18. KAPITEL

Marnie schrubbte den Pennyring mit einer Zahnbürste, bis er glänzte. Sie hatte ein bisschen Zahncreme dafür benutzt, ein alter Trick ihrer Großmutter, und es schien zu funktionieren. Als sie fertig war, spülte sie den Ring ordentlich mit warmem Wasser ab, trocknete ihn mit einem weichen Handtuch und befestigte ihn wieder an der Kette, die ihre Großmutter ihr geschenkt hatte.

Als sie sich die Kette um den Hals legte, empfand sie das Gefühl auf der Haut und den satten goldenen Glanz irgendwie als tröstlich. Vielleicht hätte ihr der Talisman zu einer anderen Zeit sogar ein Gefühl der Sicherheit vermittelt, aber im Moment war sie einfach zu besorgt um ihre Großmutter. Marnie musste unbedingt irgendwie herausfinden, was mit ihr geschehen war.

Sie hatte keinen Zugang zu einem Computer, aber sie war an diesem Abend das Telefonbuch durchgegangen und hatte Krankenhäuser sowie Pflegeheime angerufen, um nach Josephine Hazeltons Zimmer zu fragen. Die meisten weigerten sich, aufgrund der neuen Datenverordnungen Informationen herauszugeben. Marnie umging das schließlich, indem sie vorgab, über Josephine Hazeltons offene Rechnungen sprechen zu wollen. Von da an waren die Krankenhausmitarbeiter sehr eifrig bemüht, den Fall Hazelton zu überprüfen, doch niemand hatte irgendwelche Unterlagen. Und natürlich konnte man ihr auch nicht verraten, ob eine Josephine Hazelton im vergangenen Monat bei ihnen gewesen war.

Schließlich setzte Andrew ihren Bemühungen ein Ende. Während sie die Telefonate führte, war er mit der kabellosen Internetfunktion seines Handys durch die Todesanzeigen des Bezirks gegangen, angefangen von dem Zeitpunkt, zu dem ihre Großmutter das letzte Mal in der Gegend gesehen worden war. Er fand nichts und behauptete, das sei eine gute Nachricht. Josephine Hazelton war nicht verstorben oder in ein Krankenhaus eingeliefert worden, also sei es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie sie ausfindig machen würden. Wieder versprach er ihr, sich darum zu kümmern. Er würde sogar einen Detektiv anheuern, sollte er sie allein nicht finden – doch jetzt solle Marnie endlich ins Bett kommen.

Und nun, nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, das Pflaster an der Schläfe erneuert, die Zähne geputzt, sich mit einer Creme eingerieben, die nach Lilien duftete, und dazu noch ihre Glücksbringerkette poliert hatte, gab es nichts anderes mehr zu tun. Nur noch ins Bett zu gehen.

Ihr kühles schwarzes Satinnachthemd hing am Türhaken. Sie zog sich aus und streifte es über, während sie sich im Spiegel betrachtete. Sie hatte an dem Abend der Party viele Komplimente erhalten und begann jetzt langsam zu verstehen, was andere in ihr sahen, die ätherische Schönheit, die Zurückhaltung. Sie hatten diese Worte nicht benutzt, doch Marnie konnte noch unvoreingenommen sein, da sie dieses schöne Gesicht im Spiegel noch immer nicht als ihr eigenes betrachtete.

Es waren immer noch Alison Fairmonts Gesichtszüge, die sie im Spiegel anblickten, doch das begann sich langsam zu ändern. Je länger Marnie sich betrachtete, desto mehr faszinierte sie der Anblick. Sie konnte ihr eigenes Ich überall durchschimmern sehen, in den blauen Augen, die dieselbe Farbe hatten wie Alisons, in der skeptisch hochgezogenen Augenbraue. Sie fragte sich auch, wer die richtige Alison wirklich war. Es schien ihr nicht möglich, das eine Frau so durch und durch verdorben und boshaft sein konnte, wie Andrew und Bret behaupteten, oder so perfekt, wie Julia sie sah.

Doch auch Marnie hatte früher ein Idealbild von ihr gehabt. Fast jeder in Mirage Bay. Sollten sich alle getäuscht haben?

Sie berührte den Kupferring, der zwischen ihren Brüsten hing, froh, dass sie die Kette zurückhatte und das Armband nicht mehr tragen musste. Doch selbst das Armband war einmal so etwas wie ein magisches Geschenk gewesen und womöglich ein Zeichen.

“Zeit zu schlafen”, sagte sie sich. Andrew lag bereits im Bett, und ihr fiel nichts mehr ein, wie sie es weiter hinauszögern konnte, sich zu ihm zu legen.

Sie schaltete das Licht im Bad aus, bevor sie die Tür öffnete und ins dunkle Schlafzimmer trat. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit, und der Raum wurde außerdem vom Mondlicht erhellt, sodass sie den Weg zum Bett ohne zu stolpern fand. Manchmal hatte sie sowieso das Gefühl, ein Nachtmensch zu sein. Am liebsten hatte sie früher an den Sommerabenden im Tidebecken gelegen. Das Wichtigste war jetzt, Andrew nicht aufzuwecken. Was er heute getan hatte – und was er ihr heute versprochen hatte –, bedeutete ihr sehr viel. Sie fühlte Dankbarkeit und Zutrauen und betrat damit ein ganz gefährliches Terrain.

Sie schlüpfte ins Bett und deckte sich zu. Dafür war es eigentlich zu warm. Wenn sie allein gewesen wäre, hätte sie gern nichts als die kühle Abendbrise auf ihrer Haut gespürt. Sie würde so gern wieder nackt schlafen. Sie vermisste ihre alte Welt.

“Ist alles in Ordnung?”

Andrews Frage kam aus der Dunkelheit. Sie wusste nicht, ob seine Stimme heiser klang, weil er verschlafen oder aufgewühlt war.

“Ja.”

Sie hörte ein Klicken, und sanftes Licht erhellte seine Seite des Betts. Er setzte sich auf und betrachtete sie nachdenklich. Die Lampe in seinem Rücken betonte seine Schultern und Arme. Er trug kein Pyjamaoberteil. Das tat er selten, aber sie versuchte es zu ignorieren.

“Ganz bestimmt?”, fragte er nach. “Du warst ziemlich lange da drin.”

“Ich wollte dir aus dem Weg gehen.”

Sie sah, dass ihn ihre Antwort überraschte. Es war ihr nur so herausgerutscht, wahrscheinlich hatte sie das Bedürfnis, endlich mal die Wahrheit zu sagen.

Er betrachtete ihr schwarzes Satinnachthemd und die Kette und den Rest von ihr, der nicht von der Decke verborgen wurde. “Mir aus dem Weg gehen? Warum?”

“Weil es so ein komisches Gefühl ist, mit dir im Bett zu liegen. Findest du nicht auch, dass es ziemlich schwierig ist?”

“Natürlich. Ich habe versucht, mich zu erinnern, wann ich das letzte Mal richtig geschlafen habe.” Er bewegte den Kopf hin und her und stöhnte leise auf.

Marnie spürte ein Ziehen tief in ihrem Bauch, als sie sah, wie er sich durch das leichte Laken über den Schenkel rieb. Sofort dachte sie an das, was darunter verborgen war. Der dünne Baumwollstoff seiner Pyjamahose fiel so sanft über seine Hüften und Beine, dass es sofort ihre Fantasie angeregt hatte. Wahrscheinlich klaffte der Hosenschlitz offen. Passierte das bei diesen Hosen nicht immer?

Nicht dass sie sich mit Hosenschlitzen besonders gut auskannte. Sie hatte bisher nur zweimal Sex gehabt, und zwar mit einem süßen übergewichtigen Jungen mit pockennarbiger Haut, der sogar noch schüchterner gewesen war als sie. Sie waren beide sechzehn gewesen, doch er schien sich mit Verunstaltungen auszukennen und brauchte genauso Anerkennung und Akzeptanz wie sie. Sie waren unzertrennlich gewesen, bis Butch und seine Gang sie erwischten. Butch hatte den Jungen vor allen Anwesenden gedemütigt und ihn gezwungen, Marnie mit Schimpfworten zu belegen. Vor lauter Angst hatte er sich übergeben müssen und Marnie dabei beschmutzt, zur großen Freude von Butch und seinen Kumpanen.

Ihr erster und einziger Freund. Seine Eltern hatten für den Sommer ein Haus gemietet, und sie wusste, dass er wieder verschwinden würde, doch die Art, wie er sie danach gemieden hatte, war am schmerzhaftesten gewesen. Vielleicht hatte sie, dumm wie sie war, gehofft, er würde zu ihr stehen, aber sie konnte auch seine Angst nachfühlen – Butch und seine Kumpane terrorisierten jeden. Und sie hatte sowieso gewusst, dass er nicht der Richtige war.

Der Mann, der alles darstellte, was sie sich als Teenager in ihren Träumen ersehnt hatte, lag jetzt neben ihr. Und die größte Ironie war, dass er sie trotzdem nicht anrühren konnte – oder wollte. Sie war jetzt genauso eine Unberührbare wie damals. Nichts hatte sich wirklich geändert.

Sie beobachtete, wie er sich den Nacken rieb, und stellte sich vor, dass sie ihm eine kleine Massage geben würde. Es juckte ihr in den Fingern. Doch sie spürte, dass selbst die leichteste Berührung das elektrische Feld durchbrechen würde, das sie trennte – und wahrscheinlich einen Kurzschluss zur Folge hätte. Die Spannung im Raum schien fast greifbar, wie ein körperliches Gewicht. Die Atmosphäre war aufgeladen.

Er wandte den Kopf, als hätte er gemerkt, dass sie ihn interessiert betrachtete. “Ganz bestimmt alles in Ordnung?”

Sie nickte, bemerkte aber erstaunt, dass sein Blick zu ihrem Ausschnitt wanderte. “Was guckst du?”, fragte sie.

“Dein Talisman. Was hast du damit gemacht?” Er beugte sich herüber und nahm den Pennyring in die Hand, um ihn näher zu betrachten. Marnies Herz schien einen Schlag auszusetzen, als er mit dem Handrücken ihre Haut streifte. In ihr brannte ein Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte. War es Hoffnung, Erwartung oder Furcht?

“Ich habe den Ring ein bisschen poliert.”

“Du riechst nach Lilien.”

Sie hatte den Eindruck, als würde er den Ring absichtlich länger festhalten, um diesen Duft zu genießen, und das setzte in ihrem Innern einen verrückten Widerstreit von Gefühlen in Gang. Sie wollte, dass er sie in Ruhe ließ, doch etwas anderes wünschte sie sich viel mehr. Sie sehnte sich schon so lange danach, diese Anziehung war inzwischen geradezu unwiderstehlich geworden. Sie würde aber nicht nachgeben können. Es war wie einen Drachen bei starkem Wind festzuhalten. Als Kind hatte sie das öfter getan, und es war immer ein Gefühl gewesen, als würde der Drachen sie jeden Moment in die Lüfte ziehen.

Es tat ihr weh, sich an dieses Gefühl zu erinnern, an diese Aufregung.

Andrew streifte sie mit dem Bein, und es bestand kein Zweifel mehr, dass zwischen ihnen ein elektrisches Feld existierte. Ein Lustgefühl schoss durch ihren Körper. Als er sich zurückzog, empfand sie die fehlende Berührung wie einen Abschied. Ob er Ähnliches spürte? Wusste er überhaupt, was hier passierte?

Obwohl sie sich davor fürchtete, zurückgewiesen zu werden, berührte Marnie seine Hand, strich mit den Fingern über die seinen. Sie wagte kaum zu atmen, während sie auf seine Reaktion wartete. Selbst dieser federleichte Kontakt war erstaunlich intensiv. Es war, als würden Funken aus ihren Fingerspitzen sprühen. Wie konnte ihn das kaltlassen?

Als er nichts tat, wurde sie ungemein neugierig. Was wäre notwendig, damit dieser Mann auf sie einging?

Er hatte sich noch immer zu ihr vorgebeugt und hielt den Glückspenny in der Hand. Sie spürte seinen Puls in den Fingern schlagen, seinen heißen Atem, der ihre Wange streifte. Ob beabsichtigt oder nicht, mit seinem Handrücken berührte er fast ihre Brust, und sie war sich besonders stark ihres eigenen heftigen Herzschlages bewusst.

Sie streichelte seinen Unterarm, strich über die dunklen Härchen und genoss das Gefühl der starken, harten Muskeln unter ihren Fingern. Ganz leicht fuhr sie mit den Fingernägeln über die sichtbaren Venen.

Hatte er einen Laut von sich gegeben? Sie wagte einen kurzen Blick in sein Gesicht und bemerkte einen zuckenden Muskel in seiner Wange. Seine Kiefer waren zusammengepresst. Er musste etwas fühlen. Sein Gesicht war so herrlich angespannt.

Sie nahm ihm die Kette aus der Hand, und die Berührung setzte sie in Flammen. Sie musste sich zusammenreißen, um nicht aufzustöhnen.

“Berühre mich hier”, flüsterte sie plötzlich und führte seine Hand zu ihrer Brust.

Er zuckte leicht zusammen, und sie wusste nicht, ob es Lust oder Abwehr war. Überraschung, sagte sie sich. Vielleicht war er einfach überrascht. Aber er atmete scharf ein und ließ die Hand sinken, sobald sie ihn losließ.

Er drehte sich um und setzte sich mit dem Rücken zu ihr auf den Bettrand, ließ sie allein dort liegen.

“Was ist los?”, erkundigte sie sich.

“Ich habe vergessen zu duschen.”

Betroffen nickte sie. Natürlich, duschen. Sie hatte sich noch nie schmutziger gefühlt.

“Ich brauche nicht lange”, sagte er und stand auf.

“Lass dir Zeit”, entgegnete sie mit schneidender Stimme, erhielt aber keine Antwort.

Er schaltete das Licht wieder aus, bevor er ins Bad ging, was sie als Zeichen dafür betrachtete, dass er hoffte, sie würde bei seiner Rückkehr schon schlafen. Keine Chance. Sie lag dort und kochte vor Wut. War sie wirklich dermaßen eklig, dass er sich alle Spuren von ihr wegwaschen musste? Oder hatte das nichts mit ihr zu tun? Was war denn los mit ihm?

Sie war so verärgert und fühlte sich so verletzt, dass ihr klar wurde, wie lächerlich ihr verabredetes Stillschweigen war. Er mochte vielleicht diese Verschwiegenheit, auch zwischen ihnen, aber ihr gefiel das nicht.

Sie warf das Laken beiseite, sprang aus dem Bett und folgte ihm kurzerhand ins Badezimmer. Sie hörte das Wasser rauschen und sah den Dampf, der über der Kabine aufstieg, aber das war ihr egal. Scheiß auf seine Privatsphäre, verdammt sei dieses Schweigen, verdammt sei dieser Mann.

Sie öffnete die Tür, und da stand er, vollkommen nackt, vor den blau-weißen Fliesen, die sein dunkles Haar und die gebräunte Haut noch besser zur Geltung brachten. Er war so groß, so breitschultrig und gut gebaut und sah besser aus, als sie es sich jemals hätte vorstellen können. Sein Anblick verschlug ihr regelrecht den Atem.

“Marnie?” Er wollte sich umdrehen, um die Dusche abzustellen.

“Wen verachtest du?”, wollte sie wissen. “Alison oder mich? Es ist in Ordnung, wenn ich es bin, damit kenne ich mich ja nur zur Genüge aus, aber von dir hätte ich das nicht erwartet … und ich verstehe es auch nicht.”

Er hielt mitten in der Bewegung inne und sah sie verwirrt an, völlig überrumpelt. Doch das sollte ihr nur recht sein. Sie war schon zu oft gemieden und weggeschoben worden, und ihre Zukunft lag in den Händen dieses Mannes – womöglich auch ihre Sicherheit. Diese Heimlichtuerei hatte jetzt ein Ende, jedenfalls zwischen ihnen.

“Dich niemals”, sagte er. “Alison war eine leere Hülle, wenn auch eine schöne. Doch innen war sie eher tot als ein lebender Mensch.”

Marnie hatte ihn das nie gefragt, aber jetzt musste sie es tun. “Hast du sie deshalb umgebracht? Ich lebe nämlich mit der Angst, dass du es getan hast.”

“Ich habe sie nicht getötet. Ich weiß nicht, was passiert ist. Deshalb bin ich hier, Marnie.”

Er hatte ihre Frage ganz einfach aufgenommen. Sie konnte kein Schuldgefühl, Verärgerung oder Reue in seinem Gesicht erkennen. Er wirkte aufrichtig. “Okay”, sagte sie.

“Sie war das genaue Gegenteil von dir.”

“Und was bin ich?”

“Ein heißer Funken. Lebenskraft.”

“Und warum willst du mich nicht berühren?”

Er zuckte wieder leicht zusammen, aber es war nicht vor Abscheu, sondern etwas anderes, als kämpfe er gegen etwas an, als hätte er Angst. Er presste die Kiefer wieder zusammen und starrte auf ihr schwarzes Satinnachthemd, das einmal Alison gehört hatte. Das Wasser strömte immer noch aus dem Duschkopf über ihn in die Duschwanne. Er schien es gar nicht zu bemerken, weil er sie wie gebannt ansah. Doch in seinem Blick konnte sie keine Ablehnung erkennen. Es war pure Lust, Begehren, reine männliche Begierde.

“Zieh dieses Ding da aus”, sagte er.

Seine Worte waren unmissverständlich, aber er ließ ihr keine Zeit mehr, aus dem Nachthemd zu schlüpfen, sondern zog sie im selben Moment zu sich unter die Dusche. Dampf umfing sie, als sie unter dem fließenden Wasser stand. Marnie stöhnte genüsslich auf, während der nasse Satinstoff an ihrem Körper hinunterglitt. Sie umarmte Andrew so stürmisch, dass sie beide gegen die Wand der Duschkabine fielen und zu lachen begannen. Das alles war so verrückt, es kam ihr vollkommen unwirklich vor.

“Himmel”, flüsterte er. Wahrscheinlich dachte er, er hätte es mit einer Wilden zu tun, ein Wesen direkt aus dem dunklen Herzen des Dschungels. Und das stimmte ja auch. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie sich schon danach gesehnt hatte. Wie lange sie diese Gefühle in Schach hatte halten müssen.

Sie blickte zu ihm hoch, den Kopf nach hinten gelehnt, bot ihm ihren Hals wie ihre verwundbarste Stelle. Sie hörte sein leises verlangendes Aufstöhnen und erschauerte, als er sich zu ihr herunterbeugte und sie küsste. Wer ist jetzt das wilde Tier, dachte sie, und ein hysterisches Lachen lag ihr in der Kehle.

Sein Körper fühlte sich dampfend heiß an. Er war so fest und hart, doch sein Mund berührte ihren fast schmerzhaft zart. Ihre Lippen verschmolzen, sie klammerten sich aneinander, kosteten einander. Hungrig. Unersättlich. Und sie genoss jede Sekunde von diesem nassen Spiel.

Sie lehnte sich zurück, und er ergriff sie bei den Armen, als hätte er Angst, sie könnte gehen.

“Du hast mich im Wasser gefunden”, sagte sie. “Jetzt will ich dich entdecken.”

Der Duft von Lilien erfüllte die Kabine, als sie sein Gesicht und seinen Körper streichelte, der keinen Zweifel daran ließ, wie erregt er war. Seine Haut war glatt und schlüpfrig. Sie fuhr mit den Händen durch sein nasses Haar, über seinen Rücken hinunter bis zu den Pobacken. Himmel, er war so sexy. Mit dem fließenden Wasser glitt sie hinunter auf die Knie und umfasste ihn mit beiden Händen, wie ein kostbares Glas, aus dem sie trinken wollte. Er zog sie zu sich hoch, ehe sie diesen Plan ausführen konnte.

“So weit geht die Entdeckungsreise fürs Erste”, sagte er. “Jetzt bin ich dran.”

Sie fand sich in der äußersten Ecke wieder, außerhalb des Wasserstrahls, als er zwischen ihren Beinen kniete und die Tropfen von ihrem Venushügel küsste. Es war ein quälend süßes Gefühl, wie er jede Perle und jede kleine Kammer erforschte. Sie lehnte sich nach hinten und öffnete die Schenkel, hatte Angst, sich nicht mehr lange auf den Beinen halten zu können. Die Lust machte sie fast verrückt, sie hätte laut aufschreien können.

“Wir sind dran”, flüsterte sie flehend.

Als er aufstand, schmiegte sie sich an ihn, und er umfasste ihre Beine, um sie hochzuheben. Ihre heißen, gierigen Küsse führten zu einer drängenden Vereinigung, gegen die Wand gepresst, mit dem warmen Wasser, das über sie prasselte. Er hatte sie gegen die Fliesen gedrückt, und sie klammerte sich mit Armen und Beinen an ihn. Es war ein langsames, süßes Zusammenkommen, trotzdem heftig und leidenschaftlich. Zwei vollkommen im Wasser versinkende Körper. Marnie hatte nie gewusst, was es bedeutete, in Leidenschaft zu versinken, so starkes körperliches Begehren zu empfinden. Während er seufzend in sie eintauchte, verging sie in einem Meer ihrer eigenen Empfindungen.

Sie passten so vollkommen zusammen, sie umschloss ihn fest und feucht. Perfekt. Mit jedem Stoß wurde sie emporgehoben wie ein fliegender Drache im Wind. Doch die kehligen Laute und Seufzer begleiteten sie. Sex unter der Dusche wurde von ziemlich nassen Geräuschen begleitet. Das merkwürdige Rauschen, Klatschen und Gurgeln würde sie nie vergessen.

Und bevor es vorbei war, wurde ihr klar, um was es hier ging. Jeder Tag mit Andrew erschien ihr wie ein ungeheures Risiko, doch sie fürchtete sich nicht um ihr Leben, sie hatte Angst um ihr Herz. Es war eine Sache, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen. Doch es war etwas ganz anderes, sich in ihn zu verlieben.