was auch mit ihr geschah, in der Welt der
Leopardenmenschen war es offenbar normal, und sie wollte sich nicht
ins Bockshorn jagen lassen. Selbst wenn sie sich so verzweifelt
nach Sex sehnte, an Mut fehlte es ihr jedenfalls nicht.
Wieder und wieder führte Jeremiah vor, wie er sich
verwandelte. Am Ende hatte Isabeau sich so an seine Nacktheit
gewöhnt, dass sie sich mehr für den genauen Ablauf des Prozesses
interessierte. Es sah so aus, als ob es schmerzhaft sein könnte,
obwohl die Schnelligkeit, mit der sich alles abspielte, das
Gegenteil nahelegte.
Nachdem sie zum zigsten Male Jeremiahs Zeit
gestoppt hatten, sahen Rio, Felipe und Elijah sich kopfschüttelnd
an.
»Du bist zu langsam, Jeremiah«, erklärte Conner
knapp. »Noch einmal. Und diesmal stellst du dir vor, dass jemand
dabei auf dich schießt. Du bist der Jüngste von allen und solltest
schneller sein. Wenigstens fünfzehn oder zwanzig Sekunden.«
Jeremiah warf Conner einen verächtlichen Blick zu.
»Eifersüchtiger Bastard«, murmelte er. »Das ist unmöglich.«
Der Junge hätte es besser wissen müssen. Conners
Gehör war ausgezeichnet. Er schlenderte zu dem jungen Leoparden
hinüber und baute sich vor ihm auf. »Du hältst das für unmöglich?
Es ist nicht nur möglich, du faules Balg, man schafft es sogar,
wenn man durch Bäume läuft statt über eine schöne freie
Lichtung.«
Jeremiah machte seine Lage noch schlimmer, indem er
höhnisch grinsend erwiderte: »Das glaube ich nicht.«
Lautlos tauchte Rio hinter ihm auf und gab ihm eine
Kopfnuss, die hart genug war, um den Jungen ins Straucheln zu
bringen. »Hör auf zu jammern und versuch, etwas zu lernen. Wenn du
mit uns zusammenarbeiten willst, musst du wissen, wie man am Leben
bleibt. Du hast mich nicht einmal kommen hören.«
Isabeau wandte sich ab, um ihr Lächeln zu
verbergen. Jeremiah war wirklich ein großes Kind; er wollte zwar
gern von den anderen Leoparden respektiert werden, aber nichts
dafür tun. Den Älteren ging langsam die Geduld aus. Sie hatten den
ganzen Morgen mit ihm gearbeitet, doch es wurde
immer deutlicher, dass Jeremiah zu eingebildet und bequem
war.
»Du hast gesagt, deine Familie kommt aus Costa
Rica?«, mischte sie sich ein, ohne sich etwas anmerken zu
lassen.
Jeremiah nickte. »Aber das hier ist meine Sache.
Meine Eltern brauchen nichts davon zu wissen«, setzte er hastig
hinzu.
Rio, der mit verärgert hochgezogenen Schultern
gerade dabei war, die Lichtung zu überqueren, drehte sich um.
»Deine Eltern wissen nicht, wo du bist?«
»Und ich dachte, du wärst bei Mutti aufgewachsen«,
murmelte Elijah, »als Einzelkind.«
Jeremiah funkelte ihn böse an. Dann richtete er
sich zu voller Größe auf und warf sich in die Brust. »Meine Familie
ist sehr zahlreich. Ich bin das jüngste von acht Kindern. Ich habe
sieben Schwestern. Mein Vater wollte unbedingt einen Sohn.«
Die Männer wechselten vielsagende Blicke.
»Und dann kamst du«, fügte Elijah leise
hinzu.
»Das erklärt vieles«, bemerkte Conner. »Tja, mein
Junge, du bist hier nicht zu Hause, und es gibt keine Schwestern,
die dich verhätscheln. Entweder du verbesserst deine Zeit, oder du
bringst deinen faulen Hintern wieder bei Mama in Sicherheit. Wenn
du bei uns bleibst, musst du damit rechnen, dass auf dich
geschossen wird.«
Jeremiah wurde rot. »Ich bin kein Muttersöhnchen,
falls du das meinst. Ich behaupte nur, dass ich schnell bin,
wahrscheinlich sogar schneller als ihr alle.«
Conner seufzte. »Wer ist beim Ausziehen im Wald der
Langsamste von uns?« Er sah sich nach den Männern um.
Felipe hob die Hand. »Ich schätze, das bin
ich.«
Conner trat zurück und winkte Felipe, zu ihm zu
kommen. Felipe sah erst zu Isabeau hinüber, dann mit fragend
hochgezogener Braue zu Conner.
»Sie muss lernen. Und von Jeremiahs nacktem Po hat
sie bestimmt schon genug.«
Isabeau lief rot an und fluchte leise vor sich hin,
als die allgemeine Aufmerksamkeit sich erneut auf sie richtete. Sie
versuchte wirklich, sich anzupassen, ob sie es ihr nun glaubten
oder nicht; doch ständig daran erinnert zu werden, dass sie eine
Frau war und bald rollig werden würde wie eine gottverdammte Katze,
machte es ihr nicht gerade leichter.
Sie ließ den Blick zu Conner schweifen. Die ganze
Nacht über hatte sie sich an das warme Fell eines Raubtiers
geschmiegt und sich so sicher gefühlt, wie sie es sich nie hätte
träumen lassen. Der gleichmäßige Rhythmus des Regens und der
Herzschlag des Leoparden hatten dafür gesorgt, dass sie schnell
eingeschlafen war, selbst inmitten so vieler Fremder. Sie war ruhig
und völlig entspannt gewesen. Aber jetzt, wo sie Conner in Aktion
sah, seine geschmeidige Eleganz, das Spiel der Muskeln unter seiner
Haut, die brennenden Augen und den fokussierten Blick, schmolz sie
einfach dahin. Sie konnte ihn kaum aus den Augen lassen, obwohl sie
nicht eine Sekunde vergaß, warum sie ihn nach Panama geholt hatte –
um eine andere Frau zu verführen -, und dass er sie zurückgewiesen
hatte.
Conner räusperte sich. »Isabeau?«, sagte er
fragend.
Isabeau errötete, als sie begriff, dass Felipe auf
ihre Erlaubnis wartete. »Ich muss schließlich auch lernen, wie man
sich verwandelt«, bemerkte sie möglichst lässig, so als ob sie es
gewöhnt wäre, den ganzen Tag von nackten Männern umgeben zu
sein.
Felipe nahm sie beim Wort und zog sich ohne
Umschweife im Laufen aus. Die Schnelligkeit, mit der er sich
entblößte, war bewundernswert; einige geschickte, lässige
Handgriffe und wenige Sekunden genügten. Sobald er Schuhe und
Socken abgestreift hatte, lief er schon los und noch während er
sich Hemd und Hose herunterriss, wuchsen ihm Muskeln, sodass er
bereits mit großen, schnellen Sprüngen durch die Bäume hetzte, noch
ehe sein Hemd zu Boden gefallen war.
Conner drückte auf die Stoppuhr und ging zu
Jeremiah hinüber. Der Junge hatte den Mund aufgerissen und schaute
dem großen Leoparden völlig verblüfft hinterher.
»Ich habe es gar nicht richtig mitbekommen«, sagte
Jeremiah voller Bewunderung. »Ich glaube fast, ich kann meinen
Augen nicht trauen, ehrlich.«
»Nicht eine unnütze Bewegung«, betonte Isabeau, die
nicht länger im Hintergrund bleiben wollte. Sie ging zu Jeremiah
und sah auf die Stoppuhr. »Er hat nicht einmal sieben Sekunden
gebraucht. Wie kann das sein?«
»Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich überhaupt was
gesehen habe.« Jeremiah starrte immer noch auf die Uhr.
Als Isabeau näher herantrat, streifte sie den
nackten Jungen am Arm. Sofort gab Conner ein Knurren von sich, und
Jeremiah sprang zurück. Alle Männer erstarrten und schauten sich
nach Conner um, wie er ganz langsam den Kopf drehte und den
zurückweichenden Jungen mit glühenden Augen fixierte.
»Conner«, sagte Rio scharf.
Erschrocken über Conners Reaktion zog Isabeau sich
instinktiv von Jeremiah zurück. »Du glaubst doch wohl nicht …« Sie
verstummte und legte schützend eine Hand
an die Kehle, obwohl ihre etwas fiesere Seite die Situation
durchaus erheiternd fand. »Er ist doch noch ein Kind.«
»Vom Alter her passt er doch viel besser zu dir«,
entgegnete Conner barsch.
Isabeau konnte sich das Lachen nicht verkneifen.
»Ach, Conner, mach dich doch nicht lächerlich.«
»He!«, mischte Jeremiah sich ein. »Die Frauen
können nicht genug von mir kriegen.«
Conner fauchte, seine Zähne wurden länger und
spitzer, und Krallen drangen aus seinen Fingerspitzen. Isabeau
machte alles noch schlimmer, indem sie sich über Jeremiahs
beleidigten Gesichtsausdruck vor Lachen krümmte. Die anderen Männer
verdrehten die Augen und konnten kaum fassen, dass der
Überlebensinstinkt des Jungen nicht reichte, um auf Distanz zu
Isabeau zu gehen und den Mund zu halten.
»Willst du damit behaupten, dass meine Frau scharf
auf dich wäre?«, fragte Conner und trat nahe an Jeremiah heran –
bedrohlich nahe. »Dass sie sich statt mit mir lieber mit dir
einlassen würde?«
Isabeau war augenblicklich ernüchtert. Langsam
richtete sie sich wieder auf, ihre Augen waren grün geworden und
schimmerten wie Juwelen. »Ich bin nicht deine Frau, du erbärmlicher
Abklatsch eines sogenannten Gefährten.«
Doch irgendwie hörte niemand auf sie. Jeremiah
wagte nicht zu atmen. Conners tödliche Pranke war viel zu nah an
den edelsten Teilen seines Körpers, und der Mann sah so wütend aus,
als würde er sie ihm gleich abreißen.
»Nein, du hast mich falsch verstanden«, widersprach
Jeremiah, der seinen Fehler zu spät erkannte. Leoparden waren
berüchtigt dafür, dass sie extrem eifersüchtig waren,
wenn andere Männer ihrer Gefährtin zu nahe kamen, insbesondere
dann, wenn diese Gefährtin kurz vor ihrer ersten Hitze war. Erst
jetzt fiel Jeremiah auf, dass alle anderen Abstand zu Isabeau
hielten.
»Was genau habe ich denn falsch verstanden?«, stieß
Conner zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Isabeau merkte, dass die anderen sie langsam
einkreisten, vermutlich um Jeremiah falls nötig beizuspringen.
Plötzlich ging es gar nicht mehr um sie. Dem Jungen drohte echte
Gefahr von einem Mann, der ihre Avancen gerade erst zurückgewiesen
hatte. Aber was ihn auch trieb, war tatsächlich da und es war
gefährlich.
Isabeau trat dicht an Conner heran und legte ihm
eine Hand auf den Arm. Sie konnte seine stählernen Muskeln spüren,
und auch das Adrenalin, das in ihm kreiste wie ein Feuerstrom.
Allmählich begann sie zu verstehen, welch schrecklichen Tribut die
Leoparden von den Männern forderten. Es war den Menschen unmöglich,
die Gesetze der Raubkatzen zu ignorieren. Aufgrund ihrer
animalischen Eigenschaften wandelten sie ständig auf einem sehr
schmalen Grat.
»Ich … eigentlich wollte ich nur sagen, dass Felipe
das großartig gemacht hat und dass ich viel härter trainieren muss,
um auch nur halbwegs an seine Leistung heranzukommen«, stammelte
Jeremiah.
»Ich habe ihn doch nur zufällig angerempelt«,
betonte Isabeau. »Conner, ich bitte dich.«
Conner blieb einen Augenblick still stehen und
kämpfte gegen das Adrenalin in seinem Blutkreislauf, dann drehte er
sich abrupt um, legte einen Arm um Isabeaus Taille, riss sie von
Jeremiah fort und legte seine Lippen an ihr Ohr. »Dein
Geruch hat ihn so verrückt gemacht, dass er sich schon wieder
danebenbenommen hat.«
Damit führte er sie in den Regenwald hinein, weg
von den anderen und den Ausdünstungen erregter Männlichkeit, die
seinen Leoparden – und ihn – zum Wahnsinn trieben.
Isabeau lief puterrot an. Wie hätte es anders sein
können? Sie war es nicht gewohnt, so beiläufig über Sex zu reden,
und die Art, wie diese Männer über Nacktheit und die Läufigkeit
weiblicher Katzen sprachen, grenzte fast an Gleichgültigkeit. Es
war nicht gerade abschreckend, aber immerhin verstörend, zu wissen,
dass alle ihren Zyklus verfolgten. Und nicht nur das, darüber
hinaus reagierten sie auch noch darauf.
»Ich hoffe, das lag nicht nur an meinem Geruch«,
sagte Isabeau. Sie hätte die Situation gern ein wenig aufgelockert,
meinte es aber durchaus ernst. »Ich möchte nicht, dass man mich
mag, nur weil ich irgendwie rieche.«
Conner atmete tief ein, ließ ihren speziellen
Körperduft absichtlich in seine Lungen strömen. Allein ihr Anblick
brachte ihn oft ungewollt in Wallung, doch so wie sie ihn jetzt
ansah, mit unschuldig gerunzelter Stirn und unter langen, gebogenen
Wimpern hinweg, konnte er sein Verlangen kaum noch zügeln. »Für
Katzen sind Gerüche sehr wichtig«, er rieb das Gesicht an ihrem
bloßen Hals, »genauso wie das Markieren mit Duftstoffen. Jeder, der
dumm genug ist, in meinem Revier zu wildern, muss sich auf etwas
gefasst machen.«
Isabeau riss sich von ihm los. »Ich gehöre nicht
mehr zu deinem Revier. Das war, als du noch jemand anders warst,
erinnerst du dich?«
»Ich erinnere mich an jede Minute.« Conners goldene
Augen bohrten sich in ihre. »Du auch?«
Isabeau verkniff sich die Antwort. Sie hatte nicht
die Absicht, sich mit ihm anzulegen. Er war imstande, sie im
Handumdrehen zum Weinen zu bringen. Sie war ihm nicht gewachsen –
und war es nie gewesen. »Das kannst du nicht machen, Conner. Du
willst mich nicht, drohst aber, jeden, der sich für mich
interessiert, umzubringen? Das ergibt doch überhaupt keinen
Sinn.«
»Ich will dich nicht?«,
stieß Conner hervor, während es in seiner Brust rumorte. Er packte
Isabeau bei den Oberarmen und zog sie eng an sich, sodass sie seine
stramme Erektion zu spüren bekam. »Wollen ist nicht das richtige
Wort für das, was ich für dich empfinde, Isabeau. Ich werde es mir
nicht wieder mit dir verderben, nur weil ich die Finger nicht von
dir lassen kann. Das ist mir schon einmal passiert, und ich will
verdammt sein, wenn ich es ein zweites Mal zulasse.«
»Du kannst die Finger nicht von mir lassen?«
»Tu doch nicht so, als ob du das nicht wüsstest.
Ich hätte mich nicht hinreißen lassen sollen. Um eine Frau zu
verführen, muss man nicht unbedingt mit ihr ins Bett gehen. Vorhin
hatte ich mich nicht in der Gewalt, und du siehst ja, wohin dieser
Mangel an Selbstbeherrschung uns gebracht hat.« Für einen
Augenblick war ihm seine Qual unverhüllt anzusehen. »Es war schon
schlimm genug zu wissen, dass ich dich enttäuscht habe, aber
herauszufinden, dass meine Mutter vor ihrem Tod erfahren hat, was
ich getan habe …« Conner verstummte und schüttelte den Kopf. Dann
setzte er wieder seine entschlossene Miene auf. »Wenn ich mit dir
ins Bett gehe, dann nur, weil du es so willst, nicht weil deine
Katze ihren Trieb befriedigen möchte.«
Wieder lief Isabeau rot an, doch ihr Stolz war ihr
weniger wichtig als Conners Worte. Sie hatten sie tief im Herzen
berührt, und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass ihre
durcheinandergeratene Welt wieder in Ordnung kommen könnte. War nur
ihre Katze so wild auf ihn? Sie glaubte es zwar nicht, aber sie war
sich nicht ganz sicher, und Zweifel durfte es nicht geben, wie
Conner ganz richtig bemerkt hatte. Die Gewissheit, dass er sie
nicht völlig ablehnte, machte jedenfalls die Dinge einfacher.
Conner nahm Isabeaus Gesicht in beide Hände, strich
mit dem Daumen über ihre Lippen und sah sie durchdringend an. »Du
gehörst mir, Isabeau. So wird es immer sein. Es ist nicht zu
ändern. Wie du dich auch entscheidest, ob du mir verzeihst und uns
eine zweite Chance gibst oder nicht, du gehörst nur mir.«
Isabeau stockte das Herz, es hörte einfach auf zu
schlagen. Sie konnte spüren, wie es sich in ihrer Brust
verkrampfte, ehe es plötzlich wieder zu pochen begann. Dieses eine
Mal blieb ihre Katze ruhig und gönnte ihr den perfekten Moment.
Isabeau schaute zu Conner auf, musterte das Gesicht, das sich ihr
unauslöschlich eingeprägt hatte – bis ins Mark -, und sie stellte
fest, dass sie von Neuem verloren war. »Warum hast du nicht nach
mir gesucht?« Denn das hatte sie mehr gekränkt, als sie sagen
konnte.
»Eigentlich hatte ich mich dazu entschlossen«,
gestand Conner, »vor sechs Monaten. Ich wusste, ich musste
versuchen, es dir zu erklären, auch wenn es wahrlich keine
Entschuldigung für mich gab. Ich hatte einen Job zu erledigen,
Isabeau, und in dem Augenblick, als ich merkte, dass die Sache mir
entglitt und wir beide schon zu tief drinsteckten, hätte ich alles
abbrechen sollen. Ich würde gern behaupten,
dass ich es nicht getan habe, weil mir die Entführungsopfer so
wichtig waren, aber ich habe viel darüber nachgedacht, und das
stimmt nicht. Nachdem ich dich kennengelernt hatte und eine gewisse
Grenze überschritten war, gab es für mich kein Zurück mehr. Ich
hatte nicht die Kraft, das Richtige zu tun und dich
aufzugeben.«
Er sagte es ganz schlicht und einfach. Und es
stimmte. Isabeau sah es an seinem brennenden Blick, hörte es an
seiner samtenen Stimme und roch es mit dem ausgeprägten
Sinnesapparat der Leopardin. Sie schaute ihn an und versuchte, sich
die heiße innere Freude nicht anmerken zu lassen. Leckte sich nur
über die Unterlippe. Doch sofort heftete Conners Blick sich auf
diese kleine Bewegung.
Isabeau blieb ruhig stehen. Regte keinen Muskel.
Hielt sogar die Luft an. Gerade erst hatte er ihre Annäherungen
zurückgewiesen, und sie würde sich nicht ein zweites Mal zum Narren
machen, auch wenn er ihr glaubhaft versichert hatte, dass damals
nicht alles gelogen gewesen war. Sein plötzliches Bekenntnis hatte
sie so erleichtert, dass ihr die Beine zitterten. Vielleicht war es
aber auch Vorfreude, was ihre Lenden prickeln und ihre Temperatur
in die Höhe schnellen ließ.
Ganz langsam senkte Conner den Kopf und wartete auf
ihre Reaktion. Isabeau rührte sich nicht, sah nur zu, wie sein
Blick lüstern über ihr Gesicht glitt. Beobachtete, wie seine Augen
sich veränderten und zu glühenden, gierigen Katzenaugen wurden.
Sein Mund war sinnlich, lockend, schön – alles in einem. Dann
berührte er ihre Lippen, hauchzart, und ihr Magen schlug einen
Purzelbaum, ihr Bauch zog sich zusammen, und sie schmolz dahin.
Noch einmal streifte er sanft ihre Lippen – eine Aufforderung. Und
sie konnte nicht widerstehen.
Die Nippel ihrer sehnsüchtigen Brüste wurden hart
und bohrten sich in ihre Bluse, um näher an seinen warmen Körper zu
kommen. Conner strich mit der Zunge über ihre Unterlippe und
ergötzte sich an ihrem Geschmack. Nagte an ihren Lippen und biss
spielerisch zu, sodass sie im Innern erschauerte. Das leise,
zufriedene Knurren, das Conner daraufhin von sich gab, ließ sie auf
der Stelle vor Verlangen zerfließen.
»Ich habe dich jede einzelne Sekunde vermisst«,
flüsterte er. »Sobald ich die Augen zumachte, habe ich von dir
geträumt, aber die meiste Zeit konnte ich gar nicht schlafen vor
lauter Sehnsucht nach dir.«
Dann gab er ihr einen Kuss, der so tief und
betörend war, dass er all ihre Sinne betäubte. Irgendwann riss er
sich los, legte seine Stirn an ihre und holte mühsam Luft. »Ich
liebe es, dich lachen zu hören. Du hast mir so viel beigebracht,
Isabeau, über das, was wichtig ist im Leben. Wenn man sein Ein und
Alles gefunden hat und es dann verliert …«
Er küsste sie wieder und wieder, immer fordernder
und drängender, sodass er sie am Ende fast verschlang und sie in
seiner Leidenschaft mitriss. So war es stets gewesen, er raubte ihr
den letzten Rest von Verstand, bis sie kein denkender Mensch mehr
war, sondern ein reines Gefühlswesen. Sie hatte nicht gewusst, dass
sie leidenschaftlich und verführerisch sein konnte, bis Conner in
ihr Leben getreten war und alles verändert hatte – vor allem
sie.
Conner krallte die Finger in ihr Haar, zog ihren
Kopf zurück und musterte sie mit einem Blick, den sie nie vergessen
sollte. Das Verlangen hatte tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben,
und dunkle Lust glitzerte in seinen Augen. Isabeaus Herz machte
einen Satz. Eine neue Hitzewoge überrollte sie
und riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Sie hatte sich immer
von seinem Sexhunger anstecken lassen, doch diese wilde Gier war
etwas Neues.
Mit einem kurzen Zischen entwich ihr der Atem durch
den Mund, ehe Conner ihn wieder mit seinen Lippen schloss. Seine
anfängliche Zartheit war rauer Begierde gewichen, und in seiner
dominanten, selbstsicheren Art setzte er voraus, dass sie Gefallen
daran fand. Seine Hände waren kräftig, sein Körper hart, und die
zunehmende Hitze zwischen ihnen brachte den Regenwald um sie herum
zum Dampfen. Isabeaus Körper wurde weich, willenlos, fügsam. Conner
gab einen leisen, kehligen Ton von sich, der ihre Haut prickeln
ließ. Dann glitten seine Hände an ihrem Rücken hinab zu ihrem Po
und hoben sie hoch. Instinktiv schlang Isabeau die Beine um seine
Taille und verschränkte sie.
Das V zwischen ihren Schenkeln passte haargenau auf
die dicke Beule in seiner Hose, die sie beide miteinander verband.
Und die ganze Zeit labte sein Mund sich hungrig an ihrem. Isabeaus
Welt schrumpfte – reduzierte sich allein auf Conner. Hände, Hitze,
wie er schmeckte und sich anfühlte. Keuchende Atemzüge, Bisse, das
ungeduldige Streicheln und die Haut unter den Kleidern, die sie
davon abhielten, ihn zu berühren.
Alles trat zurück, es gab nur noch ihn. Er
schmeckte einfach himmlisch, wie die reine Lust, aber auch
sündhaft, wie das Verlangen, das sie wohl immer nach ihm haben
würde. Dann löste sein Mund sich von ihrem und begann, aufreizend
langsam an ihrem Hals entlang zu ihrer Schulter zu gleiten und
daran zu knabbern. Isabeau zitterte vor Ungeduld. Er sollte nicht
sanft und zärtlich sein, sie wollte es
rau, wollte erobert und genommen werden, in einem heißen
Feuersturm verbrennen, der die Welt um sie herum in Asche legte und
nichts zurückließ als sie beide – gereinigt und erschöpft und auf
ewig miteinander vereint.
Plötzlich hob Conner alarmiert den Kopf und spähte
mit seinem goldenen Blick in den Wald. Die Männer weiter hinten auf
der Lichtung waren bereits unsichtbar geworden, so als hätte es sie
nie gegeben. Conner stellte sie wieder auf ihren unsicheren Beinen
ab und atmete tief ein, er brauchte Luft – und die Hinweise, die er
in ihr wittern konnte.