14. Kapitel

Er duckte sich zwischen zwei Fahrzeugen auf dem Parkplatz des Maple Woods Community Colleges. Sein Herz klopfte so laut wie das Zirpen der Grillen in den Bäumen ringsum.

Er hatte gewusst, wenn er sich nur in Geduld übte, würde sich irgendwann eine Gelegenheit ergeben, um seine Kimono-Kim zu holen, und jetzt war es so weit. Er hatte alles, was er benötigte, Klebeband, Seil und eine Brechstange. Aber wichtiger noch: Er hatte den Schutz der Nacht und eines relativ verlassenen Parkplatzes.

Sie war lange in der Bibliothek geblieben, hatte für Prüfungen gearbeitet, die sie nie ablegen würde, mit Freunden gesprochen, die sie nie wiedersehen würde. Doch sie würde auf ewig als die perfekte Kimono-Kim Unsterblichkeit genießen, eine bedeutend bessere Puppe, als Annalise Blakely je herstellen könnte.

Es war schon beinahe zweiundzwanzig Uhr, als er sie kommen hörte. Ihre Flip-Flops klatschten rhythmisch auf das Pflaster des Parkplatzes. Sie war allein, genau so, wie er es erwartet hatte.

Er spannte alle Muskeln an, und seine fiebrige Erregung erreichte einen nie gekannten Gipfel. Er wartete, bis er das Klimpern von Schlüsseln hörte und die Fahrertür geöffnet wurde; dann sprang er sie von hinten an und zog ihr die Brechstange über den Hinterkopf. Ohne einen Laut von sich zu geben, ließ sie die Bücher, die sie im Arm gehalten hatte, zu Boden fallen und brach zusammen.

Sie war halb bei Bewusstsein, als er ihr grob das Klebeband auf den Mund klatschte und die Hände auf dem Rücken fesselte. Erst jetzt wurde ihr offenbar bewusst, in welcher Gefahr sie sich befand. Ihre dunkelbraunen Augen weiteten sich, und sie versuchte, sich zu wehren. Doch dazu war es längst zu spät. Er hatte alles im Griff.

Er sah sich auf dem Parkplatz um, konnte aber keine Menschenseele entdecken, die Schwierigkeiten bedeutet hätte. Daraufhin hob er seine nächste Kreation auf die Arme und legte sie in den Kofferraum seines Wagens.

Minuten später, auf dem Weg nach Hause, zitterten seine Hände in freudiger Erwartung der bevorstehenden Aufgabe. Sie würde ganz sicher seine größte Herausforderung darstellen. Wenngleich ihre asiatischen Züge auch wunderschön waren, so bedurfte es doch einer besonders geschickten Hand, um ihr Gesicht in das einer Geisha-Puppe zu verwandeln. Doch er war dieser Herausforderung gewachsen.

Die Fahrt vom College zu seiner Wohnung dauerte nur eine Viertelstunde. Dort angekommen, lud er sie aus dem Kofferraum und schleppte sie in den besonderen Raum, in dem er seiner Arbeit nachging.

Er fesselte sie an einen Sessel, ohne das Flehen in ihren Mandelaugen zu beachten. Durch das Klebeband waren ihre Laute zu hören, und er wusste, dass sie um ihr Leben bettelte.

»Schsch, alles ist gut«, sagte er und lächelte sie an. Er ging zu seinem kleinen Kühlschrank und entnahm ihm eine Eiswürfelschale. Nachdem er mehrere Eiswürfel in einem Plastikbeutel gefüllt hatte, kam er zu ihr zurück und kühlte damit ihren Hinterkopf an der Stelle, wo er mit der Brechstange zugeschlagen hatte.

Sie zuckte zusammen, als er den Beutel auf die Verletzung drückte, doch er konnte nicht zulassen, dass sie eine Beule bekam. Perfekte Puppen hatten keine Beulen.

Sie zerrte an den Seilen, die ihre Arme und Beine fesselten. »Hör einfach auf, dich zu wehren«, sagte er. Es war eine neue Erfahrung für ihn, eines seiner Opfer lebendig bei sich zu haben. Die anderen waren schon tot gewesen, als er sie hierherbrachte.

Ihr konnte er seine Genialität vor Augen führen, und diese Idee begeisterte ihn. Während er ihren Hinterkopf mit dem Eisbeutel kühlte, erzählte er ihr von den Puppen und zeigte auf die Fotos am Schwarzen Brett. Sie schrie hinter dem Klebeband, was er ignorierte, da er nur daran dachte, wie wunderschön sie als Kimono-Kim sein würde.


Sulee Hwang roch förmlich den Wahnsinn, den er ausstrahlte, und sie wusste, dass sie sterben musste. Sie begriff nicht, warum ihr so etwas zustieß. Jetzt hätte sie eigentlich zu Hause bei ihren Mitbewohnerinnen sein sollen. Sie hätte ihren pink-blauen Pyjama tragen und sich bettfertig machen sollen.

Diesen Mann hatte sie noch nie gesehen. Warum hatte er sich ausgerechnet sie ausgesucht? Was hatte er mit ihr vor? O Gott, ihr Herz hämmerte so wild, als wollte es die Rippen durchschlagen.

Als er anfing, ihr langes dunkles Haar liebevoll zu bürsten, mischte sich kalter Ekel zu dem nackten Entsetzen, das sie beherrschte. Schlimmer noch, als er sich an sie drängte, spürte sie, dass er einen Ständer hatte.

Zwar hatte sie sich große Mühe gegeben, nicht zu weinen, weil sie wusste, dass sie aufgrund des Klebebands auf ihrem Mund daran ersticken könnte, doch jetzt begannen die Tränen zu fließen.

»Hör auf«, befahl er. »Hör auf, sonst sind deine Augen nachher ganz rot und verquollen.« Mit zornesrotem Gesicht schleuderte er die Haarbürste zu Boden. »Hör auf zu heulen!«

Sie blinzelte, versuchte verzweifelt, die Tränen zurückzuhalten, während er durch den Raum stapfte und eine Puppe hochhob, die einen Kimono trug. Mit zitternder Hand streckte er sie ihr entgegen. »Schau sie dir an. Sind ihre Augen etwa rot? Sieht sie aus, als hätte sie geweint?«

Sie schüttelte wild den Kopf, wollte ihm bloß zustimmen und tun, was immer notwendig war, um die Wut aus seinem Blick zu bannen, doch die Tränen ließen sich nicht aufhalten.

Er atmete tief durch und schloss für einen langen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, sah er sie mit einer Nüchternheit an, die ihr noch mehr Angst einflößte als seine Wut.

Wortlos stellte er die Puppe auf den Tisch zurück und kam auf Sulee zu. »Ich kann das nicht dulden. Du machst mir noch alles kaputt. Ich hatte gehofft, du würdest an deiner endgültigen Verwandlung Anteil nehmen, aber ich fürchte, dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.«

Er legte ihr die Hände um den Hals und neigte sein Gesicht so nah zu ihr heran, dass sie den Wahn in seinen Augen erkannte.

Sie versuchte, sich zu wehren, doch innerhalb von Minuten bekam sie keine Luft mehr, und bevor die Bewusstlosigkeit sie umfing, hörte sie ihn flüstern: »Aus dir wird eine wunderschöne Puppe.«


»Scheiße«, sagte Jennifer und sprach damit Tylers Gedanken aus, als sie die tote Frau auf einer Grasfläche hinter der Pizzeria entdeckten.

»Sie sieht wie eine echte Geisha aus«, bemerkte Jennifer.

Noch im Tod war die junge Frau wunderschön. Ihre feinen Gesichtszüge wurden durch das traditionelle japanische Make-up betont, und obwohl es bereits kurz nach neun Uhr morgens war und die Temperatur fast dreißig Grad betrug, waren noch keine Anzeichen der Verwesung zu entdecken.

»Auch wenn sie wie eine echte Geisha aussieht, wissen wir beide, dass das hier das Werk unseres perversen Mistkerls ist«, erwiderte Tyler barsch.

Das Opfer war bereits identifiziert. Die Durchsicht der Vermisstenanzeigen hatte sie auf den Namen Sulee Hwang gebracht. Ihre Mitbewohnerinnen hatten sie spät am vorherigen Abend als vermisst gemeldet.

Sulee hatte am Dienstagabend die Wohnung verlassen, um an einem Abendkurs am Maple Woods Community College teilzunehmen. Nach dem Unterricht war sie nicht nach Hause gekommen.

Sulee galt jetzt nicht mehr als vermisst, doch was Tyler mehr als alles andere beschäftigte, war die Tatsache, dass der Mörder seinen Zeitplan im Vergleich zu vorher enorm gestrafft zu haben schien.

Die anderen beiden Frauen waren abgelegt worden, als die Verwesung bereits eingesetzt hatte. Dieser hingegen hatte er sich offenbar schon kurz nach ihrem Tod entledigt.

Wie bei den anderen beiden war entledigt im Grunde nicht das richtige Wort. Sulee war behutsam ins Gras gebettet worden. Kein Fältchen verunzierte den rot-schwarzen Seidenkimono, in den sie gekleidet war. Ihre Arme waren seitlich ausgestreckt, als hätte sie die Absicht gehabt, einen Schnee-Engel zu fabrizieren.

Es war eine Tragödie. Es war grotesk, und es war höllisch frustrierend. Auch dieses Mal hatte ein anonymer Anrufer den Fundort Sulees gemeldet. Unglücklicherweise war der Anruf nicht bei der Polizei, sondern bei einem Reporter eingegangen, und zwar ausgerechnet bei Reuben Sandford, der beschlossen hatte, zuerst selbst nachzusehen, bevor er die Polizei rief.

Er hatte die Leiche gefunden, sich prompt übergeben und dadurch ein Stück links vom Opfer verschmutzt. Jetzt stand er, blass und ernst, neben einem Polizisten.

Tyler musste ihn noch vernehmen. Er war zu aufgebracht, um höflich zu sein, und wollte mit der Befragung warten, bis sich sein Zorn ein wenig gelegt hatte.

Alles wäre bedeutend unkomplizierter gewesen, wenn Reuben die Polizei gerufen und zugelassen hätte, dass sie die Ersten am Fundort waren. Tyler war denkbar ungehalten darüber, dass ausgerechnet ein Reporter die Leiche gesehen hatte. Er hatte das Gefühl, dass dadurch alles noch viel komplizierter wurde, als es ohnehin schon war.

»Erwürgt, genau wie die anderen«, bemerkte Jennifer und riss Tyler aus seinen Gedanken. »Kratzspuren am Hals. Sie hat versucht, seine Hände von ihrem Hals zu lösen. Vielleicht ist es ihr auch gelungen, seine Hände zu zerkratzen.«

Tyler betrachtete die perfekt manikürten Nägel des Opfers und runzelte die Stirn. »Selbst wenn es so wäre, möchte ich bezweifeln, dass wir Beweismaterial finden.« Der Täter war clever, viel zu clever, um ihnen Hautfetzen unter den Nägeln des Opfers zu überlassen.

Tyler seufzte ratlos auf, als die Spurensicherung mit der Arbeit begann. »Ich werde dann mal ein bisschen mit unserem Jimmy Olsen plaudern.« Er deutete mit dem Finger auf Reuben.

»Und ich spreche mit dem Gerichtsmediziner. Vielleicht kann er den Todeszeitpunkt schon festlegen«, erwiderte Jennifer.

Reuben schien in sich zusammenzufallen, als er Tyler kommen sah. Er ließ die Schultern hängen und senkte das Kinn auf die Brust. Sein Gesicht hatte immer noch die teigige Farbe eines Mannes mit Magenproblemen, und er atmete durch den Mund, als wäre ihm bewusst, dass es um ihn herum nach Tod und Erbrochenem stank.

»Warum haben Sie nicht unverzüglich die Polizei gerufen, als Sie den Hinweis erhielten?«, fragte Tyler ohne jegliches Vorgeplänkel.

»Weil ich dachte, es wäre nur ein dummer Scherz«, antwortete Reuben.

»Ruft man Sie häufig zum Scherz wegen toter Frauen an?«

Reuben straffte die Schultern. »Man ruft mich sehr häufig wegen allen möglichen Dingen zum Scherz an. Marsmännchen auf dem Dach, Auftragskiller an der Straßenecke, Nachbarn, die mit Drogen handeln – die Leute reden gern mit einem Reporter.«

»Und diese Hinweise überprüfen Sie ausnahmslos?«

»Ich steige nicht auf Dächer, um nach Marsmännchen zu suchen, aber ansonsten: Ja, wenn sie echt klingen, versuche ich, solche Hinweise zu überprüfen.« Seine runden Wangen bekamen wieder ein wenig Farbe.

»Warum haben Sie ausgerechnet diesen Anruf überprüft?«, fragte Tyler.

Reuben zog die Brauen zusammen. »Es war nicht viel los. Ich hatte nichts Besseres zu tun.«

»Wiederholen Sie genau, was der Anrufer gesagt hat.«

»Er hat gefragt, ob ich der Reporter bin, der den Artikel über die Morde an Kerry Albright und Margie Francis geschrieben hat. Ich bestätigte das, und dann sagte er, seine nächste Kreation würde ich hinter der Pizzeria Ecke vierundneunzigste Straße und North Oak finden.«

»Kreation? Sind Sie sicher, dass er dieses Wort benutzt hat?«, fragte Tyler.

»Ganz sicher. Ich fand, es war eine merkwürdige Formulierung.«

»Was hat er sonst noch gesagt?«

»Nichts. Das war alles. Er hat gleich aufgelegt, nachdem er mir gesagt hatte, wo ich sie finden würde.« Reuben streckte ihm sein Handy entgegen. »Vermutlich nehmen Sie mir das ab.«

Tyler nickte, nahm das Handy und schob es in seine Tasche. »Können Sie mir sagen, wie er sich angehört hat? Sprach er mit einem Akzent? Ist Ihnen vielleicht ein Sprachfehler aufgefallen?«

»Nein, es war einfach eine tiefe, typisch amerikanische Männerstimme.«

»Haben Sie irgendwelche Hintergrundgeräusche gehört, die Rückschlüsse auf den Ort, von dem er anrief, zulassen würden?«

Reuben verzog das Gesicht. »Alles ging so schnell. Nein, nicht, dass ich mich erinnern könnte.« Er blickte zu dem Opfer hinüber, das gerade in einen Leichensack geschoben wurde. »Tut mir leid wegen der Kotze«, sagte er. »Sie sah so friedlich aus, und dann kam eine Fliege aus ihrer Nase gekrochen, und das war’s.« Er zog eine Grimasse.

»Die Arbeit der Jungs von der Spurensicherung wird dadurch noch unangenehmer«, erwiderte Tyler. »Wenn Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.« Tyler wandte sich zum Gehen.

»Detective King?«

Er drehte sich noch einmal zu Reuben um.

»Es ist derselbe Täter, nicht wahr?«

Tylers Gesichtsausdruck verriet nichts. »Was reden Sie da?«

»Der Typ, der dieses Mädchen da umgebracht hat und die anderen beiden, die so merkwürdig angezogen waren … die Braut und das Zwanziger-Jahre-Mädchen. Er hat sie umgebracht und dann verkleidet.«

Tyler fluchte innerlich. Er hatte auf ein bisschen mehr Zeit gehofft, bevor irgendwer die Verbindung zwischen den Opfern herstellte. Diese Hoffnung war von vornherein unrealistisch gewesen. Kostümierte Mordopfer waren so ungewöhnlich, dass sich eine Verbindung geradezu aufdrängte.

»Wie kommen Sie darauf, dass der Mörder diese Frau verkleidet haben soll?«

»Weil ich, als ich auf Sie und Ihre Leute gewartet habe, mit ihren Mitbewohnerinnen gesprochen habe, und sie sagten, das Mädchen habe keinen Kimono gehabt. Sie haben es mit einem Serienmörder zu tun, nicht wahr?«

Tyler trat zu Reuben, legte ihm den Arm um die Schultern und versuchte, nicht daran zu denken, wie sauer er war, oder daran, wie leicht Reuben die Ermittlungen behindern könnte, wenn er Informationen in Druck gab, bevor die Polizei sie freigegeben hatte. »Reuben, Sie wissen, dass die Presse seit jeher eine wertvolle Hilfe für die Polizeibehörde ist.«

»O nein, versuchen Sie es gar nicht erst mit der Kumpelmasche.« Reuben wich vor Tyler zurück. »Das hier ist eine Wahnsinnsstory. Pressefreiheit und so weiter.«

»Ich bitte Sie ja nur, uns noch ein paar Tage Zeit zu lassen, bevor Sie die Story bringen«, sagte Tyler. »Geben Sie uns ein paar Tage, und ich gebe Ihnen ein Exklusiv-Interview.«

Reuben kniff abwägend die Augen zusammen. »Sie geben mir alles? Die Einzelheiten, und in welche Richtung die Ermittlungen gehen?«

»Ich gebe Ihnen alles, was ich verantworten kann, ohne die Ermittlungen zu gefährden.«

Reuben sah sich noch einmal nach dem Leichenfundort um, dann blickte er Tyler an. »Wenn ich den Eindruck gewinne, dass andere mir zuvorkommen, dann ist alles möglich, und ich berichte, was ich weiß.«

Tyler unterdrückte einen entnervten Seufzer und ließ Reuben stehen. Er hatte die Tatsache, dass jemand junge Frauen umbrachte und sie in Kostüme steckte, noch eine Weile geheim halten wollen. Doch ihm schwante, dass sich dieser Wunsch nicht erfüllen würde.

»Der Gerichtsmediziner schätzt, dass der Tod irgendwann nach Mitternacht eingetreten ist«, sagte Jennifer, als sie neben dem Kleinbus der Spurensicherung mit Tyler zusammentraf. »Genauer kann er sich erst nach der Autopsie festlegen.«

»Hier können wir nicht mehr viel tun. Fahren wir zurück aufs Revier und warten auf die vorläufigen Berichte«, schlug Tyler vor.

»Wenigstens brauchen wir uns über den Mord an Stadtrat Gentry keine Gedanken mehr zu machen«, bemerkte Jennifer, als sie im Wagen saßen.

Wenigstens dieser Mordfall hatte sich recht leicht aufklären lassen, als sich herausstellte, dass William Gentry eine Affäre gehabt hatte. Er hatte sie beenden wollen, was seine junge Geliebte sehr aufgeregt hatte. Und in einem Wutanfall hatte sie ihn dann erschossen. Sie war verhaftet worden, und das Ergebnis war eine am Boden zerstörte Witwe, die jetzt über die Untreue ihres Mannes Bescheid wusste, und ein geachteter Stadtrat, dessen Ruf für immer ruiniert war. Die Akte war geschlossen.

Während sich Jennifer an den Düsen der Klimaanlage zu schaffen machte, schweiften Tylers Gedanken zu Annalise ab. In der vergangenen Woche war es ihnen zweimal gelungen, sich im Harry’s zum Abendessen zu treffen.

Diese Treffen waren Lichtblicke für ihn gewesen. Annalise hatte ihn mit Geschichten über ihre Arbeitswoche und ihre Mitarbeiter unterhalten, die ihr offenbar sehr viel bedeuteten. Sie hatte ihm von Danikas Spontanhochzeit berichtet und davon, dass sie dem Mann ihrer Freundin drei Tage nach der Rückkehr des glücklichen Paars aus den Flitterwochen zum ersten Mal begegnet war.

Jedes Mal, wenn er sich mit Annalise traf, unterhielten sie sich über Alltägliches. Ungewöhnlich an ihren Treffen war die Tatsache, dass er sich jedes Mal sehr auf das nächste Wiedersehen freute. Und aufgrund dieses neuen Mordfalls hatte er keine Ahnung, wann er Zeit für sie finden würde.

Er machte sich keine großen Hoffnungen, dass die Beziehung mit ihr von Dauer sein könnte. Irgendwann würde sie der spontanen Treffen und seiner Unfähigkeit, sich festzulegen, überdrüssig sein. Sie war klug und schön und hatte ganz sicher Besseres verdient als das, was er ihr zurzeit geben konnte.

Er verdrängte die Gedanken an Annalise, da er sich im Augenblick auf den Fall konzentrieren musste. Jetzt ging es um drei tote Frauen, die alle durch die Hand desselben unbekannten Täters gestorben waren.

Sie waren gerade vor dem Revier angekommen, als Reubens Handy klingelte. Es spielte eine scheppernde Melodie, die Tyler nicht erkannte. Er kramte es aus seiner Tasche hervor, schaute aufs Display und sah, dass die Nummer des Anrufers unterdrückt war. Ihm entging nicht, dass Jennifer ihn vom Beifahrersitz aus gespannt beobachtete, als er das Handy aufklappte.

»Hallo?«

Niemand meldete sich, doch Tyler wusste, dass jemand ihn hörte.

»Hallo? Kann ich Ihnen helfen?«

»Wo ist der Reporter?« Es war eine tiefe Männerstimme.

Tyler presste das Handy ans Ohr, in der Hoffnung, etwas zu hören, irgendetwas, das auf den Ort hindeutete, von dem aus der Anruf erfolgte. »Er ist im Augenblick nicht zu sprechen. Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«

»Wer sind Sie?«

»Detective Tyler King. Mit wem spreche ich?«

»Haben Sie mein Werk gefunden?«

Das Adrenalin schoss durch Tylers Adern. »Ja, und ich würde gern mit Ihnen über Ihr Werk sprechen.«

Eine kurze Pause folgte. »Lieber nicht.« Das Gespräch war beendet.

»Wer war das?«, fragte Jennifer, als Tyler leise fluchte.

»Das war unser Mann.« Tyler stieg aus dem Wagen. Sein Frust tobte wie ein lebendiges Wesen in seinem Inneren. Die toten Mädchen konnten nicht zu ihm sprechen, doch er hatte so eine Ahnung, dass er noch einmal von ihrem Mörder hören würde.

Angst sei dein Begleiter: Thriller
titlepage.xhtml
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_000.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_001.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_002.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_003.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_004.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_005.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_006.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_007.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_008.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_009.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_010.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_011.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_012.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_013.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_014.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_015.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_016.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_017.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_018.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_019.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_020.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_021.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_022.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_023.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_024.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_025.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_026.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_027.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_028.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_029.html
CR!RK8EM0WTRN4T55AKRYSRSM6F5NQ9_split_030.html