EPILOG

 

Der Regen ließ auch in der Nacht nicht nach. Im Bahnhof wusste man das bekannte Plätschern zu schätzen.

Caz blieb im Wartebereich, um Barry Rogan zu versorgen, der im Delirium schwebte und schwer verwundet war. Diese Monsterweiber hatten ihn dort gebissen, wo es richtig wehtat, doch Caz zierte sich nicht. Ohnehin fühlte sie sich nahezu taub.

Sie kümmerte sich mit schwesterlicher Umsicht um Barry, verband die Überreste seines Penis mit Mull und widmete sich den klaffenden Höhlen in seinem Kopf. Man hatte ihm die Augen ausgerissen. All dies verrichtete sie ohne emotionale Bindung an den jungen Mann, der seine Würde und eigentlich auch alles andere verloren hatte, um sie zu retten. Sie verarztete ihn apathisch und anstandshalber, eher pflichtbewusst als aus echter Zuneigung. Ihre Unschuld war verwirkt, und die Brutalität hatte sie abgestumpft.

Professor Herbert Matthews blieb redselig und führte seine Theorien und Vorhaben mit erstaunlicher Begeisterung aus. Er wollte ein neues Lager am International Airport errichten, und weder Caz noch Star bekundeten Einwände, zumal sie sich sowieso kaum mehr artikulieren konnten.

Da es zusehends heller wurde, hielt der Professor es für das Beste, sich möglichst früh auf den Weg zu machen. Und so kam es, dass das Grüppchen just vor dem Morgengrauen aufbrach, während der graue Himmel weiter weinte.

Barry, der immer noch zitterte, wurde in warme Decken gepackt. Er hatte noch nicht gesprochen, höchstens gelegentlich gegluckst oder verstört gelacht. Sie wussten nicht, was er mitbekam und wie schwer er verletzt war. Am Flughafen wollten sie unverzüglich mit Terrys Leuten in Manchester Kontakt aufnehmen, um einen Arzt für ihn anzufordern. Es sah aber nicht gut für ihn aus.

Caz saß hinten im Van, und Barry lag in voller Länge ausgestreckt auf ihrem Schoß. Sie fühlte sich wie eine leere Hülle, vor allem aber hoffnungslos. Sie fand keine Tränen mehr zum Weinen – auch nicht, als sie das kleine, nunmehr blutige Kruzifix zurückbekam, ihr Geschenk an Tim Adamson, das Star bei dem zerfleischten Körper des Teenagers gefunden hatte. Einige Sekunden fuhr Caz bloß mit dem Finger über die Kanten und spürte, wie das getrocknete Blut abblätterte, ein haptisches Zeugnis von Tims letzten Momenten – seiner Tapferkeit, dem Kampf gegen die Dämonen in seinem Kopf und dem Aufschluss, den er endlich erhalten hatte. Seinem finalen Lächeln im Gedanken an Caz.

Auch sie lächelte matt. Sogleich kam ihr das Kreuz leichter und wärmer, viel weniger metallisch vor.

Sie steckte es in die Hosentasche.