Epilog
Die kleine griechische Bucht gehört uns fast allein. Manchmal kommen Familien aus dem Ort zum Schwimmen. Die größeren Jungen fangen Tintenfische, die später im einzigen Restaurant am Strand serviert werden. Wir essen dort jeden Tag: Fisch, Calamares, Salat, Grillkartoffeln. In dem weißen, zweistöckigen Haus gibt es drei einfache Wohnungen. Zwei Zimmer, Küche, Bad. Wir bewohnen das Apartment im Erdgeschoss links. Die Wohnung neben uns steht noch leer. Oben wohnt Jannis, der Vermieter, ein freundlicher Mann Anfang vierzig, der im Hauptberuf Lehrer für Mathematik ist.
Ich sitze im leichten Sommerkleid auf der Terrasse und schaue über das Meer, das türkisfarben glitzert. Amélie und Lisa-Marie hocken vor dem kleinen Planschbecken, das wir unter das Sonnensegel gestellt haben. Mit großem Ernst und unablässig vor sich hin plappernd gießen sie Wasser von einem Förmchen in ein anderes, lassen ihre Spielschiffchen zu Wasser und planschen selbstvergessen. Unten am Strand liegt das Segelboot, mit dem wir schon mehrfach hinausgesegelt sind. Die Kinder und ich tragen dabei Schwimmwesten, und die Kleinen sind zusätzlich mit einer Schnur gesichert.
Ich höre Andreas’ Schritte auf dem Kies und drehe mich nach ihm um. Er ist braun gebrannt, sein helles Hemd leuchtet in der Sonne. Er küsst mich auf die nackte Schulter und rückt einen Stuhl neben meinen. Jetzt erst sehe ich, dass er seinen iPod in der Hand hält.
»Im Gästezimmer in der Wiesenstraße hängt noch immer das Plakat dieser Gruppe ›Die Befreiung‹«, sagt Andreas. »Ich habe mich immer gefragt, woran die mich erinnert. Irgendwie kannte ich die. Aber woher? Vor dem Urlaub habe ich die Kartons auf meinem Speicher durchsucht. Ich habe die Platten von Johannes gefunden. Da bin ich endlich fündig geworden.« Er nimmt meine Hand und schiebt mir den iPod zwischen die Finger. »Johannes besaß eine von dieser Gruppe. Oder, besser gesagt: vom Leadsänger. Stell dir mal vor: Johannes und Lilli haben sich vielleicht gekannt. Oder sie waren mal gemeinsam auf einem Konzert dieser Gruppe.«
»Und jetzt hören sie da oben gemeinsam die Musik?«
Andreas nickt. »Ist doch eine schöne Vorstellung. Hör dir mal dieses Lied an. Nein, lass es uns zusammen hören.«
Ich stecke einen Kopfhörer in mein linkes Ohr, Andreas steckt den anderen in sein rechtes Ohr, und dann hören wir Wange an Wange:
Wenn wir Glück haben
endet es am Strand
du hältst meine Hand
und wir sitzen dort im Sand
auf unseren Campingstühlen
mit einem guten Gefühl
das die Zeit überstand
wenn wir Glück haben
sind wir zusammen.
Ich sitze in der Sonne, im leichten Wind, der vom Meer heraufweht, und bin der reichste Mensch der Welt.
Vor uns glitzern die Wellen, der Himmel wölbt sich blau. Weiße kleine Schiffe schwimmen über den Horizont.