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Um Amelia auch wirklich jenen Pfad hinabzuführen, den er mit ihr gerne gemeinsam beschreiten wollte, musste er die viel beschworenen Zügel nicht nur selbst in der Hand halten - sondern er musste diese Zügel auch benutzen. Er musste Amelia antreiben und sie ablenken, sodass sie gar nicht erst die Zeit und die Gelegenheit fand, ihm die Kontrolle wieder zu entreißen.
Nachdem er diesen Vorsatz erst einmal fest in seinem Bewusstsein verankert hatte, begleitete Luc seine Schwestern, Fiona und natürlich auch Amelia zu der Ballonfahrt. Und durch die eine oder andere, geschickt in den Ausflug eingefügte verstohlene Liebkosung schaffte er es sogar, dass Amelia die ganze Zeit über wie auf glühenden Kohlen saß und stets überlegte, was er wohl als Nächstes anstellen würde. Ihre gesamte Aufmerksamkeit war also allein auf Luc gerichtet. Die anderen Gentlemen, die unterdessen ebenfalls - jedoch vergeblich - um ein kleines Lächeln von ihr buhlten, nahm sie gar nicht wahr.
Am folgenden Tage war Luc sich dann zum ersten Mal wirklich sicher, dass er Amelia fest im Griff hatte, dass er es schaffen würde, sie so lange von ihrem eigenen Ziel - einer möglichst baldigen Hochzeit - abzulenken und seine plötzliche Brautwerbung um sie derart in die Länge zu ziehen, bis die ehrwürdige Londoner Gesellschaft beim Anblick von Amelia Cynster und Luc Ashford schließlich nur noch gähnte, nickte und ihnen müde ihren Segen erteilte. Wagemutig und zuversichtlich willigte er also ein, seine Mutter und seine Schwestern, sowie Fiona, Amelias Mutter und selbstverständlich Amelia zu den Hartingtons zu begleiten, um dort auf dem weitläufigen Anwesen von Hartington House ein al fresco, ein kleines Mittagessen, im Freien zu genießen.
Nachdem er kurz überschlagen hatte, mit wie vielen weiblichen Wesen im Schlepptau er denn nun zu diesem kleinen Ausflug aufbrechen würde, schickte Luc noch rasch eine Nachricht an Reggie und bat ihn, sich ihnen doch anzuschließen. Reggie traf genau in dem Moment in der Mount Street ein, als die Damen - allesamt, jung und alt, fröhlich schnatternd - die Vordertreppe von Ashford House hinabgeschritten kamen. Die Pferde waren bereits angespannt, und am Bordstein standen der Landauer der Cynsters und Lucs Karriole zur Abfahrt bereit.
Luc folgte seinen Schützlingen die Treppe hinab und blickte mit einem verschwörerischen Grinsen zu Amelias altem Freund aus Kindheitstagen hinüber. Dieser konnte im Übrigen mindestens ebenso gut rechnen wie Luc …
Gelassen schlenderte Reggie auf Luc zu und blickte ihm fest in die Augen: »Dafür schuldest du mir aber etwas.« Vor Minerva und Louise, die beide enge Freundinnen seiner Mutter waren, hatte er sich bereits verbeugt. Nun wandte er sich mit leicht resigniertem, doch höflichem Nicken zu den Mädchen um. Der Lakai half den Damen auf den hohen Wagen hinauf; unterdessen wandte Reggie sich zu Amelia um, die neben ihm wartete.
Auch sie begriff erst jetzt, welchen Hintergedanken Luc mit seiner spontanen Einladung an Reggie verfolgt hatte.
Reggie sah sie scharf an. »Na, dann viel Spaß noch. Aber überleg es dir in Zukunft besser zweimal, ehe du auf irgendeinen von Lucs spontanen Vorschlägen eingehst.«
Amelia grinste und drückte Reggie kurz die Hand, schaute ihm nach, während er in den Landauer kletterte und damit neben Louise den letzten Platz einnahm, der in dem Gefährt noch frei war. Luc wies den Kutscher an, wohin dieser fahren sollte. Dann, als der Landauer davonrumpelte, ging er scheinbar vollkommen arglos zu Amelia hinüber.
Sofort fuhr auch seine Karriole vor. Mit galanter Geste half Luc Amelia beim Einsteigen. Nachdem sie auf der Sitzbank ein kleines Stück zur Seite gerückt war, folgte Luc ihr, nahm die Zügel auf und nickte seinem Pferdeknecht zu, der daraufhin das Zaumzeug der beiden nahezu identischen Grauschimmel losließ. Augenblicklich warfen sie nervös die Köpfe hoch, doch Luc schaffte es, die temperamentvollen Tiere wieder zu beruhigen. Eine lockere Handbewegung und ein sanftes Schnalzen mit den Zügeln genügten, um sie antraben und brav hinter dem Landauer herlaufen zu lassen.
Amelia musste unwillkürlich lächeln. »Der arme Reggie.«
»Ach, der wird es sicherlich genießen, der unangefochtene Mittelpunkt der Gesellschaft in der Kutsche zu sein und die Damen mit den neuesten Klatschgeschichten und Skandälchen zu unterhalten.«
»Das stimmt.« Amelia musterte Lucs fein geschnittene Züge. »Aber wenn du diese Fahrt tatsächlich als solch eine Zumutung empfindest - warum hast du denn dann überhaupt erst vorgeschlagen, die anderen zu den Hartingtons zu begleiten?«
Luc wandte sich zu ihr um und blickte ihr fest in die Augen. Dieser eine Blick besagte bereits alles: Stell dich nicht dümmer, als du bist. Zumal dieses gewisse Glitzern in seinen mitternachtsblauen Augen vermuten ließ, dass er den Ausflug nicht nur dazu nutzen wollte, um sich wieder einmal Seite an Seite mit Amelia Cynster der Öffentlichkeit zu präsentieren, sondern dass er mit seinem Erscheinen bei Lady Hartingtons al fresco auch noch so seine ganz eigenen Pläne verfolgte - Pläne, die mit dem dort angekündigten Festessen herzlich wenig zu tun hatten.
Dann wandte er sich wieder zu seinen Pferden um. Amelias Herz raste wie wild, in Gedanken malte sie sich schon die stürmischsten kleinen Intermezzi aus, und ihre Nerven flatterten geradezu vor Aufregung. Noch nie - bei keinem anderen Mann - hatte sie jemals eine solch fesselnde Mischung aus Erregung und Vorfreude gespürt wie bei Luc Ashford. Schließlich legte sich ihre Aufregung und machte einem wohligen Gefühl der Neugier und der heiteren Zuversicht Platz, während sie zügig weiter durch die Straßen rollten.
Verstohlen ließ sie einen raschen Blick über ihren Begleiter schweifen. Er wirkte sehr lässig und war doch zugleich umwerfend attraktiv, gekleidet in einen dunkelblauen Gehrock, über dem er wiederum einen Kutschmantel trug, der mit seinen zahlreichen Pelerinen Lucs breite Schulterpartie nur noch betonte. Seine langen Beine steckten in eng anliegenden Kniebundhosen aus Büffelleder und auf Hochglanz polierten Schaftstiefeln. Die langen Finger hielt er fest um die Zügel seiner leicht nervösen Grauschimmel geschlossen und lenkte diese mit sicherem Gespür über die verkehrsreichen Durchgangsstraßen. In Amelias Augen war dieser Tag, war diese Kutschfahrt geradezu perfekt - es gab nichts, das sie nun noch vermisst hätte. Gleich neben ihr auf dem Kutschbock saß der Mann ihrer Träume, und, sofern sie seinen Blick richtig gedeutet hatte, würde ihr dieser sogar noch so mancherlei angenehme Überraschung bereiten.
Mit einem zufriedenen Lächeln ließ sie sich gegen das Rückenpolster zurücksinken und betrachtete die Häuser, die sie auf ihrer raschen Fahrt passierten.
Hartington House lag westlich der Stadt und inmitten einiger sich über sanfte Hügel erstreckender Felder. Das Anwesen wurde umschlossen von einem weitläufigen Parkgelände mit riesigen Bäumen, einem See und zahlreichen kleinen Plätzen, von denen man jeweils einen herrlichen Ausblick auf die Umgebung hatte. Lady Hartington schien ehrlich erfreut, sie auf ihrem Landsitz begrüßen zu dürfen, während Luc wiederum seine übliche, leicht gelangweilt wirkende Miene aufsetzte. Er bemühte sich, den Eindruck zu vermitteln, als ob lediglich sein Pflichtgefühl gegenüber den Damen seiner Familie ihn dazu hatte bewegen können, sie zu diesem Ausflug zu begleiten.
Die kleine Reisegruppe gesellte sich zu den anderen Gästen, die sich bereits auf der großen Terrasse versammelt hatten, von der aus man den Blick über die Grünanlagen schweifen lassen konnte. Man schritt langsam durch die Menge, nickte hier und dort einmal und wechselte einige freundliche Worte. Und obwohl Luc die ganze Zeit über dicht an Amelias Seite blieb - immerhin jener Frau, die er schon seit langem begehrte und die er nun endlich bald würde heiraten dürfen -, so hielt er doch starr an seinem desinteressierten Gesichtsausdruck fest und tat ganz so, als hätte er sich nur widerwillig zu diesem Nachmittag voll langweiliger Höflichkeiten verdammen lassen.
Amelia sah ihn neugierig an, als sie schließlich seitwärts aus der Menge entschlüpften und einen, wenn auch nur kurzen Moment der Abgeschiedenheit genießen konnten. »Ich erwähne es ja nur ungern, aber wenn du unserer ach so ehrwürdigen Gesellschaft den Eindruck vermitteln möchtest, als hättest du ein Auge auf mich geworfen... solltest du dann nicht ein kleines bisschen mehr Begeisterung versprühen? Ich meine, du befindest dich schließlich in unmittelbarer Nähe deiner Angebeteten.«
Amelia gab vor, den in einiger Entfernung gelegenen See zu bewundern. Ein verstohlener Blick jedoch verriet ihr, dass es um Lucs Mundwinkel verräterisch zu zucken begann, und sie spürte genau, wie er ihr Gesicht musterte.
»Nein, ich denke nicht, dass ich mehr Begeisterung zur Schau tragen müsste - denn damit würde ich, zumindest für meinen Geschmack, die Grenzen des Glaubhaften doch ein wenig überstrapazieren. Was nicht bedeutet«, fuhr Luc in gelassenem Tonfall fort, als Amelia mit wütend funkelnden Augen und einem erbosten Kommentar auf den geöffneten Lippen zu ihm herumfuhr, »dass es unglaubwürdig wäre, wenn ich zeige, dass ich meine Zeit gerne in deiner Gesellschaft verbringe.« Er schaute sie fest an. »Aber die Vorstellung, dass ich nun vor lauter Freude gleich wie ein schmachtender Milchbubi oder ein völlig vernarrtes, sabberndes junges Hündchen um deine erlauchten Füßchen tänzeln soll, also, das wäre dann wohl doch ein klein wenig übertrieben.« Betont gleichgültig hob er eine seiner schwungvollen, nachtschwarzen Brauen. »Oder siehst du das etwa anders?«
Amelia konnte sich nicht erinnern, Luc jemals als einen unausgegorenen Jüngling erlebt zu haben - geschweige denn, dass er sich wie ein völlig vernarrtes Hündchen benommen hätte. Im Gegenteil - seit Luc in die Londoner Gesellschaft eingetreten war, hatte er sich immer genauso gegeben wie auch in diesem Augenblick. Er schien stets etwas über den Dingen zu stehen, trug seine gewohnt gelangweilte, fast blasierte Miene zur Schau, wirkte unnahbar und kühl. Ganz so, als ob unter seiner eleganten Kleidung ein eiserner Panzer läge, der den Mann aus Fleisch und Blut von der Außenwelt abgrenzte, ihn geschickt verbarg.
Amelia musste Luc also widerwillig zustimmen; zu einem Lächeln aber konnte sie sich nicht auch noch durchringen. Mit einem hochmütigen Nicken wandte sie den Kopf von ihm ab.
Nur unter Aufbietung all seiner Selbstbeherrschung schaffte Luc es, nicht offen über das ganze Gesicht zu grinsen. Sanft schlang er die Finger um Amelias Handgelenk, streichelte sie kurz und legte ihre Hand dann auf seinen Arm. »Komm. Wir sollten ein bisschen umherschlendern.«
Während sie sich also mal zu dieser und mal zu jener Gruppe von Gästen gesellten, unterzog Luc die Anwesenden im Geiste einer strengen Musterung. Es gab nur wenige, die ihm das Wasser reichen konnten. Ein oder zwei ältere Gentlemen, wie zum Beispiel Colonel Withersay, versuchten, die Aufmerksamkeit einer hübschen Witwe zu erringen. Der Rest bestand fast ausschließlich aus milchgesichtigen Jungen, die von ihren Müttern zu dieser Gesellschaft geschleift worden waren - und die mit vor Aufregung hochroten Wangen wirres Zeug stotterten, während sie einer jungen Dame das Handtäschchen halten durften, damit diese ihr Schultertuch wieder zurechtziehen konnte. Die Ehemänner der anwesenden Damen waren allesamt nicht mitgekommen. Aber das hatte auch niemand ernsthaft erwartet. Schließlich neigte die Ballsaison sich ihrem Ende entgegen, sodass die Aufmerksamkeit der Wölfe sich wieder auf andere Gebiete der Unterhaltung verlagert hatte. Genau genommen bezweifelte Luc sogar, ob seine Artgenossen überhaupt schon die Augen aufgeschlagen hatten. In jedem Fall hatten sie sich mit Sicherheit noch nicht aus den Betten erhoben... welches Bett auch immer sie in der vergangenen Nacht mit ihrer Anwesenheit beehrt haben mochten.
Schließlich ließ Lady Hartington ein feines Glöckchen erklingen, und die Gäste versammelten sich auf dem Rasen, wo auf Böcken stehende Tische ein üppiges Arrangement an kulinarischen Genüssen darboten. Luc geleitete Amelia zum Büfett hinab und war ihr mit seiner für ihn so typischen, zurückhaltenden Eleganz dabei behilflich, ihren Teller mit einer Auswahl kleiner Köstlichkeiten zu bestücken, während er seinen eigenen Teller randvoll füllte. Natürlich blieb er die ganze Zeit über dicht neben Amelia und behielt auch seinen Ausdruck resignierter Langeweile bei, bemühte sich dann aber - nachdem Reggie ihm aus schmalen Augen einen überaus misstrauischen Blick zugeworfen hatte - schließlich doch noch darum, die eine oder andere freundliche Bemerkung mit den anderen Gästen an ihrem Tisch auszutauschen.
Unterdessen versuchte Luc, den anwesenden Anstandsdamen, die aus nachvollziehbaren, ganz einfachen Gründen gar nicht mehr den Blick von ihm abwenden konnten, auf keinen Fall den Eindruck zu vermitteln, als wollte er sich etwa einer der unschuldigen jungen Damen auf diesem Gartenfest nähern. Vor allem aber übersah er geflissentlich die hellhaarige Schönheit an seiner Seite, Amelia.
Die Sonne kletterte immer höher am Himmel empor; die Temperatur stieg. Das kulinarische Angebot Ihrer Gnaden wurde mit großem Genuss verzehrt, ebenso wie der Wein, der zu der Mahlzeit gereicht wurde.
Nachdem die Gäste dann schließlich ihren leiblichen Hunger gestillt hatten, machten sich die jüngeren der bunt gemischten Schar daran, die berühmte Grotte unten am See zu erkunden - Luc hatte so etwas in der Art schon vorausgesehen. Ihre Mütter hingegen hatten nur ein einziges Bedürfnis: auf ihren schattigen Plätzchen zu verweilen und sich gegenseitig mit zwangloser Plauderei zu unterhalten. Folglich fiel Reggie und einer Horde begeisterter junger Männer die Aufgabe zu, den Schwarm von kichernden Mädchen über den Rasen und unter den Bäumen hindurch zu eskortieren, sie auf einem kleinen Spaziergang um den See zu begleiten und sie schließlich in die kleine Grotte zu führen.
Luc brauchte unterdessen nicht ein einziges Wort zu sagen. Alles, was er tun musste, war, auf den Moment zu warten, in dem seine Mutter und Louise ihre Blicke zu ihm und Amelia hinüberschweifen ließen - Minervas Sohn und Louises Tochter waren an einem der etwas abseits der Hauptgruppe platzierten Tische sitzen geblieben. Die kichernden Mädchen hatten sich unterdessen zu einer überaus farbenfrohen kleinen Gruppe zusammengefunden und eilten mit hüpfenden Sonnenschirmchen durch die Grünanlagen. Vereinzelt sah man inmitten des Gedränges auch einige wenige dunkle Gehröcke.
Schließlich blickte Minerva ihren Sohn mit hochgezogenen Brauen an. Louise hingegen schaute lediglich leicht amüsiert drein.
Und als ob er einem geheimen Zeichen seiner Mutter folgte, setzte Luc die gelangweilteste Miene auf, zu der er nur irgend fähig war, schaute Amelia an und erklärte: »Komm - wir sollten uns den anderen besser anschließen.«
Sie war die Einzige, die nahe genug bei ihm saß, um den Ausdruck in seinen Augen deuten zu können und um zu begreifen, dass er sich in Wahrheit nichts weniger wünschte, als nun den Anstandswauwau für die junge Schar spielen zu müssen. Seinen Blick fest erwidernd, reichte Amelia ihm die Hand: »Gerne. Ich bin mir sicher, die Grotte muss ein ganz wunderbares Erlebnis sein.«
Luc entgegnete nichts, sondern stand schweigend auf und half Amelia, sich von ihrem Gartenstühlchen zu erheben. Die Sonne brannte nun regelrecht auf sie herab, und er musste es seiner Begleiterin wohl oder übel erlauben, dass diese ihren Sonnenschirm aufspannte. Dann machten sie sich Seite an Seite und mit einem gewissen Abstand zu den Vorauseilenden daran, der lärmenden Horde zu folgen.
Im Stillen überlegte Luc, ob wohl noch mehr Gäste außer Louise den fragenden Blick seiner Mutter verstanden hatten. Denn in Wahrheit machte Minerva sich natürlich nicht die geringsten Sorgen um ihre Töchter; nein, sie fragte sich eher, was Luc nun vorhatte. Schließlich konnte sie nicht wissen, dass dieser bereits einen regelrechten Schlachtplan ausgearbeitet hatte, und grübelte darum verwundert darüber nach, ob …
Aber Luc hatte keineswegs vor, seine Mutter von ihren brennenden Fragen zu erlösen. Es gab nun einmal gewisse Dinge, die selbst eine Mutter nicht zu wissen brauchte.
Das Gartengrundstück wurde umschlossen von einem Gürtel aus dichtem Wald. Und hinter diesem Wald lag unter einem tiefblauen Himmel glatt und glitzernd der See. Sobald Amelia und Luc das schattige Reich unter den Bäumen betreten hatten, ließ er die Hände in die Taschen seines Rocks gleiten und verlangsamte seinen Schritt; den Blick hielt er unterdessen weiterhin fest auf die vor ihm dahineilende Gruppe gerichtet.
Amelia sah zu ihm auf und passte sich seinem Tempo an. »Ich bin noch nie in dieser Grotte gewesen. Lohnt es sich denn wirklich, dass man sie sich ansieht?«
»Heute jedenfalls nicht.« Luc deutete mit einer knappen Kopfbewegung auf die laut schwatzende Horde. »Denn du kannst davon ausgehen, dass die da die Grotte bereits komplett für sich in Beschlag nehmen werden.«
Der Abstand zwischen den jungen Leuten und ihren Verfolgern wurde beständig größer.
»Aber wenn dir der Sinn nach einem kleinen Abenteuer steht...« Luc warf Amelia einen flüchtigen Blick zu. »Dann gibt es da auch noch einen anderen Ort, den wir besichtigen können.«
Ruhig schaute sie ihm in die Augen. »Und wo liegt dieser Ort?«
Luc nahm ihre Hand und zog sie mit sich, zwischen den Bäumen hindurch und dann durch ein kleines Buschdickicht, bis sie einen schmalen Pfad erreichten, der zahlreiche Kurven beschrieb und über den man schließlich jenen von Menschenhand aufgeschichteten Hügel erklimmen konnte, in dessen Fundament die Grotte gegraben worden war. Der Hügel war Teil der künstlich angelegten Landschaft, und auf seinem höchsten Punkt stand eine steinerne Bank, an deren Rückenlehne duftender Thymian wuchs, und von der aus man einen wundervollen Ausblick auf die Felder im Westen des Landsitzes hatte. Einige Lorbeerbüsche waren genau so gestutzt worden, dass ihre Äste die Bank in kühlen Schatten tauchten. Mit einem dankbaren Seufzer ließ Amelia sich darauf nieder und klappte ihren Sonnenschirm zusammen.
Tief unter ihnen ertönte gedämpftes Gekicher, das mit dem leichten Luftzug, der vom See heraufwehte, zu ihnen heraufgetragen wurde. Wie in Gedanken versunken ließ Luc den Blick über die Landschaft schweifen. Dann wandte er sich zu Amelia um. Seine dunklen Augen musterten sie kurz, aber eindringlich. Dann ließ er sich schließlich neben ihr nieder. Entspannt lehnte er sich zurück und legte einen Arm über die Rückenlehne.
Amelia wartete. Dann wandte sie sich ihm zu und blickte ihn an. Ruhig und verstörend attraktiv saß er neben ihr, eine zarte Brise spielte mit seinem schwarzen Haar, und in der Art, wie er gelassen seine langen Glieder ausstreckte, lag eine starke, doch auch ziemlich gefährliche Anziehungskraft. Nachdem er noch einen Moment lang die Aussicht genossen hatte, wandte er Amelia sein Gesicht zu, erwiderte ihren Blick und sah ihr forschend in die Augen.
Sie wollte gerade etwas sagen - höchstwahrscheinlich irgendeine bissige Bemerkung -, als er die Hand hob und sie dicht bis an ihr Gesicht heranführte. Doch er berührte sie nicht. Stattdessen fuhr er mit den Fingerspitzen durch eine kleine Locke, die sich an ihrem Ohr ringelte, wickelte die feine Haarsträhne um einen Finger und zupfte dann ganz vorsichtig einmal daran.
Er sah Amelia unverwandt in die Augen, während er sie langsam immer näher und näher zu sich herüberzog, bis er mit seinen langen Fingern ihren Nacken umschlang, um sie noch dichter an sich zu ziehen, und sie den Blick senkte, den Mund leicht öffnete und nur noch auf seine Lippen sah. Dann ließ er sanft den Daumen unter ihr Kinn gleiten, hob ihr Gesicht ein wenig zu sich empor und presste seine langen, schmalen Lippen auf die ihren.
Er hatte sich nicht einen Zentimeter von der Stelle bewegt. Stattdessen hatte er Amelia dazu verführt, sich zu ihm hinüberzuneigen, und mit dem Kuss war es das Gleiche. Er küsste sie fordernd und selbstsicher, lockte sie mit seinen wortlosen Versprechungen immer tiefer in die Liebkosung hinein. Er neckte sie, indem er sie erahnen ließ, wie viel mehr sie noch von ihm bekommen könnte, welche sinnlichen Genüsse er ihr bereiten könnte und würde - wenn Amelia dies denn wollte.
Wenn sie die Entscheidung dazu treffen sollte, wenn sie sich in seine Arme schmiegte, die Lippen öffnete und ihm ihren Mund anbot. Wenn sie sich ihm endlich hingäbe...
Amelia rückte ein wenig näher, und der Sonnenschirm glitt von ihrem Schoß, als sie die Hände hob und sie auf Lucs Brust legte, sich noch dichter zu ihm hinüberbeugte, den Kuss vertiefte und ihn zu noch mehr ermutigte. Mit plötzlicher Klarheit schoss ihr die Erkenntnis durch den Kopf - das war also der Grund, weshalb er bei den Damen der Londoner Gesellschaft einen solchen Erfolg hatte, weshalb sie sich ihm nahezu vor die Füße warfen und alle um seine Aufmerksamkeit buhlten.
Denn er wusste ganz einfach, dass er niemals auch nur den leisesten Druck auszuüben brauchte. Er wusste, dass er nichts anderes tun musste, als einfach nur - mit einem Blick oder einer kleinen Geste - eine leise Einladung auszusprechen, die Möglichkeit anklingen zu lassen, dass... Und sofort würde jede Dame seine Aufforderung bedingungslos annehmen. Jede Dame, die ihm jemals so nahe gekommen war, dass sie die sinnliche Männlichkeit seines Körpers hatte erahnen können, die gespürt hatte, wie seine Finger ihr Handgelenk streichelten, die erfahren hatte, wie atemberaubend gut er küssen konnte.
Doch im Gegensatz zu den anderen Damen kannte Amelia Luc durch und durch. Sie wusste, dass das Bild des gelangweilten, fast schon blasierten Beaus nur Fassade war. Sie allein begriff, dass seine gleichmütige Maske dünner war als Pappmaché, dass er eine Dame durchaus auch gegen ihren Willen befehligen konnte, dass er sie dominieren und ihre Kapitulation fordern konnte, bis er sich schließlich alles von ihr genommen hatte, wonach es ihn verlangte. Nichts von alledem blieb Amelia verborgen, als Luc sie immer tiefer in die prickelnden Wonnen ihres Kusses hineinzog, die Finger wieder aus ihren Locken löste, die Hände bis zu ihrer Taille hinabgleiten ließ, sie umfasste und Amelia noch dichter zu sich herüberhob, sodass sie geradezu auf ihm lag, während er sich gegen das duftende Polster in seinem Rücken zurücksinken ließ.
Denn die Macht war durchaus da. Die Macht, die es brauchte, um quasi jede Frau erobern zu können, sie zu der seinen zu machen - sie dazu zu verführen, allein ihm gehören zu wollen. Amelia spürte es in den eisernen Muskeln, die sich über seinen Brustkorb spannten, fühlte es in der Kraft, mit der er die Arme um sie schloss und sie behutsam gefangen hielt, erahnte es in dem sanften Druck seiner Lippen, die nicht ein einziges Mal von den ihren wichen. Mühelos hatte er sie verführt. In ihm verbarg sich eine ureigene männliche Kraft, eine primitive Macht, die Amelia fast schon verunsicherte, sie ängstigte. Zumal, wenn sie daran dachte, dass sie mit genau dieser Macht von nun an würde konkurrieren müssen; sie würde lernen müssen, damit umzugehen, sie zu lenken, und dies jeden einzelnen Tag für den Rest ihres Lebens.
Die Vorstellung ließ sie leicht erbeben. Luc spürte es. Eine winzig kleine Pause war die einzige Warnung, die sie bekam. Dann legte er die Hände noch etwas fester auf ihren Rücken, seine Lippen und die Zunge wurden härter, fordernder. Er raubte ihr mit dem Kuss geradezu die Sinne - bis Amelia keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
Bis sie willenlos nur noch seiner Führung folgte, hinein in einen wahren Strudel der Emotionen und des beständig stärker werdenden Verlangens. Amelia rang nach Atem, versuchte, sich Luc zu entziehen und wieder zu sich zu kommen. Er nahm eine Hand von ihrem Rücken, strich damit zart an ihrer Kehle entlang, umschlang ihren Nacken, spielte mit den kleinen Löckchen und riss Amelia dann mitleidslos zurück in ihren Kuss und hinab in die lodernden Flammen der Leidenschaft.
Die Glut war heimtückisch, verlockend, verführerisch… Amelia stürzte immer tiefer in das Feuer. Entspannte sich schließlich, ließ innerlich los …
Sie seufzte leise, die Lippen fest auf seinem Mund, versuchte nicht mehr, die Kontrolle über die Situation zu behalten, sondern konzentrierte sich nur noch darauf... zu fühlen. Sie wollte fühlen, wie Luc mit nur allzu erfahrenen Fingern über ihre Kehle strich, die Haut über ihrem Halsausschnitt berührte und mit seinen Fingerspitzen zart die Rundung ihrer Brust nachzeichnete. Langsam ließ er seine Finger über ihr Dekolleté wandern, neckte Amelia und zupfte dann abermals leicht an den kleinen Rüschen, die das Oberteil ihres Sommerkleides umschlossen. Und in Amelia wuchs eine Sehnsucht heran, eine ungestillte Begierde, die auf Erfüllung drängte. Unruhig rutschte sie auf der Bank hin und her, murmelte etwas, doch die Worte fingen sich zwischen ihren Mündern.
Luc verstand, was sie meinte. Seine Finger kehrten also wieder zu der üppigen Rundung ihrer Brust zurück, zeichneten abermals mit fast qualvoller Behutsamkeit ihre Konturen nach. Und dann noch einmal und noch einmal. Und jedes Mal wurde seine Berührung eindringlicher, zielstrebiger, während Amelias Brüste spannten und ihre Haut zu glühen begann. Schließlich umfasste er den weichen Hügel ihrer Brust behutsam mit der hohlen Hand.
Erregung schoss blitzartig durch Amelia hindurch, eine Erregung, die sich augenblicklich in einen warmen Strom sinnlicher Wonne verwandelte, der sich wie erhitzter Honig in ihrem Körper ausbreitete. Lucs hinterhältige Finger spannten sich an, dann schloss er seine Hand und begann ihre Brust sanft zu kneten. Nerven, von denen Amelia gar nicht gewusst hatte, dass sie sie überhaupt besaß, erwachten prickelnd zum Leben. Eine Woge purer Lust brandete durch ihr Inneres, als Luc seine andere Hand von ihrem Rücken fortzog, um sich der Liebkosung ihrer anderen Brust zu widmen. Die Augen geschlossen, ihr Mund ganz der seine, noch immer gefangen in der berauschenden, süchtig machenden Sinnlichkeit seines langsamen, intensiven Kusses, gab Amelia sich voll und ganz dem köstlichen Gefühl seiner Hände auf ihren Brüsten hin, der Hitze und dem immer stärker werdenden Feuer, der schmerzlichen Sehnsucht, die er mit jeder seiner Liebkosungen in ihr wachrief und zugleich auch wieder ein wenig linderte.
Es war geradezu eine Offenbarung, dass sich etwas so wundervoll, so befriedigend anfühlen konnte, und dennoch war das noch lange nicht alles, das wusste Amelia; es gab noch mehr, das es zu entdecken galt, das sie wollte, wonach ihr erwachender Körper sich regelrecht verzehrte. Noch sehr viel mehr, das sie unbedingt haben musste.
Luke beendete ihren Kuss, doch nur, um zart mit den Lippen über Amelias Kinn zu streifen und die empfindliche Kuhle unter ihrem Ohr zu finden. Er brauchte nicht erst nachzudenken, um zu wissen, was Amelia wollte - um zu erkennen, dass er sie, wenn er wollte, hier und jetzt nehmen könnte. Abgesehen von gelegentlichen prüfenden Blicken in die Runde, um sich zu vergewissern, dass sie nach wie vor unbeobachtet waren und auch niemand im Anmarsch war, um sie in ihrer Privatsphäre zu stören - etwas, womit Luc in Anbetracht der Zusammensetzung von Lady Hartingtons Gesellschaft eigentlich nicht rechnete -, waren seine Sinne ganz auf die Frau in seinen Armen konzentriert, auf die unwiderstehliche Verheißung des schlanken Körpers unter seinen Händen.
Er hatte schon eine Menge Frauen gehabt, doch diese hier... er führte den Unterschied in der Stärke seines eigenen Verlangens, einen Unterschied, den nicht zu bemerken er viel zu erfahren war, auf die Tatsache zurück, dass Amelia so lange Zeit quasi eine verbotene Frucht für ihn gewesen war. Eine verbotene Frucht, die er nun auf einmal kosten und später dann so richtig genießen konnte, wann immer er wollte. Auf welche Art und Weise er auch immer wollte. Dieser Gedanke nährte sein Verlangen nur noch umso mehr, doch Luc bezähmte seinen sinnlichen Hunger, erlegte sich Beherrschung auf und fachte stattdessen Amelias Begierde an, in dem sicheren Wissen, dass er ja letzten Endes alles, was er wollte, alles, wonach es ihn gelüstete, bekommen würde - dass jede seiner brennenden Sehnsüchte gestillt, jeder wilde Wunschtraum voll und ganz erfüllt werden würde.
Amelias flache Atemzüge kitzelten die Haare an seinen Schläfen, liebkosten seine Haut mit einem zarten Hauch, so schwer fassbar wie der Wind. Luc ließ seinen Mund tiefer wandern, zog eine Spur von kleinen Küssen an ihrem Hals hinab, streifte behutsam über Haut, so glatt und weich wie cremefarbene Seide. Als er seine Lippen auf die kleine Grube an ihrem Halsansatz presste, spürte er ihren Puls, der unter jener wundervoll zarten Haut schlug - ein rasches, erregtes Pochen, das ihn noch stärker antrieb, seine Erregung noch mehr anheizte, ebenso wie die kleinen Finger, die sich in seine Brust gruben, die voll leidenschaftlichen Ungestüms sein Hemd zerknitterten und in ihm das drängende Bedürfnis weckten, Amelias Hände auf seiner nackten Haut zu fühlen.
Bei dem Gedanken an nackte Haut wandte er seine Aufmerksamkeit augenblicklich wieder den beiden weichen Hügeln zu, die seine Hände füllten. Köstlich voll und fest, erhitzt, geschwollen. Das Oberteil ihres Kleides saß so eng, dass es sich über ihren Brüsten spannte und die Knöpfe auf Lucs geschickte Berührung hin bereitwillig aus ihren Löchern sprangen; die Träger ihres Unterhemds waren mit winzigen Schleifen befestigt, die sich auf ein leichtes, ruckartiges Ziehen hin sofort lösten.
Eine rasche, geschickte Bewegung, und schon schmiegten sich ihre nackten Brüste in seine Handflächen. Amelia stöhnte jäh auf; ihre Wimpern zuckten, doch sie öffnete nicht die Augen. Schaute nicht an sich herab.
Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen hob Luc den Kopf, um seinen Mund abermals auf den ihren zu pressen, nicht im Geringsten überrascht darüber, als Amelia ihn mit der Gier einer Verhungernden küsste. Er ließ sie einen Moment gewähren, wartete, dann ließ er seine Zunge tief in ihren Mund gleiten und übernahm wieder die Führung, betörte mit seinem Feuer abermals ihre Sinne, während seine Hände über ihre Brüste glitten und sie behutsam erkundeten. Er fand die rosigen Knospen, vor Erregung hart und geschwollen und aufgerichtet, zog ganz leicht daran und drückte sie dann behutsam… bis Amelia abermals stöhnte, bis sie sich abrupt aus ihrem Kuss löste und um Atem ringend den Kopf hob.
Luc beugte den Kopf, ließ seine Lippen über ihren Hals hinabgleiten, über die zarte Haut, die ihr Schlüsselbein bedeckte, und dann noch ein wenig tiefer bis zu der weichen oberen Rundung ihrer Brust. Die Hitze seiner Lippen berührte sie, und Amelia verharrte bewegungslos, zitternd… doch Luc hielt nicht inne, sondern liebkoste sie mit seiner Zunge, öffnete dann den Mund, zog ihre Brustwarze hinein, schlang seine Zunge um die Spitze und saugte sanft daran.
Der Laut, den Amelia ausstieß, war weder ein Stöhnen noch ein Schluchzen, sondern ein Ausdruck reiner, unverhohlener Überraschung. Überaus angenehmer Überraschung. Luc fuhr fort, sich an ihr gütlich zu tun, hielt sie in ihrer halb über ihn gebeugten Haltung fest und beobachtete ihr Gesicht unter gesenkten Wimpern hervor, während er ihr sinnlichen Genuss bereitete - und auch sich selbst. Denn der Augenblick, in dem er zum allerersten Mal ihre nackte Haut gekostet hatte, würde für immer in sein Gedächtnis eingebrannt bleiben - die Erinnerung an diesen ganz besonderen Moment und das pikante Wissen, dass noch kein anderer Mann sie jemals so berührt hatte.
Stück für Stück zog er Amelia höher auf seinen Schoß hinauf; ihre Hüfte drückte jetzt gegen seinen Magen, ein schlanker, entschieden weiblicher Schenkel liebkoste seine mächtige Erektion. Es war ausgeschlossen, dass sie sich seines erregten Zustands nicht bewusst war, und doch spürte er bei ihr kein schamhaftes Zurückweichen, kein plötzliches jungmädchenhaftes Zögern - keine Panik.
Eine Tatsache, die sein Verlangen nur noch stärker anfachte, ein Verlangen, das hell aufloderte, als er einen flüchtigen Blick auf leuchtendes Saphirblau unter ihren Lidern erhaschte und erkannte, dass sie ihn beobachtete. Dass sie zuschaute, wie er ihren Brüsten zärtlich Anerkennung zollte, wie er sich an ihrer verführerischen Üppigkeit delektierte.
Luc fing Amelias Blick auf, hielt ihn fest.
Schlang dabei betont bedächtig seine Zunge um eine feste, hart aufgerichtete Brustspitze, leckte sie ein paar Mal genüsslich und streifte dann mit den Zähnen darüber - nur gerade so fest, um Amelia völlig aus der Fassung zu bringen -, dann saugte er an ihrer Brustwarze, bis Amelia keuchend nach Atem rang. Die Augen schloss. Eine ihrer Hände von seiner Brust zu seinem Nacken hinaufgleiten ließ und Luc dann mit gesenktem Kopf an sich gedrückt hielt - eine Geste der Hingabe, die ebenso eindeutig und unmissverständlich war wie das heftige Zittern, das ihren Körper durchlief, als er ihre Brustwarze noch tiefer zwischen seine Lippen zog.
Seine linke Hand glitt von ihrer Brust hinunter und wanderte langsam weiter abwärts, strich über ihre Hüfte und hielt dann kurz inne, um zärtlich ihren Po zu streicheln, bevor sie wieder um ihre Hüfte herum nach vorn glitt und an ihrem Schenkel entlang, um schließlich nach ihrem Rock zu greifen -
Wortlos schmiegte Amelia sich an ihn, weich, nachgiebig, drängend - in einer schamlosen Aufforderung, sie noch intimer zu liebkosen.
Luc spreizte die Hand auf ihrem Oberschenkel, ließ seine Finger dann langsam über die seidenweiche Haut auf der Innenseite ihres Schenkels wandern, forschend, suchend -
Dann hielt er ganz plötzlich inne. Erinnerte sich wieder.
Daran, wo sie beide waren - und was er sich ursprünglich vorgenommen hatte.
Nämlich die Dinge langsam angehen zu lassen, immer nur einen Schritt nach dem anderen zu machen.
Nicht gleich zehn auf einmal.
Er hob den Kopf, suchte Amelias Lippen und küsste sie. Und er fand ein unerforschliches Vergnügen daran, in ihren Mund einzudringen, ihre Sinne zu verwirren und ihr auf diese Weise zumindest eine Ahnung von der sinnlichen Verzückung zu verschaffen, die er ihr noch nicht expliziter bereiten konnte.
Vorerst zumindest noch nicht.
Luc erstickte ein frustriertes Stöhnen, unterdrückte den Protest seines Körpers mit diesem Versprechen. Dies hier war ja nur ein vorübergehender Zustand, eine taktische Maßnahme, die lediglich Teil seiner größeren Offensive war. Einer Offensive, die zu gewinnen er fest entschlossen war, und zwar ohne Amelia dabei irgendwelche Zugeständnisse zu machen.
Er zwang sich, seine Hände von dem intimen Ort ihrer Erkundung wegzuziehen, packte Amelia stattdessen um die Hüften und hielt sie an sich gedrückt, nahm sich einen Moment Zeit, um in dem Gefühl ihres weichen, geschmeidigen Körpers zu schwelgen, in dem Bewusstsein, wie gut sie - wenn es denn soweit war, wenn die Zeit endlich reif dafür war - zu ihm passen würde, wie sie ihn in ihrem warmen, weichen Schoß aufnehmen und endlich, endlich sein qualvolles Verlangen stillen würde.
Als Amelia spürte, wie Luc sich noch während ihres Kusses innerlich von ihr entfernte, brach sie den Kuss selbst ab und hob den Kopf, um Luc anzublicken.
Ihre Miene war verwirrt. »Was ist denn los? Warum hast du plötzlich aufgehört?«
Er überlegte, ob es wohl klug wäre, sie darauf hinzuweisen, dass sie ihm alles in allem eigentlich noch dankbar dafür sein sollte, dass er genau das getan hatte. Halb unter ihr liegend, betrachtete er einen Moment lang nachdenklich Amelias Gesicht und nahm die Tatsache in sich auf, dass das Schicksal nun wohl gerade herzlich über ihn lachte und sich auf seine Kosten amüsierte. Denn Amelia wollte ja keineswegs, dass er aufhörte, tatsächlich würde sie hocherfreut sein, wenn er sie nun wieder zu sich herabzöge, ihre roten, geschwollenen Lippen küsste und -
Es kostete ihn seine gesamte Willenskraft, einmal Luft zu holen, um auf ihre Frage antworten zu können. »Es ist eine Frage der zeitlichen Abstimmung.«
Das Unheil verkündende Aufblitzen in ihren Augen riss ihn mit einem Ruck aus seiner Trance und ließ seinen Verstand wieder in Aktion treten. »Oder anders ausgedrückt« - er senkte den Blick auf die verführerischen weißen Hügel, die nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt waren - »wir sollten die Dinge lieber nicht derart übereilen, dass du völlig überwältigt bist.«
Er schlang einen Arm um Amelias Hüften, um sie an sich zu drücken, und ließ dann die Finger seiner rechten Hand am Saum ihres Kleides entlangspazieren, neckend, herausfordernd, verführerisch, ganz so, als ob er vorhätte, abermals zu erkunden, was sich unter ihrem Rock verbarg.
Amelia erschauerte, beobachtete sein Manöver mit gesenktem Blick. »Überwältigt?«
Der finstere Ausdruck in ihren Augen verblasste allmählich, war aber noch nicht ganz verschwunden.
Luc beobachtete verstohlen ihr Gesicht und wählte seine nächsten Worte sehr sorgfältig. »Es gibt so vieles zu erleben, so vieles, was ich dir zeigen könnte, und nach dem ersten Mal ist es nie mehr so ganz dasselbe. Niemals mehr so... überwältigend in seiner Neuheit.«
Der finstere Ausdruck blieb.
Er hakte einen Finger in ihr aufgeknöpftes Kleideroberteil, zog den Stoff herunter und entblößte erneut eine keck aufgerichtete Brustspitze. Dann ließ er seinen Daumen um den rosigen Hof kreisen, indem er genau das richtige Maß an Druck ausübte.
Sie senkte die Lider; tat einen zittrigen Atemzug. »Ach so. Ich verstehe.«
»Hm. In Anbetracht unserer Situation dachte ich, dass es dir vielleicht lieber wäre, wenn wir den langen Weg nehmen, uns alle Sehenswürdigkeiten ansehen, alle Tempel entlang des Weges besuchen« - er fing ihren Blick auf - »um es mal so auszudrücken.«
Große, leicht verträumt wirkende kornblumenblaue Augen sahen ihn blinzelnd an. »Gibt es auf diesem Weg denn viele... Tempel?«
Lucs Lippen verzogen sich spontan zu einem Lächeln. »Etliche. Aber manche Menschen haben es so eilig, gehen so überstürzt an die Sache heran, dass sie einen Großteil dieser Tempel übersehen.« Er verlagerte seine Hand auf ihre andere Brust und wiederholte dort die subtile Folter, hielt dabei die ganze Zeit über Amelias Blick fest, während er sich deutlich der Schauer sinnlicher Erregung bewusst war, die ihren Körper bei seinen Liebkosungen überliefen. »Wir haben noch gut drei Wochen... da erscheint es doch nur vernünftig, uns in dieser Zeit so viel anzusehen, wie wir irgend können. So viele Tempel, so viele Stätten der Verehrung zu besuchen wie nur irgend möglich.«
Ihre Augen hielten seinen Blick gefangen. Deutlich konnte er jeden einzelnen Atemzug spüren, den sie machte, nahm bis ins Innerste das leise Sichheben und -senken ihrer Brust unter seinen Fingern wahr, das Klopfen ihres Herzschlags gegen seine Brust und auch jenes tiefere Pochen und Pulsieren zwischen ihren Schenkeln, an jener erhitzten Stelle, die gegen seinen Unterleib drückte.
Amelias Lider senkten sich abermals, und über ihre Lippen kam ein tiefer Seufzer. Und zugleich mit diesem Seufzer wurde ihr Körper mit einem Mal ganz weich und nachgiebig, so als ob sie keine Knochen besäße, und sie schmiegte sich an Luc, aller Widerstand war schlagartig verflogen. Sie verlagerte ein wenig ihre Hüften und liebkoste ihn ganz bewusst mit den Innenseiten ihrer Schenkel.
Es gelang ihm, so zu tun, als ob er nicht darauf reagierte, doch ein gewisser Teil seines Körpers entzog sich ganz einfach seiner Kontrolle. Amelia warf einen raschen Blick in sein Gesicht, leckte sich mit der rosigen Spitze ihrer Zunge einmal über die Unterlippe. »Ich hätte gedacht, dass du mich mehr bedrängen, es eiliger haben würdest.«
Luc schaffte es gerade noch, nicht frustriert mit den Zähnen zu knirschen. »Das ist eine reine Sache der Selbstbeherrschung.«
»Na ja, du bist hier wohl der Experte, nehme ich mal an...«
Er war in diesem Moment einfach zu keiner Erwiderung fähig, ganz gleich, welcher Art. Amelia blickte an sich hinunter, und Luc merkte, dass sein Daumen in seiner Liebkosung innegehalten hatte. Er ließ ihn also wieder behutsam um ihre Knospe kreisen, immer rundherum.
»Gibt es wirklich noch so viel mehr zu genießen?«
»Ja.« Das war ja auch durchaus keine Lüge. Sein Blick hatte sich wieder an einer geröteten, steil aufgerichteten Brustwarze regelrecht festgesogen, und es kostete ihn einige Mühe, genug Luft zu schöpfen, um einen Seufzer auszustoßen. »Aber heute haben wir dafür leider keine Zeit mehr.«
Er zog ihr das Unterhemd wieder über die Brüste hinauf. Mit einem nicht minder resignierten Seufzer half Amelia ihm, ihre Kleidung wieder in Ordnung zu bringen. Doch als Luc ihre Taille umfasste und Anstalten machte, sie von sich herunterzuheben, hinderte sie ihn daran, indem sie eine Hand um sein Kinn herumgleiten ließ und ihre Finger in seinem Haar vergrub.
Sie blickte zu ihm hinunter, sah ihm einen Moment lang forschend in die Augen, dann lächelte sie. »In Ordnung. Wir werden es so machen, wie du willst.«
Dann beugte sie sich über Luc und küsste ihn - lange und gründlich und voller Zärtlichkeit. Als sie schließlich wieder den Kopf hob, flüsterte sie ganz dicht an seinen Lippen: »Bis zum nächsten Mal... und dem nächsten Tempel auf unserem Weg.«
Er war ein Mann, den man weder manipulieren noch zu etwas drängen konnte. Im Grunde ihres Herzens hatte Amelia dies schon seit Jahren gewusst. Die einzige Art und Weise, wie sie also mit Luc Ashford würde umgehen können, war, alles das, was er ihr freiwillig schenken wollte, anzunehmen - und dies dann so geschickt zusammenzufügen, bis er schließlich doch alle ihre Wünsche erfüllte.
Dies zumindest war Amelias Schlussfolgerung nach dem Tag auf Lady Hartingtons Anwesen. Folglich betrachtete sie die vierwöchige Werbungsphase, von der Luc partout nicht ablassen wollte, nun mit anderen Augen und konzentrierte sich vollständig darauf, welche Möglichkeiten dieses Unterfangen womöglich auch für sie bereithalten könnte. Möglichkeiten, von denen sie bis zu Lady Hartingtons al fresco noch nicht einmal geahnt hatte, dass diese überhaupt existierten.
Und natürlich blieb die Aussicht auf diese diversen Möglichkeiten nicht ohne Wirkung, sodass sie bereits zu grübeln begann...
Könnte sie sich für das Geschenk, das Luc ihr machte, jemals wirklich revanchieren? Und er war in der Tat eine wahre Gottesgabe, ein so erfahrener Gentleman wie Luc Ashford, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, einer Dame - ganz langsam - die Augen zu öffnen. Schritt für Schritt. Und dies auf sehr behutsame, alles andere als überstürzende Art und Weise.
Amelias Einstellung gegenüber seiner durch nichts ins Wanken zu bringenden Frist von vier Wochen änderte sich radikal.
Luc hatte zugestimmt, sie zu heiraten und sie zu einer Junibraut zu machen. Sie konnte also darauf vertrauen, dass er sein Versprechen auch halten würde. Und nun, da sie ihr Hauptziel quasi fast schon erreicht hatte, gab es keinen Grund mehr, warum sie bis zu diesem ersehnten Ereignis nicht noch ein paar außerplanmäßige Entdeckungen machen sollte. Zumal die Aussichten, die Luc ihr bereits vor Augen geführt hatte, wirklich noch weit über ihre wildesten Vorstellungen hinausgingen.
Den nächsten Tag verbrachte Amelia mit köstlichen Träumereien, in denen sie den Ausflug noch einmal aufs Neue erlebte, bereits weitere Pläne schmiedete und darüber nachgrübelte, ob …
Am Abend beehrte sie dann an Lucs Arm Lady Orcotts Sommergesellschaft, folgte anschließend seiner Mutter in den überfüllten Ballsaal Ihrer Gnaden und musste sich unterdessen regelrecht auf die Zunge beißen, um ihren eleganten Begleiter nicht geradeheraus zu fragen, welcher der angekündigten vielen Tempel auf ihrem gemeinsamen Weg denn wohl der nächste sein mochte.
»Dort drüben stehen Cranwell und Darcy.« Luc drängte Amelia auf eine Gruppe junger Gentlemen zu, unter denen sich auch besagte zwei Freunde von ihm befanden - oder sollte man besser sagen: seine zwei Spießgesellen?
Mit einem freundlichen Lächeln erwiderte Amelia die Begrüßungen. Miss Parkinson, eine sehr ernsthafte und äußerst gut betuchte Dame, die sich selbst gern zu den Blaustrümpfen, also den intellektuellen Kreisen, zählte, stand ebenfalls in dieser bunt gemischten Runde. Sie neigte kurz den Kopf in Amelias Richtung und ließ dann einen missbilligenden Blick über deren apricotfarbenes Seidenkleid schweifen.
Jenes Kleid, das im gleichen Moment Cranwells und Darcys uneingeschränkte, wenngleich auch unausgesprochene Zustimmung fand - was zu Miss Parkinsons ohnehin bereits leicht irritiertem Gesichtsausdruck nur noch sein Übriges tat.
»Ich denke, ich darf wohl vermuten«, begann Cranwell in gedehntem Tonfall, während er seinen Blick von dem tiefen Ausschnitt an Amelias Kleid und den dadurch entblößten Brustansätzen losriss, »dass Ihr das Ende der Ballsaison genauso langweilig findet wie wir?«
Amelia betrachtete ihn mit einem sonnigen Lächeln. »Aber ganz und gar nicht. Ich habe zum Beispiel gerade erst gestern einen herrlichen Nachmittag in den Anlagen von Hartington House verlebt, wo ich ganz wundervolle neue Aussichten entdecken durfte.«
Cranwell blinzelte verwundert. »Aha.« Er kannte jede einzelne der landschaftlichen Besonderheiten, die Hartington House seinen Besuchern bot. »Ihr meint wohl die Grotte?«
»Oh, nein.« Amelia legte flüchtig die Hand auf seinen Arm und versicherte ihm: »Nein, die Landschaften, die ich kennen lernen durfte, waren noch viel interessanter. Es waren mir vollkommen unbekannte und geradezu verführerische Ausblicke.«
»Ach, wirklich?« Darcy, den Amelias Andeutungen neugierig gemacht hatten, trat etwas näher. »Erzählt doch mal. Waren diese Aussichten denn wirklich nach Eurem Geschmack?«
»Aber ganz und gar.« In Amelias Augen blitzte es schelmisch, und sie sah kurz zu Luc hinüber. Dieser trug wieder jenen gelangweilten Gesichtsausdruck zur Schau, wie er ihn stets in Gesellschaft zeigte; sein Blick jedoch... Amelia lächelte noch etwas herzlicher, dann wandte sie sich wieder zu Darcy um. Wenn Luc tatsächlich vorhatte, den Abend erst einmal damit zu vertrödeln, sich mit seinen alten Freunden zu unterhalten, ehe er sich freundlichst bereit erklärte, Amelia auch den nächsten Tempel auf ihrem gemeinsamen Weg zu zeigen... nun, dann musste er eben auch die Konsequenzen ertragen. »Ja, wirklich, ich glaube sogar, ich bin schon regelrecht süchtig. Ich kann es kaum erwarten, meine nächste Offenbarung zu erleben.«
Die neugierigen, gewitzten Blicke, mit denen Cranwell und Darcy ihre Gesprächspartnerin anschauten, verrieten Amelia, dass diese ungefähr erahnten, was sie ihnen hatte andeuten wollen. Mit einem zufriedenen Lächeln fragte sie Miss Parkinson: »Neue Landschaften sind überaus faszinierend. Ich meine, sofern man die Zeit hat, sie ausführlich zu erkunden, findet Ihr nicht auch?«
Miss Parkinson errötete und erwiderte: »Zweifellos. Besonders, wenn man sich dann auch noch in der richtigen Gesellschaft befindet.«
Auf Amelias Lippen zeichnete sich ein breites Grinsen ab. »Richtig. Aber das versteht sich ja wohl von selbst, möchte ich behaupten.«
Ihr Gegenüber nickte, die Lippen zu einer geraden Linie zusammengepresst. »Es ist erst eine Woche her, seit ich in Kincaid Hall gewesen bin - habt Ihr schon einmal die dortigen Prachtbauten bewundern können?«
»Mein letzter Besuch dort ist schon eine Weile her. Und ich hatte auch eindeutig nicht den richtigen Begleiter.«
»Ah, nun ja. Sollte sich die Gelegenheit bieten, müsst Ihr sie Euch aber unbedingt noch einmal ansehen.« Miss Parkinson ordnete ihren Schal. »Und genauso wie Ihr, meine liebe Miss Cynster, freue auch ich mich schon ganz ungemein auf die anstehenden Hausgesellschaften. So viele, wundervolle Gelegenheiten, um unserer Verehrung für die Schönheiten der Natur noch einmal ganz neuen Ausdruck zu verleihen.«
»Oh, ja, zweifellos.« Angenehm überrascht, in Miss Parkinson einen so klugen Geist gefunden zu haben, mit dem sie nun verbal die Klingen kreuzen konnte, setzte Amelia ihr kleines Spielchen gut gelaunt fort - ein Spiel, das alle drei Gentlemen eindeutig mit Unbehagen erfüllte. »Es ist ja solch ein Vergnügen, wenn man die Gelegenheit bekommt, seine Einsichten in die Phänomene der Natur noch ein wenig erweitern zu dürfen. Alle Damen sollten dazu ermutigt werden.«
»Da kann ich Euch nur zustimmen. Denn im Gegensatz zu früher, als man noch glaubte, nur Gentlemen besäßen das benötigte Verständnis, um derlei Dinge auch würdigen zu können, haben wir heute doch das Glück, in wesentlich aufgeklärteren Zeiten zu leben.«
Amelia nickte. »Heutzutage gibt es nichts mehr, was noch dagegen spräche, dass nicht auch Damen ihren Horizont erweitern dürften.«
Keiner der Gentlemen wagte es, Amelias und Miss Parkinsons Unterhaltung zu unterbrechen. Wie lange sie dieses Spiel, mit dem sie ihre männlichen Zuhörer ganz bewusst in eine äußerst unbehagliche Situation brachten, noch hätten fortführen können, sollten die beiden Damen jedoch nicht mehr erfahren. Denn das Orchester hatte offenbar beschlossen, genau in diesem Moment einen Kotillon anzustimmen. Alle drei Herren waren darauf bedacht, die Chance zu nutzen und dieser leidigen Plauderei unter Damen endlich ein Ende zu bereiten. Verführt von den diversen Möglichkeiten, die Amelia und Miss Parkinson in ihrem Gespräch hatten anklingen lassen, bat Lord Cranwell Miss Parkinson um den nächsten Tanz.
Derweil vollführte Lord Darcy eine tiefe Verbeugung vor Amelia. »Wenn Ihr mir die Ehre erweisen würdet, Miss Cynster?«
Sie lächelte und reichte ihm die Hand. Dann, unmittelbar bevor sie sich zur Tanzfläche umwandte, schaute sie mit unschuldigem Blick noch einmal zu Luc hinüber. Er war kein großer Freund von Tänzen wie dem Kotillon. Und da sie beide ohnehin nur höchstens zweimal an einem Abend miteinander tanzen durften - zumindest, wenn sie nicht vorzeitig den Klatsch der Londoner Gesellschaft auf sich lenken wollten - wartete Luc lieber auf die Walzer.
Seine Augen schienen mitternachtsblau, und ganz flüchtig erwiderte er Amelias Blick. Dann bekundete er mit einem knappen Nicken sein Einverständnis, als Darcy sie auf die Tanzfläche führte, um sich in die mit fast schon besorgniserregender Geschwindigkeit formierenden Reihen einzufügen.
Während Amelia tanzte, umherwirbelte, lächelte und angeregt plauderte, dachte sie im Stillen noch einmal über dieses Nicken nach, mit dem Luc sie mit Darcy hatte davonziehen lassen - oder vielmehr über dessen tiefere Bedeutung. Es war, als hätte sich damit ein neues, vibrierendes Band der Zusammengehörigkeit zwischen ihnen beiden gespannt; ein Gefühl, das zuvor noch nicht da gewesen war. Und als der Kotillon seinem Ende entgegenging, war Amelia zu dem Schluss gekommen, dass ihr diese neue Nuance in ihrem Miteinander durchaus gefiel.
Darcy war drauf und dran, seine Tanzpartnerin auch für den Rest des Abends in Beschlag zu nehmen. Aber es dauerte nicht lange, bis Luc sich wieder zu ihnen gesellte. Mit eleganter Arroganz - ohne auch nur ein einziges Wort zu sagen - nahm er Amelias Hand und platzierte sie auf seinem Arm. Darcy hob kurz die Brauen, war jedoch zu klug, um nun eine Erklärung für Lucs wortlose Geste zu fordern. Zumal es Amelia so schien, als ob Luc und sein Freund auch ohne viele Worte miteinander kommunizieren konnten.
Amelia lächelte und plauderte unterdessen ungehindert weiter, doch nach wenigen Minuten schon entschuldigte Luc sie beide und zog seine Partnerin mit sich fort. Langsamen Schrittes wanderten sie durch die Menge, und verstohlen musterte Amelia sein Profil. Ein selbstzufriedenes Lächeln drohte, sich auf ihren Lippen breitzumachen, doch sie bewahrte eine gelassene Miene und wartete.
Sie wartete, während Luc und sie eine schier unerschöpfliche Zahl von gemeinsamen Bekannten begrüßten, sie wartete, während er sie durch den ersten Walzer des Abends führte, und sogar das ganze Abendessen hindurch übte sie sich in Geduld. Dann aber, als Luc sie zu ihrem zweiten - und letzten - Walzer in seine Arme zog, war es mit ihrer inneren Ruhe endgültig vorbei.
»Ich dachte«, erklärte sie leicht verstimmt, als sie quer durch den Saal wirbelten, »wir wären übereingekommen, dass wir den einen oder anderen neuen Ausblick erforschen wollten.«
Luc hob mit seiner üblichen, langsamen Geste eine Braue. »Nun ja. Leider befinden wir uns hier gerade an einem Ort mit, sagen wir, nur sehr beschränkten Möglichkeiten.«
So unschuldig aber war Amelia nun auch wieder nicht, dass er sie mit dieser Ausrede bereits hätte abwimmeln können. »Und ich dachte, was so ein echter Experte auf diesem Gebiet ist, der wäre der Herausforderung, die der gegenwärtige Rahmen hier bildet, durchaus gewachsen. Ich meine, es heißt doch allgemein, du wärst ein solcher Experte.«
Die leicht eindringliche Betonung, die Amelia ihren Worten verliehen hatte, ließ bei Luc sämtliche Alarmglocken schrillen. Zum ersten Mal, seit sie diesen Walzer begonnen hatten, schaute er ihr in die Augen - er hatte die Verärgerung, die ihm schon seit geraumer Zeit aus ihren blauen Tiefen entgegenblitzte, zuvor bewusst nicht wahrnehmen wollen. Natürlich wirkten ihre Gesichtszüge vollkommen gelassen - das störrisch vorgereckte Kinn, die fest zusammengepressten Lippen, die er bereits so gut an ihr kannte, suchte er in diesem Augenblick vergebens. Andererseits aber haftete ihr auch noch immer diese gewisse erwartungsvolle Haltung an. Er hatte ihre Vorfreude sofort bemerkt; gleich von dem Augenblick an, als er sie etwas früher am Abend in der Eingangshalle seines Hauses empfangen hatte. Und diese Vorfreude schien auch weiterhin in dem geschmeidigen, schlanken Körper zu schwelen, den er nun in seinen Armen hielt. Vor allem aber spürte er, wie ihre Entschlossenheit wuchs - jene eiserne Willenskraft, die durchaus auch zu ihrem Wesen zählte und die Luc gerade einmal wieder deutlich zu spüren bekam.
Er hob den Kopf, ließ den Blick durch den Raum schweifen. »Wie gesagt, die Möglichkeiten hier sind sehr begrenzt.« Orcott House war keineswegs groß, und der Ballsaal besaß eine recht schlichte Architektur - ohne irgendwelche versteckte Nischen oder Alkoven.
»Das ist mir völlig egal...«
Er schaute sie an, blickte tief in ihre Augen, überzeugte sich davon, dass die Drohung, die er aus ihren Worten herausgehört zu haben glaubte, keineswegs bloß seiner Fantasie entsprang. Fast schon instinktiv erwiderte er: »Jetzt werde bitte nicht albern.«
Ach, hätte er doch bloß nicht so unbedacht gesprochen. Könnte er seine Bemerkung wieder zurücknehmen - er hätte es sofort getan. Doch Amelia überraschte ihn mit ihrer Selbstbeherrschung und erwiderte zunächst überhaupt nichts. Im Übrigen war Luc regelrecht verwundert über die absurde Vorstellung, dass Amelia es tatsächlich wagte, ihn herauszufordern; dass sie ernsthaft mit dem Gedanken spielte, von allen Männern ausgerechnet ihn zu einer schamlosen Tändelei verlocken zu wollen …
Die bloße Idee war schon geradezu verrückt. Die Welt musste offenbar Kopf stehen! Denn das alles stand so ganz im Gegensatz zu dem, wie die Dinge zwischen Männern und Frauen normalerweise funktionierten - zumindest in seiner Welt.
Der plötzliche, bläulich glimmende Funke, der in ihren Augen aufzublitzen schien, verriet Luc allerdings, dass er sich besser darauf einstellen sollte, dass die Welt an diesem Abend tatsächlich auf dem Kopf stand; dass nichts mehr so war, wie er es kannte. Alles geriet aus den Fugen.
Als der Walzer endete, schenkte Amelia ihm schließlich ein betont liebenswürdiges Lächeln. »Albern? Aber nein, ich bitte dich.« Die Musik verhallte, sie blieben stehen, und Amelia löste sich aus Lucs Armen. Und sie spürte, wie er für einen winzigen Augenblick noch einmal die Finger um ihr Handgelenk schloss, sie festhalten wollte und sich regelrecht selbst bezwingen musste, um sie schließlich loszulassen. Amelia lächelte unterdessen gelassen weiter und sah ihm fest in die Augen, während er langsam die Hand von ihrem Arm gleiten ließ. Dann wandte sie sich ab, schaute ihn aber bis zuletzt eindringlich an. »Nach Albernheiten steht mir nun wirklich nicht der Sinn. Nein, mir wäre da eher nach etwas... Anregenderem.«
Sie wollte ihn mit ihren skrupellosen Provokationen bis aufs Äußerste reizen - genau das war ihr Ziel, genau das war ihre Gabe, eine Gabe, die sie bis zur Perfektion beherrschte. Denn sie war immerhin bereits dreiundzwanzig und auf dem Gebiet des gefährlichen Flirts mehr als erfahren. Es gab nur wenig, wovor sie noch zurückschreckte. Besonders, wenn es um Luc ging.
Sie neckte und provozierte ihn nach allen Regeln der Kunst und beobachtete zufrieden, wie sein Zorn immer größer wurde. Es war zwar ausgesprochen schwer, besonders bei Luc einen leidenschaftlichen Wutausbruch zu provozieren, denn er hatte viel zu viel Selbstdisziplin und seine Gefühle fest im Griff. Aber er verabscheute es, wenn Amelia mit ihrem Lächeln und ihrem Lachen die Aufmerksamkeit anderer Männer auf sich zog. Und vor allem hasste er es, wenn sie sich zu einem dieser Herren dann auch noch unnötig einladend hinüberlehnte, wenn sie ihren ganzen natürlichen Charme spielen ließ und ihren Verehrer sogar noch zu einer näheren Begutachtung seines neuesten Flirts ermunterte - eine Aufforderung, die besagter Herr üblicherweise nicht ablehnte.
Nach sechs Jahren in den Ballsälen dieser Stadt wusste Amelia genau, welche Männer sie sich für ihr Vorhaben aussuchen musste, welche sie ganz nach Belieben anspornen und necken und umgarnen konnte, ohne dass sie selbst dabei Gefahr lief, den Kopf zu verlieren. Und genau diese Gentlemen waren auch ihre erste Wahl, wenn es darum ging, noch ein bisschen mehr zu riskieren - denn sie waren auch dann stets zur Stelle, wenn Amelia nicht nur flirtete, sondern sogar noch weitergehende Versprechungen andeutete. Natürlich hatte sie nie vor, diesen Aufforderungen auch Taten folgen zu lassen, doch in jedem Fall gingen ihre zuverlässigen Verehrer immer wieder auf ihr geheimes Spielchen ein.
Im Übrigen ging sie speziell an diesem Abend selbst mit den gewagtesten Versprechungen so gut wie kein Risiko ein - dessen war sie sich nur allzu deutlich bewusst. Denn Luc würde niemals zulassen, dass ein anderer Mann Hand an etwas anlegte, das seiner Ansicht nach bereits lange in sein persönliches Eigentum übergegangen war.
Die einzige Frage, die sich für Amelia nun noch stellte, war, wie lange es wohl dauern würde, ehe Luc endgültig kapitulierte.
Und Amelia entführte.
Zwanzig Minuten, lautete die Antwort. Amelia verabschiedete sich gerade mit einem eindeutig verführerischen Lachen von einer Gruppe verwunderter junger Männer, ignorierte unterdessen Luc, der gehorsam neben ihr gewartet hatte, und wollte soeben in die Menge entschwinden - als sie einen leisen Fluch hinter sich hörte. Einen äußerst unhöflichen Fluch sogar. Denn Luc hatte die Gruppe, auf die Amelia als Nächstes zusteuern wollte, bereits erkannt. Zu der Gesellschaft, die Amelia ins Auge gefasst hatte, gehörten neben anderen nämlich auch Cranwell, Darcy und Fitcombe - Letzterer gehörte natürlich ebenfalls zu Lucs Kumpeln.
Doch Luc sagte kein einziges Wort. Stattdessen packte er ihre Hand, zerrte sie zur nächstgelegenen Wand hinüber, stieß eine Tür auf, die Amelia zuvor noch nie wahrgenommen hatte - eine Tür, die normalerweise nur von den Bediensteten benutzt wurde -, und lief mit großen Schritten in den kleinen, dahinterliegenden Gang. Seine heimliche Verlobte zog er unterdessen unerbittlich hinter sich her. Zwei erschrockene Dienstboten, beide mit schweren Tabletts beladen, wichen ihnen behände aus. Schließlich öffnete Luc eine weitere Tür, die wiederum in einen jener Korridore führte, die allen Gästen offenstanden. Nur dass in diesem Korridor an diesem Abend keine einzige Lampe brannte und er nahezu in vollkommener Finsternis lag. In genau diesen Gang eilte Luc nun hinein, zerrte Amelia mit sich und schloss schwungvoll die Tür hinter sich. Dann drehte er Amelia herum und drängte sie gegen die Wand zurück.
Blinzelnd sah sie zu seinem Gesicht auf, konnte vage erkennen, dass er seine höfliche Maske offenbar abgesetzt hatte - dass, genauer gesagt, noch nicht einmal mehr der leiseste Hauch von Höflichkeit in seinen Zügen lag. Er hatte die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen; wie finstere Tonscherben bohrten sie sich regelrecht in die ihren. Seine Lippen waren zu einer dünnen Linie zusammengepresst. Sämtliche Sanftheit schien aus seinen Zügen gewichen. Die wie gemeißelt wirkenden Konturen wirkten streng, beinahe Furcht erregend; tiefe Schatten ließen sein Gesicht in dem trüben Licht unbarmherzig hart wirken.
»Kannst du mir vielleicht mal verraten, was das sollte? Was hast du eigentlich damit bezweckt?«
Seine Worte klangen hart und schneidend; seine Stimme war dunkel und drohend.
Amelia hielt seinem Blick ohne mit der Wimper zu zucken stand und erwiderte ruhig: »Ich wollte dich, uns beide, hierherlotsen.«
Einen Arm gegen die Tür gestützt, die andere Hand an ihrer Taille, um Amelia festzuhalten, beugte Luc sich näher zu ihr, bis sein Gesicht dem ihren bedrohlich nahe war, und der Abstand zwischen ihren beiden Körpern nur noch einen knappen Zentimeter betrug.
Amelia fühlte sich durch diese Geste aber keineswegs eingeschüchtert, eine Tatsache, die sie Luc denn auch deutlich merken ließ.
Seine Miene wurde noch eine Spur grimmiger. »Was, zum Teufel, glaubst du denn wohl, was du in einem dunklen Korridor erleben wirst?«
Sie erwiderte seinen Blick fest und unverwandt, hob die Hände, umfasste die Revers seines Jacketts und zog dann die Brauen hoch, um mit ruhiger Stimme zu erklären: »Etwas, was ich bisher noch nie erlebt habe.«
Das war eine unverhohlene Herausforderung, und Luc reagierte so blitzschnell darauf, dass Amelia regelrecht schwindelig wurde.
Stürmisch presste er seine Lippen auf die ihren, nahm ihren Mund in einem harten, beinahe schon brutalen Kuss. Sie rechnete damit, flach gegen die Tür gepresst zu werden, doch obgleich seine Hand an ihrer Taille liegen blieb, um sie gegen die Holzverkleidung der Wand zu drücken und an genau der Stelle festzuhalten, wo er sie haben wollte, drängte er sich nicht an sie, benutzte er nicht seinen harten Körper, um den ihren einzuklemmen.
Doch das musste er auch gar nicht. Sein Kuss allein, unverhohlen sexuell, unversöhnlich eindeutig, genügte bereits vollauf, um Amelia regelrecht um den Verstand zu bringen, um jeden Gedanken an Flucht gleich im Keim zu ersticken. Ebenso aber auch jeden Gedanken daran, ihn noch stärker zu provozieren.
Ihn zu besänftigen - das war etwas, was Amelia eigentlich überhaupt nicht vorgehabt hatte, und doch ertappte sie sich sehr schnell dabei, wie sie genau das tat. Es war die unerbittliche Härte, mit der er sie küsste, die schonungslose Forderung seiner Lippen, seiner Zunge, seine unbestrittene Erfahrung auf diesem speziellen Gebiet, die sie dazu trieb. Denn Luc wusste genau, was er tat - und mehr noch, er wusste auch genau, welche Wirkung sein Tun auf Amelia hatte. Er gewährte kein Pardon, sondern trieb sie rasch und gewandt und gnadenlos bis zu dem Punkt, wo ihr nichts anderes mehr übrig blieb, als sich ihm zu ergeben.
Amelia versuchte, die Arme zu heben und sie Luc um den Nacken zu legen, doch da er sie noch immer mit einer Hand an der Taille festhielt, um den zwar geringen, aber dennoch erkennbaren Abstand zwischen ihren beiden Körpern zu bewahren, war ihr dies nicht möglich. Stattdessen spreizte sie die Finger und vergrub sie in seinem dichten Haar, schwelgte in dem Gefühl, wie die schweren seidigen Strähnen zwischen ihren Fingern hindurchglitten. Und zog Luc noch tiefer in den Kuss hinein - gab ihm alles das, was er wollte. Und lud ihn wortlos, doch unmissverständlich dazu ein, sich noch mehr zu nehmen.
Sie nahm überhaupt nichts davon wahr, wie seine Finger sich an den Bändern zu schaffen machten, die das Oberteil ihres Kleides im Rücken zusammenhielten. Sondern sie registrierte nur die Tatsache, dass er mit irgendetwas beschäftigt gewesen war, als er mit einem Mal seine Haltung veränderte und die Hand, die er gehoben hatte, um ihr Gesicht zu umfassen, plötzlich abwärts wanderte, liebkosend über ihren Hals strich und dann weiter hinunter zu dem tiefen Ausschnitt ihres Kleides glitt - erst in dem Moment wurde Amelia bewusst, dass ihr Oberteil aufklaffte. Seine geschickten, wissenden Finger zögerten keine Sekunde, sondern glitten sogleich unter die Seide, um zu suchen und zu finden; dann befreite er behutsam eine volle Brust aus dem Stoff, seine Finger bereits fest um die harte kleine Knospe geschlossen.
Seine Berührung war besitzergreifend und selbstsicher. Er zupfte zart an ihrer Brustwarze, rollte sie zwischen den Fingern, knetete ihre Brust, bis Amelia der Atem stockte, bis sich alles in ihrem Kopf drehte, bis die Empfindungen, die seine liebkosende Hand auf ihrer Brust in ihr auslöste, mit jenen Emotionen kollidierten, die seine nach wie vor schonungslosen, unnachgiebigen und unerbittlich fordernden Küsse in ihrem Inneren weckten. Seine Küsse und die Art, wie er unentwegt aufs Neue Besitz von ihrem Mund ergriff. Von ihren Lippen. Ja sogar von ihrem Atem.
Amelia war nahe daran, vor Erregung ohnmächtig zu werden, als Luc schließlich den Kopf hob - nur um ihn sogleich noch ein wenig tiefer zu beugen und die empfindliche Knospe, die er mit fast schon qualvoller Zärtlichkeit liebkost hatte, in die feuchte Hitze seines Mundes zu ziehen. Um sie zu lecken, mit seiner Zunge zu umspielen, sanft an ihr zu saugen, bis Amelia, den Kopf gegen die Tür zurückgelehnt, ihr lustvolles Stöhnen nicht mehr länger zu dämpfen vermochte.
Da endlich gab Luc nach, zog die Hand, die eben noch ihre Brust umfangen hatte, fort. Stattdessen legte er sie flach und mit gespreizten Fingern auf Amelias Bauch, streichelte und massierte sie auf eine Art und Weise, mit der sie nicht gerechnet hatte - und von der sie nicht erwartet hätte, dass sie ihr weiche, zittrige Knie bescheren würde.
Die Augen geschlossen, ihre Finger noch immer in Lucs Haar vergraben, keuchte Amelia lustvoll auf, als seine Lippen zart an ihrer Brustwarze zogen. Dann glitten seine Finger tiefer hinab, und ihre Beine begannen derart zu zittern, dass sie unter ihrem Gewicht nachzugeben drohten.
Plötzlich war es nur noch der eiserne Griff seiner Hand um ihre Taille, der sie aufrecht hielt, sie rücklings gegen die stützende Tür drückte.
Durch zwei dünne Schichten von Seide hindurch fanden seine forschenden Finger die krausen Löckchen zwischen ihren Schenkeln, streichelten und neckten sie und verspotteten sie zugleich in einer gewissen, seltsamen Weise. Und teilten sie dann. Flüssige Hitze sammelte sich in Amelias Innerem, tief zwischen ihren Schenkeln. Und noch immer hielten seine Finger nicht inne, sondern setzten ihre behutsame Erkundung zielstrebig fort, berührten weiche, warme Haut, die noch kein anderer Mann jemals berührt hatte, und sei es auch nur durch den schützenden Schleier von Seide.
Er spreizte jedoch nicht ihre Schenkel, schob nicht die ganze Hand dazwischen. Sein Mund liebkoste noch immer ihre Brust, saugte mit heißen, geradezu gierigen Lippen an ihrer Knospe, sodass Amelia dadurch abgelenkt war. Dann, mit einer Fingerspitze, berührte Luc sie - berührte eine ganz bestimmte Stelle in ihrem Schoß, von der sie gar nicht gewusst hatte, dass sie sie überhaupt besaß - ganz zart und überaus wissend.
Die köstlichen Empfindungen, die seine Lippen auf ihrer Brust ihr bescherten, und obendrein noch die neuartige, ganz und gar unerwartete und schockierend intime Liebkosung jener dreisten Fingerspitze waren derart überwältigend, dass sie Amelia beinahe in die Knie zwangen.
Ihre Haut fühlte sich an, als ob sie in Flammen stände, und sie hatte schon seit einiger Zeit das Gefühl, vor lauter Erregung kaum noch Luft zu bekommen. Dann hielt Lucs liebkosender Finger mit einem Mal inne, um sich gleich darauf noch ein wenig tiefer in ihren Schoß zu schieben - atemlos stöhnte Amelia seinen Namen.
Zu ihrer Überraschung hob er abrupt den Kopf, doch nicht, um sie, Amelia, anzusehen, sondern um den Korridor entlangzustarren.
Dann fluchte er leise, richtete sich wieder auf, zog seine Hände von ihrem Körper. Amelia - noch immer so überwältigt, dass ihre Beine völlig kraftlos waren und sie nicht mehr zu tragen vermochten -, begann, an der Tür hinabzugleiten.
Wieder stieß Luc einen gedämpften Fluch aus und packte Amelia, um sie zu stützen. »Da kommt jemand!«
Seine Worte waren nicht mehr als ein kaum hörbares Zischen, und er war beinahe ebenso schnell und geschickt darin, ihr Oberteil wieder hochzuziehen und notdürftig zu schließen, wie er ihre Kleidung ursprünglich in Unordnung gebracht hatte. Nachdem dies erledigt war, wirbelte er Amelia herum, drückte sie an sich, riss die Tür auf und schob sie hastig vor sich her in den dahinterliegenden Gang. Dann schloss er die Tür behutsam und lautlos …
Sie standen in dem jetzt vollkommen dunklen und menschenleeren Bedienstetenkorridor. Luc hatte einen Arm um Amelias Taille geschlungen und hielt sie an sich gedrückt, und sie klammerte sich regelrecht an seinen Arm, obgleich sie den stützenden Halt inzwischen nicht mehr brauchte.
Auf der anderen Seite der Tür waren jetzt Stimmen und Schritte zu hören - eine Gruppe von Leuten ging draußen im Korridor an genau jener Stelle vorbei, an der vor weniger als einer Minute noch Amelia und Luc gestanden hatten.
Schließlich verhallten die Schritte in der Ferne. Luc stieß einen erleichterten Seufzer aus. Er blickte Amelia an, die stumm und wachsam dastand. Ohne ein Wort drängte er sie vorwärts in Richtung der Tür, die zurück in den Ballsaal führte.
»Moment, warte.« Kurz vor der bewussten Tür hielt er Amelia auf. Sie konnten die Geräusche des Balls hören, der noch immer in vollem Gange war. Dabei schien es bereits Ewigkeiten her zu sein, seit sie den Saal verlassen hatten.
Amelia war vor Luc stehen geblieben. Selbst in der Dunkelheit hatte er keine Schwierigkeiten damit, das Oberteil ihres Kleides wieder zuzuschnüren und die Bänder zu ordentlichen Schleifen zu binden.
Als er seine Hände sinken ließ, warf sie ihm einen Blick über die Schulter zu, dann drehte sie sich zu ihm herum und trat noch einen Schritt näher auf ihn zu. Zärtlich berührte sie mit einer Hand seine Wange, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte und ihn leicht auf die Lippen küsste. »War das alles?«, murmelte sie, als ihre Lippen sich wieder voneinander lösten.
Luc unternahm gar nicht erst den Versuch, sein Knurren zu dämpfen. »Das war doch wohl schon mehr als genug für eine Nacht.«