13
Luc nahm überhaupt nicht wahr, welche Köstlichkeiten Mrs. Higgs und die Köchin zubereitet hatten; er schenkte dem Essen, das Cottsloe ihm auftat, keinerlei Aufmerksamkeit. Sicherlich, er musste zweifellos etwas von dem Mahl gegessen haben. Doch während draußen vor den Fenstern das Unwetter sich zunehmend bedrohlicher zusammenbraute und hohe Wolkenberge über die Landschaft türmte, glitt Luc immer tiefer in seine ganz eigene, nicht weniger spannungsgeladene Gedankenwelt ab. Die Naturgewalten spiegelten seine Emotionen wider, alle jene Gefühle, die er den Tag über kontinuierlich hatte unterdrücken müssen. Bis schließlich sein gesamtes Denken und Empfinden auf nichts anderes mehr ausgerichtet war als darauf, dieses geradezu brutale Verlangen, das ihm so zu schaffen machte, endlich zu befriedigen.
Amelia saß ganz am anderen Ende des Tisches, der zwar so weit wie möglich zusammengeschoben worden war, aber immer noch gut zehn Personen hätte Platz bieten können. Aufmerksam musterte sie ihren Ehemann, überlegte, was dessen wortkarge Stimmung wohl verursacht haben mochte. Im Laufe der Jahre hatte sie Luc nun schon in allen möglichen Gemütszuständen erlebt - die Art und Weise, wie er sich an diesem Abend gab, war ihr jedoch neu. Er war so anders...
So spannungsgeladen.
Sie spürte, wie es förmlich zwischen ihnen beiden zu knistern schien, und ihre Vorfreude auf die späteren Stunden des Abends wuchs beständig. Zudem wurde Amelia von einer geradezu grenzenlosen Erleichterung durchströmt, der Erleichterung darüber, dass Luc nun endlich der ihre war - wodurch ihre Ungeduld natürlich nur noch weiter angefacht wurde. Lucs unerwartet zurückhaltendes Benehmen, das plötzliche Fehlen all jener kleinen, verliebten Gesten, die zwischen ihnen beiden schon ganz selbstverständlich geworden waren, verunsicherten sie jedoch. Sie fragte sich, ob sein körperliches Verlangen nach ihr nun wohl bereits nachgelassen haben mochte, nun, da sie offiziell seine Ehefrau war. Vor ein paar Tagen jedenfalls hatte er offenbar noch ganz anders empfunden, sodass Amelia sich mittlerweile fragte, ob sein Interesse an ihr tatsächlich so groß gewesen war, wie sie geglaubt hatte. Oder hatte er ihr sein leidenschaftliches Verlangen, zumindest bis zu einem gewissen Grad, womöglich nur vorgespielt?
Amelia schaute zum anderen Ende des Tisches hinüber, beobachtete, wie Luc einen Schluck aus seinem kristallenen Kelch nahm und dabei unentwegt aus den Fenstern starrte, hinter denen das Unwetter heraufzog. Luc war schon immer etwas rätselhaft, war oftmals kühl und reserviert gewesen. Doch Amelia war davon ausgegangen, dass mit zunehmender Vertrautheit auch diese unsichtbaren Mauern, die er vor seiner Umwelt errichtet hatte, langsam nachgeben würden. Stattdessen sah es im Augenblick eher so aus, als ob - je näher er und Amelia sich kamen - sein Schutzschild immer undurchdringlicher würde. Luc gab ihr zunehmend größere Rätsel auf.
Dennoch würde er vermutlich wohl auch weiterhin den leidenschaftlichen Liebhaber spielen - in dem Glauben, sich durch die Befriedigung von Amelias Ansprüchen an die Ehe ein möglichst konfliktfreies Zusammenleben zu erkaufen.
Allerdings war Amelia kein unbedarftes junges Mädchen mehr. Sie wusste durchaus, zu welchen Tricks Luc greifen würde, wenn er sich dadurch sein Leben etwas einfacher gestalten konnte.
Cottsloe erschien mit der Weinflasche. Luc warf einen raschen Blick auf Amelias Teller mit Feigenkompott, dann schüttelte er den Kopf und wandte sich sogleich wieder der schweigenden Betrachtung des Sturms zu.
Die knisternde Spannung zwischen ihnen wurde, angeheizt durch jenen kurzen, düsteren und ungeduldigen Blick, den er Amelia bei Cottsloes Erscheinen zugeworfen hatte, noch um einiges intensiver.
Amelia unterdrückte ein Lächeln und widmete sich gehorsam dem Verspeisen des Nachtischs. Sie konnte das Dessert schließlich nicht einfach unberührt zurückgehen lassen. Mrs. Higgs hatte erklärt, jeder einzelne Gang des Abendessens wäre von der Köchin mit allergrößter Liebe zubereitet worden - in der Tat waren die Speisen von außergewöhnlichem kulinarischen Reiz. Und wenn der Brotherr der Köchin dem ausgezeichneten Essen schon keinerlei Beachtung schenkte, so wollte zumindest Amelia dem Werk die gebührende Achtung erweisen.
Zumal sie die körperliche Stärkung im Hinblick auf den späteren Teil des Abends wohl auch durchaus gebrauchen konnte.
Ganz unvermittelt war ihr dieser verwegene Gedanke durch den Kopf geschossen, und fast hätte sie sich verschluckt. Doch auch sie hatte eben so ihre ganz eigenen Hoffnungen und Erwartungen, was den weiteren Verlauf des Abends anging, und ihre Fantasie schlug bereits Purzelbäume.
Denn zumindest einer Sache war sie sich, seit sie die Bibliothek betreten hatte, trotz aller Zweifel ganz sicher: Unabhängig davon, was Luc ihr womöglich sonst alles vorspielen mochte - zumindest diese gewisse erotische Spannung, diese Anziehungskraft, die zwischen ihnen beiden herrschte, war echt. Dieses Zueinanderhingezogensein gehörte ganz gewiss nicht zu den Trugbildern, die Luc, ein Meister der Verführung, womöglich nur deshalb erschaffen haben könnte, um Amelias Sinne zu verwirren und ihre Instinkte zu lähmen. Denn in Wahrheit war doch auch dieser Meister der Verführung bereits von etwas viel tiefer Gehendem erfasst als bloß dem rein physischen Verlangen.
Diese Erkenntnis ließ Amelias Herz schneller schlagen und gab ihrer Hoffnung neuen Auftrieb. Luc schien wie der Inbegriff eines Mannes, der nicht nur von der reinen Wollust beherrscht wurde, sondern den etwas noch unendlich Stärkeres trieb und ihn regelrecht in seinen Klauen hatte. Weder die Richtung seines Strebens noch sein endgültiges Ziel verrieten ihn, sondern die Intensität des inneren Zwangs, unter dem er zu stehen schien. Schließlich war Luc ein Mann, der für gewöhnlich alles in seinem Leben fest unter Kontrolle zu halten pflegte. Nun aber wirkte er ganz so, als ob nicht mehr er die Dinge befehligte, sondern als ob vielmehr eine geheimnisvolle Macht ihn beherrschte...
Das also war der Grund oder zumindest teilweise der Grund dafür, weshalb Luc Somersham Place so schnell wieder hatte verlassen wollen; weshalb er so ungeduldig darauf bedacht gewesen war, Amelia endlich ganz für sich allein zu haben. Er wollte...
An genau diesem Punkt hielt Amelia gedanklich inne. Sie weigerte sich, ihre Fantasie noch weiter schweifen zu lassen. Und kämpfte gegen den plötzlichen Sog aus Neugier und Erregung an, der in ihrem Inneren aufbrandete.
Das leise Klirren, mit dem sie ihr Besteck auf dem Teller ablegte, ließ Luc jäh aufblicken.
Sofort räumte der Butler Amelias leer gegessenen Teller ab; zwei Lakaien trugen eilig die Platzteller hinaus. Als Cottsloe Luc kurz darauf eine Auswahl an Portweinkaraffen präsentierte, schüttelte dieser nur brüsk den Kopf. Den Blick fest auf Amelia gerichtet, leerte Luc seinen Weinkelch und setzte ihn mit einem leisen Klappern auf dem Tisch ab. Dann erhob er sich, ging auf Amelia zu, nahm ihre Hand und zog sie von ihrem Platz hoch.
»Komm.«
Mit eisernem Griff führte er sie aus dem Speisezimmer hinaus. Amelia folgte ihm mit raschen Schritten, um zu verhindern, dass er sie regelrecht hinter sich herzerrte. Fast hätte sie gegrinst. Doch sie war viel zu aufgeregt, war ganz gefangen im Rausch der flirrenden Erregung. Ein Blick in Lucs Gesicht hatte ausgereicht - und sie war ein einziges Nervenbündel. Dieser besondere Ausdruck auf seinen Zügen sowie die unergründliche Dunkelheit in seinen Augen verwirrten sie.
Luc hielt Amelia stets eng an seiner Seite und marschierte die Treppe hinauf. Sollte sie so unklug sein, sich ihm entwinden zu wollen... wahrscheinlich brächte er es sogar glatt fertig, sie anzuknurren. Oder zumindest schien es so, als sie abermals einen raschen Blick in sein Gesicht warf. Eine regelrecht animalische Energie strömte von ihm aus. Amelia ging so dicht neben ihm, dass sie diese einfach wahrnehmen musste. Sie hatte das Gefühl, als ob diese raubtierähnliche Ausstrahlung ihr regelrecht den Atem nahm und an ihren Nerven zerrte.
Sie erreichten die erste Etage. Der Wohnbereich für den Hausherrn und die Hausherrin nahm den hinteren Teil des Haupthauses ein und somit quasi einen Ehrenplatz, der sich mit seiner großzügig bemessenen Wohnfläche noch ein ganzes Stück in die Gärten hinter dem Haus erstreckte. Ein kurzer Korridor endete in einem kreisrunden Vorraum, von dem aus man durch drei mit Schnitzwerk verzierte Eichentüren in drei verschiedene Zimmerfluchten gelangte. Links lagen die Räume der Vicomtesse - ein heller, geräumiger Privatsalon, von dem wiederum ein großes Ankleidezimmer und ein Bad abzweigten. Rechts des kleinen, runden Foyers lag die gleiche Anordnung von Räumen - Lucs Privatsuite. Zwischen diesen beiden Bereichen und damit unmittelbar hinter der mittleren Flügeltür befand sich das große gemeinsame Schlafzimmer.
Amelia hatte dieses Zimmer schon einmal bei einer früheren Gelegenheit gesehen. Es war ein weitläufiger Raum ohne unnötigen Zierrat und mit einem riesigen Himmelbett in der Mitte. Sie hatte das Zimmer damals gründlich in Augenschein genommen und sehr bewundert, denn seine Lage war einfach atemberaubend: Eingerahmt von den Gärten konnte man in drei Himmelsrichtungen den Blick über die Landschaft schweifen lassen.
An diesem Abend jedoch ließ Luc ihr keine Zeit, um auch nur irgendetwas zu bewundern. Stattdessen stieß er die Tür auf, zerrte Amelia hindurch und hielt nur einmal kurz inne, um sich zu vergewissern, dass keines der Hausmädchen mehr im Raum beschäftigt war. Dann versetzte er der Tür einen Tritt, und kaum dass sie ins Schloss gefallen war, riss er Amelia auch schon in seine Arme.
Um sie zu küssen - nein, zu verschlingen.
Jede Verbindung mit der Realität, jede Wahrnehmung dessen, was um sie herum vorging, verlor sich abrupt in jenem ersten heißen, stürmischen Ausbruch der Begierde. Luc hatte Amelia buchstäblich von den Füßen gerissen; er hielt sie so fest gegen seinen harten Körper gedrückt, seine Arme wie stählerne Bänder um sie geschlungen, dass sie plötzlich nicht mehr atmen konnte. Dass sie den Atem, den sie brauchte, stattdessen von Lucs Lippen schöpfen musste. Verzweifelt versuchte sie, seine gierigen Küsse zu beschwichtigen, den quälenden, nicht mehr bezähmbaren Hunger, mit dem er sie küsste, zu lindern. Schließlich bot sie ihm einfach ihren Mund dar, überließ sich seinem wilden Ungestüm und versuchte, wieder zur Besinnung zu kommen, versuchte, sich wieder zu orientieren.
Vergeblich. Denn Luc gab ihr keine Chance. Mit einer raschen Bewegung drehte er sich mit Amelia in seinen Armen herum, machte zwei Schritte, drängte sie rückwärts gegen die Tür zurück und hielt sie dort gefangen. Er küsste sie wie ein Verhungernder, und Amelia grub ihre Finger in die schwellenden Muskeln seiner Oberarme und stellte sich dem wilden Kampf, begegnete ihm in einem Duell der Zungen, in einer Welt heißer, wirbelnder Begierde. Sie ließ jede Zurückhaltung fahren und stachelte ihn noch stärker an, trieb ihn immer noch weiter - denn sie wollte mehr, noch sehr viel mehr.
Die Hüften ein wenig vorschiebend, presste Luc Amelia mit seinem Unterleib gegen die Tür und hielt sie dort fest, während er sich nur gerade so weit zurücklehnte, damit er sein Jackett abstreifen und es achtlos in eine Ecke des Zimmers schleudern konnte. Kaum hatte er sich des hinderlichen Kleidungsstücks entledigt, da fiel Amelia förmlich über sein Hemd her, riss in ihrer Hast, in ihrer drängenden Ungeduld, endlich ihre Hände auf seine nackte Brust legen zu können, so ungestüm daran, dass die Knöpfe in alle Himmelsrichtungen sprangen. Seine Erektion drückte hart gegen ihren Schoß, während seine Finger mit den Schnüren an dem miederartigen Oberteil ihres Kleides beschäftigt waren.
Und dann war sein Hemd endlich offen; mit einem Ruck zog Amelia die beiden Hälften auseinander, legte ihre gespreizten Hände auf Lucs Brust, auf die breite Fläche glatter, brennend heißer Haut und ließ verlangend ihre Finger durch die rauen Locken gleiten. In ihrer Gier, ihn zu berühren, zu spüren, hätte sie ihn am liebsten überall gleichzeitig berührt, während er sie mit ebensolcher Heftigkeit küsste und das heiße, drängende Verlangen, das sie beide antrieb, noch stärker aufpeitschte, es vollends entfesselte.
Und ungehindert toben ließ.
Amelia war plötzlich noch heißer als heiß; Luc plötzlich so ungeduldig, so gierig in seinem Hunger nach mehr, dass er sich nicht mehr länger zu beherrschen vermochte. Er hob abrupt den Kopf. In seiner Hast, ihre Brüste zu entblößen, zerrte er ihr Kleid und ihr Unterhemd mit einer derart heftigen, ungestümen Bewegung herunter, dass beide Kleidungsstücke prompt zerrissen. Doch Amelia kümmerte es nicht; das Einzige, was für sie überhaupt noch eine Rolle spielte, war ihr verzehrendes Verlangen und dessen Befriedigung. Luc beugte den Kopf, presste seine Lippen auf ihre Brust, saugte leidenschaftlich an ihrer Knospe - und Amelia schrie auf.
Sie spürte, wie ihr Körper sich ihm entgegenbäumte, als Luc abermals heftig an ihrer Brustspitze saugte, fühlte seine Hände auf sich, fast schmerzhaft hart und fordernd. Kein sanfter, zärtlicher Liebhaber mehr, keine behutsamen Liebkosungen, sondern nichts als Hitze, besitzergreifende Leidenschaft und ein drängendes, unbezähmbares Verlangen.
Ein Verlangen, das auch sie quälte, das unüberhörbar nach Befriedigung verlangte, das Amelia aufkeuchen ließ, als sie Luc, die Finger in seinem Haar vergraben, in blinder Leidenschaft an sich drückte, während er sich an ihren Brüsten gütlich tat.
Von Heißhunger getrieben.
Die kühle Luft, die einen Augenblick später zuerst über ihre Schienbeine, dann über ihre Schenkel strich, verriet ihr, dass Luc ihre Röcke hochgerafft hatte. Einen flüchtigen Moment lang fragte Amelia sich, ob er sie gleich hier und jetzt nehmen würde, im Stehen gegen die Tür gepresst - dann legte er eine Hand auf ihre Scham, und jeglicher Gedanke entschwand aus ihrem Bewusstsein.
Seine Berührung war wissend, war unverhohlen besitzergreifend. Er öffnete Amelia, schob erst einen und dann zwei Finger in sie hinein, ließ sie tief, ganz tief in ihren Schoß gleiten. Dann fand sein Daumen jene geschwollene, pulsierende Knospe, die der allerempfindlichste Teil von ihr war, und umkreiste sie auf langsame, geradezu qualvoll köstliche Art, während seine Finger weiterhin ihr magisches Werk in ihrem, Amelias, Schoß verrichteten und sich im gleichen lustvollen Rhythmus vor- und zurückbewegten, wie er an ihrer Brustspitze saugte...
Im nächsten Moment war es auch schon um Amelia geschehen; der Höhepunkt kam so schnell, war so unbeschreiblich intensiv, dass sie den Ausbruch der Ekstase als funkensprühende Explosion eines Sterns vor ihren geschlossenen Augen sah.
Mit einer jähen Bewegung zog Luc seine Hand wieder fort, löste seine Lippen von ihrer Brust - viel zu früh, zu schnell. Amelia fühlte sich mit einem Mal so schrecklich leer und verlassen; so hilflos und besiegt...
Dann keuchte sie überrascht auf, hatte plötzlich das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, als Luc sie mit Schwung auf seine Arme hob und zum Bett hinübertrug. Dort legte er sie auf die Tagesdecke nieder und riss ihr schonungslos das Kleid vom Körper. Zog sie nackt aus. Als sie schließlich nicht einen einzigen Faden mehr am Leibe trug, der sie noch vor Lucs glühendem, dunklem Blick hätte verbergen können, zog er die am Kopfende des Bettes aufgetürmten Kissen auseinander, arrangierte sie neu, dann hob er Amelia hoch und legte sie darauf nieder. Ein Opfer, reizvoll zur Schau gestellt, das nur darauf wartete, den Göttern der Lust dargebracht zu werden.
Sie hatte einfach nicht mehr die Willenskraft, sich zu bewegen, besaß noch nicht einmal mehr die Kraft, auch nur eine Hand zu heben. Luc ging zurück zum Fußende des Bettes und blieb dann dort stehen, sein von der Glut der Leidenschaft erfüllter Blick fest und unbeirrbar auf Amelia geheftet. Er betrachtete sie eingehend, ließ seinen Blick langsam und Stück für Stück über ihren Körper wandern, so als ob er jeden einzelnen Zentimeter von ihr, jede weiche Locke, jede elegante Kurve katalogisieren wollte, während er sein Hemd abstreifte, es achtlos beiseiteschleuderte und sich dann an dem Taillenbund seiner Hose zu schaffen machte.
Sein Gesicht wirkte wie gemeißelt; die Züge und Flächen waren ihr so vertraut und muteten dennoch plötzlich irgendwie fremd an. Sie und Luc hatten sich nun schon diverse Male dem Liebesspiel hingegeben, und doch war es nie so gewesen wie jetzt - noch nie zuvor hatte Amelia die Begierde regelrecht schmecken können, noch nie zuvor war sie in der Lage gewesen, das sinnliche Verlangen wie eine schimmernde Aura um ihn herum, um sich selbst herum wahrzunehmen. Und sie spürte auch noch etwas anderes, etwas noch sehr viel Intensiveres - irgendeine enge Verschmelzung von physischen Bedürfnissen und solchen, die auf einer höheren, schwerer fassbaren Ebene angesiedelt waren, hatte zwischen ihnen stattgefunden. Eine Verschmelzung, welche beängstigend und unwiderstehlich zugleich war.
Luc trat seine Schuhe von den Füßen, und mit einer einzigen glatten Bewegung zog er seine Hose aus und ließ sie, als er sich wieder aufrichtete, zu Boden fallen. Und dann stand er einen Moment lang dort am Fußende des Bettes, nackt und unübersehbar erregt, und blickte voller Verlangen auf Amelia hinab.
Schließlich stützte er sich mit einem Bein auf das Bett, sein Knie zwischen Amelias Füßen. Die Muskeln an seinen Armen und Schultern spielten unter seiner Haut, spannten sich an, so hart und biegsam wie Stahl. Sein Blick, der gerade eben noch auf dem lockigen Dreieck zwischen Amelias Schenkeln geruht hatte, schweifte hinauf zu ihren Augen.
»Spreiz die Beine.«
Es war eine mit tiefer, rauer Stimme gesprochene Anordnung. Ein regelrechter Befehl.
Und Amelia gehorchte, zwar nicht hastig, aber doch auch ohne zu zögern. Luc hatte die Hände zu Fäusten geballt, ganz fest, um sich selbst davon abzuhalten, Amelia zu packen, ihr in seiner drängenden Not regelrecht Gewalt anzutun. Sie dachte wieder an das Gefühl seiner Hände auf ihren Brüsten zurück, an die fieberhafte, ja fast brutale Ungeduld, mit der er sie vorhin betastet hatte, an die schiere Kraft in seinen Fingern. Und als ihr Blick nun in der schwarzen Unergründlichkeit seiner Augen versank und sie langsam die Schenkel spreizte, da wusste sie, dass er sie lieber nicht anfassen wollte - noch nicht.
Nicht, solange er von dieser nackten, unkontrollierbaren Gewalt beherrscht wurde.
Jener Gewalt, die ihn - kaum dass Amelia ihre Beine weit genug geöffnet hatte - mit einem Satz auf das Bett trieb, halb über Amelia schwebend, die Arme rechts und links von ihr abgestützt, seine Hände in den Kissen zu beiden Seiten ihrer Schultern versunken. Voller Ungeduld drängte er sich mit den Hüften zwischen ihre Schenkel, zwang sie rücksichtslos noch weiter auseinander.
Sein Blick verschmolz mit dem ihren, als die stumpfe Spitze seiner Erektion gegen ihren glatten, feuchten Schoß stieß. Dann fand er den Eingang zu ihrem Körper. Amelia hielt den Atem an, ganz und gar gefangen in dem schwarz lodernden Feuer seiner Augen, als er in sie eindrang - mit einem einzigen kraftvollen, schonungslos harten und tiefen Stoß. Einem Stoß, der sie dehnte und ausfüllte, der sie dazu brachte, sich wild keuchend unter Luc aufzubäumen, seine Unterarme zu packen, ihre Nägel in seine Haut zu graben und ihren Kopf in die weichen Kissen hinter ihr zu drücken, während er sich unablässig und umbarmherzig tiefer in sie hineindrängte.
Bis er vollkommen von ihr Besitz ergriffen hatte. Bis er sie so tief, so vollständig ausfüllte, dass alle ihre Sinne von ihm erfüllt waren.
Dann begann er, sich vor- und zurückzubewegen.
Wieder keuchte Amelia lustvoll auf, wand sich leidenschaftlich unter ihm, während er sie erbarmungslos weiter und immer weiter trieb. Ihre Hände auf seinem Rücken gespreizt, fühlte sie das unablässige Spiel der kraftvollen Muskeln rechts und links seiner Wirbelsäule, während sie sich blindlings an ihn klammerte und sich ihm schließlich ergab. Mit seinem Kissenarrangement auf dem Bett hatte Luc einen ganz bestimmten Zweck verfolgt: Sie bildeten eine weiche, dämpfende Unterlage, hoben Amelias Hüften an und stützten sie sanft, damit er noch härter, noch schneller - noch tiefer - in ihren Schoß hineinstoßen konnte.
Damit sie in der Lage war, die ungezügelte, an Besessenheit grenzende Leidenschaft auszuhalten, mit der Luc von ihrem Körper Besitz ergriff. Damit sie auf der Woge wilden, ungestümen Verlangens reiten konnte, während Luc sie nahm.
Während er sie liebte.
Dieser Gedanke, diese Erkenntnis, schoss ihr ganz plötzlich durch den Kopf, als sie sein Gesicht betrachtete - seine Züge waren von Leidenschaft geprägt, die Augen geschlossen, während er mit seinem ganzen Fühlen und Denken, mit allen seinen Sinnen auf ihrer beider Vereinigung konzentriert war. Die schiere Kraft seiner Stöße trieb ihn immer noch tiefer in sie hinein; ihr Körper gab nach, und sie schnappte nach Luft, bäumte sich abermals unter ihm auf, um ihn noch tiefer in sich aufzunehmen. Auch Luc rang keuchend nach Atem, und er nahm jeden Zentimeter, den Amelia ihm darbot. Dann senkte er den Kopf, um seine Lippen um die feste Spitze ihrer Brust zu schließen, die sie ihm so schamlos anbot, als sie den Rücken durchbog, ihr Körper durch die Kissen gestützt. Hingebungsvoll und mit noch immer geschlossenen Augen genoss er jeden Zentimeter ihres Körpers.
Eine feurige, leidenschaftliche Energie durchströmte Amelia, breitete sich heimtückisch in ihrem Körper, in ihrem Schoß aus, rann gleich flüssiger Glut durch sämtliche ihrer Adern. Sie fühlte, wie die Ströme sich vereinten. Fühlte, wie die Erregung, die Glut unaufhaltsam stärker wurden, wie sie mit jedem tiefen, kraftvollen Stoß, mit jedem jäh aufflammenden Lustgefühl, das Luc in ihr weckte, an Kraft gewannen.
Bis Amelia innerlich in Flammen stand, lichterloh brannte. Bis die Wogen der Ekstase über ihr zusammenschlugen und ihr förmlich die Sinne raubten, bis sie hilflos und vollkommen überwältigt umhertrieb in einem Meer sinnlicher Hitze und Verzückung.
Diesmal zog Luc sich jedoch nicht abrupt zurück und überließ Amelia sich selbst, so wie er es zuvor getan hatte, sondern spornte sie stattdessen noch stärker an, trieb sie vorwärts, flehte sie mit rauer, kehliger Stimme an, ihm zu folgen.
Und genau das tat sie. Sie hielt ihn umschlungen, klammerte sich an ihn, ihre Sinne weit geöffnet und empfänglich, ihr Körper ganz und gar sein. Sie liebkoste ihn, küsste ihn, verzweifelt darum bemüht, seine drängende Not zu lindern, und gab sich ihm voll und ganz hin. Und er nahm sie, wieder und wieder und wieder -
Ein krachender Donnerschlag von draußen übertönte das laute Keuchen, das sich ihrer beider Kehlen entrang.
Draußen entlud sich mit Macht das Unwetter; drinnen wirbelte die wilde Energie.
Draußen vor den Fenstern peitschte der Sturm die Bäume, zuckten grelle Blitze über den Himmel.
Drinnen im Zimmer eskalierte der Rhythmus ihres Liebesakts, wurde von Sekunde zu Sekunde schneller, wilder, ungezügelter.
Eine heiße, sinnliche Energie durchströmte Luc und Amelia, ein lebendiger Lavastrom von köstlichen Empfindungen, schimmernden Emotionen, den leuchtenden Farben von Leidenschaft und Begierde. Der glühende Strom schwoll mehr und mehr an, das Lustgefühl wurde unaufhaltsam stärker, bis es fast real, fast greifbar war - eine Verheißung strahlender Verzückung. Immer noch intensiver werdend, hüllte es sie beide ein, zog sich um sie herum zusammen, ließ ihre Nerven vibrieren und ihre Muskeln sich anspannen...
Bis es plötzlich gleich einem Vulkan explodierte.
Und Amelia und Luc flogen, wurden hoch hinaufkatapultiert auf den Gipfel der Ekstase, wo sie alles um sich herum vergaßen, wo die Welt um sie herum weit in den Hintergrund zurückwich und nur noch sie beide existierten. Hoch hinauf auf eine Ebene, wo Leidenschaft und Erregung das Meer bildeten und Liebe das Land. Wo Gefühle die Stürme waren und wo aus sinnlicher Glückseligkeit Berggipfel erwuchsen. Und die Sonne war die reine, pure Wonne, köstlich und bis ins tiefste Innerste wärmend, ein Himmelsgestirn von solch ungeheurer Kraft und Macht, dass es ihre Herzen zu einer Einheit verschmolz.
Und sie im Gleichtakt schlagen ließ.
Wann war es jemals so gewesen wie in dieser Nacht?
Nie.
Warum war gerade jetzt alles so ganz anders? Warum ausgerechnet mit ihr?
Das waren Fragen, die er wohl niemals würde klären können. Luc lag inmitten der Kissen auf dem Rücken und dachte nach. Amelia hatte sich dicht an seiner Seite zusammengerollt, den Kopf auf seinen Arm gebettet, eine kleine Hand auf seine Brust gelegt. Auf sein Herz.
Nach dem heftigen Gewitter war die Nachtluft nun sehr milde. Luc hatte keine Decke über ihre beiden noch immer leicht erhitzten Körper gezogen; er sah keinen Anlass, ihre Nacktheit zu verbergen.
Seine Finger spielten behutsam mit ihrem Haar, während er auf seine Ehefrau hinabblickte. Er betrachtete sie, ließ den Blick über ihre nackten Beine schweifen, die sie mit den seinen verschlungen hatte, und bewunderte die weiche, alabasterweiße Kurve ihrer Hüfte, auf der mit besitzergreifender Geste seine andere Hand ruhte. Plötzlich spürte Luc, wie sich in seinem Inneren etwas zusammenkrampfte. Dann, jedoch nur sehr langsam, löste sich die Anspannung wieder.
Das alles schien so irreal - dass Amelia nun die seine war, eine Frau, die er schon gekannt hatte, als sie noch ein Säugling gewesen war, ein Kind, ein junges Mädchen. Eine Frau, von der er gedacht hatte, dass er sie bereits durch und durch kannte. Und dennoch - jene Frau, die in der vergangenen Nacht unter ihm den Höhepunkt der Lust erlebt hatte, die bereitwillig jeden seiner Stöße pariert, sich herrlich warm und weich um ihn geschlossen und ihn tief in sich aufgenommen hatte, die ihn trotz des wütenden Sturms, der in seinem Inneren tobte, liebevoll akzeptiert hatte, die den ganzen wilden Ritt auf jenem turbulenten, reißenden Strom der Begierde über bei ihm geblieben war - die kannte er im Grunde überhaupt nicht.
Denn sie war anders. Eine andere Amelia. Sie schien ihm wie eine Art elementares Geheimnis, das ihn - verborgen und von Schleiern umhüllt - sein Leben lang begleitet hatte, das ihm nur allzu vertraut war und doch ganz und gar unbekannt.
In dieser Nacht hatte es keine zärtlichen Küsse, keine besänftigenden Liebkosungen gegeben. Nur jene unbezähmbare Macht, jene wilden, triebhaften Instinkte, die sowohl ihn, Luc, als auch Amelia getrieben hatten. Und er war verwundert gewesen, dass Amelia diese nicht zu kontrollierenden Mächte so vorbehaltlos angenommen - nein, dass sie sie sogar mit offenen Armen empfangen hatte - und sich genauso freudig von ihnen hatte beherrschen lassen, wie auch Luc sich ihrer Gewalt überlassen hatte, auf dass sie schließlich beide von ihnen fortgerissen wurden... ja, all das hatte Luc in der Tat überrascht.
Leise trommelte der Regen an die Scheiben; das Unwetter war inzwischen weitergezogen.
Und doch war die geheimnisvolle Macht, die Luc und Amelia mit solch geradezu verheerender Kraft einander zugeführt und sie durchströmt hatte, noch immer da. Nur dass selbst diese mystische Energie im Augenblick zu schlummern schien. Sie ruhte und war doch nichtsdestotrotz noch höchst lebendig. Sie atmete im gleichen Rhythmus, in dem auch Lucs Atem ging, rauschte durch seine Adern, hatte ihn ganz in ihrer Gewalt.
Und sie würde ihn immer besitzen, jeden einzelnen Tag seines Lebens. Bis zu seinem Tod.
Ob Amelia all das wohl wusste? Ob sie es verstehen würde, wenn er es ihr gestand?
Auch diese Fragen würden wohl auf ewig unbeantwortet bleiben.
Doch selbst wenn Amelia diese Macht auch nur erahnte, so würde er dies spätestens am kommenden Morgen erfahren. Dann nämlich, wenn sie erwachte und zum ersten Mal versuchen würde, ihn zu gängeln und zu dirigieren. Wenn sie versuchen würde, ihm die Macht über sich zu entreißen. Jene Macht, die, wenn Luc ganz ehrlich war, ohnehin bereits in ihren Händen lag.
Er hatte Amelia lange betrachtet. Nun ließ er den Kopf mit einem Seufzer wieder zurück in die Kissen sinken und lauschte dem Regen.
Er ergab sich.
Die Männer waren sich stets so sicher, dass ihre Angebeteten sich ihnen irgendwann ergeben würden.
Aber auch die Männer ergaben sich.
Sie ergaben sich jener unsagbaren Macht.
Viele Meilen weiter südlich tosten noch immer die Sturmwinde und zerzausten die Wipfel der uralten Bäume von Somersham Place. Doch die treuen Gefährten des Anwesens waren zu alt und zu stolz, um sich der Macht des Sturms zu beugen, um mehr als bloß einige wenige Zweige ihrer knorrigen Leiber vor ihm zu neigen. Der Wind musste sich also wohl oder übel damit begnügen, lediglich durch die obersten Äste der Baumriesen zu peitschen und stattdessen wütend Wolkenberge vor den Mond zu türmen. Das Unwetter kreierte eine raue, unwirtliche Landschaft mit wild umhergeisternden Schatten.
Das Herrenhaus lag in tiefe Dunkelheit getaucht. Es war weit nach Mitternacht, und alle, die unter dem weit ausladenden Dach von Somersham Place wohnten, hatten sich längst zur Nachtruhe zurückgezogen. Oder so schien es zumindest.
Alle, bis auf jene schmale, zierliche Gestalt, die zu dieser späten Stunde verstohlen aus einer der Seitentüren des Hauses schlüpfte. Nur mit Mühe konnte sie die schwere Holztür in dem Sturm wieder schließen. Gleichzeitig musste sie darum kämpfen, dass der Wind ihr nicht den Umhang fortriss. Fest schlang sie ihr Cape um sich. Die Kapuze aber wollte in jedem Fall nicht auf ihrem Kopf verweilen - resignierend ließ die junge Dame sie einfach hinter sich herflattern. Rasch, so schnell sie konnte, eilte sie über den schmalen Seitenpfad, duckte sich hier und da hastig unter den tief hängenden Zweigen hindurch, während ihr Retikül unentwegt um ihre Beine schlenkerte und gegen ihre Oberschenkel schlug. Doch sie ignorierte es einfach.
Dann huschte sie weiter, quer über die Rasenflächen, eilte um das Herrenhaus herum zur Vorderseite und rannte schließlich auf jene kleine Baumgruppe zu, die ein kleines, der Vorderfront des Haupthauses zugewandtes Gartenhaus umschloss. Dort, aus den Schatten zwischen den dunklen Stämmen, kam Jonathan Kirby auf sie zu.
Die junge Dame war ganz außer Atem, als sie ihn endlich erreichte. Ohne ein einziges Wort blieb sie vor ihm stehen, hob ihr Retikül, öffnete es und zog einen zierlichen zylinderförmigen Gegenstand heraus. Mit einem ängstlichen Blick zurück zum Haus reichte sie Kirby das wertvolle Stück.
Kirby hielt das schlanke Gefäß in das unbeständige Licht, betrachtete die kunstvolle Ziselierung und wog es prüfend in der Hand.
Die junge Dame wandte sich wieder zu ihm um. Atmete einmal tief durch. Dann fragte sie zaghaft: »Und? Wird das erst mal reichen?«
Kirby nickte. »Ja, das wird reichen.«
Damit ließ er das kleine, doch schwere Gefäß - ein antiker Salzstreuer - in eine der Taschen seines weiten Mantels gleiten. Eindringlich ruhte sein Blick auf der jungen Dame. »Zumindest fürs Erste.«
Abrupt hob sie den Kopf und starrte ihn an. Selbst in dem schwachen Licht konnte er deutlich erkennen, wie sie mit einem Mal erbleichte. »Was... was meint Ihr damit - fürs Erste? Ihr hattet gesagt, dass ein einziges Stück aus diesem Haus bereits ausreichen würde, um Edward für eine ganze Weile über Wasser zu halten.«
Kirby nickte. »Ja, was Edward betrifft, so dürfte das auch in der Tat erst mal reichen.« Er lächelte und ließ das dumme, unbedarfte junge Ding, das er da vor sich zu haben glaubte, zum ersten Mal sein wahres Gesicht erkennen. »Aber es ist langsam an der Zeit, dass ich mir auch mal mein Stück vom Kuchen abschneide.«
»Euer Stück? Aber... Ihr seid doch Edwards Freund.«
»Ach, Gott, Edward. Der ist doch weit weg. Ich hingegen bin noch hier.« Als das Mädchen ihn weiterhin sprachlos anstarrte, hob Kirby die Brauen. »Ihr glaubt doch wohl nicht ernsthaft, dass ich so einem Nichtsnutz wie Edward einfach nur aus reiner Nächstenliebe helfe?«
Sein Ton vertrieb selbst noch den letzten Zweifel an der schmerzvollen Wahrheit.
Die junge Dame trat einen Schritt zurück und starrte ihn mit großen Augen an. Kirbys Lächeln wurde noch eine Spur bissiger. »Nein, so dumm bin ich nicht. Aber macht Euch keine Sorgen. Ich verlange schließlich keine Gegenleistung von Euch persönlich.« Geringschätzig, fast schon mit verächtlicher Miene ließ er den Blick über sie schweifen. »Aber ich habe ein gewisses Interesse an Euren, sagen wir, flinken Fingern, an Eurer Begabung.«
Sie fasste sich mit einer Hand an die Kehle, fand kaum genügend Atem, um zu fragen: »Was meint Ihr damit?« Sie schluckte trocken. »Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, dass Ihr mir auch in Zukunft noch die eine oder andere kleine Kostbarkeit zuspielen müsst. Ich verlange also nichts anderes von Euch als das, was Ihr ohnehin schon seit einigen Wochen betreibt.«
Völlig entgeistert konnte sie lediglich ein schwaches, zittriges Lachen ausstoßen. »Ihr seid ja wahnsinnig. Das werde ich auf gar keinen Fall tun. Warum sollte ich? Ich habe doch nur gestohlen, um Edward zu helfen. Euch dagegen muss ich nicht helfen.«
Kirby neigte den Kopf, und der verschlagene Zug um seine Lippen verriet, dass er sich an ihrer Verzweiflung regelrecht weidete. Er genoss es, ihr nun noch einmal in aller Deutlichkeit zu sagen, was er von ihr erwartete: »Tatsache aber bleibt, meine Liebe, dass Ihr gestohlen habt. Und darum werdet Ihr auch weiterhin für mich auf Beutezug gehen. So einfach ist das.«
Seine Stimme wurde noch härter. »Ihr werdet tun, was ich von Euch verlange, werdet mich auch weiterhin mit ein paar Preziosen aus den wohlhabenden Häusern beliefern, bei denen Ihr zu Gast seid. Und solltet Ihr Euch plötzlich weigern, meinem Bedarf nachzukommen, nun, dann kann ich gerne dafür sorgen, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Oh, damit meine ich natürlich nicht meinen Teil an der ganzen Angelegenheit, sondern vielmehr Eure Diebeszüge. Und das dürfte dann einen Skandal von nicht unbeträchtlicher Reichweite auslösen. Man wird Euch auf Lebenszeit aus den Kreisen der feinen Gesellschaft ausschließen. Vor allem aber wird man sämtliche Ashfords fortan nur noch mit Verachtung strafen.«
Er wartete, bis seine junge Komplizin die ganze Tragweite seiner Drohung begriffen hatte. Dann lächelte er wieder. »Denn, seien wir doch mal ehrlich. Die Londoner Gesellschaft hatte noch nie sonderlich viel Mitgefühl mit denen, die Diebe in ihre altehrwürdigen Kreise einschleppen - egal, wie unwissend und unschuldig die Mittäter an dieser ganzen Sache auch sein mögen.«
Bleich und stocksteif stand die junge Dame da. Es schien fast, als ob der ständig stärker werdende Wind sie einfach umwehen könnte; ihr Haar hatte er bereits aus seinen Nadeln gerissen, sodass es nun in zerzausten braunen Locken um ihre Schultern wehte.
»Ich kann nicht -« Sie keuchte, wich noch einen Schritt vor ihm zurück.
Regungslos und absolut ungerührt von dem ängstlichen Gesicht, das zu ihm aufblickte, sah Kirby sie abermals scharf an. Seine Züge wirkten hart wie Granit. »Doch, Ihr könnt und Ihr werdet.« Er sprach in einem solch endgültig klingenden Ton, dass jede weitere Gegenrede sinnlos war. »Gleich am Morgen nach Eurer Rückkehr in die Stadt trefft Ihr mich auf dem Connaught Square. Gleiche Uhrzeit wie beim letzten Mal. Und…«, er schenkte ihr ein Lächeln, bei dem er drohend sämtliche Zähne zeigte, »Ihr werdet mir mindestens zwei Stücke bringen. Und achtet drauf, dass sie was wert sind.«
Mit angstvollen, weit aufgerissenen Augen schüttelte die junge Dame schweigend den Kopf, wollte sich ihm widersetzen, und wusste doch, dass sie bereits in der Falle saß. Dann schluckte sie trocken und wirbelte schließlich herum.
Gelassen verharrte Kirby in den Schatten, schaute ihr nach, wie sie mit wild flatterndem Umhang vor ihm floh. Ein Lächeln spielte um seine Lippen - er war ehrlich amüsiert. Als sie die Hausecke umrundete, wandte er sich von Somersham Place ab und entschwand durch die Bäume.
Das Mädchen rannte um das Haus herum, während es von heftigen Schluchzern geschüttelt wurde und die Tränen ihm die Wangen hinabliefen. Die Närrin, du Närrin, du Närrin! Immer wieder erschallte diese Litanei in ihrem Kopf. Dann blieb sie stehen, zog zitternd ihren Umhang um sich und wickelte sich fest darin ein. Das Kinn auf die Brust gepresst, kämpfte sie darum, sich wieder in die Gewalt zu bekommen. Versuchte, sich selbst einzureden, dass dieser Albtraum doch wohl unmöglich wahr sein könne, dass ihre guten Absichten, die doch dem uneigennützigsten aller Motive entsprungen waren, sich nicht plötzlich so ganz und gar gegen sie gewendet haben konnten. So durfte es doch einfach nicht enden! Aber das Echo in ihrem Hinterkopf wollte einfach nicht verhallen. Mit einem letzten verzweifelten Schluchzer hob sie den Kopf. Sie durfte nicht länger hier draußen stehen bleiben. Sonst würde sie womöglich noch irgendjemand entdecken. Mit müden Schritten zwang sie sich, langsam weiterzugehen, steuerte auf die Seitentür des Herrenhauses zu und stahl sich zurück in die Sicherheit von Somersham Place.
Hoch über ihr und verborgen hinter einem der Mansardenfenster stand eine alte Krankenpflegerin. Stirnrunzelnd blickte sie auf jene Stelle auf dem Rasen hinunter, wo gerade eben noch die junge Frau gestanden hatte. Nachdem die übrigen Hausbewohner sich bereits vor Stunden zur Ruhe begeben hatten, war sie noch immer wach gewesen. Ihre Dienstherrin hatte wieder einmal eine ihrer unruhigen Nächte und war erst vor wenigen Minuten eingeschlafen. Die Pflegerin hatte soeben erst ihr Mansardenzimmer erreicht. An die Dunkelheit gewöhnt, hatte sie keinerlei Kerzen entzündet, sondern sofort damit begonnen, sich auszuziehen - da hatte eine plötzliche Bewegung draußen auf dem Rasen ihre Aufmerksamkeit erregt und sie ans Fenster gelockt. Eine Bewegung, die zu rasch gewesen war, als dass sie lediglich von einem Schatten hätte herrühren können.
Nun stand die alte Frau ruhig da, blickte sinnend nach draußen und dachte noch einmal über das nach, was sie eben gesehen hatte. Das Mädchen war vor irgendetwas geflohen, es war eindeutig in heller Aufregung gewesen. Dann war es einen Moment lang stehen geblieben. Schließlich, wie unter großer Kraftanstrengung, war es weitergegangen.
Das Mädchen war in Schwierigkeiten, so viel stand fest.
Die Gestalt unten auf dem Rasen hatte recht dickes braunes Haar gehabt, und es war so lang, dass es ihr bis auf die Schultern hinabfiel. Sie war schlank und von durchschnittlicher Größe. Und sie war jung - ziemlich jung.
Und verletzlich.
Die Pflegerin lebte schon zu lange, hatte bereits zu viel erlebt, um sich auf das Gesehene nicht ihren Reim machen zu können. Und irgendwo in diese ganze Geschichte war sicherlich auch ein Mann verwickelt. Mit fest zusammengepressten Lippen nahm sie sich vor, bei der nächsten passenden Gelegenheit einmal vorsichtig anklingen zu lassen, was sie beobachtet hatte. Ihre edle Herrin wusste mit Sicherheit, wer das Mädchen war. Da war die alte Dienerin sich sicher.
Und sobald sie wusste, um wen es sich bei diesem unglücklichen Geschöpf handelte, würde sie etwas zu dessen Rettung unternehmen.
Mit diesem Entschluss entledigte sie sich auch noch des Rests ihrer Kleidung, legte sich auf ihr Bett und sank sogleich in einen tiefen Schlaf.
Luc erwachte ganz allmählich, als er die warmen, zärtlichen Hände einer Frau auf seinem Körper spürte. Sie glitten über seine Brust, strichen mit begehrlicher, besitzergreifender Geste über die kräftigen Muskeln. Dann wanderten sie etwas tiefer, über seine Rippen, schließlich noch weiter hinab, um seine Hüften zu streicheln. Dort hielten die Hände einen Moment inne. Und glitten dann rasch zur Mitte seines Unterkörpers hinunter, wo sie sich warm und lebendig und herrlich fest um seine Morgenerektion schlossen.
»Hmmm.« Luc bewegte sich leicht unter ihren Händen und spürte dabei das Gewicht ihres warmen Körpers, das auf seinen Schenkeln lastete. Sie saß rittlings auf ihm, erforschte ihn eingehend - das genügte, um ihn schlagartig hellwach werden zu lassen und auch noch die allerletzten Reste von Schläfrigkeit aus seinem Hirn zu vertreiben. Und um ihn wieder daran zu erinnern, wer »sie« war.
Nur mit größter Mühe gelang es ihm, den Impuls zu unterdrücken, die Augen zu öffnen; sein Mund war bereits staubtrocken vor Erregung, denn er war sich nicht sicher, ob er mit dem, was er zu sehen bekommen würde, fertig werden konnte. Angestrengt versuchte er, sich weiterhin schlafend zu stellen und eine ausdruckslose Miene beizubehalten, obgleich er stark bezweifelte, dass Amelia in sein Gesicht schaute. Weiterhin ruhig und gleichmäßig zu atmen erwies sich sogar als noch schwieriger, besonders als sie anfing, ihn genüsslich zu streicheln, zu betasten, zu erkunden.
Dann, ganz unvermittelt, zog sie ihre Hände von ihm fort. Er fühlte sich beraubt, frustriert, doch einen Augenblick später spürte er sie wieder auf seiner Haut, fühlte, wie ihre warmen Handflächen sich auf seinen Bauch legten, langsam von seiner Taille aufwärts über seine Brust hinaufglitten und schließlich seine Schultern umfassten. Und was noch besser war: Ihr Körper folgte der Bewegung ihrer Hände, bis sie ganz auf ihm lag.
Da konnte Luc einfach nicht mehr anders, da musste er sie einfach anschauen. Er öffnete die Lider einen winzig kleinen Spalt und spähte verstohlen unter seinen Wimpern hervor... und stellte fest, dass Amelia ihn beobachtete, wartete. Augen von dem leuchtenden Blau eines Sommerhimmels, groß und voller Wärme, sahen in die seinen, hielten seinen Blick fest. Und sie lächelte.
Beim Anblick dieses betörenden, unverhohlen sinnlichen Lächelns wäre er um ein Haar schwach geworden; er rang jedoch mannhaft um Fassung und spürte, wie er sich vor selbst auferlegter Zurückhaltung am ganzen Körper anspannte. Denn nach der Wildheit und der zügellosen Leidenschaft der vergangenen Nacht war es sicherlich angeraten, nun erst einmal ein wenig Behutsamkeit walten zu lassen. Wenn er Amelia jetzt also einfach kurzerhand auf den Rücken warf und sich ohne weitere Umstände in ihr vergrub, würde ihm das höchstwahrscheinlich keine Pluspunkte einbringen.
Und zudem würde er sich - falls sie die Wahrheit nicht ohnehin bereits erraten hatte - damit auch noch auf höchst peinliche Weise verraten. Denn eigentlich sollte er ja der Mann sein, der sich stets in der Gewalt hatte.
Ihre Augen hatten plötzlich so einen gewissen Ausdruck, so etwas Wissendes, das, da war er sich ganz sicher, vorher noch nicht da gewesen war. Als sie die Lider senkte und ihr Blick auf seine Lippen fiel, fragte Luc sich also unwillkürlich, ob sie wohl im Begriff war, ihm zu sagen, dass sie ihn vollkommen durchschaut hatte, und von ihm verlangen würde, dass er von jetzt an nach ihrer Pfeife tanzte.
Er bereitete sich also im Geiste schon einmal darauf vor, sammelte in aller Eile Argumente, um seine Weigerung entsprechend zu untermauern - da machte sie plötzlich ein leises, schnurrendes Geräusch tief in der Kehle, streckte sich und legte ihre Lippen auf die seinen.
In einem zärtlichen, eindringlichen, überzeugenden Kuss - einer subtilen, sanften Bitte.
»Mehr«, flüsterte sie dicht an seinem Mund. Dann küsste sie ihn abermals, ließ, als er die Lippen öffnete, ganz zart ihre Zungenspitze darübergleiten, spielte verführerisch mit seiner Zunge - und überließ ihm dann bereitwillig ihren Mund, als er die sinnliche Liebkosung erwiderte.
»Es gibt noch mehr, noch sehr viel mehr... und du kennst dich mit alledem aus.« Amelia legte den Kopf ein klein wenig schief und küsste ihn abermals. Ihre Brüste, warme, feste weibliche Hügel, drückten gegen seine Brust; und Luc konnte fühlen, wie ihre Knospen hart wurden, denn er hatte unwillkürlich die Hände gehoben, um die lange, elegante Linie ihres Rückgrats nachzuzeichnen und schließlich ihre Pobacken zu umfassen.
»Ich möchte, dass du es mir beibringst.« Mit einem letzten liebevollen Kuss und einem sanften, spielerischen Zupfen an seiner Unterlippe wich sie zurück.
In Lucs Kopf drehte sich alles; während jener andere Körperteil von ihm, den sie bereits stark in Versuchung geführt hatte, und der jetzt zwischen ihren Schenkeln eingebettet war, gnadenlos pochte und pulsierte.
Er blinzelte benommen, blickte verwirrt in ihre großen, sinnlichen Sirenenaugen. »Du möchtest, dass ich dir mehr beibringe?«
Die Stimme, mit der er sprach, hörte sich selbst in seinen eigenen Ohren fremd an - leicht krächzend und rau von der Leidenschaft, die Amelia nun schon wieder überaus erfolgreich in ihm geweckt hatte.
»Ich möchte, dass du mir« - sie erwiderte seinen Blick unerschrocken - »alles beibringst, was du weißt.«
Die nächsten fünfzig Jahre konnten womöglich nur gerade eben ausreichen, wenn das so weiterging wie bisher, und er jedes Mal, wenn er mit ihr zusammen war, plötzlich Dinge entdeckte, von denen er bis dahin noch überhaupt nichts gewusst hatte. Von ihr - einer Frau, die immer wieder aufs Neue bewies, dass so viel mehr in ihr steckte, als er jemals auch nur geahnt hatte.
Sie schien sein verblüfftes Schweigen als Zustimmung aufzufassen. Ihre langen Wimpern senkten sich, verhüllten ihre Augen, während ihre Lippen sich zu einem überaus weiblichen, äußerst verführerischen Lächeln verzogen. »Du könntest mir zum Beispiel gleich jetzt mehr beibringen.«
Die Herausforderung war so schockierend unverfroren, dass es ihm regelrecht den Atem verschlug. Dass alles in ihm danach drängte, augenblicklich darauf zu reagieren.
Amelia hob erneut die Lider, erwiderte seinen Blick. Und zog leicht die Brauen hoch. »Immer vorausgesetzt natürlich, du fühlst dich der Aufgabe gewachsen.«
Luc konnte einfach nicht anders, er musste laut lachen und entspannte sich augenblicklich in den Kissen. Amelia grinste nur und machte Anstalten, von ihm herunterzugleiten.
Seine Arme gaben jedoch keinen Millimeter nach; er hielt Amelia fest, wo sie war. Dabei sah er zufällig den wissenden Ausdruck, der für einen ganz flüchtigen Moment in ihren Augen aufblitzte, und erkannte plötzlich, warum sie ihn zum Lachen gebracht hatte. Nämlich, um die Anspannung zu lösen, die seinen Körper so stahlhart hatte werden lassen, und die somit wiederum seine Kraft noch um einiges offenkundiger gemacht hatte. Eine Körperkraft, die einerseits etwas Verheißungsvolles hatte, andererseits aber auch etwas Bedrohliches. Denn er war so viel stärker als Amelia.
Er merkte sich ihre Reaktion für die Zukunft, erkannte die Notwendigkeit, erst einmal vorsichtig vorzugehen, bis er wusste, auf welche Art sie es am liebsten hatte. Noch kannte er sie nicht gut genug, um ihre Vorliebe zu erraten, doch nach der vergangenen Nacht …
Ihre Zunge glitt liebkosend über seine Unterlippe; ihre Augen - leuchtend, erwartungsvoll und dennoch zugleich von Unsicherheit erfüllt - erwiderten seinen Blick. »Können wir es so machen?«
Auf Lucs Lippen erschien ein Lächeln. »Aber ja!«
Fragend zog sie die Brauen hoch, während sich ihre Lippen ebenfalls zu einem Lächeln verzogen. »Wie denn dann? Zeig es mir.«
Den Blick tief in ihre Augen gesenkt, ließ er seine Hände von ihrer Taille über ihre Hüften gleiten und dann noch weiter abwärts, bis er die Rückseite ihrer Schenkel umfassen konnte. Er zog sie ein kleines Stückchen hoch, drückte ihre Knie auseinander, packte Amelia dann um die Hüften und schob sie langsam und Zentimeter für Zentimeter an seinem Rumpf hinunter, bis er - und auch sie - die intim verbindende Berührung ihrer Körper spüren konnte.
Luc war davon ausgegangen, dass Amelia schon erregt war, und sie enttäuschte ihn nicht. Der Eingang zu ihrem Körper war bereits feucht und geschwollen. Er schob Amelia noch ein winziges Stückchen tiefer hinunter, bis er in die feuchte Hitze ihres Schoßes eindringen konnte, dann hielt er inne.
»Leg deine Hände auf meine Brust, und dann setz dich langsam aufrecht hin.«
Sie gehorchte. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht, als ihr klar wurde, was geschehen würde - was denn auch wirklich geschah -, war einfach zu komisch. Als sie so in halb aufgerichteter Haltung rittlings auf ihm saß, die Schenkel weit gespreizt und zur Hälfte auf ihm aufgespießt, blickte sie auf Luc hinunter; und ihre Augen wurden groß vor Erregung, als sie erkannte, dass diesmal sie das Tempo bestimmen konnte, mit dem sie ihn nahm. Dass diesmal sie diejenige sein würde, die die Kontrolle hatte.
Dann schloss sie die Augen, spannte die Arme an und umklammerte mit den Knien seine Hüften. Langsam ließ sie sich auf Luc hinabsinken, um ihn tiefer und immer noch tiefer in sich hineingleiten zu lassen, verlagerte schließlich versuchsweise noch ein wenig ihr Gewicht und rutschte leicht auf ihm hin und her, bis sie ihn ganz und gar in sich aufgenommen hatte.
Er war derart erregt, dass er kaum noch atmen konnte, doch er erwiderte ihren Blick, als sie - hoch auf ihm thronend, die Muskeln in ihrem Schoß fest um ihn geschlossen - wieder die Augen öffnete und ihn fragend anschaute.
»Und was jetzt?«
Zu einem Lachen, und sei es auch nur ein gequältes Glucksen, war er im Moment schlicht und einfach nicht im Stande. Er hatte bereits genug damit zu tun, musste schon seine gesamte Kraft dafür aufbieten, um seine Dämonen in Schach zu halten und den Drang, Amelia kurzerhand zu vergewaltigen. »Jetzt bewegst du dich.«
Sie blinzelte einen Moment lang verwirrt, dann wurde ihr Blick wieder klar, und sie befolgte seine Anweisung, bewegte sich versuchsweise auf und ab.
Und fand überaus großen Gefallen daran.
Das war eindeutig an den gedämpften Seufzern zu erkennen, die aus ihrer Kehle aufstiegen, als sie sich tief auf Luc hinabgleiten ließ, an dem verzückten Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie sich erhob, nur um sich gleich darauf abermals auf ihn hinabsinken zu lassen und ihn erneut tief in sich aufzunehmen.
Amelia stellte fest, dass es herrlich war. Die reine, unverfälschte Wonne. Einen Morgen wie diesen hatte sie überhaupt noch nie erlebt, so voller neuer, unerwarteter Entdeckungen und aufregender Überraschungen, so voller Verheißung. Sie gab sich mit Leib und Seele dem Erforschen und Experimentieren hin, eifrig bemüht, so viel zu lernen und zu erfahren, wie sie nur irgend konnte, und sich selbst - und Luc - sinnlichen Genuss zu verschaffen.
Sie genoss diese Art des Liebesspiels in vollen Zügen. So erregend und beglückend die vergangene Nacht auch gewesen war, doch das hier - dieses Erlebnis, Lucs Gesicht unter halb gesenkten Wimpern hervor zu betrachten, während sie ihn ritt und ihren Körper dazu benutzte, um ihn zu liebkosen; ihn hart und steil aufgerichtet in ihrem Schoß zu spüren, während er sie tief ausfüllte und sich geschmeidig und glatt in ihr rieb, und das alles auf ihren Befehl hin - war tatsächlich der Himmel auf Erden.
Die Morgensonne ging auf und schien auf die vom Regen sauber gewaschene Welt nieder. Sie sandte ihre Strahlen durch die Fenster und auf das Bett. Hüllte Amelia und Luc in ihr strahlendes Licht ein, ihre Wärme wie eine sanfte Segnung.
Luc hatte die Hände zu Amelias Brüsten hochgehoben, um sie zu streicheln und zu liebkosen; nun ließ er sie langsam weiter abwärtsgleiten, zeichnete die Kurven und Linien ihres Körpers nach, während sein Blick dem Weg seiner Fingerspitzen folgte, sein aufmerksamer, konzentrierter Gesichtsausdruck der eines Kenners, welcher eine neue Errungenschaft begutachtete. Eine Errungenschaft, die ihm echte Freude bereitete. Daran zweifelte Amelia nicht eine Sekunde, als das sinnliche Fieber stärker und stärker wurde und sich unter ihrer Haut ausbreitete und die Begierde Lucs Züge wie versteinert aussehen ließ. Seine Hände kehrten wieder zu ihren Brüsten zurück, diesmal jedoch war ihre Berührung unsanfter, fordernder. Dann verlagerte er sein Gewicht, richtete sich halb unter Amelia auf, eine Hand in ihrem Rücken, um sie leicht nach vorn zu beugen, damit er seine Lippen um eine ihrer harten, steil aufgerichteten Knospen schließen konnte.
Sein Saugen an ihrer Brustspitze stand auf irgendeine Art und Weise, die sie nicht verstand, mit dem Gleiten seines Körpers in den ihren in Zusammenhang. Die Glut der Erregung wurde unaufhaltsam stärker, bis sich ihre Finger krümmten und sich verlangend in das raue Haar auf seiner Brust gruben. Die Hand in ihrem Rücken wanderte tiefer hinab, strich über ihre fieberheiße Haut, um sich dann um ihre Hüfte zu schließen.
Und um Amelia zu führen. Er schränkte ihre Bewegungen ein und bewegte sich stattdessen mit ihr, unter ihr, stieß in einem kraftvollen, gleichmäßigen Rhythmus in ihren willigen Körper hinein, einem Rhythmus, an dem Amelia diesmal vollauf beteiligt war. Sie passte sich seinem Takt an, und Luc fuhr fort, ihre Brüste zu liebkosen, während sie sich nach seiner Anleitung auf ihm bewegte.
Das Tempo steigerte sich, wurde immer schneller und schneller, bis Amelia glaubte, ihr Herz würde bersten. Bis sie glaubte, dass die Spannung, die sich einer glühenden Spirale gleich durch ihren Körper wand, sich in einer Explosion entladen würde.
Und dann geschah genau das, und sie wurde hinaufkatapultiert auf den Gipfel der Lust, und die pure Hitze der Verzückung strömte durch sie hindurch, breitete sich unter ihrer Haut aus. Sammelte sich tief in ihrem Inneren.
Luc ließ sich zurück auf das Bett fallen und schloss beide Hände um Amelias Hüften, während er sie unbarmherzig weiter festhielt, sie so auf sich niedergedrückt hielt, dass er am tiefsten in sie eindringen konnte.
Und dann lag er auf den Kissen - er keuchte, hatte die Zähne fest zusammengebissen und unterdrückte unter Aufbietung sämtlicher Kräfte gerade eben noch jede Regung - und wartete. Er wartete und beobachtete Amelia, beobachtete, wie die Ekstase sie überwältigte, genoss die Umarmung ihres Körpers, als sich die Muskeln in ihrem Schoß plötzlich ganz eng um ihn herum zusammenzogen, und wartete am Rande der Vergessenheit, bis auch noch die letzte Kontraktion in ihrem Inneren verebbt war.
Schließlich, nachdem die letzten Reste der Anspannung aus ihrem Körper gewichen waren, brach Amelia ermattet auf Lucs Brust zusammen. Er hielt sie mit beiden Armen an sich gepresst, rollte sich mit ihr herum und drückte sie tief in die Kissen nieder.
Und stieß dabei tief in ihren Schoß hinein.
Obgleich ihr Verlangen vollauf gesättigt war, öffnete sie überrascht die Augen, blinzelte. Luc bewegte sich in ihr, und innerhalb von Sekunden waren ihre Erregung und ihr Verlangen aufs Neue entfacht, und sie passte sich seinem Rhythmus an, nahm ihn mit einem solch reinen, unverstellten Eifer, einer solch bereitwilligen Großzügigkeit in sich auf, dass ihn ein Schauer überlief. Er fand ihre Lippen. Sie öffneten sich unter den seinen, und sie hießen ihn willkommen. Gemeinsam bewegten sie sich in dem uralten Rhythmus, die Kissen um sie herum wie ein schützender Kokon, der sie in einer intimen kleinen Welt einhüllte, die ganz allein ihnen gehörte.
Eine Welt gänzlich ungehemmter Gefühle und Empfindungen, ein grünes Feld, wo die Kraft, die Energie frei und ungehindert strömen konnte. Die Kraft, die sie dazu trieb, sich einander hinzugeben, miteinander zu verschmelzen, die sie - ebenso wie zuvor - lockte und unaufhaltsam weiter drängte und eine üppige, verschwenderische Belohnung versprach.
Sie hießen diese geheimnisvolle Macht willkommen, ließen sich von ihr besitzen - ließen sich von ihr erfüllen.
Bis zu dem Punkt, an dem sie kurz vor dem Zerbersten waren. Luc riss seine Lippen nur gerade lange genug von Amelias Mund los, um keuchend hervorzustoßen: »Deine Beine - schling sie um meine Taille!«
Sie gehorchte augenblicklich. Er stöhnte lustvoll, als er in sie hineinstieß, tief in Richtung ihres Herzens vordrang.
Die Macht vereinte sie, ließ sie miteinander verschmelzen. Schlug in einer gewaltigen Woge über ihnen zusammen und riss sie beide mit sich. Vollkommen. Ganz und gar.
Luc überließ sich ihr ohne zu zögern, ohne jeden Widerstand, und wusste, Amelia tat das Gleiche. Er hörte ihren beglückten Aufschrei, als sie in den Abgrund der Verzückung hinabstürzte. Und folgte ihr rasch, hielt sie fest umschlungen.
Und begriff in jenem kurzen, flüchtigen Augenblick überraschender Klarheit, dass Amelia und jene geheimnisvolle Macht Stütze und Mittelpunkt seines Lebens geworden waren.