Kapitel 38
Am nächsten Morgen hing über dem Intracoastal Waterway leichter Nebel, der langsam verdunstete, als die Sonne über die Baumwipfel stieg. Durch das Fenster im Polizeirevier fiel ein regenbogenbuntes Lichtprisma genau auf Jennifers Tasse Kaffee. Es war die dritte an diesem Morgen.
Wir suchen nach einem Gespenst, dachte sie.
Es gab nichts, absolut nichts, wo sie ansetzen konnten, und das Warten war das Schlimmste. Jennifer hatte sich nach nur wenigen Stunden Schlaf wieder auf den Weg ins Revier gemacht, aber das bereute sie inzwischen. Sie wusste nicht, was sie tun sollte.
Die Fingerabdrücke hatten ihnen bisher nichts genützt. Morrison hatte inzwischen entschieden, auch die Datenbank des FBI zu nutzen, aber die Auswertung der dort zur Verfügung stehenden Daten würde mindestens eine Woche dauern.
Natürlich kamen immer noch Anrufe, und Jennifer ging auch ständig ans Telefon. Die Meldung war frühmorgens noch einmal in den Nachrichten gebracht worden und sollte mittags abermals gesendet werden, aber wie schon am Vorabend erhielt sie nicht die Auskünfte, die sie sich erhoffte. Viele verängstigte Bürger riefen an, die beruhigt werden wollten, oder andere, die fälschlicherweise behaupteten, der Verdächtige hielte sich in ihrem Garten auf. Jennifers Kollegen waren genauso früh zum Dienst erschienen wie sie und schon unterwegs, um den Behauptungen auf den Grund zu gehen.
Das war der Nachteil, wenn man die Medien als Hilfsmittel benutzte, dachte sie. Es war zwar möglich, dass man dadurch hilfreiche Informationen erhielt. Garantiert jedoch erhielt man auch sehr viel überflüssige Informationen, die wiederum für die anstehende Aufgabe dringend benötigte Kräfte abzogen.
Jennifer lenkte ihre Gedanken wieder auf den Fall zurück. Ihr derzeit einziger Ansatzpunkt waren die Fotos aus dem Aktenkoffer, und warum diese sie so fesselten, war ihr immer noch nicht ganz klar. Sie hatte sie schon Dutzende Male angesehen, doch kaum hatte sie den Stapel beiseite gelegt, griff sie bereits wieder danach.
Wieder sah sie dieselben Bilder. Jessica im Garten. Jessica auf einer Terrasse. Jessica sitzend. Jessica stehend. Jessica lächelnd. Jessica ernst.
Nichts.
Das Telefon klingelte erneut. Jennifer hob ab, hörte zu und antwortete dann:
»Ja, Ma’am. Ich bin sicher, Sie können unbesorgt zum Eisenwarenladen gehen…«
Als Mabel aus Wilmington losfuhr – nach einer größtenteils durchwachten Nacht –, war sie etwas zuversichtlicher, was Andrea betraf. Obwohl sie noch nicht die Augen geöffnet hatte, war kurz vor Sonnenaufgang eine leichte Bewegung ihrer Hand zu verzeichnen gewesen, was, wie die Ärzte Andreas Eltern wiederholt versicherten, ein gutes Zeichen war.
Da Mabel sonst nichts tun konnte, war sie in ihr Auto gestiegen und fuhr nun zurück nach Swansboro. Die Morgensonne schmerzte in ihren Augen, und es fiel ihr schwer, sich auf die Straße zu konzentrieren.
Ihre Unruhe wegen Mikes und Julies Sicherheit hatte in der Nacht noch zugenommen. Ich werde mich nur kurz hinlegen, sagte sie. sich, und dann zum Strand rausfahren, um mit ihnen zu reden.
Morgens duschte Richard und setzte sich wieder in den gestohlenen Pontiac. Zwei Stunden später, nachdem er unterwegs einen Becher Kaffee und ein paar Zeitschriften gekauft hatte, war er wieder in Swansboro. Es fühlte sich an wie eine Heimkehr.
Er trug Dockers und Polohemd. Mit seinen helleren Haaren und der Brille erkannte er sich selbst kaum wieder. Er sah aus wie ein xbeliebiger Bürger, der übers Wochenende zum Strand hinausfuhr.
Was Julie wohl gerade machte? Duschen? Frühstücken? Dachte sie wohl so oft an ihn, wie er an sie? Lächelnd warf er ein paar Münzen in den Zeitungsautomaten vor dem Kiosk.
Kurz darauf begab er sich in einen ganz bestimmten kleinen Park, wo er sich auf einer Bank beim Spielplatz niederließ und die Zeitung aufschlug. Sein Bild prangte auf der ersten Seite, und er las aufmerksam den dazugehörenden Artikel. Bis auf ein paar vage Informationen enthielt er nicht viel Wichtiges – gewiss hatte der Reporter seine Auskünfte direkt von der Polizei –, nannte jedoch eine Hotline, wo man sachdienliche Hinweise loswerden konnte. Danach überflog Richard den Rest der Zeitung, um zu sehen, ob etwas von dem gestohlenen Wagen darin stand. Nichts. Dann kehrte er wieder zu dem Artikel zurück. Während er las, hob er immer mal wieder den Blick.
Falls nötig, würde er den ganzen Tag warten. Er wusste, auf wen er es abgesehen hatte, wer ihn zu Julie und Mike führen würde.
Pete kam auf Jennifers Schreibtisch zu, und sie fand, dass er in etwa so müde aussah, wie sie sich fühlte.
»Irgendetwas Neues?«, fragte sie.
Er schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Gähnen.
»Wieder blinder Alarm. Und bei Ihnen?«
»Nicht viel. Es hat noch eine Kellnerin vom Mosquito Grove angerufen, die sich erinnert, Andrea und Richard dort gesehen zu haben. Das Krankenhaus in Wilmington hat sich auch gemeldet. Andrea ist noch nicht über den Berg, aber die Ärzte sind ganz hoffnungsvoll.«
Sie hielt inne. »Was ich schon heute Morgen fragen wollte – haben Sie eigentlich mal mit dem Detektiv oder mit Julies Mutter gesprochen?«
»Noch nicht.«
»Wie wär’s, wenn Sie mir die Nummern geben und sich erst mal einen Kaffee holen? Ich werde bei den beiden mal nachhaken.«
»Wieso? Wir wissen doch schon, warum Richard dort war.«
»Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll.«
Jennifer erreichte Julies Mutter, aber Pete hatte ausnahmsweise einmal Recht. Der Anruf ergab nichts Neues. Ja, berichtet die Mutter, ein Mann, wie er sagte, ein alter Freund von Julie, sei bei ihr gewesen. Eine Woche später sei er wiedergekommen, diesmal mit einem Freund. Der Freund entsprach der Beschreibung des Verdächtigen.
Unter der Nummer des Privatdetektivs erreichte Jennifer abermals niemanden.
Und immer noch keine Nachricht wegen der Fingerabdrücke.
Ohne neue Hinweise waren sie so weit wie zuvor, und das frustrierte Jennifer. War Richard noch in der Stadt? Sie wusste es nicht. Was würde er als Nächstes tun? Sie wusste es nicht. War er immer noch hinter Julie her? Anzunehmen, aber ganz sicher war sie nicht. Möglich war schließlich auch, dass er, da die Polizei hinter ihm her war, die Stadt längst verlassen hatte und untergetaucht war, wie früher schon einmal.
Das Problem bestand darin, dass er zu Richard Franklin geworden war. In seinem Haus befanden sich kaum persönliche Habseligkeiten, abgesehen von seiner Kleidung, seinen Kameras und den Fotos. Und die Fotos verrieten ihr nichts, außer dass er ein guter Fotograf war. Sie konnten überall und zu jeder Zeit entstanden sein, und weil Richard sie selbst entwickelte, ließen sie sich auch nicht zu einem Fotolabor zurückverfolgen…
Jennifers Überlegungen stockten jäh.
Überall, zu jeder Zeit?
Ein guter Fotograf?
Teure Kameraausrüstung?
Eine eigene Dunkelkammer, um die Bilder selbst zu entwickeln?
Das ist mehr als nur ein kurzfristiges Hobby, dachte sie. Aber was weiter? Sie starrte auf den Stapel Fotos auf ihrem Tisch. Er fotografiert schon lange. Seit Jahren vermutlich. Und das bedeutet…
Er hatte die Kameras möglicherweise schon benutzt, bevor er zu dem Mann namens Richard Franklin wurde.
»Pete!«, rief Jennifer unvermittelt, »sind seine Kameras schon in der Asservatenkammer oder noch bei der Spurensicherung?«
»Die von Franklin? Die haben wir gestern in die Asservatenkammer gebracht…«
Jennifer sprang von ihrem Stuhl hoch und machte sich auf den Weg.
»Wo wollen Sie hin?«
»Ich glaube, ich weiß, wie wir herausfinden können, wer der Kerl ist.«
Pete überlegte nicht lange. Doch er hatte Mühe, mit ihr Schritt zu halten, während sie durchs Revier eilte.
»Worum geht’s?«, fragte Pete.
Jennifer quittierte am Tresen mit einer Unterschrift den Erhalt der Fotoausrüstung, beäugt von dem Beamten, der für die Asservatenverwaltung zuständig war.
»Die Kameras und die Objektive, kurz, der ganze Kram ist richtig teuer, nicht wahr?«, sagte sie. »Und wie Sie schon sagten, sind die Bilder womöglich bereits vor längerer Zeit aufgenommen worden. Und zwar mit diesen Kameras, richtig?«
Pete zuckte die Achseln. »Schon möglich.«
»Sehen Sie nicht, was das bedeutet?«, fragte sie. »Ich meine, wenn er diese Kameras schon lange hatte?« »Nein, ich komm nicht drauf. Was?«
Inzwischen hatte der Beamte einen Karton auf den Tresen gestellt, und Jennifer nahm ihn an sich. Sie gab Pete keine Antwort, sondern machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Schreibtisch.
Eine Minute später sah Pete Gandy verwirrt und ratlos zu, wie sie die Kamerarückseite untersuchte.
»Haben Sie einen kleinen Schraubenzieher?«, fragte Jennifer.
»Wofür?«
»Ich muss dieses Teil abschrauben.«
»Warum?«
»Ich suche nach der Seriennummer.«
»Warum?«, fragte er wieder.
Jennifer gab keine Antwort, weil sie gerade in ihren Schubladen kramte. »Verdammt!«, entfuhr es ihr.
»In der Wartungsabteilung könnte einer sein«, bemerkte Pete, um sich wenigstens ein bisschen nützlich zu machen.
Lächelnd schaute Jennifer hoch. »Sie sind ein Genie!« »Ach ja?«
Eine Viertelstunde später hatte sie alle Seriennummern der Ausrüstungsteile aufgelistet. Die Hälfte gab sie Pete, mit dem Rest setzte sie sich an ihren Schreibtisch. Sie vermochte nur mühsam ihren Optimismus zu dämpfen.
Jennifer brachte bei der Auskunft die Telefonnummern der Hersteller in Erfahrung und versuchte es dann beim ersten. Nachdem sie erklärt hatte, dass sie Name und Anschrift des Besitzers der Kamera überprüfen wolle, gab die Person am Telefon die Nummer in einen PC ein.
»Sie gehört einem Richard P. Franklin…«
Jennifer legte auf und wählte die nächste Nummer. Dann eine weitere. Beim vierten Anruf jedoch wurde ihr ein anderer Name mitgeteilt.
»Die Kamera ist auf Robert Bonham aus Boston, Massachusetts registriert. Brauchen Sie die Anschrift?« Mit zittrigen Händen notierte sich Jennifer die Angaben.
Morrison überflog die Notiz. »Wie sicher sind Sie, dass dieser Robert Bonham der Gesuchte ist?«
»Unter dem Namen waren vier unterschiedliche Ausrüstungsstücke aufgeführt, und den Aufzeichnungen des Herstellers zufolge wurde keins davon je als gestohlen gemeldet. Ich möchte wetten, Bonham ist unser Mann, und ich möchte, dass Sie mir Rückendeckung geben, falls es Schwierigkeiten mit der Bostoner Polizei gibt.«
Morrison nickte. »In Ordnung.«
Doch alles lief glatt. Gleich der erste Beamte, den Jennifer erreichte, konnte ihr die benötigten Auskünfte liefern. »Robert Bonham wird seit vier Jahren gesucht im Zusammenhang mit dem Verschwinden seiner Ehefrau, Jessica Bonham«, sagte er.
Richard saß immer noch auf der Parkbank.
Er fragte sich, was sie wohl da drinnen trieb, aber eigentlich spielte das keine Rolle. Geduldig zu sein hatte er schon vor langer Zeit gelernt, und nachdem er zum ungezählten Mal einen Blick auf das Fenster geworfen hatte, hob er wieder die Zeitung. Inzwischen hatte er jeden Artikel drei- oder viermal gelesen. Er wusste, wann und wo welche Filme liefen und dass im Gemeindezentrum kostenlose Computerkurse für Senioren angeboten wurden. Doch viel wichtiger war, dass das Blatt sein Gesicht vor den Blicken neugieriger Bürger schützte.
Eine Stunde später kamen per Fax Unterlagen aus Boston zu Jessicas Verschwinden. Jennifer saß an ihrem Schreibtisch und bereitete sich auf ihren nächsten Anruf vor. Sie wählte, und es meldete sich eine Frauenstimme.
»Hallo?«
»Spreche ich mit Elaine Marshall?«
»Ja. Und wer sind Sie?«
»Mein Name ist Officer Jennifer Romanello. Ich rufe von der Polizeidienststelle in Swansboro an.«
»Kenne ich nicht.«
»Eine Kleinstadt in North Carolina«, sagte Jennifer. »Ich würde gern kurz mit Ihnen sprechen.«
»Ich kenne niemanden in North Carolina.«
»Es geht um Ihre Schwester Jessica«, sagte sie. Am anderen Ende blieb es längere Zeit still.
»Haben Sie sie gefunden?«
Die Stimme klang, als wappne sich die Sprecherin gegen das Schlimmste.
»Tut mir Leid, nein. Aber ich wüsste gern, ob Sie mir etwas zu Robert Bonham erzählen können.«
Jennifer hörte, wie Elaine Marshall bei diesem Namen scharf Luft holte.
»Warum?«
»Weil wir momentan nach ihm suchen.«
»Wegen Jessica?«
Jennifer überlegte, wie viel sie offenbaren sollte. »Nein«, sagte sie endlich. »Er wird in Zusammenhang mit etwas anderem gesucht.«
Wieder blieb es still.
»Er hat jemanden umgebracht, stimmt’s?«, fragte Elaine Marshall schließlich.
Jennifer zögerte. »Können Sie mir etwas über ihn erzählen?«
»Er ist geisteskrank.«
Ihre Worte kamen abgehackt, als wahre sie nur mühsam die Fassung. »Alle hatten Angst vor ihm, selbst Jessica. Er ist gewalttätig und gefährlich… und er ist schlau. Jessica hat einmal vergeblich versucht, ihn zu verlassen. Er hat sie ständig geschlagen. Dann ging sie eines Abends zum Einkaufen in den Supermarkt, und wir haben sie nie wieder gesehen. Jeder wusste, dass Richard an ihrem Verschwinden Schuld ist, aber man hat sie nie gefunden.« Elaine Marshall begann zu weinen. »O Gott… es ist so schwer… Sie können sich nicht vorstellen, wie es ist, nicht zu wissen… Sie ist fort, aber trotzdem existiert noch ein Fünkchen Hoffnung, an das man sich klammert. Gleichzeitig versucht man, die Trauer zu verdrängen, aber dann passiert etwas, und alles kommt wieder hoch…« Jennifer lauschte dem Schluchzen am anderen Ende.
»Wie war er zu Beginn der Beziehung?«, fragte sie dann behutsam.
»Was spielt das für eine Rolle? Er ist böse…« »Bitte«, sagte Jennifer. »Wir müssen so viel wie möglich über ihn wissen, wenn wir eine Chance haben wollen, ihn zu fassen.«
»Und Sie glauben, dass ausgerechnet Ihnen das gelingt?
Niemals! Wir suchen ihn schon seit Jahren. Wir haben Privatdetektive engagiert, wir haben die Polizei gedrängt, nicht lockerzulassen…«
Elaine Marshalls Stimme verlor sich.
»Bitte«, versuchte Jennifer es erneut. »Können Sie mir sagen, was für ein Mensch er war, als die beiden sich kennen lernten?«
Elaine Marshall atmete tief durch und suchte offenbar nach den richtigen Worten.
»Oh, ganz wie man es sich bei einer romantischen Liebesbeziehung vorstellt.«
Ein trauriger Tonfall stahl sich in ihre Stimme. »Er war charmant und sah gut aus und machte Jessica den Hof, bis sie sich Hals über Kopf in ihn verliebte. Wir mochten ihn anfangs alle. Nach einem halben Jahr sind sie zusammen auf und davon gegangen, haben geheiratet, und nach der Heirat änderte sich alles. Er wurde immer besitzergreifender und hatte es nicht gern, wenn Jessica uns anrief. Ziemlich bald ging sie kaum noch aus dem Haus, aber bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen wir sie trafen, hatte sie immer irgendwo Blutergüsse. Natürlich versuchten wir ihr die Augen zu öffnen, aber es hat lange gedauert, bis sie uns zuhörte.«
»Sie sagen, Jessica habe einmal versucht, sich von ihm zu trennen…«
»Weil sie endlich einsah, dass es richtig war. Sie floh nach Kansas City, um dort neu anzufangen, aber er hat sie aufgespürt. Keine Ahnung, wie er das angestellt hat, aber er fand sie und nahm sie mit zurück. Und sie blieb ein paar Wochen bei ihm. Ich kann nicht erklären, warum. Er hat eine unheimliche Macht über sie ausgeübt. Trotzdem sind Mom und ich bei den beiden vorbeigefahren und haben Jessica regelrecht aus dem Haus geschleift. Sie zog wieder bei unseren Eltern ein und versuchte, ihr Leben allein auf die Reihe zu kriegen. Nach einer Weile schien es ihr besser zu gehen. Und dann kam der Abend, an dem sie verschwand.«
Kurze Zeit darauf war das Gespräch beendet, doch Jennifer klangen die Worte von Elaine Marshall noch in den Ohren.
Er hat sie aufgespürt.
Mabel stand auf und duschte. Trotz ihrer Erschöpfung hatte sie nicht gut geschlafen, weil sie wegen Mike und Julie so unruhig war. Sie nahm ihre Autoschlüssel und war schon zur Tür hinaus, als ihr einfiel, was Julie im Salon gesagt hatte, kurz bevor sie mit Mike in Emmas Wagen stieg.
Was, wenn er uns gleich von hier aus folgt?
Mabel blieb wie angewurzelt in der Auffahrt stehen. Was, wenn Richard vorhatte, ihr zum Strand zu folgen? Wenn er sie gerade beobachtete?
Mabel war nicht gewillt, ein Risiko einzugehen. Nach kurzem Zögern machte sie kehrt und ging ins Haus zurück.
Nachdem Jennifer die Angaben zu Robert Bonham sortiert und noch ein paar Anrufe erledigt hatte – unter anderem einen weiteren bei Elaine Marshall –, fasste sie ihre Erkenntnisse schriftlich zusammen. Sie erklärte Pete, was sie vorhatte, und ging dann mit ihm zu Morrison ins Büro.
Ihr Vorgesetzter überflog Jennifers Bericht. Dann sah er sie an.
»Ist das gesichert?«
»So gut wie alles. Wir müssen noch ein paar Anrufe erledigen, aber ansonsten ist alles, was uns vorliegt, verifiziert.«
Morrison lehnte sich zurück.
»Was schlagen Sie vor?«
Jennifer räusperte sich. »Bis wir ihn haben, ist es wohl am besten, wenn jemand von uns zu Mike und Julie ins Strandhaus fährt. Ich wüsste nicht, was wir sonst tun können. Falls das, was wir erfahren haben, stimmt, wissen Sie, wozu Richard fähig ist. Und wir können uns denken, was er als Nächstes plant.«
Morrison fixierte sie mit ruhigem Blick. »Meinen Sie, die beiden stimmen dem zu?«
»Ja«, sagte Jennifer fest. »Ganz sicher. Vor allem, wenn sie erfahren, mit wem sie es zu tun haben.«
»Wollen Sie sie anrufen?«
»Nein. Am besten ist es wohl, wir reden persönlich mit Julie.«
Morrison nickte.
Wenige Minuten später stiegen Jennifer und Pete in den Streifenwagen.
Beide bemerkten nicht den gestohlenen Pontiac Trans Am, der sich hinter ihnen im Verkehr einfädelte.