21

»Wenn ich dir vielleicht einen kleinen Rat erteilen dürfte, ma petite …«

Amelia blickte von den Listen auf, die kreuz und quer über ihren Schreibtisch verstreut lagen. Helena stand in der Tür und sah sie liebevoll lächelnd an.

Rasch versuchte Amelia, wieder Ordnung in das Durcheinander ihrer Listen zu bringen. »Wegen welcher...?«

»Ah, nein. Mein Rat bezieht sich nicht auf eines unserer Arrangements« - Helena tat die Listen mit einer kurzen Handbewegung ab - »sondern auf ein Thema, das dir sicherlich noch wesentlich mehr am Herzen liegt.«

»Ach ja?« Amelia schaute sie erstaunt an.

Helena nickte nachdrücklich. »Ja. Es geht um Luc. Ich glaube, er möchte dir etwas sagen, aber … nun ja, manchmal, unter gewissen Umständen, leiden selbst Männer wie er unter Unsicherheit. Mein Rat an dich lautet also, dass in diesem Fall ein klein wenig Ermutigung gewiss nicht unangebracht wäre, und dass du damit mehr gewinnen könntest, als du glaubst.«

Amelia blinzelte verwirrt. »Ermutigung?«

»Oui.« Helena gestikulierte lebhaft und unterstrich damit nach französischer Manier ihre Worte. »Und zwar die Art von Ermutigung, die am ehesten dazu angetan ist, den unvernünftigen Widerstand eines Ehemannes zu schwächen.« Ihr wundervolles Lächeln erschien, und sie zwinkerte Amelia kurz zu, bevor sie sich wieder zum Gehen wandte. »Ich bin sicher, die Einzelheiten kann ich getrost dir überlassen.«

Ihre Listen waren schlagartig vergessen; Amelia starrte gedankenverloren auf die leeren Türöffnung. Nun, da Helena es erwähnt hatte, fiel ihr wieder ein, dass Luc in den vergangenen Tagen in der Tat auch auf sie den Eindruck gemacht hatte, als ob er … etwas auf dem Herzen hätte. Sie waren jedoch beide so damit beschäftigt gewesen, sich um ihren Besuch zu kümmern und Pläne zur Ergreifung des Diebes zu schmieden, dass sie ihr Privatleben - das, was zwischen ihnen war - notgedrungen erst einmal hatten zurückstellen müssen, sozusagen vorübergehend auf Eis legen, während sie sich darauf konzentrierten, die ihrer Familie drohende Gefahr abzuwenden.

Und doch...

Eine plötzliche Ungeduld befiel sie. Amelia schob ihre Listen zu einem Stapel zusammen, schloss den Schreibtisch, erhob sich und eilte entschlossenen Schrittes Richtung Treppe.


Als Luc an jenem Abend ihr gemeinsames Schlafzimmer betrat, stellte er fest, dass Amelia nicht wie gewöhnlich bereits im Bett lag, sondern am Fenster stand und auf die in gleißendes Mondlicht getauchten Rasenflächen hinausschaute. Die Kerzen im Raum hatte sie bereits gelöscht. Eingehüllt in ihren langen Morgenrock aus aprikosenfarbener Seide stand sie vollkommen reglos da und hing ihren Gedanken nach.

Offensichtlich hatte sie nicht gehört, dass Luc ins Zimmer gekommen war. Dieser nutzte also den unbeobachteten Moment, um Amelia zu betrachten, um sich zu fragen, was ihr wohl gerade durch den Kopf gehen mochte. Den ganzen Abend über hatte er sie immer wieder dabei ertappt, wie sie ihn prüfend ansah, ganz so, als ob sie versuchte, seine Gedanken zu lesen. Er nahm an, dass sie innerlich angespannt war, dass sie mit zunehmend stärker werdender Nervosität und Aufregung zu kämpfen hatte, so wie sie alle. Morgen um diese Zeit würden sie nach dem Dieb Ausschau halten, der - ob er es nun bewusst darauf angelegt hatte oder wie auch immer - eine ernst zu nehmende Bedrohung für die Ashfords darstellte. Sie alle wurden bereits von Unruhe, einem Gefühl gespannter Erwartung erfasst, wenn sie nur an den kommenden Tag dachten.

Lucs Blick ruhte auf seiner Ehefrau; noch immer stand sie so stumm und bewegungslos da wie eine Statue, übergossen von dem silbrigen Licht, das in schrägen Strahlen durch das Fenster fiel.

Die Stimme der Versuchung raunte ihm ins Ohr … doch jetzt, heute Abend, war ganz entschieden nicht der richtige Zeitpunkt für ihn, um sich zu erklären. Zuerst einmal galt es, den morgigen Tag, vor allem aber den Abend durchzustehen und mit alledem fertig zu werden, was dieser offenbaren würde, was immer das auch sein mochte. Danach, später dann, wenn sie dieses Problem endlich gelöst hatten und sich wieder mehr ihrem eigenen Leben, der Planung ihrer Zukunft widmen konnten …

Ungeduld wallte in ihm auf; Luc unterdrückte den Drang jedoch energisch, riss sich aus seinen Gedanken und ging zu Amelia hinüber.

Sie spürte seine Nähe, wandte sich um, schenkte ihm ein zärtliches Lächeln und kam in seine Arme.

Schlang ihm die Arme um den Hals, schmiegte sich an ihn, hob ihr Gesicht zu ihm empor und bot ihm bereitwillig ihre Lippen dar, als er den Kopf beugte und seinen Mund auf den ihren presste.

Er schloss seine Hände um ihre Taille und hielt Amelia so vor sich fest, während er ihre Lippen kostete. Und er ließ sich viel Zeit damit, ihren Mund zu erkunden, sich unverfroren alles das zu nehmen, was sie ihm anbot, alles das, was sie ihm so freimütig und großzügig überließ. Ihre Brüste waren warme Hügel, die sich verführerisch an seine Brust drückten, ihre schlanken Glieder eine in Seide gehüllte Verheißung, als sie sich leise raschelnd an ihn schmiegten.

Schließlich löste er seinen Griff um ihre Taille, ließ seine Hände um ihre Hüften herum zu ihrem Gesäß gleiten, umfasste ihre Pobacken, hob Amelia ein klein wenig hoch und zog sie fest an sich, sodass die harte Vorwölbung seiner Erektion gegen ihren Unterleib drückte.

Sie murmelte irgendetwas Unverständliches und löste sich aus dem Kuss, zog sich aber nicht vollkommen zurück, sondern nur so weit, dass ihre Lippen sich gerade eben noch berührten, einander hauchzart streiften, liebkosten - dass ihrer beider Atem sich vermischte und ihre Sinne aufs Köstlichste wachgekitzelt wurden, während zwischen ihnen das Verlangen aufstieg. Nach einem Moment zog sie ihren einen Arm von Lucs Nacken fort, schob ihre Hand unter den Rand seines Hausmantels und spreizte die Finger auf seiner Brust, hungrig, nein, geradezu gierig danach, ihn zu berühren, zu erkunden. Dann ließ sie ihren anderen Arm sinken, stemmte sich mit dieser Hand gegen Lucs Brust und wich ein Stück zurück, doch nicht, um sich aus seiner Umarmung zu lösen, sondern um eine Lücke zwischen ihren beiden Körpern zu schaffen.

Dass sie einem anderen Weg folgen wollte als demjenigen, den er eigentlich für diesen Abend ins Auge gefasst hatte, das hatte Luc mittlerweile begriffen; nichtsdestotrotz dauerte es noch einige weitere heiße, erregte Augenblicke, bis er seine Hände endlich dazu zwingen konnte, zu gehorchen und ihren Griff um Amelias Po zu lockern, damit sie wieder auf den Füßen stehen konnte. Er erlaubte ihr allerdings nicht, sich von ihm zurückzuziehen, aber das war auch gar nicht das, was sie wollte - denn sobald sie endlich genügend Bewegungsfreiheit hatte, ließ sie ihre Hände an Lucs Körper hinabgleiten, tastend, auf der Suche nach... dem Gürtel seines Hausmantels.

Luc spürte den sanften Ruck, spürte, wie der Gürtel fortglitt, dann, wie Amelias Hand sich abermals über seinen Körper bewegte, wie die schimmernde Seide ihres Morgenmantels seine Hände streifte.

Unter halb gesenkten Wimpern hervor beobachtete er, wie Amelia lächelte, und er sonnte sich regelrecht in dem Ausdruck reiner, unverhohlen freudiger Erwartung auf ihrem Gesicht, als sie beide Hände zu seinen Schultern hinaufgleiten ließ und dann die Hälften seines Morgenrocks weit auseinanderzog. Sie schob ihm das Kleidungsstück jedoch nicht sofort über die Arme hinunter, sondern hielt stattdessen erst einmal inne, um all das, was sie soeben enthüllt hatte, in Muße zu betrachten und zu bewundern und zu genießen.

Und Luc war so klug, sich nicht zu bewegen, denn er wusste, dass seine Rolle diesmal darin bestand, sich zurückzuhalten und Amelia den aktiven Part zu überlassen, ihr ihren Willen zu lassen. Das war ihm noch nie leicht gefallen, für gewöhnlich kürzte er ihr Spiel also einfach ab. Doch an diesem Abend, gebadet in Mondlicht, wappnete er sich mental - und sinnlich -, bezähmte den Drang, Amelia abzulenken, zwang seine Hände, ihren Griff um Amelias Po nicht noch zu verstärken und sie kurzerhand an sich zu reißen.

Stattdessen hielt er vollkommen still, ließ sich von ihr berühren, streicheln und dann küssen, wo und wie es ihr beliebte.

Er musste die Augen schließen, fühlte, wie sich die sinnliche Anspannung gleich einer Spirale um sein Rückgrat wand, als Amelia seine fest zusammengezogene Brustwarze leckte und dann zart mit den Zähnen darüberstreifte. Fühlte, wie ihre Hände - klein, eifrig, voller Forscherdrang - geradezu gierig über seine nackte Brust strichen, über seinen Bauch, um von dort aus unaufhaltsam tiefer hinabzuwandern. Ihre Lippen, ihr heißer, feuchter, offener Mund folgte dem Weg ihrer Hände und zog eine Spur von Feuer über seinen Körper.

Seine Finger hatten sich in schwache, kraftlose Körperanhängsel verwandelt, als Amelia schließlich behutsam aus seiner Umarmung glitt …

…als dann zuerst ihre Hände, dann ihre heißen, hungrigen Lippen die Linie seiner Hüften nachzeichneten und sich anschließend zur Mitte seines Unterleibs hinüberbewegten.

Sein Mund war staubtrocken vor Erregung, seine Augen fest zugekniffen, als Amelia schließlich die Hand um seine Erektion schloss. Seine Finger vergruben sich in ihrem Haar, zerzausten ihre weichen Locken, während Amelia ihn liebevoll erkundete, mit den Fingerspitzen über sein hartes Glied strich, dann wieder ihre Hand darum schloss, ihn liebkoste und erregte und ihn mit geradezu qualvoll köstlichen Berührungen peinigte - so wie er selbst es ihr beigebracht hatte -, bis Luc glaubte, er würde sterben.

Als sie sich gleich darauf auf die Knie sinken ließ, den Kopf neigte und ihn in den Mund nahm, war Luc sich sogar ganz sicher, dass er jeden Moment vor Wonne vergehen würde.

Das Hämmern seines Herzens donnerte in seinen Ohren, während Amelia dafür sorgte, dass seine wildesten Fantasien wahr wurden. Noch nie zuvor hatte er ihr erlaubt, solche Dinge mit ihm anzustellen, jedenfalls nicht so, nicht während sie vor ihm kniete - er glaubte auch nicht, dass er sie jemals auch nur andeutungsweise auf diese Idee gebracht hatte -, und fragte sich vage, wie sie wohl darauf gekommen war.

Es musste allein ihr Instinkt sein, der ihr verraten hatte, womit sie ihm, Luc, solch süße Folterqualen bereiten konnte, wenngleich dies eine bedenkliche, um nicht zu sagen bedrohliche Vorstellung zu sein schien. Besonders, als sie den Kopf auf die Seite legte und ihn, Luc, tief in ihren Mund nahm und seine Finger sich als Reaktion darauf krampfartig in ihrem Haar vergruben. Er fühlte eher als dass er hörte, wie sie geradezu triumphierend den Atem ausstieß, als sie das nächste Mal kurz zum Luftholen innehielt.

Noch ehe er jedoch reagieren konnte, hatten ihre Hände und ihr Mund auch schon wieder von ihm Besitz ergriffen und sein Bewusstsein, seine Sinne betört. Sie hielt ihn gefangen, folterte ihn liebevoll, überschüttete ihn mit immer noch mehr schamlos aufreizenden Liebkosungen.

Sein Atem ging schwer und keuchend, als er die Lider nur gerade weit genug öffnete, um durch den Schleier seiner Wimpern auf Amelia hinabzuschauen, um sie zu beobachten, wie sie dort vor ihm kniete - gebadet in Mondschein, der lange, weite Rock ihres Morgenmantels wie eine schimmernde, duftige Wolke um sie herum ausgebreitet, ihre üppigen Locken von Silberglanz überhaucht -, während sie ihn liebte.

Er hatte sie all diese Dinge gelehrt, und sie hatte sie gut gelernt. Mit jeder nur allzu wissenden Berührung, mit jedem hauchzarten Kratzen ihrer Nägel, mit jeder langen, langsamen Streichelbewegung ihrer heißen, feuchten Zunge erregte sie Luc stärker, bis sein Rückgrat vor Anspannung geradezu zitterte, bis sein Wahrnehmungsvermögen kristallklar war. Und dennoch trieb sie ihn immer noch weiter.

Bis sich seine Finger jählings hart in ihre Kopfhaut gruben, bis er die Augen schloss, den Kopf in den Nacken sinken ließ, mühsam nach Luft rang …

Bis er sich fragen musste, was sich plötzlich verändert hatte.

Denn etwas hatte sich verändert, so viel stand fest.

Amelia war schon immer willig gewesen, ja sogar begierig, wenn sie sich dem Liebesspiel hingaben, doch heute Abend war sie überaus selbstsicher.

Geradezu siegesgewiss.

Er konnte es in ihrer Berührung spüren.

Konnte es sogar sehen, als sie ihn endlich - endlich - wieder freigab und den Kopf hob. Luc tat einen verkrampften, zittrigen Atemzug und schaute hinunter, als Amelia sich, die Hände auf seine Schenkel gestützt, auf die Fersen zurücksinken ließ und mit ruhiger Gelassenheit das Ergebnis ihrer Bemühungen betrachtete. Ihr gelassenes Lächeln ließ erkennen, dass das Resultat zu ihrer vollen Zufriedenheit ausgefallen war.

Luc stöhnte leise auf und wollte nach ihr greifen, doch Amelia kam ihm zuvor, umschloss mit einer raschen Bewegung seine Handgelenke und erhob sich geschmeidig. Dann erst ließ sie seine Hände wieder los, ergriff die lose hängenden Hälften ihres Morgenmantels, zog sie weit auseinander - und trat ganz dicht auf Luc zu.

Bedächtig und mit einer ruhigen Zielstrebigkeit, die ihm schier den Atem raubte, schmiegte sie sich mit ihrem nackten Körper der Länge nach an ihn, bis sie Haut an Haut dastanden. Dann begann sie, sich mit sinnlich schlängelnden Bewegungen an ihm zu reiben, ihre Haut wie Seide, aber glühend heiß, während sie ihren ganzen Körper dazu benutzte, um Luc zu liebkosen. Nach einer Weile griff sie zwischen sie beide und schob Lucs pulsierende Erektion zurecht, damit sie noch besser mit ihrem Unterkörper darübergleiten und sich dagegendrängen konnte. Sie schlang einen Arm um seine Schultern, hakte eines ihrer Knie um seinen Schenkel und schmiegte sich dann auf eine betörend aufreizende Art - die stark an eine orientalische Huri erinnerte, die ihrem Herrn und Gebieter zu Willen war - an ihn, um sich mit wellenförmigen Bewegungen an seinem Körper zu reiben.

Ihre Hüften, ihre Brüste, ihre gespreizten Schenkel, die krausen kleinen Löckchen dazwischen - all das trug mit zu dem sinnlichen Genuss bei. All das verstärkte noch den Lockruf, die primitive Beschwörung, die ihn irgendwo tief in seinem Innersten erreichte und dort Instinkte wachrief, die unter jahrhundertealter Kultiviertheit begraben gewesen waren, bis sie sich nun plötzlich brüllend und tosend Bahn brachen und gleich einer mächtigen Flutwelle durch ihn hindurchströmten.

Um auch noch den allerletzten Rest von Selbstbeherrschung zu zerschmettern, auch noch den letzten Funken dessen, was ihn zum zivilisierten, wohlerzogenen Mann machte, zu ersticken.

Bis er vollkommen enthüllt war - sein Wesen, jene verborgene Wildheit, seine primitivsten, drängendsten Bedürfnisse -, bis er vollkommen nackt und entblößt war. Vor sich selbst und vor Amelia.

Bis er unter dem mächtigen Ansturm der Erregung, der Begierde, regelrecht taumelte, doch dafür war Amelia ja da - besänftigend, antreibend, beruhigend...

Zitternd atmete Luc einmal tief durch, dann beugte er den Kopf und legte, als sie ihm ihren Mund bot, seine Lippen auf die ihren. Er war zu keinem klaren Gedanken mehr fähig, aber er brauchte auch nicht erst nachzudenken, um die beiden Hälften von Amelias Morgenmantel zurückzuschieben, unter den Stoff zu greifen und seine Hände über ihren Rücken, ihren Po gleiten zu lassen, um ihre Pobacken für einen Moment besitzergreifend zu umschließen, sie dann wieder loszulassen, stattdessen die Rückseiten ihrer Schenkel zu umfassen und Amelia hochzuheben.

Sie legte ihm die Arme um den Hals, klammerte sich ganz fest an ihn, schlang ihre Beine um seine Taille, ihre Fersen in sein Kreuz gedrückt - und dann war er auch schon in ihr. Amelia stöhnte jäh auf, wich aus dem Kuss zurück und schloss die Augen, als Luc ihre Hüften fest an sich zog, ganz tief in ihren Körper hineinstieß und Amelia dann in dieser Haltung verankerte, ihr Körper, ihr Schoß offen und ganz und gar von ihm ausgefüllt. Er ließ sie die Verwundbarkeit spüren, die sie gewählt hatte, ließ das berauschende Erlebnis - Amelias bedingungslose Hingabe, das Gefühl, wie sich ihr heißer, feuchter, glatter Schoß ganz fest um ihn herum zusammenzog, das prickelnde Lustgefühl, das ihn jedes Mal mit Macht durchströmte, wenn sie beide sich vereinigten - erst einmal tief in sein Bewusstsein eindringen.

Erst als er seinen Durst fürs Erste gestillt und seine Sinne gründlich hatte schwelgen lassen, erst als er erahnte, dass Amelia genau das Gleiche getan hatte und wieder zu Atem gekommen war - erst da bewegte er sich.

Oder vielmehr war nicht er derjenige, der sich bewegte, sondern Amelia. Denn er selbst stand stocksteif da und schob Amelia, aufgespießt auf seinen Körper, langsam hinauf und hinunter. Da ihre Beine so hoch um seinen Körper geschlungen waren, hatte sie keine Möglichkeit, Einfluss auf die Vereinigung zu nehmen, aktiv mitzuwirken, sondern musste hinnehmen, was Luc mit ihr machte, alles, was er mit ihr machte - alles, was er ihr aufdrängte. Er bewegte Amelia nur gerade genug, um sie in heiße Erregung zu versetzen, bis er spüren konnte, wie das Verlangen seine Klauen tief in sie schlug. Ihre Arme um seinen Nacken spannten sich an, und atemlos grub sie ihre Zähne in seine Schulter.

Innerlich lächelnd zog Luc sie abermals auf sich herab und bewegte sich dann mit ihr in Richtung Bett. Ging langsam, bedächtig durch den Raum, während er Amelia in seinen Armen abwechselnd hochschob und wieder auf sich herabsinken ließ und diesen Rhythmus dem seiner Schritte anpasste.

Bis ihr Atem in kurzen, keuchenden Stößen ging, bis sie sich bebend an ihn klammerte, ihre Finger tief in seine Schultern grub, bis sie wimmerte - jedoch nicht vor Schmerz, sondern vor verzweifeltem Verlangen.

Ohne sich zu gestatten, auch nur eine Sekunde innezuhalten und nachzudenken, schritt Luc zum Kopfende des Bettes, drehte sich herum, setzte sich und schob sich ein Stück rückwärts, gestützt durch die Kissen, die hoch gegen das Kopfbrett aufgetürmt waren.

Amelia versuchte, sich ihm zu entwinden, ihre um seinen Körper verschränkten Beine zu lösen, doch Luc fasste sie nur noch fester.

»Nein. Bleib so.«

Sie zwang sich, ihre bleischweren Lider gerade so weit anzuheben, um ihn blinzelnd anschauen zu können.

»Ich möchte dich beobachten.«

Sein mit rauer, kehliger Stimme vorgebrachtes Eingeständnis ließ einen Schauer erwartungsvoller Erregung über ihren Rücken rieseln. Sie leckte sich über die Lippen, senkte den Blick, um ihm in die Augen zu sehen, doch er machte keine Anstalten, ihr entgegenzukommen.

Stattdessen hob er Amelia abermals an, ließ sie dann abermals auf sein hartes Glied herabsinken, wieder und wieder und wieder, während er sie jedes Mal fest auf sich niederdrückte, sich jedes Mal tiefer und immer noch tiefer in ihr vergrub. Ihre Brüste, die Haut heiß und von einem Hauch von Röte überzogen, die Brustwarzen so hart wie Kieselsteine, rieben bei jeder rhythmischen Bewegung über seine Brust, was dem köstlichen Spiel noch zusätzliche sinnliche Würze verlieh.

Den Blick ruhig und unverwandt auf ihr Gesicht geheftet, bewegte er Amelia weiterhin stetig auf und nieder; selbst dann noch, als er spürte, wie ihr Körper sich fester und immer fester um ihn herum zusammenzog, selbst dann noch, als sie abrupt den Rücken durchbog, einen kehligen Schrei ausstieß und kraftlos in seinen Armen zusammenbrach, von einem wilden, heftigen Orgasmus überwältigt.

Da hielt Luc inne, hielt Amelia ganz fest auf sich niedergedrückt, um sie vollkommen auszufüllen, während er die wellenartigen Muskelkontraktionen in ihrem Schoß genoss, als sie endlich Erleichterung fand, während er in der üppigen, schmiegsamen, verführerischen Weichheit schwelgte, die darauf folgte, die ihn bereits wieder von Neuem lockte...

Doch in dieser Nacht wollte er noch mehr. Amelia hatte es ihm angeboten. Er hatte akzeptiert. In dieser Nacht würden alle seine Sehnsüchte erfüllt werden; was immer er sich auch wünschte, in dieser Nacht konnte er darum bitten und würde es auch bekommen, denn Amelia würde es ihm bereitwillig geben.

Und als Gegenleistung dafür würde sie endlich all das sehen und erfahren, was er stets so sorgfältig hinter seinem Schutzschild verborgen gehalten hatte. Denn nun besaß er keinen Schild mehr, hinter dem er sich noch hätte verstecken können. Amelia hatte ihm diesen Schild jäh weggerissen, hatte ihn fortgeschleudert - sodass ihm, Luc, nun schließlich keine andere Wahl mehr blieb, als ihr all das zu offenbaren, was sein wahres Wesen ausmachte. Sich ihr so zu zeigen, wie er wirklich war.

Und zwar sowohl in dieser Arena und als auch in jeder anderen.

Nach einem Moment begann er sich wieder rhythmisch in ihrem Schoß zu bewegen, ließ Amelia weiter auf der Woge ihres Orgasmus reiten, hörte nicht auf, gönnte ihr keine Pause. Erst als sie schließlich wieder bei klarem Bewusstsein war, als ihre Sinne sich wieder regten und sie die Augen öffnete, blinzelte und ihn, Luc, anstarrte, hielt er inne und drückte sie ganz fest auf sich nieder. Ließ sie die ganze Kraft seines Körpers spüren, der noch immer tief in ihr vergraben war.

Amelia leckte sich über die Lippen und blickte ihn aus großen, sinnlichen, verschleierten Augen an.

»Ich will dich«, murmelte er rau.

Ihre Antwort war kaum mehr als ein kehliges Flüstern. »Ich weiß.«

Um Lucs Lippen zuckte es belustigt. »Falsche Antwort.«

Sie spürte, wie auch ihre Lippen sich unwillkürlich zu einem angedeuteten Lächeln verzogen. Ihre Augen jedoch wurden nur noch größer. »Wie?«

Das sinnliche Glitzern in seinen tiefblauen Augen, die beherrschte Kraft seiner Hände, seines gesamten Körpers, die nur mühsam gezügelte Leidenschaft, die knisternde Spannung, die Verheißung dessen, was nun kommen würde - all das war schier überwältigend. Amelia blickte Luc tief in die Augen, forschte einen Moment lang in dem dunklen Gefühlschaos, das sich darin widerspiegelte, dann befeuchtete sie ihre vor Erregung staubtrockenen Lippen abermals mit der Zungenspitze. Lehnte sich mit den Unterarmen gegen seine Brust, beugte sich ganz nahe zu ihm vor und flüsterte dicht an seinen Lippen: »Sag es mir.«

Er küsste sie voller Inbrunst, hob dabei eine Hand, um ihren Hinterkopf zu umfassen und Amelia auf diese Weise stillzuhalten, während er seine Lippen hungrig auf ihren Mund presste. Er war hart und erregt, sein Glied wie ein heißer Pfahl in ihrem Schoß, und er war tief, ganz tief in ihr vergraben. Seine heiße Zunge, die hartnäckige, fordernde Art, mit der er in ihren Mund eindrang, ließ diese Tatsache nur noch deutlicher hervortreten. Ebenso, wie sie Amelias äußerste Verwundbarkeit betonte, den Umstand, dass sie Luc in dieser Stellung vollkommen hilflos ausgeliefert war.

Der Kuss endete auf beinahe schon brutale Art.

Ihre Blicke trafen sich, hielten einander fest, ihr ohnehin schon keuchender, stoßweise gehender Atem vermischte sich.

»In der Mitte des Bettes, während du vornüber gebeugt auf den Knien liegst.«

Amelia rang mühsam nach Luft, unfähig, über den Augenblick hinaus zu denken. Lucs Blick wanderte über ihren Körper; noch nie hatte sie seine Augen derart dunkel vor Begierde erlebt, noch nie war sein Körper so hart, so erregt, so ungeheuer angespannt gewesen. So voller nur mühsam gezügelter Leidenschaft. Und ebendieser Körper würde sie in Kürze umschlingen, um abermals in sie einzudringen und sie bis ins Innerste mit seiner Leidenschaft zu erfüllen.

Wenn er sich so mit ihr vereinte, wie er es sich wünschte. Auf ungehemmte, durch und durch wilde Art und Weise.

Seine eine Hand lag in Amelias Kreuz, um sie zu stützen; die andere glitt von ihrem Hinterkopf hinab und umfasste ganz leicht das Revers ihres Morgenmantels.

»Behalte den hier an.«

Atemlos vor Erregung und unfähig, auch nur mit dem Kopf zu nicken, geschweige denn, ein Wort hervorzustoßen, löste Amelia ihre hinter Lucs Rücken gekreuzten Beine.

Dann hob er sie von seinem Schoß herunter. Drückte sie auf die Knie nieder. Ohne auch nur eine Sekunde mit dem Versuch zu vergeuden, nachzudenken, drehte Amelia sich herum, rutschte bis zur Mitte des breiten Bettes, lehnte sich auf die Fersen zurück und zog die Falten ihres Morgenmantels unter sich hervor. Sie nutzte den kurzen Moment, um wieder zu Atem zu kommen, während sie mit ungeschmälerter Würde ihren Morgenmantel um sich herumdrapierte, sodass dieser lose von ihren Schultern herabwallte, sich als hauchdünne seidene Wolke um sie bauschte und ihren Rücken und die Füße verhüllte, vorn jedoch weit aufklaffte. Nachdem dies erledigt war, hatte sie noch immer keinen Blick für Luc übrig, sondern beugte sich weit vornüber, krümmte sich zusammen, verschränkte die Arme vor den Knien und entspannte sich dann in dieser Haltung.

Währenddessen fühlte sie, wie auch Luc sich auf dem Bett bewegte - als sie verstohlen durch den Vorhang ihres Haares hindurchspähte, saß er nicht mehr länger gegen die Kissen zurückgelehnt. Sein die Matratze niederdrückendes Gewicht verriet ihr, dass er nun hinter ihr kniete; sie spürte seine Hitze, als er näher an sie heranrückte, doch er berührte sie noch nicht sogleich.

Ob er die Absicht hatte, sie noch eine Weile zappeln zu lassen, bis ihre Nerven vor Erregung und Erwartung zum Zerreißen angespannt waren, oder ob er sich bloß an seine eigene, überaus dürftige Selbstbeherrschung klammerte, spielte letztendlich keine Rolle. Denn schon begann ihr Körper vor ungestilltem Verlangen zu pulsieren, während sich in ihrem Schoß jenes inzwischen nur allzu vertraute Gefühl der Leere ausbreitete, und ihre Haut brannte regelrecht, so quälend war ihr Bedürfnis, sich von Luc umschlungen zu fühlen.

Durch die hauchdünne Barriere ihres seidenen Morgenmantels hindurch nahm sie wahr, wie er sich dicht hinter ihr niederließ, die Knie weit gespreizt, und spürte gleich darauf, wie er nach ihrem Kopf griff.

Mit einer Hand griff er in das wilde Gewirr ihrer Locken und raffte die üppige Mähne zusammen, die ihre Schultern und ihren Nacken verhüllte. Er schloss seine Finger um das dicke Bündel langer, gelockter Strähnen und wickelte es sich dann langsam und vorsichtig um die Hand.

Behutsam zog er Amelia auf diese Weise hoch und rückwärts, bis sie fast, aber nicht vollkommen aufrecht auf den Knien saß. Dann löste er seinen Griff um ihr Haar wieder und schob seine Hand unter ihre Mähne, um ihren Nacken zu umfassen und mit sanft liebkosenden Fingern die schlanke Säule ihres Halses zu streicheln.

Nach einer Weile griff Luc um sie herum und ließ seine andere Hand forschend und erkundend von ihrer Halsgrube bis hinunter zu den feuchten Locken zwischen ihren Schenkeln gleiten. Obgleich der wallende Stoff ihres Mantels ihren Rücken bedeckte, war Amelia auf der Vorderseite vollkommen nackt und schutzlos der Kühle der Nacht - und Lucs Berührung - ausgesetzt.

Schließlich wanderte seine Hand wieder an ihrem Körper hinauf, um abermals zu erforschen und abermals von ihr Besitz zu ergreifen. Um zart, ganz zart, die Umrisse ihrer Brüste nachzuzeichnen und diese dann zu streicheln und zu kneten, bis sie geschwollen waren und geradezu schmerzten vor Verlangen, bis ihre Brustspitzen so fest zusammengezogen waren, dass jede Berührung an Qual grenzte. Dann glitt seine Hand wieder abwärts, um auf ihrem Bauch innezuhalten und sie auf derart aufreizend behutsame Weise zu kneten und zu streicheln, bis Amelia vor Verlangen aufstöhnte. Dann umfasste er mit der anderen Hand leicht ihren Nacken und ließ seine forschenden Finger langsam und genüsslich erneut über ihren Körper hinabgleiten, schob seine Fingerspitzen durch die Locken zwischen ihren Schenkeln, um den Eingang ihres Körpers zu finden, drückte dann ihre Beine auseinander, um den pulsierenden Schoß freizulegen und seine Fingerspitzen in die heiße, feuchte Öffnung ihres Körpers zu schieben, und massierte und streichelte sie so lange, bis Amelia keuchend nach Luft rang und sich seiner Hand voller Ungeduld entgegenbäumte.

»Bitte!«

Jäh zog er seine Hände wieder fort.

Der plötzliche Verlust seiner Berührung ließ sie regelrecht taumeln. Hinterließ ein Gefühl der Orientierungslosigkeit.

»Bück dich.«

Bereitwillig folgte Amelia seiner Aufforderung und beugte sich tief über ihre Knie nieder, während ihr Herzschlag laut in ihren Ohren rauschte und ihr Puls wie verrückt hämmerte. Verzehrt von Begierde.

Von nichts als reiner, unverfälschter Begierde.

Luc schob den rückwärtigen Teil ihres Morgenmantels bis zu ihren Hüften hoch und entblößte ihr Gesäß. Warm legten sich seine Hände auf ihre Pobacken, zeichneten mit geradezu ehrfürchtiger Behutsamkeit deren Umrisse nach. Nach einem Moment wurde der Griff seiner Hände ein klein wenig fester, besitzergreifender, als er streichelte und liebkoste und massierte und mit seinen aufreizenden Berührungen sinnliche Feuer unter Amelias bereits von Schweißperlen benetzter Haut entfachte. Der Gegensatz zwischen der Hitze der Erregung und der kühlen Luft im Raum ließ prickelnde Schauer über Amelias Rücken rieseln, während Luc sie, dicht hinter ihr kniend, so eingehend begutachtete, als ob sie seine Sklavin wäre.

Sie wünschte, sie könnte sein Gesicht sehen, und sie fragte sich, ob er diese Stellung wohl aus genau dem Grund gewählt hatte, eben damit sie ihn nicht anschauen konnte. Fragte sich flüchtig, warum.

Dann fuhren seine Fingerspitzen die Spalte zwischen ihren Pobacken entlang und glitten tiefer hinunter zwischen ihre Schenkel.

Sämtliche Gedanken flohen aus ihrem Bewusstsein; zitternd hielt sie den Atem an und schloss die Augen, während ihre Nerven sich erwartungsvoll anspannten.

Er fand die weichen, geschwollenen Falten ihrer Weiblichkeit und öffnete sie. Schob behutsam seine Fingerspitzen hinein. Nach einem Moment verlagerte Luc sein Gewicht, umfing Amelia mit seinen harten, muskulösen Schenkeln und hielt sie so gefangen. Seine Hände schlossen sich um ihre Hüften, um sie zu stützen und festzuhalten, dann fühlte Amelia die breite, stumpfe Spitze seiner Erektion, wie sie sich vorsichtig einen Weg in ihren Schoß bahnte.

Und dann drang er in sie ein. Tief. Und immer noch tiefer. Füllte ihren Körper, erfüllte ihre Sinne.

Amelias zittriger Seufzer schwebte durch die Nacht. Ein Seufzer schierer Erleichterung. Sie schloss die Augen und ließ den Kopf auf ihre Unterarme sinken.

Bereit, genommen und mitgerissen zu werden.

Und genau das wurde sie dann auch.

Fundamental, gründlich und mit urgewaltiger Kraft. Luc forderte ihren Körper, und sie gab sich ihm hin, überließ ihm ihren Körper bedingungslos und ohne Vorbehalte. Und ebenso vorbehaltlos nahm er sie in Besitz, jeden einzelnen Zentimeter ihres Körpers, seine Hände forschend, tastend, geradezu gierig zugreifend, während er wieder und wieder rhythmisch in sie hineinstieß.

Kraftvoll, schnell, tief. Bis sie beide alles um sich herum vergaßen und von einem Taumel leidenschaftlicher Erregung erfasst wurden, so wild und verzehrend und allumfassend, dass es lange, bevor sie den Gipfel der Verzückung erreichten, schon kein Ich-Bewusstsein mehr gab, kein Getrenntsein ihrer beider Seelen mehr, während sie gemeinsam die sinnliche Landschaft durchquerten und in selbstvergessener Hingabe höher und höher hinaufflogen.

Das Ende, als es dann schließlich kam, überstieg noch jedes bis dahin erlebte Maß an ekstatischer Verzückung und war von so viel mehr als bloß körperlichen Empfindungen erfüllt. Es war, als ob sie gemeinsam einen bestimmten Ort erreicht hätten, eine ganz bestimmte Ebene, auf die sie bisher noch nie gelangt waren - die auch bisher noch nie für sie zugänglich gewesen war.

Als Luc sich schließlich wieder aus ihr zurückzog, Amelia in seinen Armen herumdrehte und sich kraftlos mit ihr auf das Bett zurückfallen ließ, waren sie beide noch immer dort, schwebten noch immer in jener Sphäre seligen Friedens.

Auf jener Ebene selbstvergessener Glückseligkeit, wo die Welt und alles irdische Geschehen keine Rolle mehr spielten, jener Ebene, zu der nur untrennbar miteinander verschmolzene Seelen vordringen konnten.

Keuchend nach Atem ringend, lagen sie beide einfach nur da, sich gegenseitig berührend und fest die Finger miteinander verschränkend, während sie beide mühsam darum kämpften, zu verstehen.

Zu begreifen.

Eine Erklärung ohne Worte, stillschweigend und unausgesprochen, und dennoch unumstößlich. Als sie sich dann schließlich wieder einander zuwandten, als ihre Blicke sich endlich trafen, da brauchten sie keine Worte mehr, um sich dessen zu versichern.

Nur einen innigen Blick. Eine leichte Berührung. Einen zarten Kuss.

Und Vertrauen. Ein tief empfundenes, rückhaltlos geschenktes Vertrauen, das ebenso uneingeschränkt erwidert wurde.

Schließlich schmiegte Amelia sich in Lucs Arme, und er umfing sie beschützend. Dann schlossen sie beide die Augen und überließen sich dem Schlaf.


Dem Schlaf der Erschöpften. Luc kämpfte bereits mit dem unangenehmen Verdacht, dass er allmählich alt wurde - Amelia war nämlich wieder einmal längst hellwach und aufgestanden, noch bevor er sich überhaupt geregt hatte -, doch dann erinnerte er sich wieder sehr deutlich an alles, was in der Nacht geschehen war.

Er ließ sich wieder in die Kissen zurücksinken, verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und starrte blicklos und gedankenverloren zum Betthimmel empor. Auf dem Bett um ihn herum herrschte wilde Unordnung, ein chaotisches Durcheinander von zerknitterten Laken und Kissen, das nur zu lebhaft von der Körperlichkeit ihrer Vereinigung zeugte.

Aber es war nicht das - oder vielmehr nicht allein das -, was seine Erinnerungen an die zurückliegende Nacht so wundervoll und kostbar machte.

Amelia hatte sich ihm hingegeben, hatte sich ihm freudig ergeben, und zwar nicht nur körperlich und auch noch nicht einmal nur in gefühlsmäßiger Hinsicht, sondern auf eine noch tiefer gehende, noch vollkommenere Art und Weise. Und er hatte alles, was sie ihm zu schenken bereit gewesen war, angenommen und erwidert. Ganz bewusst. Und mit der gleichen unbeirrbaren Hingabe.

Denn Amelia und alles, was sie ihm schenkte, war das Einzige, was er sich jemals im Leben wünschen würde.

Das zumindest war klar. Was allerdings sehr viel weniger leicht zu verdauen war, war die eigenartige, sich auf keine handfeste, logische Tatsache gründende Überzeugung, dass die vergangene Nacht geplant gewesen war, dass quasi irgendeine höhere Macht das Drehbuch dazu geschrieben hatte, dass diese Nacht Teil irgendeiner Zeremonie war, Teil ihrer Vermählung, und früher oder später einfach hatte geschehen müssen.

Als ob ihrer beider Bereitwilligkeit - Amelias Bereitschaft zu schenken, seine Bereitschaft, das Dargebotene anzunehmen, so wie sie sie bereits ganz zu Beginn bewiesen hatten, in jenem Augenblick in der Eingangshalle seines Londoner Hauses, als ebendiese Bereitwilligkeit ihrer beider Schicksal besiegelt hatte -, den wahren Kern dessen bildete, was ihre Beziehung ausmachte.

Und Amelia wusste das. Obgleich er nicht ein einziges Wort gesagt hatte, hatte sie begriffen …

Hatte sie etwa wieder die Führung übernommen?

In diesem Moment drangen Stimmen an Lucs Ohr - Amelia, die mit einem der Hausmädchen sprach. Luc schnitt eine Grimasse, warf die Bettdecke zurück, erhob sich, fand seinen Morgenmantel und ging dann zu seinem Ankleidezimmer hinüber.

Seine Ungeduld, Amelia endlich das zu sagen, was er ihr jetzt noch dringender sagen musste als je zuvor, hatte inzwischen einen neuen Höhepunkt erreicht. Doch sie hatten einen langen, anstrengenden Tag vor sich, und es war völlig ausgeschlossen, dass er bei all der Hektik und dem Trubel noch genügend Zeit finden würde, um Amelia sein Geständnis zu machen - jedenfalls nicht in aller Form, so wie es sich eigentlich gehörte, nicht, solange alles Übrige noch nicht geklärt war.

Denn sie - und auch er - hatten wahrlich Besseres verdient, als ein flüchtig dahingeworfenes: »Ach, und übrigens… ich liebe dich«, während sie aneinander vorbei die Treppe hinuntereilten.

Nachdem Luc sich fertig angekleidet hatte, kehrte er noch einmal in ihr gemeinsames Schlafzimmer zurück. Er betrat den Raum in genau dem Augenblick, als auch Amelia, bereit für den vor ihnen liegenden Tag, von ihrer Suite aus hereinkam. Sie schenkte Luc ein zärtliches Lächeln, erwiderte seinen Blick. Er wartete neben der Tür, während sie auf ihn zukam. Hielt ihren Blick fest, als sie schließlich vor ihm stehen blieb. Und sah das Vertrauen, die heitere Gelassenheit, die unverkennbare Zuversicht, die ihm aus ihren blauen Augen entgegenleuchtete.

Sah ihre Entschlossenheit, ihre Hingabe - ihr Verständnis für ihn.

Die endgültige Gewissheit, dass sie ihn liebte, erschütterte ihn bis ins Innerste; zutiefst bewegt, war ihm mit einem Mal derart eng um die Kehle, dass er nur mühsam Luft holen konnte.

Allmählich drang das Geplapper der Hausmädchen, die drüben in Amelias Räumen waren und offensichtlich darauf warteten, das Schlafzimmer ihrer Herrschaft aufräumen zu können, in Lucs Bewusstsein. Er warf einen flüchtigen Blick zu der Verbindungstür hinüber, dann schaute er wieder Amelia an. »Wenn diese ganze Sache endlich vorbei ist, müssen wir dringend miteinander reden.« Er hob die Hand, strich ihr in einer hauchzarten Berührung über die Wange. »Es gibt da gewisse Dinge, die ich dir unbedingt sagen muss, Dinge, über die wir uns einmal in Ruhe unterhalten müssen.«

Amelias Lächeln war der Ausdruck reinen, tief empfundenen Glücks. Sie griff nach Lucs Hand; den Blick tief in seine Augen gesenkt, hob sie seine Hand an ihre Lippen und drückte einen zärtlichen Kuss in seine Handfläche. »Na schön, dann also später.«

Der flüchtige Körperkontakt sandte einen Strom von Hitze durch Lucs Inneres. Amelia lächelte ihn noch eine Spur strahlender an, dann wandte sie sich zur Tür um. Luc öffnete sie, und Amelia trat an ihm vorbei in den Korridor.

Er schaute ihr noch einen Moment lang nach, beobachtete den aufreizenden Schwung ihrer Hüften unter dem blauen Tageskleid, dann riss er sich energisch zusammen, unterdrückte mannhaft seine Impulse und folgte seiner Ehefrau den Gang hinunter.