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Warum es eine gute Idee ist, gesund, guter Dinge und glücklich zu sein
 
In diesem Kapitel
 
e9783527642427_triangle.jpg Gesund sein
e9783527642427_triangle.jpg Das Leben genießen
e9783527642427_triangle.jpg Glücklich werden
 
Gesund und glücklich zu sein ist eines der wünschenswertesten und am weitesten verbreiteten Ziele im Leben. Viele Menschen geben sich die größte Mühe, gesunde Lebensgewohnheiten zu pflegen, in der Hoffnung, damit ihr Wohlbefinden sicherzustellen. Dazu gehört unter anderem eine vernünftige Ernährung und regelmäßiger Sport. Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Positive Psychologie – Optimismus und die Entwicklung einer positiven Lebensperspektive – im Hinblick auf eine gesunde geistige und körperliche Existenz und ein längeres Leben.
 
Fitnessstudios und Personal Trainer sind gut im Geschäft, und auf fast allen Fernsehkanälen findet man Sendungen, die gesundes Einkaufen und Kochen thematisieren. Selten jedoch wird in Zusammenhang mit einer gesunden Lebensweise die Rolle des Glücks erwähnt oder hinterfragt, obwohl doch Glück und Optimismus viel dazu beitragen, Stress zu reduzieren, und sich überaus vorteilhaft auf unseren Alltag auswirken. Davon sind Sie nicht überzeugt? Lesen Sie weiter.
Gesundheit trägt Früchte
Mehrere bekannte Studien belegen eine deutliche Verbindung zwischen einer positiven Grundhaltung und messbaren Gesundheitsvorteilen. Wenn sich glückliche Menschen als gesünder bezeichnen, liegt das daran, dass sie objektiv gesünder sind, und nicht etwa daran, dass sie ihre Gesundheit positiver betrachten.
 
Emotionale Reaktionen wirken sich im Guten wie im Schlechten auf unseren Körper aus. Ihre Gefühle wirken auf Ihr vegetatives Nervensystem (das System, das alles regelt, was Sie nicht bewusst steuern können, etwa den Herzschlag, die Transpiration und die Verdauung). Zu den körperlichen Faktoren, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken, zählen erhöhter Puls, veränderte galvanische Hautreaktionen (Messungen der Transpirationsreaktionen an den Fingerkuppen – wie beim Lügendetektor) und erhöhter Blutdruck. Ihre Reaktionen auf Ihre Gefühle können also Ihre Gesundheit und Ihre Lebenserwartung beeinflussen.
 
Viele Menschen – etwa der französische Philosoph René Descartes – haben versucht, Körper und Geist voneinander zu trennen, und lagen damit falsch. Jede Krankheit hat körperliche und psychische Komponenten. Es gibt sehr deutliche Hinweise darauf, dass die Psyche eine ganze Menge sehr körperlicher Krankheiten herbeiführen kann.
 
Die gemeine Erkältung?
 
Der Wissenschaftler Sheldon Cohen begab sich mit einer Gruppe Testpersonen in ein Hotel und untersuchte sie erst einmal gründlich von Kopf bis Fuß. Darüber hinaus erfasste er auch Faktoren wie Glück und positive Einstellung. Bei der Frage nach ihrer Gesundheit stellte Cohen fest, dass positiv eingestellte Menschen in gesünderen Begriffen über sich selbst sprachen als negativ eingestellte.
 
 
Alle Testpersonen der Gruppe hatten die gleichen Bedingungen – Luftqualität, Ernährung und Aktivitäten wurden kontrolliert. Dann wurde die ganze Gruppe mit einem verbreiteten Erkältungsvirus infiziert.
 
 
Täglich wurde die körperliche Gesundheit der Teilnehmer eingehend überprüft. Cohen fand heraus, dass die Probanden, die bei den positiven Gefühlen höhere Werte verzeichnet hatten, in geringerer Zahl von dem Virus beeinträchtigt wurden. Bei denen, die es dennoch erwischte, traten weniger und leichtere Symptome auf. Die glücklicheren Teilnehmer berichteten von weniger Symptomen und zeigten weniger objektiv messbare Zeichen einer Erkrankung (Verschleimung und so weiter). Insgesamt lässt sich sagen, dass es nicht verwundert, wenn glückliche Menschen sich als gesünder bezeichnen – sie sind objektiv gesünder.
Positive Gefühle haben in Zeiten, in denen man belastenden Ereignissen ausgesetzt ist, offensichtlich heilende Wirkung, weil sie Herz und Kreislauf entlasten. Ein optimistischer Mensch tritt selbst negativen Ereignissen in seinem Leben mit einer positiven Bewältigungsstrategie entgegen, in dem Glauben, dass er es schon schaffen wird. Dieser positive emotionale Zustand vermindert die körperliche Erregung, die durch negative Erlebnisse oder Gefühle ausgelöst wird.
Ein glückliches Herz
Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Herzinfarkt und Schlaganfall – gehören in den meisten Industrieländern zu den häufigsten Todesursachen. Negative Gefühle wie Wut und Depressionen stehen in direktem Zusammenhang mit Schlaganfällen und Herzinfarkten. Depressive Menschen erleiden mit größerer Wahrscheinlichkeit einen oder mehrere Herzinfarkte als ihre glücklicheren Mitmenschen.
 
Studien von Friedman und Rosenman aus den 50er-Jahren und danach deckten die Verbindung zwischen Herzerkrankungen und Menschen vom sogenannten Typ A auf, Menschen, die ehrgeizig, getrieben, voller Ärger und immer in Eile sind, weil sie sich immer unter Zeitdruck setzen. Man erzählt sich, dass Friedman und Rosenman nach einigen Jahren die Stühle ihres Wartezimmers zum Aufpolstern gaben und dabei feststellten, dass nur die vorderen Kanten der Sitzbezüge abgewetzt waren. Die Lehnen waren praktisch wie neu. Da wurde ihnen klar, dass ihre Herzpatienten einfach nicht in der Lage waren, sich zu entspannen, sondern im wahrsten Sinne des Wortes ständig »auf der Kante« saßen. Wie dem auch sei, die gute Nachricht ist, dass man sich die Typ-A-Verhaltensweisen abgewöhnen kann.
Ein positives Leben führen
Wenn Sie glücklicher sind, kann Sie das auch vor lebensbedrohlichen Situationen und damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Gesundheit schützen:
e9783527642427_coche.jpg  Selbstmord
e9783527642427_coche.jpg  Unfälle
e9783527642427_coche.jpg  Mentale Probleme
e9783527642427_coche.jpg  Leberschäden infolge von Alkoholismus
Das klingt zu schön, um wahr zu sein, nicht wahr? Es macht aber Sinn, wenn man einmal darüber nachdenkt. Glückliche Menschen bauen nachweislich größere soziale Netze auf, die wiederum nachweislich vor Drogenmissbrauch, Depressionen und damit auch vor einem erhöhten Selbstmordrisiko schützen. Damit wird auch das Risiko einer Leberschädigung vermindert. Glücklichere Menschen plagen sich auch weniger mit Ärger und Stress herum. Damit erhöhen sie nicht unnötig ihren Blutdruck und pumpen keine aggressiven Stresshormone (zum Beispiel Cortisol und Glucocorticoide) ins System, die bei der Auslösung von Herzinfarkten eine entscheidende Rolle spielen. Es ist nachgewiesen, dass ständige Sorgen den Cholesterinspiegel mehr in die Höhe treiben können als Butter! Die Vorteile positiver Gefühle für die Gesundheit liegen also auf der Hand.
 
e9783527642427_i0008.jpgWenn es um Ihre Gesundheit geht, sollten Sie positive Schritte einleiten, sobald Sie sich unwohl fühlen oder ungewöhnliche Anzeichen bei sich beobachten. Glücklichere Menschen bemerken Krankheitssymptome erst später und tun nicht immer gleich etwas dagegen. Wenn sie eine Geschwulst oder eine Beule entdecken, neigen sie dazu, sie zu ignorieren und davon auszugehen, dass es schon nicht so schlimm sein wird. Sie nehmen die Sache nicht ernst genug, um medizinischen Rat einzuholen. Die Pessimisten dagegen gehen immer vom Schlimmsten aus und machen so schnell wie möglich einen Arzttermin aus. So kommt es, dass Optimisten beim Auftreten lebensbedrohlicher Krankheiten oft schlechtere Überlebenschancen haben. Nehmen Sie sich nur dieses eine Mal ein Beispiel an den Pessimisten und lassen Sie mögliche Symptome überprüfen.
 
Immunität aufbauen
Es gibt Menschen, die nie krank zu werden scheinen und durchs Leben gehen, ohne allzu oft beim Arzt gewesen zu sein. Da kommt man leicht auf den Gedanken, dass diese Menschen wohl »gute Gene« oder einfach mehr Glück als andere haben. Der gute Gesundheitszustand eines Menschen kann aber genauso gut von der Art herrühren, wie er sein Leben führt. Wenn Sie sich einmal Ihre eigene Krankengeschichte ansehen, wird Ihnen mit einiger Wahrscheinlichkeit auffallen, dass eine Erkrankung auf eine Stressphase folgte, mit der Sie nicht so gut fertig geworden sind, wie Sie es sich gewünscht hatten. Wie viele Menschen berichten, dass sie immer im Urlaub krank werden, tun aber nichts dafür, neue Bewältigungsstrategien zu entwickeln, bevor sie den nächsten Urlaub antreten? Wie können Sie sich in solchen Situationen davor bewahren, krank zu werden?
 
Die Geschichte der Nonne
 
Was trägt Ihrer Meinung nach zu einem langen Leben bei – genetische Anlagen, die Ernährung, das Geschlecht, der sozioökonomische Status oder die Persönlichkeit? Tatsächlich spielen all diese Faktoren eine Rolle. Deshalb ist die Geschichte der Nonne so interessant. Forscher arbeiten gerne mit Nonnen, weil sie, anders als der Rest der Bevölkerung, das Gleiche essen, den gleichen Regeln unterliegen, den gleichen wirtschaftlichen Status haben, am gleichen Ort leben und die gleiche gesundheitliche Betreuung genießen. Auch sind bei den Nonnen ungesunde Gewohnheiten wie Rauchen, Trinken oder Drogenmissbrauch kaum verbreitet.
 
 
Die School Sisters of Notre Dame ist eine amerikanische religiöse Gemeinschaft. Die 678 (bei der letzten Zählung) Nonnen, die heute zwischen 75 und 106 Jahren alt sind, hatten sich bereit erklärt, an einer Langzeitstudie zum Altern und der Alzheimer-Krankheit teilzunehmen.
 
 
Im Rahmen dieser Langzeitstudie analysierten die Forscher unter Führung von David Snowdon von der Universität von Kentucky die Originale der persönlichen Erklärungen der Nonnen, die von diesen im Alter von 22 Jahren als Novizinnen im Vorfeld der Ablegung ihres Gelübdes verfasst worden waren. Darin beschrieben die Nonnen ihr bisheriges Leben und fassten ihre Gedanken zu ihrer zukünftigen Berufung zusammen. Die Forscher fanden heraus, dass der jeweilige Schreibstil das Einsetzen von Alzheimer viele Jahre später vorausahnen ließ und etwas über die Lebenserwartung aussagte. Mithilfe komplexer Auswertungsverfahren analysierten die Forscher die Aufzeichnungen auf positive, negative und neutrale emotionale Inhalte hin. Eine Nonne beschrieb beispielsweise im Hinblick auf ihre Berufung von Verzicht und Pflichtbewusstsein, während eine andere ihre Berufung als freudiges Ereignis und Geschenk betrachtete, das ihr die Gelegenheit gab zu dienen.
 
 
Die Ergebnisse zeigten eine deutliche Beziehung zwischen einer positiven Grundhaltung in den jungen Erwachsenenjahren und der Lebensdauer 60 Jahre später. Der Unterschied in der Lebensdauer bei den Nonnen betrug 6,9 Jahre – bei den am wenigsten positiven betrug das Sterbealter durchschnittlich 86,6 Jahre, während die positivsten im Durchschnitt mit 93,5 Jahren verstarben (in manchen Zusammenhängen klingt Statistik sehr merkwürdig). Bei der Messung der Breite der positiven Gefühle war die Alterslücke beim Sterbealter sogar noch größer – die Nonnen, die eine große Bandbreite positiver Gefühle ausdrückten, lebten sogar noch länger.
Widerstandskraft entwickeln
Vielleicht gehören Sie zu den Menschen, die von Natur aus widerstandsfähig sind. Andere müssen vielleicht etwas mehr Zeit investieren, erst widerstandfähiger zu werden, damit sie in Zukunft nicht von jeder Infektion umgeworfen werden und gesundheitlich abbauen.
 
Dr. Karen Reivich hat sich wissenschaftlich mit der Widerstandskraft beschäftigt und hat dabei das entwickelt, was sie die »sieben erlernbaren Fertigkeiten der Widerstandskraft« nennt. Einen Überblick finden Sie in Tabelle 2.1.
Tabelle 2.1: Die sieben erlernbaren Fertigkeiten der Widerstandskraft
 
 
Erlernbare Fertigkeit der Widerstandskraft
Anwendung der Fertigkeit
Emotionales Bewusstsein/Emotionale Regu lierung
Die eigenen Gefühle erkennen, anstatt sie blind Schäden anrichten zu lassen.
Schützt Sie vor den schädlichen Auswirkun gen mancher Gefühle.
Die eigenen Gefühle kontrollieren, damit sie nicht aus dem Ruder laufen und unnötigen Stress verursachen.
Impulskontrolle
Unsicherheit ertragen, indem man die Ruhe bewahrt.
Stellt sicher, dass Sie Ihre Situation nicht stressiger machen.
Sich Zeit nehmen, über Entscheidungen und/ oder mögliches Handeln nachzudenken, anstatt übereilt zu handeln.
Optimismus
Sich die Ereignisse realistisch optimistisch selbst erklären, anstatt in schwierigen Situatio nen gleich vom Schlimmsten auszugehen.
Hilft Ihnen, die positiven Möglichkeiten in der jeweiligen Situation zu sehen.
Kausalanalyse
Probleme von allen Seiten betrachten, anstatt aus einer verengten Perspektive.
Verleiht Ihnen mehr Ausgeglichenheit und Verständnis.
Alle Faktoren berücksichtigen, die in der jewei ligen Situation beteiligt sein könnten.
Mitgefühl
Die Gefühle anderer anerkennen und verste hen.
Hilft Ihnen, konstruktivere Beziehungen auf zubauen, die Ihnen in schwierigen Zeiten zugutekommen.
Soziale Unterstützung aufbauen, indem man seine Beziehungen pflegt.
Selbstvertrauen
Ihre Stärken kennen.
Baut Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten auf.
Mithilfe dieser Stärken Widrigkeiten begegnen.
Die Hand ausstrecken
Angemessene Risiken eingehen.
Gestattet Ihnen, neue Lösungen auszuprobie ren, anstatt immer wieder dieselben Fehler zu machen.
Neue Dinge ausprobieren.
Fehlschläge akzeptieren.
 
Wenn Sie sich diese sieben erlernbaren Fertigkeiten zu eigen machen, ist das eine gute Möglichkeit, Ihre Widerstandskraft zu steigern. Sie müssen nicht jede einzelne bis zur Perfektion beherrschen. Es reicht fürs Erste schon, wenn Sie sie alle berücksichtigen.
Dem verärgerten Erwin zur Seite stehen
Werfen Sie einmal einen Blick auf Tabelle 2.2 und sehen Sie sich an, wie Erwin die sieben erlernbaren Fertigkeiten der Widerstandskraft im Alltag einsetzt.
 
Erwin hatte es wirklich satt, nachdem sein Kollege Günter ihm im Büro vorgeworfen hatte, er habe keinen vernünftigen Plan für das anstehende Projekt, mit dem das Team betraut worden war. Hier können Sie sich Erwins destruktive Gefühle ansehen und mitverfolgen, wie er lernte, Widerstandskraft aufzubauen und sich selbst besser im Griff zu haben.
Tabelle 2.2: Erwins Erfahrungen
 
Erlernbare Fertigkeit der Widerstandskraft
Erwins Erfahrung
Emotionales Bewusstsein/ Emotionale Regulierung
Ich dachte, ich sei verärgert, aber eigentlich war ich sehr ent täuscht und ein wenig niedergeschlagen wegen Günters Äußerun gen.
Vielleicht muss ich die Situation relativieren, anstatt davon auszu gehen, dass etwas ganz Furchtbares passiert ist.
Impulskontrolle
Ich kann hingehen und verlangen, dass Günter mir erklärt, warum er das gesagt hat, und im Büro einen Machtkampf anfan gen, aber wenn ich darüber nachdenke, wird mir das nicht viel bringen.
Ich denke, ich sage ihm lieber, wie ich mich fühle, wenn wir beide unter vier Augen sind.
Optimismus
Es passt nicht zu Günter, sich so zu verhalten.
Wahrscheinlich war es einfach ein Ausrutscher, denn ich weiß, dass er unser Arbeitsverhältnis im Grunde schätzt.
Kausalanalyse
Was hat in dieser Situation sonst noch eine Rolle gespielt?
Er steckt bis über die Ohren in Arbeit, vielleicht hat es also eher mit ihm zu tun als mit mir.
Mitgefühl
Wenn ich darüber nachdenke, kam er mir ein wenig genervt vor.
Ich frage mich, ob ich etwas tun kann, damit er wieder in ruhige res Fahrwasser kommt.
Selbstvertrauen
Wie kriege ich das wieder hin?
Ich kann mir immer noch bei den anderen im Team Hilfe holen, aber wahrscheinlich schaffe ich es, das selbst zu lösen.
Die Hand ausstrecken
Vielleicht gibt es eine kreativere Möglichkeit, das Ganze zu bewäl tigen.
Ich trommle das Team zu einem Brainstorming zusammen. Viel leicht finden wir ja neue Möglichkeiten, das Projekt aufzuziehen. Vielleicht habe ich ein bisschen zu lange damit gewartet, ihm zu sagen, was er machen soll.
 
 
Gesunde Erfahrungen ermöglichen
Sie denken vielleicht, dass regelmäßige Besuche im Fitnessstudio und Zahnseide die besten Möglichkeiten sind, sich fit und gesund zu erhalten, aber positive psychische Gewohnheiten sind mindestens genauso wichtig. In Tabelle 2.3 finden Sie für den Anfang einen guten Überblick.
Tabelle 2.3: Gesunde psychische Gewohnheiten entwickeln
 
Gewohnheit
Gesunde Reaktion
Hören Sie auf, sich zu ärgern!
Ärger ist ein primitives Gefühl, das auf die Kampf-oder- Flucht-Reaktion hinausläuft. Verringern Sie die Zeit- spanne, in der Sie Feindseligkeit empfinden.
Lächeln Sie; vielleicht kommt es ja nie so weit!
Fangen Sie an, das Positive im Leben zu sehen. Finden Sie Freude an einfachen Dingen. Verschwenden Sie keine Zeit mit negativem Denken.
Nehmen Sie am Leben teil!
Unternehmen Sie etwas mit anderen Menschen. Das tut Ihnen gut. Wenn Sie ein Repertoire an Aktivitäten haben, auf die Sie ausweichen können, wirken sich Belastungen in schwierigen Zeiten nicht so gravierend aus.
Lassen Sie von schädlichen Gewohnheiten ab!
Gewohnheiten wie Rauchen und übermäßiges Trinken sind sehr destruktiv, besonders wenn auch die Stimmung im Keller ist. Lassen Sie sich helfen, davon wegzukom men.
 
 
Wenn Sie mehr Anregungen brauchen, wie Sie schlechte Gewohnheiten loswerden und Ihre Gesundheit steigern können, werfen Sie einmal einen Blick in Kapitel 10.
Zufrieden leben
Das Leben ist kostbar. Es ist eine Schande, auch nur einen kleinen Teil davon zu verschwenden, indem man nicht das Beste daraus macht – mit anderen Worten, die größtmögliche Zufriedenheit mit dem Leben und der Arbeitssituation erleben. Es mag sein, dass Sie das Gefühl haben, wenig Einflussmöglichkeiten auf die Realität Ihres Alltags zu haben. Es lässt sich nicht leugnen, dass das Leben für viele Menschen aufgrund fürchterlicher Lebensumstände, schwieriger Familienverhältnisse oder eingeschränkter Arbeitsmöglichkeiten sehr schwierig ist. Da ist die Erwartung, für das eigene Glück und die eigene Gesundheit verantwortlich zu sein, nur eine zusätzliche Last. Gerade deshalb ist es aber gut für Sie, sich nicht nur darauf zu konzentrieren, dass es Ihnen besser geht, sondern auch allen anderen um Sie herum. Denn dadurch tragen Sie mit dazu bei, dass die Lebensumstände am Arbeitsplatz, zu Hause und in der Gemeinschaft besser werden.
 
Dieser Abschnitt richtet Ihr Augenmerk darauf, wie Sie mehr Zufriedenheit in Ihr Leben bringen können. Die Positive Psychologie zielt nicht auf egoistische Prozesse, in deren Verlauf Sie Ihre eigene Situation ohne Rücksicht auf das Wohl Ihrer Umgebung verbessern. Deshalb greifen wir in diesem Abschnitt Ideen auf, wie ein größerer Teil der Gesellschaft mehr Zufriedenheit erreichen kann, indem die Bereiche Schule, Arbeit und Institutionen befriedigender und lebensbejahender gestaltet werden.
Ein gesundes Individuum werden
Die Positive Psychologie bietet im Hinblick auf die Steigerung des Wohlbefindens, der Gesundheit und des Glücks eine ganze Menge. Versuchen Sie, einige Vorschläge in diesem Buch in die Tat umzusetzen. Fragen Sie sich:
e9783527642427_coche.jpg  Was brauche ich, um mein ganzes Leben lang eine positive Lebensperspektive zu behalten?
e9783527642427_coche.jpg  Was kann ich tun, damit meine Mitmenschen dasselbe tun?
Gesellschaften mit Wohlbefinden aufbauen
Wie erreicht man eine positive Gesellschaft mit all ihren positiven Leistungen für den Einzelnen und die Gemeinschaft insgesamt? Warum blühen manche Gemeinschaften auf, während andere vor sich hin dümpeln oder verfallen? Die Positive Psychologie hat ein echtes Interesse daran, Gesellschaften aufzubauen, die Menschen dazu ermutigen, sich zu entfalten, und zwar psychisch und physisch. Wenn jeder seine Lebensweise und das Zusammenleben miteinander beträchtlich ändert, kann das ausreichen, Regierungen und Institutionen zu beeinflussen und positive Grundhaltungen innerhalb der Gesellschaft zu bewirken. Sie können natürlich auch versuchen, diese Institutionen von innen heraus zu bearbeiten und zu verändern.
Örtliche Behörden
Menschen blühen dort auf, wo sie das Gefühl haben, in vielerlei Hinsicht ihr Leben selbst in der Hand zu haben. Dieses Gefühl haben viele Menschen heutzutage nicht, sei es nun berechtigt oder unberechtigt. Sie haben nicht das Gefühl, dass sie irgendeinen Einfluss auf Dinge haben, die ihr Leben beeinflussen – die Wohnsituation, die Kriminalität oder ihre Gemeinden. Es mag sein, dass ihnen das Selbstvertrauen oder der Optimismus fehlt, zu handeln und ihr Umfeld zu verändern. Das schmälert ihre Möglichkeiten, mit ihrem Leben zufrieden zu sein. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass das Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl ein wichtiges Element auf dem Weg zu Glück, Widerstandskraft und Wohlbefinden ist.
 
Lord Layard vom Centre of Economic Performance hat in verschiedenen örtlichen Behörden eine Studie durchgeführt und dabei herausgefunden, dass alle davon profitieren, wenn die Menschen die Möglichkeit erhalten, in ihrer Gemeinde eine aktive Rolle zu spielen und an ihrer Verbesserung mitzuwirken. Das lässt sich unter anderem folgendermaßen erreichen:
e9783527642427_coche.jpg  Die Bürger müssen die Möglichkeit haben, an Entscheidungen mitzuwirken, die ihr Wohngebiet betreffen.
e9783527642427_coche.jpg  Nachbarn sollten regelmäßig miteinander in Kontakt treten.
e9783527642427_coche.jpg  Es muss eine Vertrauensbasis entwickelt werden, auf deren Grundlage die Menschen mehr Kontrolle über ihre Wohngebiete erhalten.
Vor nicht allzu langer Zeit suchten zwei aus dem britischen Fernsehen bekannte Designer, Colin und Justin, im Rahmen einer Fernsehreportage eine heruntergekommene Immobilie in Glasgow auf. Im Laufe der Sendung sprachen sie mit den Bewohnern, redeten ihnen gut zu und ermunterten sie, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und etwas zu tun, anstatt sich nur zu beklagen und darauf zu warten, dass etwas passiert. Sie organisierten zunächst Aufräumarbeiten, bei denen alle ihren Spaß hatten. Sie riefen einen Balkongestaltungswettbewerb aus und weckten die Kreativität der Bewohner. Vor allem aber ermutigten sie die Menschen dort zu erkennen, dass sie aus eigener Kraft etwas erreichen können. Sicher, die Kameras zeichneten alles auf. Man könnte das zynisch kommentieren. Eine solche kleine Aktion kann sicher nicht alles ändern, selbst vorübergehend nicht, aber sie hat den Menschen Stolz und Freude angesichts ihrer Gemeinschaft vermittelt. Was können Sie tun, um in Ihrer Gemeinde etwas zu bewirken?
 
Denken Sie darüber nach, wie Sie Ihre Gemeinde zu einem glücklicheren Ort machen können, etwa durch eine Stätte, wo sich die Teenager treffen können – einen Gemeinschaftsbereich. Denken Sie über Folgendes nach:
e9783527642427_coche.jpg  Wodurch würde Ihre Straße attraktiver oder freundlicher?
e9783527642427_coche.jpg  Wie viele Menschen in Ihrer Straße sprechen Sie an?
e9783527642427_coche.jpg  Welche kleinen Schritte könnte die Lebensqualität in Ihrem Umfeld verbessern? Sie könnten zum Beispiel die Leute auf der Straße immer grüßen oder Abfall aufheben, den Sie sehen.
Malcolm Gladwells Buch The Tipping Point macht deutlich, dass manchmal schon kleine Schritte große Veränderungen bewirken können. Machen Sie den Anfang.
Schulen
Jeder von uns hat schon einmal die Redewendung »Die Schulzeit ist die beste Zeit deines Lebens« gehört. Während der Schulzeit erhält der nach Antworten suchende Geist immer mehr Gelegenheiten, den Horizont zu erweitern und sich zu entwickeln. Jeder wird in seiner Einzigartigkeit unterstützt und ermutigt, sein volles Potenzial zu entfalten. »Ja, prima!«, werden Sie jetzt denken – und sich vielleicht daran erinnern, dass das bei Ihnen etwas anders ausgesehen hat. Haben Sie möglicherweise in der Schule gelernt, was Sie »nicht gut können« – »in Mathe eine Null« und »in Sport wie ein Sack Kartoffeln«? Da macht man sich schon Gedanken, was aus einem mal werden soll. Trotz fehlender Mittel, überfrachteter Stundenpläne und übertriebener Leistungskontrolle leisten viele Schulen dennoch Hervorragendes. Alles in allem stellt Schule aber immer noch das Negative viel zu stark in den Vordergrund, anstatt sich auf die Stärken der Schüler zu konzentrieren und sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen.
 
Wenn man mit erfolgreichen Erwachsenen spricht, stellt man fest, dass ihr Selbstvertrauen nicht annähernd so groß ist, wie es sein sollte. Viele haben Angst davor, dass jemand herausfindet, dass sie in ihrer Vergangenheit irgendeine Qualifikation nicht geschafft haben. Eine frühe negative Ausrichtung hat ein großes Beharrungspotenzial und kann Menschen ein Leben lang begleiten.
 
Averil arbeitete in einem Projekt im Bereich der Positiven Psychologie mit, bei dem sie Schulleiter begleitete, die versuchten, einige der Lehrsätze der Positiven Psychologie in ihren Schulen umzusetzen. Die Schulleiter stellten fest, dass sie, bevor sie sich überhaupt daranmachen konnten, auf die Perspektive der Kinder einzuwirken, zuerst die Lehrer und Eltern überzeugen mussten, sich darauf zu konzentrieren, die Stärken der Kinder zu fördern und sie im Hinblick auf die eigenen Fähigkeiten optimistischer werden zu lassen.
 
Kinder, Lehrer und Schulmitarbeiter brauchen Ermutigung. Was können Sie tun, um Ihre örtliche Schule zu unterstützen?
Arbeitsplatz
Einen großen Teil unseres Lebens verbringen wir am Arbeitsplatz. Erfolg am Arbeitsplatz trägt zu unserem Selbstwertgefühl und Wohlbefinden bei. Menschen arbeiten besser, wenn sie positive Gefühle erleben, doch oft ist die Arbeitswelt von Ängsten, Unsicherheit und Selbstzweifeln beherrscht.
 
Bei der jährlichen Umfrage zu den besten Unternehmen, für die man arbeiten kann, pflegen bestimmte Unternehmen immer weit vorn zu liegen. W L Gore, zum Beispiel, Hersteller von Stoffen und Materialien, aus denen eine breite Palette von Outdoor-Artikeln produziert wird, gewinnt die Auszeichnung regelmäßig. Die Unternehmensführung sieht das so:
 
»Wir sind erfolgreich, weil unsere Mitarbeiter in einer von Freiheit und Vertrauen geprägten Umgebung sich weiterentwickeln, forschen und lernen können.«
 
Würden Sie nicht auch gerne in einem solchen Unternehmen arbeiten?
White Water Strategies, ein Unternehmen, das Manager und Führungskräfte schult, kam bei Studien unter anderem zu folgenden Ergebnissen:
e9783527642427_coche.jpg  Zwei Drittel der Beschäftigten fühlen sich unterbewertet, weil sie von ihren Arbeitgebern nie das Wörtchen »Danke« hören.
e9783527642427_coche.jpg  Nur ein Viertel der Mitarbeiter ist der Meinung, dass sie am Arbeitsplatz ausreichend Lob erhalten, obwohl 72 Prozent von ihnen glauben, dass es wichtig ist, für die geleistete Arbeit Anerkennung zu ernten.
e9783527642427_coche.jpg  Chefs in London danken ihren Mitarbeitern am häufigsten, wenn diese gute Arbeit geleistet haben (30 Prozent).
e9783527642427_coche.jpg  In Schottland haben 39 Prozent der Angestellten das Gefühl, nicht genügend Anerkennung zu erhalten.
e9783527642427_coche.jpg  Insgesamt sind 72 Prozent der Angestellten der Meinung, dass die Unternehmensleitung ihnen persönlich ihren Dank aussprechen sollte.
e9783527642427_coche.jpg  Nur 3 Prozent der Angestellten halten es nicht für wichtig, dass man ihnen dankt.
Mitarbeitern Anerkennung und Lob zu zollen, wenn sie es verdient haben, kostet nichts. Dank für eine gute Leistung zu erhalten, gibt den betroffenen Menschen ein gutes Gefühl und ist doch eigentlich eine einfache Sache.
Überlegen Sie, was Sie tun können, um mehr Dankbarkeit in Ihr Umfeld zu bringen. Danken Sie ganz bewusst allen, die etwas für Sie tun, die Ihnen die Tür aufhalten, einen Kaffee kochen, einen Bericht termingerecht auf den Tisch legen und so weiter. Übersehen Sie dabei nicht das Offensichtliche. Vor einiger Zeit berichtete uns eine Personalchefin, ihr sei aufgefallen, dass ihr Unternehmen viel Aufwand betreibe, Abwesenheitszeiten zu verwalten, Mitarbeiter zu unterstützen, zu ermutigen und zu belohnen, wenn sie wieder arbeiten gehen, dass aber noch nie jemand etwas für die Mitarbeiter getan habe, die Tag für Tag einfach immer da sind. Sie rief all die Mitarbeiter ohne jegliche Fehlzeiten zu einer Sitzung zusammen und übergab ihnen einen Dankesbrief und ein kleines Geschenk. Im darauffolgenden Jahr hatte sich die Anzahl der Mitarbeiter ohne Fehlzeiten verdoppelt.
 
Beim Dankesagen geht es nicht bloß darum, nett zu sein. Die Motivation von Mitarbeitern speist sich aus zwei Quellen: der finanziellen Belohnung und einer guten Arbeitsumgebung. Die Studie von White Water Strategies zeigt, dass die Anerkennung der Leistungen der Mitarbeiter von diesen wahrgenommen wird wie eine Gehaltserhöhung um 1 Prozent. Nimmt man die aktuellen Arbeitsmarktzahlen, so könnten die britischen Arbeitgeber damit 5,2 Milliarden Pfund einsparen!
 
In einer positiven Arbeitsumgebung werden die Mitarbeiter aufblühen – sie haben das Gefühl, dass ihre Arbeit anerkannt und ihre Stärken respektiert werden, und sie können sich entwickeln. Diese Faktoren gehören zu einem guten Arbeitsklima. Mehr darüber erfahren Sie in den Kapiteln 13 und 14.
Nach Glück streben
Wenn man auf Dauer gesund sein möchte, muss man im Alltag Wohlbefinden erzeugen. Pessimisten haben es manchmal schwer, aktiv daran zu arbeiten, dass es ihnen gut geht, und haben, was ihre Gesundheit betrifft, ständig mit ihrem Fatalismus zu kämpfen.
 
Ed Diener – der, wie passend, als JR Smiley Professor der Psychologie an der Universität von Illinois arbeitet – fasst drei Schritte zu Gesundheit und Wohlbefinden kurz und bündig im AIM-Prinzip zusammen:
e9783527642427_coche.jpg  Augen auf
e9783527642427_coche.jpg  Interpretieren
e9783527642427_coche.jpg  Memorieren
Dazu haben wir im Folgenden einige Tipps zusammengestellt.
Auf die guten Dinge achten
Halten Sie die Augen auf! Manchmal übersieht man die guten Dinge allzu schnell und konzentriert sich dann auf die schlechten. Tun Sie das nicht! Die gesamte Forschung zeigt, dass eine positive Grundhaltung und Optimismus wirklich gut für Ihre Gesundheit sind. Es ist also aller Mühen wert, an dieser positiven Grundhaltung zu arbeiten. Sie mögen zwar denken, dass über Ihr Glück an anderer Stelle entschieden wird und dass Sie ohnehin nur das bekommen, was für
 
So habe ich das gar nicht gesehen!
 
Hier eine Übung, die wir in der Gruppe durchführen, wenn wir Klienten klarmachen wollen, wie unterschiedlich ein und dieselbe Situation wahrgenommen werden kann. Wir zeigen einen Film über den Trafalgar Square in London. Dort herrscht hektische Betriebsamkeit und es ist sehr laut. Bevor wir den Film zeigen, teilen wir die Leute in zwei Gruppen ein und teilen den Gruppen jeweils eine Rolle zu, die sie vor der anderen Gruppe geheim halten müssen. Eine Gruppe übernimmt die Rolle von Terroristen, die andere die von Touristen. (Es gibt Leute, die darin keinen Unterschied sehen.) Wir bitten beide Gruppen, den Film aufmerksam zu verfolgen, weil am Ende eine Befragung durchgeführt wird. Wir fragen dabei unter anderem: »Wie sicher haben Sie sich gefühlt?« und »Wie leicht kommt man von dem Platz weg?«. Während die Befragung läuft, entsteht in den beiden Gruppen Verwirrung über die Antworten der jeweils anderen Gruppe. Aufgrund der verschiedenen Rollen sehen die beiden Seiten den Trafalgar Square sehr unterschiedlich: Sie achten auf unterschiedliche Dinge und haben im Hinblick auf den Platz voneinander abweichende Gefühle. Die Perspektive, aus der die jeweilige Gruppe die Situation betrachtet, bestimmt ihre Wahrnehmung. In einer Szene des Films sieht man eine hochschwangere Frau, die vor einem Bus hergeht, auf dem ein Werbeplakat für den Film Das Omen abgebildet ist. Das scheint nie jemandem aufzufallen!
 
 
Ed Diener und Robert Biswas-Diener zitieren in ihrem Buch Happiness aus einer Studie von Dan Simmons. Im Rahmen dieser Studie wurde den Teilnehmern ein Film von einem Basketballspiel gezeigt, mit der Bitte, sich die Anzahl der Pässe zu merken, die von den Spielern mit den weißen T-Shirts gespielt wurden. Es sind sechs Spieler beteiligt, drei in schwarzen und drei in weißen Trikots. Diese Aufgabe ist eine Herausforderung, denn es ist eine Menge Bewegung im Spiel. Nach dem Film wurden die Zuschauer gefragt, ob ihnen irgendetwas Außergewöhnliches aufgefallen sei. Vielen war nichts aufgefallen, aber als sie den Film ein zweites Mal sahen, bemerkten sie eine als Gorilla verkleidete Person, die sich in Richtung Kamera auf die Brust trommelte und dann wieder verschwand. Etwa die Hälfte der Zuschauer sagte, dass sie den Gorilla beim ersten Mal gesehen hätten, während die andere Hälfte argwöhnte, der Film sei manipuliert worden, weil sie nicht glauben konnten, dass sie etwas so Bizarres übersehen konnten. Anders ausgedrückt: Wenn man sich stark auf eine Sache konzentriert, übersieht man möglicherweise etwas anderes. Nun ist es unmöglich, sich den Film anzusehen und den Gorilla nicht zu sehen.
Sie vorgesehen ist, aber trotzdem wird Ihr Leben nicht weniger davon beeinflusst, wie Sie Ihre Erfahrungen betrachten, wie Sie sie interpretieren und wie Sie sie erinnern.
 
Vielleicht neigen Sie dazu, alles eher negativ als in einem positiven Licht zu sehen – vergessen Sie nicht, dass Sie es in der Hand haben, wie Sie Ihr Leben betrachten.
 
Vielleicht kennen Sie das berühmte psychologische Rätselbild, bei dem man entweder eine junge Frau oder eine alte Dame sieht. So ist es auch mit einem negativen und einem positiven Bild. Sie können nicht beide Gesichter gleichzeitig sehen. Sie können allenfalls hin- und herwechseln, aber sobald Sie das eine erkennen, verschwindet das andere. In ähnlicher Weise verhindert die Wahrnehmung der negativen Aspekte eines Ereignisses, dass Sie die positiven Seiten sehen, die möglicherweise vorhanden sind.
 
Wir haben für Sie ein paar Gewohnheiten zusammengestellt, die Sie sich aneignen sollten, um die Augen besser für das Positive öffnen zu können. Versuchen Sie einmal das Folgende:
Die Scheinwerfer anders auf sich selbst richten
Wahrscheinlich finden Sie an sich selbst eine ganze Menge zu kritisieren. Unglückliche Menschen neigen dazu, mehr auf ihre schlechten Leistungen und ihre Probleme zu achten als glückliche. Glücklichere Menschen richten ihren Blick nach außen und haben damit größere Chancen, die Segnungen des Lebens zu sehen – oder sie werden zumindest von anderen Dingen abgelenkt und verbringen nicht so viel Zeit damit, sich selbst fertigzumachen!
Das Beste sehen
Eine der schlimmsten Angewohnheiten ist, die positive Seite des Lebens einfach zu ignorieren. Sicher, es passieren schlimme Sachen rund um den Erdball und in unserem Leben, die man nicht einfach beiseiteschieben kann. Manche Menschen neigen aber dazu, das Positive zu übersehen, das um sie herum ist. In London wird beispielsweise ständig über die Verkehrssituation gejammert. Dem Bedürfnis nach menschlicher Kommunikation folgend, ist man schnell bereit, in das allgemeine Klagelied einzustimmen. Vor einer Weile haben wir uns hingesetzt und die Situation ganz nüchtern betrachtet. Wir leben beide in einem wunderschönen Teil von London mit vielen großzügigen Parkflächen und einem guten Gemeinschaftsgeist. Die Fahrt mit der U-Bahn in die Stadtmitte dauert 20 Minuten. Ja, Sie haben richtig gehört, 20 Minuten. Wenn es mal eine Verzögerung gibt, dann kann die Fahrt auch mal 30 Minuten dauern, aber das passiert nicht allzu häufig. Wenn man einmal darüber nachdenkt, haben wir doch unendliches Glück, dass wir dort leben und dennoch ohne große Umstände London mit all seinen Angeboten nutzen können. Aber wenn Sie das in London laut sagen, werden Sie für verrückt erklärt. Versuchen Sie, diese Mode, alles zynisch und negativ zu kommentieren, nicht mitzumachen. Damit tut man niemandem etwas Gutes.
Möglichst positiv interpretieren
Vor ein paar Jahren lief ein Werbespot für die Tageszeitung The Guardian im Fernsehen. Man sah einen Skinhead über die Straße auf einen alten Mann zulaufen und nach dessen Aktentasche greifen. (Was geht Ihnen an dieser Stelle durch den Kopf?) Erst als die Kamera wieder in die Totale schwenkte, konnte man erkennen, dass der Skinhead den alten Mann vor einer ernsten Verletzung oder gar vor dem Tode bewahrt hatte: Von einem nahen Gebäude war eine Palette mit Baumaterialien herabgestürzt. Der Werbespot zielte auf verbreitete Vorurteile und forderte den Zuschauer auf, seine Perspektiven zu erweitern und auch alternative Möglichkeiten in Betracht zu ziehen.
 
Es gibt einen Satz in Shakespeares Hamlet, der für fast alle Situationen gilt, denen man im Leben begegnen kann: »Denn an sich ist nichts weder gut noch schlimm, das Denken macht es erst dazu.« Ihre Interpretationen hängen von Ihren früheren Erfahrungen, Ihren Werten und Vorlieben ab, und von der Bedeutung, die Sie dem jeweiligen Ereignis beimessen.
 
Glückliche und unglückliche Menschen pflegen Situationen unterschiedlich zu interpretieren. Tabelle 2.4 listet einige verbreitete Denkfehler oder falsche Interpretationen auf, die meist dazu führen, dass man sich noch schlechter fühlt. In diesem Fall denkt die betroffene Person an eine Präsentation, die gründlich in die Hose gegangen ist.
Tabelle 2.4: Verbreitete Denkfehler und typische Ergebnisse
 
Verbreiteter Denkfehler
Was Ihnen durch den Kopf geht
Falsche Bezeichnungen
Ich bin während der Präsentation fast gestorben.
Alles oder nichts
Das war schlecht – ich bin ein totaler Versager.
Übergeneralisieren
Ich hab’s vermasselt – das ist eine Katastrophe.
Übertreiben und katastrophisieren
Es ist hoffnungslos – meine Karriere ist am Ende.
Das Positive ignorieren
Alles ist trostlos.
Die Zukunft negativ sehen
Das wird nie besser.
 
 
Die Positive Psychologie bedient sich vieler bewährter psychologischer Techniken. Die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT), die von Albert Ellis und Tim Beck entwickelt wurde, konzentriert sich auf das Infragestellen falscher Denkmuster und zielt darauf, realistischere Denkweisen zu entwickeln. Tabelle 2.5 zeigt beispielhaft einige alternative Interpretationen – die meisten hinterlassen ein besseres Gefühl als die negativen in Tabelle 2.4.
Tabelle 2.5: Verbreitete Denkfehler und alternative Interpretationen
 
Verbreiteter Denkfehler
Alternative Denkweisen
Ich bin während der Präsentation fast gestorben.
Mein Herz schlug etwas schneller, aber ich habe durchgehalten. Beim nächsten Mal werde ich gelassener sein.
Das war schlecht – ich bin ein totaler Versager.
Das war nicht so gut, aber es war nur die eine Präsentation. Ich habe schon viel gute Arbeit geleistet.
Ich hab’s vermasselt – das ist eine Katastrophe.
Ein Teil war etwas schwach, andere Teile waren in Ordnung. Ich kann die schwachen Passagen in Zukunft besser machen.
Es ist hoffnungslos – meine Karriere ist am Ende.
Ich habe heute nicht das erreicht, was ich wollte, aber mein Chef weiß, dass ich sonst meine Arbeit gut mache.
Alles ist trostlos.
Ich bin nicht glücklich über diese eine Präsenta tion, aber ich habe eine Familie, die zu mir steht, und eine gute Stelle.
Das wird nie besser.
Ich habe im Leben schon viel durchgemacht und werde sicher auch damit fertig.
 
 
Glücklichere Menschen unterliegen weniger Denkfehlern. Sie sind in der Regel optimistischer. Manche von Ihnen sind vielleicht von Natur aus optimistisch, während andere mithilfe der Techniken der Kognitiven Verhaltenstherapie härter daran arbeiten müssen, ihr negatives Denken hinter sich zu lassen.
 
e9783527642427_i0014.jpgWenn Sie mehr über die Kognitive Verhaltenstherapie erfahren möchten, empfehlen wir Ihnen das Buch Kognitive Verhaltenstherapie für Dummies von Rob Willson und Rhena Branch (ebenfalls im Verlag Wiley-VCH erschienen).
 
Es gibt aber noch einige andere Unterschiede zwischen glücklichen und unglücklichen Menschen, die es zu beachten gilt:
e9783527642427_coche.jpg  Gesellschaftlicher Vergleich: Unglückliche Menschen vergleichen sich häufiger mit anderen und regen sich auf, wenn sie im Vergleich schlechter dastehen. Ein unglücklicher Mensch ist mit seinem Auto so lange zufrieden, bis jemand, den er kennt, ein neueres und besseres kauft. Glückliche Menschen interessieren sich nicht genug dafür, was andere haben, um sich darüber aufzuregen. Sie konzentrieren sich mehr darauf, wohin sie mit dem Auto fahren und dass es die Farbe hat, die ihnen gefällt.
e9783527642427_coche.jpg  Es sich anders überlegen: Glückliche Menschen sind eher geneigt, ihr Urteil über ein Ereignis zu revidieren und das Beste aus der Situation zu machen. Unglückliche Menschen suchen dagegen geradezu nach Gründen, warum sie sich schlecht und mürrisch fühlen könnten. Im Rahmen eines interessanten Experiments mit Desserts wurden die Teilnehmer gebeten, eine ganze Reihe verschiedener Puddings zu bewerten. Anschließend gab man jedem einen Pudding zu essen, aber nicht den, den der jeweilige Teilnehmer am besten bewertet hatte. Die unglücklicheren Teilnehmer waren verstimmt und enttäuscht, während die glücklicheren ihr früheres Urteil änderten und entschieden, dass dieser Pudding genauso gut schmecke.
Die Interpretation von Situationen – die Entscheidung, das Beste aus Ihrem Leben zu machen – ist für Ihr Wohlbefinden genauso wichtig wie die Beachtung der guten Dinge.
Positiv erinnern
Glückliche und unglückliche Menschen erinnern sich an ein und dasselbe Ereignis oft ganz anders. Technisch betrachtet erinnern sich glückliche Menschen oft ebenso ungenau wie unglückliche, nur zugunsten der positiven Eindrücke, während sich die unglücklichen die negativen Eindrücke bis in alle Einzelheiten merken.
 
Unglückliche Menschen haben die Angewohnheit, das Schlechte, das ihnen widerfahren ist, in den grässlichsten Farben immer wieder zu durchleben. Immer und immer wieder kramen sie die schlimmsten Eindrücke hervor, sodass sich diese schließlich destabilisierend auf ihr Wohlbefinden auswirken.
 
Gute Erinnerungen dagegen können ein wenig verwaschen wirken und müssen den Wettbewerb mit den schlechten Erinnerungen antreten. Schöne Ereignisse können so schnell vorbei sein – Geburtstagspartys, Hochzeitstage, die Geburt eines Kindes, eine Beförderung können wie im Flug vergehen. Achten Sie darauf, dass Sie darauf hinarbeiten, das Beste aus Ihren guten Erlebnissen herauszuholen.
 
Hier einige Möglichkeiten, wie Sie die Wirkung positiver Erlebnisse aufpeppen können: Nehmen Sie neue Gewohnheiten an, indem Sie
e9783527642427_coche.jpg  sich lebendige geistige Bilder von guten Zeiten und glücklichen Augenblicken ausmalen.
e9783527642427_coche.jpg  sich an schöne Ereignisse erinnern und mehr Einzelheiten ergänzen.
e9783527642427_coche.jpg  darauf achten, dass Sie auch die positiven Gefühle berücksichtigen, die Sie damals empfanden.
e9783527642427_coche.jpg  sich ein geistiges Fotoalbum oder ein Skizzenbuch anlegen (das kann natürlich auch ein echtes sein).
e9783527642427_coche.jpg  alle Sinne nutzen – hören, was die Leute sagen, die Sonne auf der Haut spüren, die Wärme einer Umarmung in sich aufnehmen und den Geruch der Luft.
e9783527642427_coche.jpg  Erinnerungen immer wieder ablaufen lassen – und sie damit jedes Mal verstärken.
e9783527642427_coche.jpg  Erinnerungen mit anderen Menschen teilen und dabei immer weiter Einzelheiten ergänzen.
Wenden Sie das AIM-Prinzip täglich an, indem Sie
e9783527642427_coche.jpg  die besten Aspekte eines Tages aufnehmen und die kleineren Irritationen ignorieren.
e9783527642427_coche.jpg  darauf achten, dass Ihre Interpretationen konstruktiv sind. Wenn nicht, ändern Sie Ihre Interpretationen in positivere ab.
e9783527642427_coche.jpg  die besten Stücke aufpolieren, um sie zu genießen und sich daran zu freuen.