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15. Dezember 2012 An Bord der USS Boone Golf von Mexiko
Seamus McCaffery Richter am Obersten
Gerichts hof, ist von dem Hubschrauberflug am frühen Morgen noch
ein wenig flau im Magen. Er überquert das Deck und folgt dem ihn
begleitenden Matrosen ins Innere des Kriegsschiffs und dort durch
enge Flure, die zum Besprechungszimmer des Kapitäns führen.
An dem kleinen Konferenztisch haben bereits
Vizepräsident Ennis Chaney, General Joseph Fecondo und Kapitän Loos
Platz genommen.
Die drei Männer erheben sich, als der Richter seine
Bibel aus der Aktentasche zieht und Chaney zunickt. »Sieht ganz so
aus, als hätten Sie auch nicht ausgeschlafen. Sind Sie
bereit?«
»Bringen wir es hinter uns.« Chaney legt die Linke
auf die Bibel und hebt die Rechte. »Ich, Ennis William Chaney,
schwöre feierlich, dass ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten
Staaten pflichtgetreu ausüben werde. Nach besten Kräften werde ich
die Verfassung der Vereinigten
Staaten erhalten, schützen und verteidigen. So wahr mir Gott
helfe!«
»Gott möge uns allen helfen.«
Ein Leutnant kommt ins Zimmer. »General Fecondo,
die Rangers sind an Bord. Die Hubschrauber sind jederzeit
einsatzbereit.«
In der Kukulkan-Pyramide Chichén Itzá
Mick führt Dominique durch einen engen Gang, der
an einer verschlossenen Passage endet. Als sie näher kommen, geht
die Tür zischend auf, sodass sie in eine luftdichte Schleuse treten
können.
»Hier geht es raus.«
»Woher weißt du das?«, fragt Dominique.
»Keine Ahnung. Ich weiß es einfach.«
»Aber hier ist doch gar nichts.«
»Pass auf.« Mick legt die Hand an einen dunklen
Sensor an der gegenüberliegenden Wand. Sofort erscheint der Rahmen
einer großen runden Tür auf der Metallfläche.
»Mein Gott... Wie du das gemacht hast, weißt du
wohl auch nicht?«
»Der Hüter muss mir das Wissen ins Unterbewusstsein
eingepflanzt haben. Wann oder wie er das getan hat, weiß ich
nicht.«
Die Tür geht auf und gibt den Blick in einen engen
Gang im Kalkstein frei. Mick knipst seine Taschenlampe an. Kaum
haben sie die Schleuse verlassen, als sich die Tür des Raumschiffs
hinter ihnen wieder schließt.
Der schulterbreite Korridor ist pechschwarz, die
Luft schwer und feucht. Im Kegel von Micks Lampe sehen sie die
engen Stufen einer steilen Wendeltreppe, die fast senkrecht in die
Höhe steigt.
Mick greift nach hinten und nimmt Dominique an der
Hand. »Sei vorsichtig, es ist rutschig.«
Sie brauchen eine Viertelstunde, um nach oben zu
gelangen. Die Treppe endet abrupt an einer Decke aus poliertem
weißem Metall.
»Und was jetzt?«
Bevor Mick etwas erwidern kann, schieben vier
hydraulische Kolben eine quadratische Platte nach oben. Grelles
Tageslicht fällt herein.
Mick klettert ins Freie und hilft Dominique heraus.
Als sie sich dem Licht zuwenden, stellen sie überrascht fest, dass
sie im Nordkorridor der Kukulkan-Pyramide stehen.
Die unter einer meterdicken Kalksteinschicht
verborgene Platte versinkt wieder im Boden. Der Eingang zum
Raumschiff ist verschlossen.
»Kein Wunder, dass wir den Gang nicht gefunden
haben«, flüstert Mick.
Dominique tritt auf die Plattform. »Es muss bald
Mittag sein, aber der Park ist verlassen.«
»Es muss etwas geschehen sein.«
Sie hören das donnernde Echo von Rotorblättern.
Zwei Navy-Hubschrauber nähern sich von Westen.
»Mick, lass uns gehen.«
Verborgen vom dichten Blattwerk des Dschungels
liegt Raymond auf dem Bauch und lugt durch das Zielgerät seines
Gewehrs. Er sieht Mick Gabriel hinter Dominique auf die nördliche
Plattform des Tempels treten. Raymond schiebt die Sicherung zurück
und grinst, während er das Fadenkreuz aufs Herz seines Opfers
richtet.
Der Pilot lässt den Hubschrauber über dem Großen
Ballspielplatz schweben. »Meine Herren, direkt unter uns.«
Chaney und General Fecondo starren auf das
schwarze, geflügelte Objekt, das genau im Zentrum der I-förmigen
Arena hockt. »Du lieber Himmel - das ist eine dieser
Fusionsbomben.«
»Warum ist sie nicht detoniert?«
Schüsse hallen durch die Luft.
Chaney deutet auf die Pyramide. »Bringen Sie uns da
rüber!«
Mühsam atmend liegt Mick auf dem Rücken. Blut
strömt aus seiner brennend heißen Brust. Er blickt in den
Mittagshimmel, in dem der Schatten von Dominiques Gesicht die Sonne
verdeckt. Mick spürt, wie ihre Tränen auf seine Wangen fallen und
wie ihr Mund sich in Zeitlupe bewegt, während sie eine Handfläche
auf die Wunde presst, doch er hört nur das Schlagen seines eigenen
Herzens.
Hüter?
Schließ die Augen...