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25. November 2012 Miami, Florida

21.54 Uhr Der schwarze Pronto Spyder biegt nach rechts in die Twenty-third Street ein, wendet und parkt vor einem Telefonmasten am Bordstein, gleich neben der sechs Meter hohen, grell weißen Betonmauer. Die Seitenstraße, die an der Nordseite der Anstalt entlangläuft, führt noch zwei Blocks weiter nach Westen, wo sie an einer verwaisten Baumwollspinnerei endet. Wie viele Straßen des verwahrlosten Viertels ist sie verlassen, nur ein Dodge-Van parkt am anderen Ende des Blocks.
Dominique steigt aus dem Wagen. Adrenalin schießt durch ihre Adern. Sie öffnet den Kofferraum, vergewissert sich, dass niemand zu sehen ist, und holt ein fünfzehn Meter langes und eineinhalb Zentimeter dickes Nylonseil heraus. Dann bückt sie sich, als wolle sie ihren rechten Hinterreifen inspizieren, bindet ein Ende des Seils an den Fuß des Telefonmasts und wendet sich wieder dem Kofferraum zu.
Sie öffnet einen großen Pappkarton und entnimmt ihm einen ferngesteuerten Modellhubschrauber, an dessen kleinem Fahrgestell ein mechanischer Greifer hängt. Dominique legt den Knoten am losen Seilende zwischen die Zangen des Greifers und schließt ihn.
Okay, jetzt muss ich aufpassen. Das Seil darf sich nicht im Stacheldraht verfangen.
Sie schaltet den batteriebetriebenen Motor des Miniaturhubschraubers ein und zuckt zusammen, als sich die Rotoren mit einem lauten, hohen Jaulen zu drehen beginnen. Das Fluggerät hebt ab und schwankt bedenklich hin und her, während es das Nylonseil anhebt. Dominique lässt es steil in die Höhe steigen, bis das Seilende sich über die Mauerkrone erhebt.
Behutsam...
Mit dem Steuerhebel lässt sie den Hubschrauber über die Mauer schweben. Als er über dem Hof der Anstalt steht, öffnet sie den Greifer und lässt das Seil los.
Der befreite Knoten fällt zu Boden, während das Seil zwischen den Stacheldrahtrollen auf die Mauerkrone gleitet.
Geschafft. Weg mit dir! Dominique legt den Steuerhebel ganz nach rechts. Der Modellhubschrauber rast auf die Baumwollspinnerei am Ende der Straße zu und verschwindet über dem Dach des verlassenen Gebäudes. Sie schaltet die Fernsteuerung aus und hört in der Ferne das verräterische Geräusch von zersplitterndem Plastik.
Dominique schlägt den Kofferraumdeckel zu, steigt in den Roadster und lenkt ihn auf den Personalparkplatz.
Sie schaut auf ihre Armbanduhr: 22.07. Bald ist es so weit. Sie greift ins Handschuhfach und holt eine verbrauchte Zündkerze und einen Schraubenschlüssel heraus. Dann stellt sie den Motor ab und öffnet die Haube des Wagens.
Drei Minuten später klappt sie die Haube wieder zu und wischt sich mit einem feuchten Tuch die Schmiere von den Fingern. Sie richtet ihr Make-up und rückt ihr enges Trägertop zurecht, bevor sie dessen tiefen Ausschnitt mit einer rosa Strickjacke aus Kaschmir verhüllt.
Okay, Mick, jetzt kommt’s auf dich an.
Sie eilt zum Eingang der Anstalt und hofft inbrünstig, dass Mick bei dem Gespräch, das sie am Nachmittag mit ihm geführt hat, klar bei Sinnen gewesen ist.
 
22.14 Uhr Michael Gabriel sitzt auf der Kante seiner dünnen Matratze und starrt mit leeren schwarzen Augen auf den Boden. Sein Mund steht offen, Speichel tropft ihm von der Unterlippe. Sein mit Blutergüssen übersäter linker Unterarm ruht mit der Handfläche nach oben auf dem Oberschenkel und bietet sich dem Schlächter dar. Der rechte Arm liegt mit leicht geballter Faust versteckt neben dem Körper.
Er hört den Pfleger kommen. »He, Marvis, hab ich recht gehört? Ist das die letzte Nacht von diesem Wrack da drin?«
Mick atmet tief durch, um seinen hektischen Pulsschlag zu beruhigen. Dass Marvis in der Nähe ist, verkompliziert die Sache. Du hast nur einen einzigen Versuch. Wenn nötig, sind sie eben alle beide dran.
Marvis schaltet den Fernseher im Aufenthaltsbereich aus und wischt die Saftflecken auf dem Couchtisch ab. »Ja. Morgen bringt Foletta ihn nach Tampa.«
Die Tür geht auf. Aus dem Augenwinkel sieht Mick den sadistischen Pfleger kommen; an der Tür steht schattenhaft ein zweiter Mann.
Noch nicht. Marvis schlägt die Tür zu, wenn du dich jetzt bewegst. Warte, bis die Luft rein ist Soll das Schwein die Spritze doch noch reintun.
Der Pfleger packt Mick am linken Handgelenk und stößt die Kanüle so brutal in die geschwollene Vene, dass die Nadelspitze fast abbricht. Dann beginnt er das Chlorpromazin in das geschundene Gefäß zu injizieren.
Mick spannt seine Bauchmuskeln an, damit sein Oberkörper nicht vor Schmerz zusammenzuckt.
»He, Barnes, geh schonend mit ihm um, sonst melde ich dich wieder.«
»Ach, leck mich doch am Arsch, Marvis.«
Der Wärter schüttelt den Kopf und geht.
Micks Augen drehen sich nach oben. Sein Körper erschlafft. Er fällt auf die linke Seite und starrt wie ein Zombie vor sich hin.
Barnes vergewissert sich, dass Marvis verschwunden ist, dann öffnet er seinen Reißverschluss. »Na, Süßer, willst du mal was Gutes schmecken?« Er bückt sich und bringt seine Hüften näher an Micks Gesicht. »Wie wär’s, wenn wir mal deinen hübschen kleinen Mund aufmachen und...«
Micks Faust sieht der Pfleger nicht, nur ein grellrot explodierendes Licht, als ihm die Knöchel von Zeige- und Mittelfinger an die ungeschützte Schläfe krachen.
Barnes bricht auf dem Boden zusammen, angeschlagen, aber noch bei Bewusstsein.
Mick zieht ihn an den Haaren hoch und schaut ihm in die Augen. »Jetzt kommt was wirklich Gutes. Pass mal auf, du Scheißkerl!« Sein Knie zuckt hoch und landet mitten im Gesicht von Barnes. Dann lässt er den Kopf des Pflegers sinken, damit kein Blut auf dessen Uniform gerät.
 
22.18 Uhr Dominique gibt ihren Geheimcode ein und wartet, bis die Infrarotkamera ihr Gesicht gescannt hat. Als das rote Licht auf Grün umspringt, ist der Weg zur Kontrollstation im Erdgeschoss frei.
Raymond dreht sich zu ihr um. »Na, wen haben wir denn da? Du willst deinem debilen Süßen wohl die letzte Ehre erweisen, was?«
»Du bist nicht mein Süßer.«
Raymond schlägt mit der Faust ans Stahlgitter. »Wir wissen beide, wen ich meine. Noch ein, zwei Viertelstündchen, dann werde ich ihn mal besuchen.« Er lässt die gelben Zähne aufblitzen. »Ja, Schätzchen, ich und dein Süßer werden uns so richtig amüsieren.«
»Mach doch, was du willst.« Sie geht auf den Aufzug zu.
»Was soll denn das?«
»Mir reicht’s.« Dominique zieht einen Umschlag aus der Handtasche. »Weißt du, was das ist? Das ist ein Brief an Foletta. Ich breche das Praktikum ab, und mit der Uni mache ich auch Schluss. Ist Foletta in seinem Büro?«
»Natürlich nicht.«
»Na schön, dann gebe ich den Umschlag Marvis. Schick mich doch bitte in den sechsten Stock, falls du das schaffen solltest.«
Raymond beäugt sie argwöhnisch. Dann wendet er sich seinem Schaltpult zu, stellt den Aufzug an und drückt den Knopf für den sechsten Stock. Während sie hoch fährt, beobachtet er sie auf seinem Videomonitor.
 
Marvis steht gerade von seinem Tisch auf, um festzustellen, wo Barnes geblieben ist, als sich die Aufzugtüren öffnen. »Dominique? Was machen Sie denn hier?«
Sie nimmt Marvis am Arm und führt ihn am Tisch vorbei, weg vom Aufzug und vom Flur, der zu Micks Station führt. »Ich will Ihnen was sagen, aber das soll dieser Barnes nicht mitbekommen.«
»Was soll er nicht mitbekommen?«
Dominique zeigt ihm den Umschlag. »Ich höre auf.«
»Wieso? Ihr Praktikum ist doch bald vorbei.«
Tränen treten ihr in die Augen. »Mein... mein Vater ist bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen.«
»Um Himmels willen. Mensch, das tut mir aber Leid.«
Aufschluchzend lässt sie sich von Marvis trösten. Sie legt ihm die Kopf an die Schulter, über die sie den Flur sehen kann, der zu Station 7-C führt.
Mick taumelt aus seiner Zelle, gekleidet in Barnes’ Uniform und Baseballmütze. Er schlägt die Tür zu und geht Richtung Aufzug.
Um Marvis daran zu hindern, sich umzudrehen, legt Dominique ihm die Hand an den Hals, als wollte sie ihn streicheln. »Tun Sie mir einen Gefallen und sorgen Sie dafür, dass Dr. Foletta diesen Brief bekommt?«
»Ja, klar. Sagen Sie mal, wie wär’s, wenn wir noch kurz was trinken gehen und ein bisschen drüber reden oder so?«
Die Aufzugtüren gehen auf. Mick taumelt hinein.
Sie tritt einen Schritt zurück. »Nein, danke, es ist schon so spät. Ich muss losfahren. Morgen früh ist die Trauerfeier. Barnes, halten Sie die Tür auf, bitte!«
Ein weißer Ärmel legt sich an die Türkante.
Dominique gibt Marvis einen Kuss auf die Wange. »Alles Gute!«
»Ja, das wünsch ich Ihnen auch.«
Sie eilt zum Aufzug und schlüpft hinein, während sich die Türen schließen. Statt Mick anzuschauen, blickt sie direkt in die Kamera, die an der gegenüberliegenden Ecke der Decke angebracht ist.
Wie zufällig greift sie in ihre Handtasche. »Welcher Stock, Mr. Barnes?«
»Zweiter.«
Dominique hört die Müdigkeit in seiner Stimme. Sie hält erst zwei, dann einen Finger vor die Kamera und blickt weiterhin starr in deren Objektiv, während ihr Mick die schwere Drahtschere aus der anderen Hand nimmt und einsteckt.
Der Aufzug hält im zweiten Stock. Die Türen gehen auf.
Mick taumelt hinaus, wobei er fast auf die Nase fällt.
Die Türen schließen sich.
Mick blickt sich um und sieht, dass er allein im Flur ist. Während er vorwärts stolpert, drehen sich grün gekachelte Wände in seinem Kopf. Die starke Dosis Chlorpromazin zieht ihn zu Boden, doch das muss er jetzt aushalten. Er fällt zweimal hin, dann lehnt er sich an die Wand und zwingt sich, den Ausgang zum Hof anzusteuern.
Die Nachtluft lässt ihn vorübergehend aufleben. Er schafft es, die Betontreppe zu erreichen, wo er sich ans stählerne Geländer klammert. Vor sich sieht er verschwommen die drei Treppenfluchten tanzen. Er blinzelt angestrengt, ohne dass der Nebel vor seinen Augen verschwindet. Los, das schaffst du. Einen Schritt vor... und jetzt den Fuß nach unten! Er stolpert die ersten drei Stufen hinab, dann fängt er sich. Reiß dich zusammen! Ein Schritt nach dem andern. Nur nicht vornüberbeugen...
Die letzten drei Meter taumelt er hinunter und fällt schmerzhaft auf den Rücken.
Einen gefährlichen Moment lang lässt er zu, dass seine Augen sich schließen. Sofort überkommt ihn ein starkes Schlafbedürfnis. Nein! Er dreht sich auf den Bauch, richtet sich mit Hilfe der Hände auf und stolpert mühsam auf die Betonmauer zu, die schwankend vor ihm aufragt.
 
Dominique knöpft die Strickjacke auf, atmet tief durch und tritt aus dem Aufzug. Während sie sich der Kontrollstation nähert, richtet sie den Blick auf die Reihe von Videomonitoren in Raymonds Rücken, auf denen wechselnde Aufnahmen von verschiedenen Bereichen der Anstalt erscheinen.
Sie sieht den Blick auf den Hof. Eine Gestalt in Pflegeruniform kämpft sich mühsam an der nackten Betonmauer empor.
Raymond hebt den Kopf und starrt auf ihr Dekollete.
 
Micks Arme fühlen sich wie Gummi an. So sehr er sich auch anstrengt, er schafft es nicht, dass seine Muskeln ihm gehorchen.
Er spürt, wie ihm der Nylonknoten durch die Finger gleitet, und fällt zweieinhalb Meter tief. Beim Aufprall auf dem harten Boden brechen ihm fast beide Knöchel. Dominique sieht Mick fallen und unterdrückt einen Schrei. Bevor Raymond reagieren kann, schlüpft sie aus ihrer Strickjacke, wodurch noch mehr nackte Haut sichtbar wird. »Mein Gott, warum ist es hier eigentlich immer so heiß?«
Raymond quellen die Augen aus dem Kopf. Er steht auf und stellt sich an die Schranke. »Du willst, dass ich es dir besorge, stimmt’s?«
Aus dem Augenwinkel sieht sie, wie Mick aufsteht. Er beginnt wieder zu klettern. Das Bild wechselt.
»Ray, mach dir nichts vor - mit den ganzen Steroiden, die du in den Muskeln hast, hältst du doch nicht so lange durch, wie ich es brauche.«
Raymond öffnet die Schranke. »Ziemlich heiße Worte für ’ne Frau, die mir vor drei Wochen fast den Kehlkopf ruiniert hat.«
»Du hast es immer noch nicht kapiert, was? Keine Frau mag es, wenn man sie dazu zwingt.«
»Du spielst doch bloß mit mir, oder? Du willst mich so weit bringen, dass sie mich endgültig rausschmeißen!«
»Vielleicht will ich mich auch nur entschuldigen.« Komm schon, Mick, beeil dich...
 
Der Schmerz hält ihn bei Bewusstsein.
Mick beißt noch fester die Zähne zusammen und zieht sich stöhnend höher, während er sich wie ein Bergsteiger an der Mauer hocharbeitet. Noch drei Schritte, bloß noch drei, mach schon, du Arschloch. Jetzt sind es nur noch zwei - pass auf deine Arme auf, schließ die Fäuste enger. Gut, gut. Halt, durchatmen. Okay, jetzt der letzte halbe Meter, komm schon...
Er hat die Mauerkrone erreicht. Mit letzter Kraft wickelt er sich das Seil ein halbes Dutzend mal um den linken Arm, um nicht abzustürzen. Direkt vor sich sieht er die Stacheldrahtrolle. Er zieht die Drahtschere aus der Gesäßtasche und legt die Schneiden an eine Drahtschlinge rechts vom Seil.
Mit aller Kraft drückt er die Scherengriffe zusammen, bis der stählerne Draht durchtrennt ist. Mick packt mit der Schere die nächste Schlinge und konzentriert sich mühsam auf den Draht, während die Droge sein Blickfeld rasch immer enger werden lässt.
 
Raymond lehnt sich an die Wand und starrt auf die beiden prallen Hügel, die sich unter Dominiques Top wölben. »Wie wär’s mit einem Deal, Kleine? Wir schieben ’ne kleine Nummer, dann lasse ich deinen Süßen in Ruhe.«
Sie greift sich an den Hals, als würde es sie jucken, um einen Blick auf den Monitor hinter der Schranke zu werfen. Mick arbeitet noch immer am Stacheldraht.
Spiel auf Zeit. »Willst du es etwa gleich hier machen?«
Seine Hand bewegt sich an ihrem Arm empor. »Da bist du nicht die Erste.« Übelkeit steigt in ihr auf, als er mit der Spitze seines Zeigefingers über die Konturen einer Brustwarze fährt.
 
Mick zerrt die Stacheldrahtschlinge von der Mauerkrone, dann zieht er sich hinauf und liegt nun schwankend auf der Brust. Er schiebt sich weiter vor und blickt auf der anderen Seite sechs Meter tief hinab. »Puuuh...«
Stöhnend zieht er das Nylonseil zu sich herauf und schlingt es mehrfach um den verbliebenen Stacheldraht, dessen Spitzen sich in sein Fleisch bohren. Dann wickelt er sich das Ende um die Handgelenke, schiebt sich über die Kante und lässt sich fallen.
Mick stürzt fast vier Meter tief hinab, bevor das Seil am Stacheldraht Halt findet und seinen Fall bremst. An den Handgelenken hängend, spürt er, wie sein Gewicht die Drahtrolle von der Mauerkrone wegzieht und ihn auf den Gehsteig sinken lässt.
Sekunden später kniet er auf allen vieren und starrt wie ein erschrockenes Tier in ein näher kommendes Schweinwerferpaar.
»Aufhören, Ray! Ich hab gesagt, du sollst aufhören!« Dominique schiebt seine Hand von ihrer Brust und zieht eine kleine Dose Reizgas aus der Handtasche.
»Du verfluchtes Miststück - du willst mich bloß verarschen!«
Sie weicht zurück. »Nein, mir ist nur gerade klar geworden, dass Mick den Preis, den du verlangst, nicht wert ist.«
»Verdammte Nutte...«
Sie dreht sich um und drückt das Gesicht an den Infrarotscanner. Komm schon... Sie wartet auf den Summton, dann drückt sie die Tür auf und schlüpft hinaus.
»Na schön, Kleine, du hast es so gewollt. Jetzt wird dein Süßer damit leben müssen.« Raymond zieht die Schublade seines Schreibtischs auf. Er holt einen dünnen Gummischlauch heraus und geht zum Aufzug.
 
Dominique erreicht den Parkplatz und sieht erleichtert, wie der Dodge-Van in Route 441 einbiegt. Sie klappt die Motorhaube ihres Wagens auf und wählt die eingespeicherte Nummer des Pannendienstes.
 
Der Aufzug hält im sechsten Stock. Raymond schaltet ihn ab und tritt in den Flur.
Marvis blickt auf. »Was ist denn?«
»Kümmer dich um deinen Fernseher, Marvis.« Raymond geht durch den Flur zu Station 7-C und bleibt vor Zimmer 714 stehen. Er gibt den Code der Tür ein.
Die Zelle ist nur schwach beleuchtet. Der ranzige Geruch von Desinfektionsmitteln und mit Urin und Schweiß getränkter Kleidung hängt in der Luft.
Eine Gestalt liegt auf der Matratze. Sie wendet Raymond den Rücken zu und hat das Laken bis zu den Ohren hoch gezogen.
»’n Abend, Arschloch. Hier ist ein kleiner Gruß von deiner Süßen.«
Raymond schwingt den Gummischlauch und lässt ihn mit voller Wucht auf das Gesicht des Schlafenden niedersausen. Mit einem qualvollen Aufschrei versucht der Mann aufzustehen. Der muskelbepackte Koloss stößt ihn mit einem Fußtritt wieder auf die Liege und bearbeitet seinen Rücken und seine Schultern mit wütenden Schlägen, bis seine Wut verraucht ist.
Schwer atmend steht der Wärter über dem reglosen Körper. »Na, hat dir das gut getan, Scheißkerl? Hoffentlich, denn mir hat’s sehr gefallen!«
Er zieht das Laken zurück. »Ach, du Scheiße...«
 
Rabbi Steinberg lenkt den Dodge-Van an den Straßenrand und parkt neben dem Mülleimer eines Supermarkts. Er schiebt die Seitentür auf, holt das Nylonseil heraus und wirft es rasch in den Müll. Dann steigt er hinten ein und hilft Mick, sich vom Boden auf den Sitz zu stemmen. »Wie geht’s?«
Mick blickt ihn mit leeren Augen an. »Chlorpromazin...«
»Ich weiß.« Der Rabbi hebt seinen Kopf an und flößt ihm einen Schluck Wasser ein. Beim Anblick der lädierten Unterarme zuckt er zusammen. »Jetzt wird alles gut. Ruhen Sie sich einfach aus; es wird eine lange Fahrt.«
Mick wird ohnmächtig, noch bevor sein Kopf auf den Sitz der Rückbank gesunken ist.
 
Als die ersten Streifenwagen eintreffen, zieht der Abschleppwagen den Pronto Spyder schon auf seine Ladefläche.
Raymond kommt aus dem Eingang gelaufen, um die Polizisten zu empfangen. Er sieht Dominique. »Das ist sie! Nehmt sie fest!«
Dominique heuchelt Überraschung. »Was soll das heißen?«
»Du weißt genau, wovon ich rede! Gabriel ist ausgebrochen!«
»Mick ist ausgebrochen? O mein Gott, wie denn?« Sie sieht die Polizisten an. »Sie werden doch nicht glauben, dass ich etwas damit zu tun hatte. Ich warte schon seit zwanzig Minuten hier draußen.«
Der Fahrer des Abschleppwagens nickt. »Das stimmt, Officer, das kann ich bezeugen. Und wir haben nicht das Geringste gesehen.«
Ein brauner Lincoln Continental hält mit quietschenden Reifen vor dem Haupteingang. Anthony Foletta steigt aus, in einen hellgelben Jogginganzug gekleidet. »Raymond, was... Dominique, was zum Teufel machen Sie denn hier?«
»Ich bin vorbeigekommen, um mich brieflich abzumelden. Mein Vater ist bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Ich breche mein Praktikum ab.« Sie wirft einen Seitenblick auf Raymond. »Sieht ganz so aus, als hätte ihr Gorilla da ganz schön was vermasselt.«
Foletta mustert sie, dann zieht er den ranghöchsten Beamten beiseite. »Officer, ich bin Dr. Foletta, der Direktor dieser Anstalt. Diese Frau hatte früher mit dem Insassen zu tun, der ausgebrochen ist. Wenn die beiden das gemeinsam geplant haben und sie ihn wegbringen sollte, besteht eine gute Chance, dass er noch irgendwo drinnen ist.«
Der Beamte schickt seine Männer mit dem mitgebrachten Suchhund auf das Anstaltsgelände, dann wendet er sich an Dominique. »Holen Sie Ihre Siebensachen aus dem Wagen, junge Frau. Sie kommen mit.«
AUS DEM TAGEBUCH VON JULIUS GABRIEL
Es war im Spätherbst 1974, als meine zwei Kollegen und ich in England landeten, allesamt ziemlich froh, wieder in der >Zivilisation< zu sein. Ich wusste, dass Pierre seinen archäologischen Ehrgeiz verloren hatte und in die Staaten zurückkehren wollte. Unter dem Druck seiner politisch einflussreichen Familie hatte er sich endlich entschieden, sich um ein Amt zu bewerben. Meine größte Angst war, dass er Maria dazu bringen würde, ihn zu begleiten.
Ja, Angst. Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich mich in die Verlobte meines besten Freundes verliebt.
Wieso lässt man es zu, dass so etwas geschieht? Diese Frage habe ich tausendmal hin und her gewälzt. Herzensangelegenheiten sind schwer zu rechtfertigen, obgleich ich das zuerst durchaus versucht habe. Es war Begierde, redete ich mir ein, entstanden durch die Umstände unserer Arbeit. Die Archäologie ist ein Beruf, der eine gewisse Isolation mit sich bringt. Die Forschungsteams sind oft gezwungen, unter primitiven Bedingungen zu leben und zu arbeiten. Dabei müssen sie auf jegliche Intimsphäre und den minimalsten hygienischen Komfort verzichten, um ihre Aufgabe zu erfüllen, wodurch praktische Überlegungen wichtiger werden als jede angelernte Schamhaftigkeit. Ein abendliehes Bad im Fluss, das tägliche Ritual des An- und Auskleidens - schon das Zusammenleben in der Gruppe kann zu einem Fest der Sinne werden. So können auch durch einen scheinbar unschuldigen Vorgang Lustgefühle geweckt und ein Herzklopfen verursacht werden, durch das sich die strapazierte Psyche leicht täuschen lässt.
Im Grunde war mir klar, dass dies alles nur Ausflüchte waren, denn Marias dunkle Schönheit hatte mich schon seit dem Augenblick in ihren Bann gezogen, in dem Pierre uns in unserem ersten Studienjahr in Cambridge miteinander bekannt gemacht hatte. Die hohen Wangenknochen, das lange schwarze Haar, die dunklen Augen, die eine fast animalische Intelligenz ausstrahlten - Maria war eine Vision, die meine Seele gefangen hielt, ein Blitz, der mich getroffen hatte, obgleich es mir verboten war zu handeln, denn sonst hätte ich meine Freundschaft zu Borgia zerstört.
Ich gab meinen Gefühlen also nicht nach. Ich redete mir ein, Maria so behandeln zu müssen wie eine exquisite Flasche Wein, die ich gern gekostet hätte, aber nicht öffnen durfte. So schloss ich all meine Emotionen in mir ein und warf den verhängnisvollen Schlüssel weg. Jedenfalls glaubte ich, das getan zu haben.
Während wir an jenem Herbsttag von London nach Salisbury fuhren, spürte ich, dass sich unser Weg nun trennen würde und dass einer von uns dreien - höchstwahrscheinlich ich - dazu verdammt war, einsam weiterzureisen.
Stonehenge ist zweifellos einer der geheimnisvollsten Orte der Erde. Es ist ein bizarrer Tempel aus aufrecht stehenden Megalithen, die wie von Riesen zu einem vollkommenen Kreis zusammengefügt wurden. Weil wir schon während unseres Studiums einige Zeit an dieser uralten Stätte verbracht hatten, erwartete eigentlich keiner von uns, dort in der sanften Hügellandschaft Südenglands irgendwelche neuen Offenbarungen zu finden.
Wir hatten Unrecht. Dort gab es tatsächlich ein weiteres Stück des Puzzles, das uns direkt ins Auge sprang.
Obgleich Stonehenge bei weitem nicht so alt ist wie Tiahuanaco, weist es technische und astronomische Aspekte auf, die ebenso unerklärlich scheinen. Die Stätte war offenbar ein kultisches Zentrum der Menschen, die sich am Ende der letzten Eiszeit in dieser Region niederließen. Als heilig galt der Ort auf jeden Fall, denn in einem Umkreis von drei Kilometern um den Tempel befinden sich nicht weniger als dreihundert Grabstätten. In einigen davon fanden wir später entscheidende Hinweise auf eine Verbindung mit den Artefakten, die wir in Mittel- und Südamerika entdeckt hatten.
Mithilfe der Radiokarbonmethode hat man festgestellt, dass Stonehenge vor etwa fünftausend Jahren errichtet wurde. Während der ersten Bauphase entstand ein makelloser Kreis aus sechsundfünfzig hölzernen Totempfählen, von einem Wall samt Graben umgeben. Später ersetzten relativ kleine >Blausteine<, die von einem gut hundertfünfzig Kilometer entfernten Bergzug stammten, diese Holzpfähle,
An die Stelle der Blausteine traten wieder später die megalithischen Blöcke, die teilweise noch heute erhalten sind.
Die gewaltigen vertikalen Felsblöcke, aus denen Stonehenge besteht, bezeichnet man als >Sarsensteine<. Dieses härteste Gestein der Gegend findet sich rund um die Stadt Avery, die sechsunddreißig Kilometer weiter nördlich liegt. Ursprünglich bestand die Anlage aus dreißig solchen Steinen, die das unglaubliche Gewicht von fünfundzwanzig bis vierzig Tonnen hatten. Jeder dieser großes Felsen musste viele Kilometer weit über hügliges Gelände transportiert und dann so aufgerichtet werden, dass sich ein perfekter Kreis von dreißig Metern Durchmesser ergab. Verbunden waren die Sarsensteine mit insgesamt dreißig jeweils neun Tonnen schweren Decksteinen. Jeder dieser Steine musste sechs Meter hoch gehoben und dann auf die vertikalen Blöcke gesetzt werden. Um eine sichere Verbindung zu gewährleisten, meißelten die urzeitlichen Baumeister runde Ausbuchtungen aus der Oberseite der Sarsensteine. Diese >Dübel< passten in ausgehöhlte >Fassungen< an der Unterseite der Decksteine, sodass die Blöcke wie riesige Legosteine zusammengefügt werden konnten.
007
Sobald der monurnentale Steinkreis vollendet war, errichteten die Erbauer fünf so genannte Trilithons. Sie bestehen aus jeweils zwei aufrecht stehenden Sarsensteinen, die paarweise mit einem Deckstein verbunden sind. Diese Blöcke - die größten der Anlage - ragen knapp acht Meter über dem Boden auf, wobei sich ein Drittel ihrer Masse unter der Erde befindet. Die fünf Trilithons sind innerhalb des äußeren Steinkreises so gesetzt, dass sie ein Hufeisen bilden. Genau gegenüber von dessen Öffnung steht der Altarstein, der nach der Sommersonnenwende ausgerichtet ist. Der mittlere und größte Trilithon wiederum zeigt in Richtung der Wintersonnenwende. Damit erinnert er an den einundzwanzigsten Dezember, den Tag der düsteren Maya-Prophezeiung und ein Datum, das die meisten alten Kulturen mit dem Tod assoziierten.
Wie ist es den steinzeitlichen Bewohnern des alten England gelungen, vierzig Tonnen schwere Steinblöcke fast vierzig Kilorneter weit über unwegsames, hügliges Gelände zu transportieren? Wie schafften sie es, die neun Tonnen schweren Decksteine sechs Meter hoch zu heben und sie dann perfekt an Ort und Stelle abzusetzen? Und welche Missiott mag wohl so bedeutsam gewesen sein, dass sich dieses prähistorische Volk dazu aufschwang, ein so unglaubliches Werk zu schaffen?
Es gibt keine schriftlichen Belege, die uns dabei helfen würden, die Erbauer von Stonehenge zu identifizieren, doch heißt es in einer populären - wenn auch absurden - Sage, Merlin, der Zauberer am Hof von König Artus, habe die Kultstätte gegründet. Dieser bärtige Weise, heißt es, habe den Tempel als kosmisches Observatorium und himmlischen Kalender entworfen. Abgesehen von dieser - durchaus korrekten - Funktion diente die Stätte für Zusammenkünfte und Rituale, bis sie um 1500 v. Chr. aus mysteriösen Gründen verlassen wurde.
Während Pierre nach London zurückkehrte, blieben Maria und ich in der Region, um die großen Hügelgräber zu erforschen, die die Stätte umgeben. Wir hofften, auf die Überreste länglicher Schädel zu stoßen, die eine Verbindung zu Mittel- und Südamerika bedeutet hätten. Das größte Grab der Gegend ist ein fünfunddreißig Meter langer Hügel, dessen Inneres ebenfalls aus Sarsensteinen besteht. Hier liegen die sterblichen Überreste von siebenundvierzig Menschen. Aus irgendeinem Grund hatte man die Knochen anatomisch sortiert und auf verschiedene Kammern verteilt.
Was wir fanden, war nicht so erstaunlich wie das, was wir nicht fanden, denn mindestens ein Dutzend Schädel, die zu den größten Skeletten gehörten, fehlten!
In den folgenden vier Monaten arbeiteten wir uns von Grab zu Grab vor und stießen immer auf dasselbe Resultat. Schließlich waren wir an der nach Meinung vieler Archäologen heiligsten Stätte angelangt, einer Steinkonstruktion in einem Grabhügel in Loughcrew, einer entlegenen Gegend in der Mitte Irlands.
In die Wände dieses Grabs sind kunstvolle Hieroglyphen eingraviert, deren Hauptmotiv eine Reihe spiralförmiger konzentrischer Kreise ist. Ich weiß noch, wie ich Marias Gesicht im Laternenlicht beobachtete, während sich ihre dunklen Augen auf die bizarren Zeichen richteten. Mir stockte das Herz, als ihre Miene sich plötzlich aufhellte. Sie zerrte mich aus dem Grab ins Tageslicht, rannte zu unserem Auto und fing an, die Schachteln mit den Hunderten von Fotos aufzureißen, die wir gemeinsam in der Gluthitze der Wüste von Nazca gemacht hatten.
»Schau nur, Julius, da ist es!«, rief sie und hielt mir eine Schwarzweißaufnahme vors Gesicht.
Es war ein Foto der so genannten Nazca-Pyramide, einer der älteren Wüstenzeichnungen, die wir für besonders bedeutsam hielten. Zwischen den Schenkeln ihres Dreiecks befanden sich zwei Motive: ein auf dem Rücken liegendes vierbeiniges Tier und eine Spirale.
Die Spirale war identisch mit den Steinzeichnungen, die wir soeben im Grab gefunden hatten.
Maria und ich waren ganz aufgewühlt von unserer Entdeckung. Schon vor geraumer Zeit waren wir beide zu dem Schluss gekommen, dass die Zeichnungen von Nazca eine uralte Botschaft für den modernen Menschen darstellten, die sich auf die mögliche Rettung vor dem vorhergesagten Weltuntergang bezog. Weshalb sonst hätten die geheimnisvollen Künstler die Figuren so groß gezeichnet, dass man sie nur von einem Flugzeug aus erkennen konnte?
Unser Enthusiasmus wurde von der nächsten logischen Frage gedämpft: Welche Pyramide stellte die Zeichnung in Nazca dar?
Maria glaubte felsenfest, es müsse sich um die Große Pyramide von Giseh handeln, das größte steinerne Heiligtum der Welt. Sie argumentierte, sowohl in Giseh wie auch in Tiahuanaco, Sacsayhuaman und Stonehenge habe man megalithische Steinblöcke verwendet, diese Stätten seien innerhalb derselben Epoche entstanden jedenfalls unserer Meinung nach -, und der spitze Winkel der Nazca-Pyramide erinnere an die steilen Seiten des ägyptischen Bauwerks.
Ich war von diesen Schlüssen nicht so überzeugt, hatte ich doch die Theorie entwickelt, viele der älteren Zeichnungen in Nazca seien Wegweiser, die uns in die richtige Richtung lenken sollten. Im Umkreis der Nazca-Pyramide befanden sich mehrere Figuren, die man uns, wie ich meinte, hinterlassen hatte, damit wir das mysteriöse Dreieck deuten konnten.
Das wichtigste dieser Symbole befindet sich zwischen den Schenkeln der Pyramide selbst, direkt unterhalb der Spirale. Es ist das Bild eines auf dem Rücken liegenden vierbeinigen Tieres, das ich für einen Jaguar hielt, wohl das am meisten verehrte Tier in ganz Mittelamerika.
Die zweite Figur ist die eines Affen. Dieses gewaltige, mit einer einzigen durchgehenden Linie gezeichnete Symbol weist einen Schwanz auf, der in einer Spirale endet. Sie gleicht der Spirale innerhalb der Pyramide.
Die Maya verehrten den Affen und behandelten ihn wie eine menschliche Spezies. Im Schöpfungsmythos des Popol Vuh heißt es, der vierte Zyklus der Erdgeschichte habe mit einer zerstörerischen Sintflut geendet und die wenigen überlebenden Menschen seien in Affen verwandelt worden. Die Tatsache, dass es weder in Giseh noch im Süden Perus Affen gibt, schien darauf hinzudeuten, dass die Pyramide, auf die die Zeichnung in Nazca verwies, sich in Mittelamerika befinden musste.
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Auch Wale gehören nicht in diese Wüste, und doch finden sich drei Darstellungen dieser majestätischen Tiere auf dem Plateau von Nazca. Da ich vermutete, die geheimnisvollen Künstler hätten die Walbilder dazu benutzt, um einen dreiseitigen Rahmen aus Wasser anzudeuten, versuchte ich Maria davon zu überzeugen, dass es sich bei der fraglichen Pyramide um einen der Maya-Tempel auf der Halbinsel Yukatan handeln könnte.
Was Pierre Borgia betraf, so hatte er kein Interesse an unseren Thesen. Den Geistern der Maya hinterherzujagen, war Marias Verlobtem nicht mehr wichtig; es ging ihm nur noch um Macht. Wie gesagt, ich hatte diese Entwicklung schon eine Weile kommen sehen. Während Maria und ich mit der Erforschung der Gräber beschäftigt waren, hatte Pierre sich endgültig darauf vorbereitet, für den amerikanischen Senat zu kandidieren. Zwei Tage nach unserer Entdeckung verkündete er mit großer Geste, nun sei es an der Zeit, dass er und die zukünftige Mrs. Borgia sich wichtigeren Dingen zuwendeten.
Mir brach das Herz.
Rasch wurde die Hochzeit in die Wege geleitet. Pierre und Maria sollten in der St.-John’s-Kathedrale getraut werden; ich war als Trauzeuge vorgesehen.
Was sollte ich tun? Ich war verzweifelt, da ich von ganzem Herzen glaubte, Maria und ich seien verwandte Seelen. Pierre behandelte sie wie sein Eigentum, nicht wie eine gleichberechtigte Partnerin. Sie war seine Trophäe, seine Jackie Kennedy, eine hübsche Frau an seinem Arm, die seine politischen Ambitionen mit ihrem Liebreiz unterstützen konnte. Liebte er sie? Schon möglich, denn welcher Mann hätte das nicht getan? Aber liebte sie ihn wirklich auch?
Das musste ich herausbekommen.
Erst am Vorabend ihres Hochzeitstags brachte ich den Mut auf, ihr meine Liebe zu gestehen. Ich sah in diese wunderschönen Augen, deren Pupillen mich an schwarze, samtene Seen denken ließen, und hatte das Gefühl, dass die Götter mir lächelnd zunickten, als Maria meinen Kopf an ihre Brust zog und schluchzte.
Sie hatte dieselben Gefühle für mich empfunden! Maria gestand mir, sie habe inbrünstig darauf gewartet, dass ich auf sie zukommen und sie vor einem Leben mit Pierre retten würde, den sie schätzte, aber nicht liebte.
In diesem gesegneten Augenblick wurde ich zu ihrer Rettung und sie zu meiner. Wie verzweifelte Liebende stahlen wir uns in jener Nacht davon. Pierre hinterließen wir einen kurzen Brief, in dem wir ihn um Verständnis für unser unentschuldbares Handeln baten, da keiner von uns beiden die Kraft besaß, ihm offen gegenüberzutreten.
Zwanzig Stunden später landeten wir in Ägypten - als Mr. und Mrs. Julius Gabriel.
 
Auszug aus dem Tagebuch von Prof. Julius Gabriel
 
Vgl. Katalog 1974-75, Seite 45-62
Fotojournal Diskette 2, Datei: NAZCA, Fotos 34 u. 35
Fotojoumal Diskette 3, Datei: STONEHENGE, Zeichnung 6
2012 - Schatten der Verdammnis
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