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Die Begrüßung fiel sehr kurz aus, denn Seg setzte sofort hinzu: »Wir werden von einem sehr unfreundlichen Monstrum mit ungeheuren Beißwerkzeugen verfolgt. Ich habe ihm schon zwei seiner Augen ausgeschossen, aber wir brauchen ein bißchen mehr Platz, um es uns richtig vorzunehmen.«

Nath der Unduldsame bildete einen massigen Umriß im Felsgang, wo er den gar nicht mehr so eindrucksvollen Kov Loriman den Jäger mehr zerrte als stützte.

Der Jagd-Kov war nur noch ein Schatten seines früheren Ich. Verflogen waren das selbstbewußte Auftreten und die Arroganz, vergangen das vornehme Äußere. Er schien eingeschrumpft zu sein. Seit seine Liebste umgekommen und von der Erde verschlungen worden war, hatte er kaum noch aus eigener Kraft einen Schritt vor den nächsten gesetzt.

»Hai, Jak!« rief Nath der Unduldsame heiser, und sein Gesicht war gerötet vor unterdrücktem Zorn. »Wir müssen weiter. Das Monstrum ist dicht hinter uns.«

Für Widerworte blieb keine Zeit.

Wenn die beiden mich aufforderten, die Beine unter den Arm zu nehmen, dann tat ich das eben. Wenn Seg, der der beste Bogenschütze auf zwei Welten ist, das Ungeheuer zweimal getroffen hatte und das Wesen noch immer lebte, dann war Flucht offensichtlich das Vernünftigste, was man unternehmen konnte.

Nath hielt mit der Linken eine Fackel in die Höhe. Die rechte Hand zerrte Loriman weiter. Seg schwenkte eine Fackel in der linken Hand, die Rechte umfaßte den Bogen mit dem geschickten Griff des erfahrenen Bogenschützen, der aufgelegte Pfeil zum Schuß bereit.

Ich wunderte mich, daß Seg die Sache so knapp hatte werden lassen, aber es blieb mir keine Zeit zum Fragen. Wir hasteten durch den Gang, dessen rauher Boden unseren Füßen weh tat. Das Licht wurde auf unheimliche Weise von den primitiv behauenen Felswänden zurückgeworfen. Es lag ein muffiger Gestank wie von schmutzigen Socken über allem, die man zu lange im Wäschekorb gelassen hatte.

Ehe wir die nächste Biegung erreicht hatten, erschien das Ungeheuer hinter uns und wälzte sich durch den Korridor.

Ich warf einen Blick zurück.

Unschön. Kein Zweifel. Und sehr mißgelaunt, was nach dem Verlust von zwei von vier Augen kein Wunder war. Das Wesen schien ganz aus spitzen Wirbelknochen und Schuppen zu bestehen; es hatte klauenbewehrte Vorderpfoten und ein wahrhaft riesiges Maul mit scharfen Kanten. Unangenehm, o ja. Wir rannten weiter.

Die Felskammer, in die wir nach der nächsten Biegung gelangten, verlor sich nach oben scheinbar unendlich in einem purpurnen Dunst, den unsere Fackeln lediglich am Rand mit einem orangeroten Schimmer anzurühren vermochten, so daß er um so undurchdringlicher und geheimnisvoller wirkte. Herumziehende Abenteurer wie wir schienen hier wenig Trost finden zu können.

»Das muß genügen«, sagte Seg zuversichtlich.

Ich reagierte ziemlich unhöflich, als ich sagte: »Vielleicht wäre hier ein flach schießender zusammengesetzter Reflexbogen eher ...«

»Oho!« entfuhr es Seg. »Auch du fällst mir in den Rücken!«

Energisch hielt er mir die Fackel hin, nahm den großen Lohischen Langbogen in die linke Faust und umfaßte den aufgelegten Pfeil mit erfahrenen Bogenschützenfingern. Wir hörten das Monstrum im Tunnel röhren. Unsere Fackeln verbreiteten ein gewisses Licht, in dem ich allerdings blinzeln mußte, denn es kam mir irgendwie seltsam strahlend vor. Der Fackelschein traf auf Schuppen und spitze Rückenknochen und zwei lodernde Augen.

Seg schoß.

Ein Beobachter hätte kein scharfes Bild von ihm gewinnen können, so schnell schickte er die beiden Pfeile auf den Weg; der zweite folgte dem ersten so dichtauf, daß die ganze Aktion in der Zeit eines Lidschlages erledigt war und die beiden Pfeile unterwegs zu sein schienen, ehe Seg sich überhaupt bewegt hatte.

»Nun ja«, sagte Nath der Unduldsame, »nun brauche ich diesen verdammten Herrn nicht mehr mit mir herumzuschleppen. Dafür danke ich dir, Seg der Horkandur.«

Seg lächelte und schaute mich an.

»Kleine flache Bögen«, sagte er. Dann schob er sich den prächtigen Lohischen Langbogen auf die Schulter und zog sein Messer.

Ich blieb an seiner Seite, um ihm bei der Wiedergewinnung seiner vier Pfeile zu helfen. Dabei sagte Seg über die Schulter: »Erst wenn wir dem nächsten Schrecknis gegenüberstehen, Nath!«

Die ersten beiden Pfeile hatten lediglich die Augen zerstört. Die restlichen Pfeile waren tief ins Gehirn eingedrungen; diese überließ ich Seg.

Dennoch ist der Tod eines wilden Tiers, auch eines Ungeheuers, das mich hätte töten wollen, immer wieder ein sehr trauriges, ernüchterndes Erlebnis; ich kann nicht oft genug versuchen, diese Stimmung wiederzugeben.

Als wir zu Nath dem Unduldsamen zurückkehrten, ließ er sein typisches schnaubendes Lachen hören. »Das nächste Schrecknis dürfte eher vor euch beiden Angst haben als umgekehrt.«

Mich freute, wie sehr Nath doch zuweilen seinen Haß auf höhergestellte Männer und Frauen überwand und mich und Seg inzwischen als Gefährten akzeptierte.

»Oh, aye«, sagte Seg auf seine gedankenlos draufgängerische Weise. »Wir werden bestimmt noch einigen verflixten Kriechern hier unten einen gehörigen Schrecken einjagen. Aber nachdem schon die Hälfte des Labyrinths verschwunden ist, dauert es bestimmt nicht mehr lange, bis wir ganz draußen sind.«

Ich fand es nicht erstaunlich, daß Seg das Ausmaß akzeptierte, in dem hier Zauberkräfte am Werke waren. Seine eigene ungestüme Natur vermittelte ihm Erkenntnisse, die verbohrteren Sterblichen auf ewig verborgen blieben. Mit dem Tod des Uhu Phunik, des hermaphroditischen Kindes der Hexe aus Loh, waren seine ätherischen Konstrukte verschwunden. Luxuriöse, ausgedehnte unterirdische Gemächer, erstaunliche Paläste waren mit dem Tod des Phunik einfach ins Nichts verpufft. In einem gewaltigen Aufbäumen hatte sich daraufhin das Gewebe des normalen Universums in die alten Formen zurückbewegt, das nun die Verzerrungen der magischen Künste nicht länger ertragen mußte.

Mit anderen Worten: Der ganze Laden stürzte auf denkbar brutale Weise in sich zusammen.

Die meisten Angehörigen unserer Gruppe, die sich in das Labyrinth des Coup Blag gewagt hatte, konnten überleben, indem sie den herabrutschenden Schutt erklommen und sich kletternd in das Licht der Sonnen von Scorpio retteten.

Kov Loriman, erschüttert durch den Tod seiner Dame Hebe, so daß er nur noch wie berauscht oder betäubt durchs Leben ging, war die Ursache dafür gewesen, daß Seg, Nath und ich weiter im Labyrinth des Coup Blag festsaßen.

Inzwischen war auszumachen, daß Nath der Unduldsame die Belastung durch Kov Loriman immer unerträglicher fand. Nath war sich seines Blutes bewußt und wußte auch, daß die hohen Herren des Landes wenig mit ihm im Sinn hatten; ihm war darüber hinaus klar, daß sein berühmter Jagd-Kov nicht einmal aus Vallia stammte, sondern aus Yumapan im westlichen Teil der Insel Pandahem. Nun ja, so sagte sich Nath bestimmt, da sie hier nun schon mal in einem verdammten schwarzen Loch in Pandahem herumstolperten, würde er den hochmütigen Adligen am Kragen ins Freie hieven und dann auf die Nase plumpsen lassen. Seg interpretierte die Situation sicherlich ähnlich.

Der Felsgang machte zweimal eine Biegung nach rechts und führte dann in einen Raum, dessen Decke ein Netz von Rissen aufwies, durch das ein wenig Tageslicht hereinfiel.

»Wenn das einbricht ...«, setzte Nath beklommen an.

»... verschwinden wir, so schnell wir können«, brachte Seg den Satz frohgemut zu Ende.

Loriman sackte auf den Steinboden. Er ließ den Kopf hängen, so daß seine mit einer Rüstung bewehrten Schultern in die Höhe ragten. Den Helm hatte er verloren. Ich betrachtete diesen Mann, der einmal temperamentvoll und selbstbewußt gewesen war, und spürte einen überraschenden Anflug von Mitleid.

Bedenken Sie, wenn Delia jetzt hier ... Aber lassen wir das.

»Zwei Ausgänge!« rief Seg. »Hast du eine Vorliebe?«

»Beide sehen gleich aus«, stellte Nath fest.

»Werfen wir eine Klinge!« schlug ich vor.

Nun wurde mir die Bedeutung der Blicke klar, die er mir bei unserer Wiederbegegnung zugeworfen hatte.

»Da muß man sich aber vorsehen, wenn du deine riesige Eisenstange hochwirfst, Jak.«

Er hatte gesehen, wie ich das Krozair-Langschwert im Ernstfall einsetzte; nun ging mir auf, daß er mich im roten Lendenschurz hatte vortreten sehen, das Langschwert kampfbereit erhoben, und natürlich mußten ihm da die Legenden um Dray Prescot in den Sinn kommen. Auf diese Weise wirbelte Dray Prescot, Herrscher Vallias, nun einmal um die Welt, rächte Übeltaten, rettete Prinzessinnen und Animiermädchen aus Gefahren, tötete gefährliche Ungeheuer, einte Vallia nach einer Periode großen Zerfalls und schuf auf diese Weise ein Land, in dem die Menschen glücklich und sicher leben konnten.

Für Nath gab es da bestimmt keine Verbindung. Ich war Jak der Bogandur, zugegebenermaßen ein niederer Edelmann, aber doch einigermaßen anständig, und das gleiche galt für unseren Gefährten Seg den Horkandur. Der Herrscher Vallias war ein ganz anderer Bursche, ein Schurke und Cramph, den Nath aus ganzem Herzen verabscheute.

Er hatte mir bereits versichert, daß er die Geschichten über Dray Prescots Erlebnisse nicht glaubte. Nun, damit war er nicht allein.

Sobald wir aus diesem Labyrinth heraus wären, müßte ich versuchen, das Bild ein wenig zurechtzurücken. Nath war von einem Kriegsgericht verurteilt worden; auch diese Sache wollte ich regeln. Wichtig war jetzt vor allen Dingen, aus dem Coup Blag herauszukommen, unsere vallianische Luftflotte wiederzufinden und die Flugboote der opazverfluchten Shanks zu besiegen.

Wir traten durch die linke Tür und fanden dahinter nur wieder einen rätselhaften Korridor.

Loriman schlurfte wie ein betäubtes wildes Tier neben uns her, das von rücksichtslosen Dompteuren an der Kette geführt wird.

»Sollten wir in einen weiteren Kampf geraten, wird er uns nicht viel nützen.« Seg schritt seinerseits wie ein wildes Tier aus, das an dieses verdammte Labyrinth gekettet war.

»Vielleicht brächte ihn das wieder zur Besinnung.«

»Na, wenn das so ist, sollte der Kampf recht bald beginnen!«

 

Niemand von uns erkannte die Gänge und Höhlen wieder, die wir passierten. Diese unterirdischen Höhlungen waren entweder natürliche Gebilde oder magische Schöpfungen, die sich von Csitras Macht herleiteten. Phuniks magische Architektur war restlos mit ihm verschwunden – was mir nur recht war, bei Krun!

Wir sprachen wenig und sicherten dafür um so vorsichtiger unseren Weg.

Eine Bemerkung konnte sich Nath der Unduldsame aber nicht verkneifen. »Es hat lange nichts zu essen gegeben«, grollte er. »Mein Inneres ist wie der Geldbeutel eines Taschendiebs bei einer Orgie.«

Ich dachte an das von den Raupen zerfressene Metall, das ich verspeist hatte, und schwieg.

Weiter vorn gab es Lärm, und wir blieben stehen. Nach längerem Lauschen rückten wir vorsichtig durch einen Tunnel vor, der mit Wandteppichen behängt war.

Hinter jedem dieser Teppiche konnte sich ein Mann mit Bogen oder Messer verbergen, der sich auf die Passanten stürzen wollte. So untersuchten wir jeden Abschnitt mit größter Gründlichkeit; dabei rutschte einer der Wandteppiche aus der Halterung und stürzte sich wie eine Riesenfledermaus auf uns.

Wir fuchtelten mit den Schwertern herum, und Seg hielt eine Fackel an das flatternde Gebilde und ließ es abbrennen. Es wehte brennend und knisternd zu Boden.

Wir versuchten zu Atem zu kommen.

»So etwas kann einen zu Tode würgen«, bemerkte Nath. Die Art und Weise, wie er sich schon ans Überleben im Coup Blag gewöhnt hatte, war irgendwie amüsant; doch hätte ich mir das anmerken lassen, würde ich später, wenn wir wieder im Freien waren, darunter leiden müssen.

Langsam gingen wir auf den Ursprung der Geräusche zu und zupften dabei ziemlich energisch an den Wandteppichen, an denen wir vorbeikamen. Nur drei weitere mußten wir in Brand stecken.

Die Geräusche nahmen an Lautstärke zu und ließen sich bald zwei Quellen zuordnen. Beide Geräusche waren äußerst unschön. Erstens handelte es sich um das Schreien von Frauen. Zweitens war ein Schnaufen und Grunzen wie von Tieren zu hören, die ihren Freßdrang stillten.

Seg, den ich oft als gutaussehend beschrieben habe, was ja auch zutrifft, bekam plötzlich ein schockiert-rotes Gesicht. Er sah aus wie ein Adler, der im Begriff steht, seine Beute anzufallen. Wenn mein Klingengefährte so aussieht, sollte jeder Übeltäter schleunigst ein Versteck aufsuchen und beten, daß Seg Segutorio ihn nicht entdeckt.

Nath sagte gepreßt: »Das klingt ja wie ...« Schon lief er hinter Seg her.

Kov Loriman fiel wie ein Sack zu Boden.

Wenn in der Höhle vor uns die Dinge im Gange waren, die meine Gefährten und ich vermuteten, boten sie uns die Gelegenheit – so schlimm und herzzerreißend sie sein mochten –, den Jagd-Kov wieder zum Leben zu erwecken. Wenn ich mich in seinem Charakter nicht sehr täuschte, dann besaß er trotz seiner Arroganz und seines Hochmuts gegenüber anderen, trotz seiner sklavischen Hingabe zur Jagd noch Eigenschaften, die durch die Umstände vor uns wiedererweckt werden würden, Eigenschaften, die von seinem vornehmen Leben noch nicht gänzlich zugeschüttet worden waren. Ich griff ihm unter die linke Schulter und zerrte ihn förmlich durch den Felsgang.

Die Frauen gehörten zahlreichen Rassen an, Diffs und Apims. Nicht alle waren jung und hübsch, wenn sie auch zumeist eher jünger als älter waren, und ihr Zustand ließ darauf schließen, daß sie schwer arbeiten mußten, wenn man nicht gerade das üble Spiel mit ihnen trieb, das hier ablief. Einige trugen noch Kleidungsreste, keiner waren Schmuckstücke geblieben. Sie schrien. Alle schrien.

Die bestialischen Geräusche entfuhren den gorillagesichtigen Malkos, die zwar keine Apims waren, aber doch der menschlichen Rasse zugerechnet werden mußten. Sie wurden von Csitra in ihrem labyrinthischen Coup Blag als Wächter eingesetzt. Es waren unangenehme, gefühllose Burschen, und Seg hatte schon einmal mit einem blutrünstigen Haufen dieser Geschöpfe zu tun bekommen, als er Dame Milsi kennenlernte, die jetzt seine Frau war.

Mit einer Kraftanstrengung stellte ich Kov Loriman auf die Füße. Noch hatte ich mein Schwert nicht gezogen und konnte daher seine Waffe ergreifen und ihm in die Hand drücken. Ich wickelte seine Finger einzeln um den teuren Griff.

Loriman war ein pandahemischer Edelmann, der vermutlich schon viel herumgekommen war und wohl auch den südlichen Kontinent Havilfar besucht hatte. So hatte er viel gesehen auf seinen Reisen und Jagdunternehmungen. Bestimmt wußte er auch von den Legenden, die sich um Dray Prescot rankten, den Herrscher Vallias, und hatte sie bestimmt wie jeder gebildete Mann für offenkundig erfunden gehalten. Wie auch immer, jedenfalls war ihm Dray Prescot gewiß nicht unbekannt, der in seinem scharlachroten Lendenschurz herumturnte und ein leuchtendes Krozair-Langschwert schwenkte.

In meinem Bericht, das ist klar, schildere ich Ihnen ganz offen das Äußere der Dinge und lasse Ihnen auf diese Weise das Vergnügen, ihre innere Bedeutung herauszufinden. Damit meine ich nicht die versteckte Bedeutung; diese liegt für alle, die unter das Geflecht der Sprache blicken können, offen zutage. Die Sprache, auf der Erde wie auch auf Kregen, ist Kommunikator und Barriere zugleich.

Ich mußte Kov Loriman dazu bringen zu sehen, was seine Augen ihm mitteilten. Dies hatte zur Folge, daß ich meinen Eintritt in den Kampf, meine Unterstützung Segs und Naths hinauszögerte.

So hat denn diese Szene keine versteckte Bedeutung: klar ist, daß ich damit das Leben und die seelische Gesundheit dieser halb besinnungslosen und brutal angefallenen Frauen riskierte.

Seg schoß. Anders kann ich es hier und jetzt nicht ausdrücken. Seg Segutorio schoß.

Nath der Unduldsame, dessen Schwert wie eine lodernde Flamme wirkte, sprang in die Höhle und schlug um sich. Malkos kreischten verwundet und starben.

Die meisten der gorillagesichtigen Diffs trugen keine Rüstung. Sie hatten die Waffen an eine Wand gelehnt. Sie beschäftigten sich damit, die Frauen zu jagen, und erfreuten sich der Freiheit, die die Hexe aus Loh ihnen ließ. So bestialisch sie sich auch benahmen, sie starben wie jeder andere sterbliche Mensch.

Nath führte sein Schwert in geschickten Streichen und zog neue blutende Wunden. Die Frau, die der Unhold umklammert hielt, schaute an sich herunter und hatte nicht mehr den Atem zu schreien.

Nath tobte weiter. Segs Pfeile erlegten Malkos, die zu ihren Waffen eilen wollten.

Ich schüttelte Kov Loriman, als wäre ich ein Lehrer, der ein störrisches Kind vor sich hat.

»Schau es dir an, Loriman! Schau dir an, was hier geschieht! Wenn das dort Dame Hebe wäre ...«

Das Mädchen, auf das ich deutete, war beinahe außer sich vor Entsetzen und strampelte nackt im Griff eines Malkos, der so leidenschaftlich mit ihr beschäftigt war, daß er die Bedeutung des Durcheinanders ringsum noch gar nicht begriffen hatte.

»Stell dir vor, das wäre Dame Hebe, Loriman! Sie ist tot; aber es gibt viele andere Damen, die deinen Dienst benötigen. Du wirst Jagd-Kov genannt, Loriman. Sind dein Egoismus und dein Stolz so umfassend, deine arrogante Selbsteinschätzung so groß, daß du deinen Titel Jagd-Kov vergessen hast und ...«

Ich hatte noch andere Worte auf der Zunge, die ich ihm ins Ohr gebrüllt hätte. Aber plötzlich bäumte er sich mit einem ächzenden, schnaubenden Qualschrei auf. Er zerrte das Schwert in der Faust hoch. Sein Gesicht spannte sich, verlor den schlaffen, törichten Ausdruck, verhärtete sich zu einem entfernten Abbild des Kovs, den ich von früher kannte.

»Bei allen Göttern Panachreems!« rief er.

Er ließ das Schwert einmal um den Kopf kreisen, riß sich aus meinem Griff los und verschwand im Getümmel.

»Wird auch Zeit, bei Krun!« murmelte ich und schloß mich ebenfalls dem Kampf an.

Einige Malkos hatten, nackt wie sie waren, die aufgestapelten Waffen erreicht. Sie ergriffen ihre Schwerter, vorwiegend Thraxter, und stellten sich. Für sie gab es keinen Zweifel, daß sie uns törichte Angreifer trotz der anfänglichen Überraschung mühelos niederringen würden.

Inzwischen hatte Seg mit seinen Pfeilen die meisten vereinzelt stehenden Malkos niedergestreckt. Die Überlebenden boten wegen der jammernden Frauen kein sicheres Ziel oder hatten hinter Tischen Deckung gefunden. Seg schob seinen Langbogen nach hinten, zog seinen Drexer und ließ sich mit uns auf den entscheidenden Nahkampf ein.