KAPITEL 73

 

 

Sigmund hatte seinen Schutzanzug wieder angelegt, den Helm hielt er in der Hand, und nun stand er im Korridor vor der Hauptluftschleuse. Eric und Kirsten hatten ihn dorthin begleitetet. »Sie müssen das nicht alleine tun«, sagte Kirsten. »Wenigstens einer von uns sollte mitkommen – vielleicht auch gleich wir beide.«

Daran zweifelte Sigmund keinen Augenblick lang, aber die beiden hatte er für eine andere Rolle vorgesehen. »Kann ich Ihnen vertrauen?«

»Natürlich«, gab Kirsten sofort zurück.

»Wem vertrauen Sie denn nicht?«, sagte Eric gleichzeitig. Hastig blickte er sich um, als suche er nach jemandem, der sie belauschte. Die besorgte Miene seiner Gefährtin schien ihm zu entgehen.

Eric treibt Kirsten immer weiter von sich fort, dachte Sigmund. Wenn er damit weitermacht, mich nachzuahmen, wird er sie ganz verlieren. Dieser Gedanke machte Sigmund traurig.

»Ich habe Ihnen beiden eine Datei zugeschickt. Sie enthält alles, was ich über die Puppenspieler und die Outsider weiß oder vermute. Falls ich nicht wieder zurückkomme … verfahren Sie mit diesen Informationen, wie Sie es für richtig halten.« Das alles hier konnte in so vielen, unterschiedlichen Weisen völlig schief gehen, dass Sigmund mit seiner Erklärung unmöglich weiter ins Detail gehen konnte. »Sie sollten in Erwägung ziehen, das alles über Hyperwelle sofort nach New Terra zu schicken. Bis dahin vertraue ich darauf, dass Sie sich diese Daten nicht anschauen.«

Damit ließ Sigmund seine Helmversiegelung einrasten und stapfte in die Luftschleuse.

Vier Outsider schwebten auf der anderen Seite der Schleuse. Zwei von ihnen ergriffen Sigmunds Hände. In dem mittlerweile gewohnten Kriechtempo steuerten sie auf Schiff Vierzehn zu. Hinter ihm verschwand die Why Not in der Schwärze des Alls. In unendlicher Ferne umgaben ihn funkelnde Sterne von allen Seiten.

Es war nicht diese gewaltige Leere, die Sigmund am meisten ängstigte. Es war die Einsamkeit, die diese Leere verkörperte. Sein Leben, Lichtjahre von jedem anderen im Universum entfernt.

Wenn er das hier überlebte, das schwor sich Sigmund, dann würde er sich ändern.

 

Sigmunds Eskorte führte ihn in einen Raum, der sich in nichts von dem unterschied, in dem die gestrige Besprechung abgehalten worden war. Sobald Sigmund eintrat, flammte Beleuchtung auf; der Raum wurde mit Atemluft geflutet. Die durchsichtige Kuppel, der Tür genau gegenüber am anderen Ende des Raumes, blieb dunkel; keine Gestalt war darin zu erkennen. Dieses Mal war Sigmund als Erster hier, und dann konnte er zuschauen, wie auch Nessus eintraf.

Die Kuppel wurde heller, dann erschien ein Outsider. Vielleicht fungierte die Kuppel wie eine Transferkabine, oder sie enthielt das Gegenstück zu einer Stepperscheibe, oder sie projizierte unglaublich lebensechte Holos. Nichts davon war von Bedeutung.

Vorsichtig trat Nessus näher an die Kuppel heran. »Vierzehn?«

Wie zuvor drang die Stimme aus unsichtbaren Lautsprechern. »Wir werden auf die üblichen Höflichkeiten verzichten. Diese Besprechung wird sehr kurz werden.«

Sigmund zwang sich zur Ruhe.

»Sigmund, Sie haben uns Informationen gebracht und uns gebeten, einen angemessenen Preis dafür festzulegen. Nach reiflicher Überlegung kommen wir zu dem Schluss, dass diese Informationen nur New Terra und die Konkordanz betreffen. Für uns sind sie ohne jeden Wert.«

Sigmund konnte sein Gegenüber nur anstarren. »Die Puppenspieler sind bei Ihnen tief verschuldet. Deren Falschheit muss für Sie doch von Bedeutung sein.«

»Sie überrascht uns weniger, als Sie sich vielleicht vorstellen«, gab Vierzehn zurück – woraufhin Nessus zusammenzuckte.

Eine Intervention der Outsider war Sigmunds letzte Hoffnung gewesen. Wie konnten die allmächtigen Outsider darauf derart gleichgültig reagieren. Und warum? »Puppenspieler werden eine Welt voller Menschen versklaven, oder sie zerstören, oder sie hilflos durch das All treiben lassen. Was auch immer geschieht, sie tun es, um Sie zu besänftigen. Wir sind in dieser Angelegenheit völlig schuldlos. Wie können Sie darauf verzichten, hier einzugreifen?«

»Machen Sie Ihre kleinen Streitigkeiten untereinander aus. Unser Interesse gilt lediglich der Bezahlung dessen, was uns zusteht. Wer hier letztendlich zahlt, ist Ihre Sache. Seien Sie dankbar, dass wir nicht auf Ihre Vermessenheit reagieren.«

»Ich danke Ihnen, Vierzehn«, ergriff Nessus das Wort. »Die Konkordanz weiß es zu schätzen, dass Sie der Ansicht sind, diese Angelegenheit sollte in unseren Mündern liegen.«

Es musste noch eine Möglichkeit geben. »Die Erde würde für diese Information ein Vermögen zahlen.«

»Wenn Sie das glauben, Sigmund, dann brauchen Sie uns nicht. Reisen Sie dorthin und verkaufen Sie sie selbst.«

Und was sollte Sigmund verkaufen, um die Koordinaten der Erde zu erfahren? Die Vermutung, Puppenspieler seien möglicherweise in der Lage, Sternsamen anzulocken?

Nessus, der immer noch neben Sigmund stand, zitterte jetzt am ganzen Leib. Ein Puppenspieler konnte niemals lernen, keine Angst zu haben. Diese Furcht war ihm in die Gene geschrieben.

Und in diesem Augenblick begriff Sigmund endlich. Die Wahrheit hatte die ganze Zeit greifbar nahe vor ihm gelegen.

 

»Ich denke, Sie werden uns sehr wohl helfen, Vierzehn«, sagte Sigmund. »Nein, lassen Sie mich das anders ausdrücken. Sie werden uns helfen.«

Unter der Kuppel zuckten Filamente.

»Sie werden uns aus dem gleichen Grund helfen, Vierzehn, aus dem Sie auch so begierig darauf sind, nicht in diesen Konflikt involviert zu werden. Trotz all ihrer Macht sind Sie doch viel weniger und viel schwächer, als sich alle immer vorstellen. Aber ich weiß es besser. Mein Volk weiß es besser. Und wenn Sie diese Angelegenheit nicht zu meiner Zufriedenheit beilegen … dann werden es alle erfahren.«

Die Wahrheit, die gefunden zu haben er glaubte, befand sich in den Dateien, die er Eric und Kirsten hinterlassen hatte. Beizeiten würden sie daraus die gleichen Schlüsse ziehen, die er daraus gezogen hatte. Beizeiten würden sie das Puzzle zusammensetzen. Sigmund hoffte, dass es so weit nicht kommen werde.

Mit einem Huf scharrte Nessus über das Deck. »Vierzehn, ich weiß nicht, was in Sigmund gefahren ist. Er spricht hier nicht auch in meinem Namen.«

»Zur Kenntnis genommen, Nessus. Sigmund, erklären Sie sich.«

»Was wissen wir denn über Ihr Volk?«, sinnierte Sigmund laut. »Ver-tanj-t wenig. Sie leben auf gewaltigen Schiffen. Sie folgen Sternsamen. Sie handeln mit Informationen und Technologie, womit sie stets Höchstpreise erzielen. Gelegentlich mieten Sie einen abgelegenen Planeten oder einen Mond an, bieten dafür sehr großzügige Entlohnung, und hin und wieder kaufen Sie auch Versorgungsgüter.

Sie zahlen überhöhte Preise für wertlose Immobilien, sie stellen Ihren Reichtum zur Schau, damit niemand darüber nachdenkt, was Sie wirklich brauchen: Metalle. In den inneren Regionen der Sonnensysteme, in denen frei verfügbare Metalle tatsächlich zu finden sind, würde schon die kleinste, kürzeste Störung ihrer Schutzkleidung sie einfach verdampfen lassen.

Und dann gibt es da noch die Fakten, die wir zu wissen glauben – aber in Wirklichkeit sind das überhaupt keine Fakten: Dass Sie zu einer uralten galaktischen Zivilisation gehören. Fast jede Frage, die man Ihnen jemals über Ihre Zivilisation gestellt hat, blieb unbeantwortet. Für diese Antworten fordern sie symbolische Preise: Billionen Kredits, wodurch diese faktisch unverkäuflich sind.

Ich betone: fast jede Frage. Die ›Fakten‹ über die Verbreitung Ihrer Spezies und über ihre altehrwürdige Herkunft … diese Information verteilen Sie freigiebig und ohne jegliche Kosten.«

Hatte Sigmund etwa mittlerweile gelernt, die Gesichtsausdrücke von Puppenspielern zu lesen? Nessus wirkte zutiefst erstaunt.

Sigmund machte weiter. »Also, was ist denn nun mit der uralten Spezies, die mit Unterlichtgeschwindigkeit kreuz und quer durch das All zieht? Was ist mit der Zivilisation, zu der in irgendeiner unfassbaren Weise auch gehört, immer weiter der langsamen Wanderung der Sternsamen zu folgen, vom Außenrand der Galaxis bis zum galaktischen Zentrum, und wieder zurück? Das ist allgemein bekannt – und doch ist das etwas, was weder die Menschen noch die Kzinti noch die Puppenspieler wissen können. Bei uns allen ist die Intelligenz noch überhaupt nicht lange genug entwickelt, und wir sind auch noch nicht weit genug gereist, um das überhaupt bestätigen zu können. Und wenn das jetzt gar nicht stimmt?«

»Was wir tun, geht Sie alle überhaupt nichts an«, sagte Vierzehn; seine Tentakel zitterten immer noch. »Legen Sie Schutzkleidung gegen das Vakuum an und gehen Sie.«

Sigmund ignorierte den Befehl. »Eine Spezies, die die gesamte Galaxis bereist und uralt ist. Kann das stimmen? Die Menschen und die Kzinti sind jahrhundertelang zu den Sternen gefahren, bevor sie zum ersten Mal den Outsidern begegnet sind. Und all diese Reisen geschahen noch mit Unterlichtgeschwindigkeit. Wir hatten keine Hyperraumantriebe, bis wir ihn bei Ihnen gekauft haben.

Angenommen, das hier wäre das einzige Schiff der Outsider in dem ganzen Raumabschnitt, den die Menschen so großspurig den ›Bekannten Weltraum‹ nennen. Wie viele Schiffe mag es in der ganzen Galaxis geben? Vielleicht eine Milliarde. Und dennoch befinden wir uns hier auf ›Schiff Vierzehn‹. Wie wahrscheinlich ist es, dass wir auf ein Schiff stoßen, dass eine derart niedrige Nummer führt? Also, mir erscheint das eine … astronomisch geringe Wahrscheinlichkeit.«

Endlich hatte Nessus seine Stimmen wiedergefunden. »Sigmund, ich verstehe nicht, was Sie meinen.«

»Sie wissen mehr, als Ihnen bewusst ist, Nessus. Wenn man uns die Wahrheit erzählt hat, warum gibt es dann nicht überall Schiffe der Outsider? Und Sie wissen, dass es sie eben nicht überall gibt. Sie hätten niemals gestattet, dass die Explorer mit einer Mannschaft aufbricht, die ausschließlich aus Menschen besteht, wenn sie das Risiko gesehen hätten, sie könnten einem Schiff der Outsider begegnen.«

»Sie erwarten meine Hilfe – als Gegenleistung für diese Zahlenspielereien?«, sagte Vierzehn. »Das ist zwecklos. Machen Sie sich für den Aufbruch bereit.«

»Ah«, gab Sigmund zurück. »Ich hätte noch etwas erwähnen sollen, was wir mit Sicherheit wissen. Die Outsider feilschen nicht. Und jetzt wissen wir auch, warum: Dieses ›Nimm-es-oder-lass-es-bleiben‹-Gehabe lässt Sie unendlich mächtig erscheinen. Und deswegen wollen Sie auch nicht einfach darüber hinwegsehen, dass die Konkordanz einen Planetenantrieb einfach so jemand anderem überlässt. Diese Nachsicht könnte die Puppenspieler dazu bringen, darin eine Schwäche zu sehen. Jegliches verabscheuungswürdige Endergebnis Ihres Handelns« – oder eurer Feigheit – »ist Ihnen weniger wichtig als Ihr Image. Die Zeit für derartiges Gehabe ist vorbei, Vierzehn. Überdenken Sie Ihre Entscheidung. Helfen Sie New Terra.«

Die Filamente zuckten und verschlangen sich. »Und wenn wir uns weigern? Haben Sie die Absicht, diese Spekulationen im gesamten Bekannten Weltraum zu verbreiten?«

Sigmund lächelte. »Ja, wenn Sie mich dazu zwingen. Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit.«

 

Triumph und Verzweiflung liefen hier immer weiter ineinander. Nessus hatte schon fast keinen Überblick mehr, in welcher Stimmung er sich eigentlich gerade befand. Nur die Erschöpfung und die Furcht blieben unverändert.

Was glaubte Sigmund denn damit zu gewinnen, wenn er die Outsider verhöhnte?

Die Schande daran war, dass die Konkordanz diese Täuschung schon vor langer Zeit hätte durchschauen müssen. Die Bürger hatten schon mit den Outsidern Handel getrieben, als die Vorfahren der Menschen immer noch in den Bäumen herumgeklettert waren. Und das größte Geheimnis von allem war: Warum teilte Sigmund diese Erkenntnis so freigiebig mit ihm?

Sigmund sprach Interspeak. Er kannte Beowulf Shaeffer. Natürlich glaubte Vierzehn, Sigmund könne das Geheimnis der Outsider im ganzen Bekannten Weltraum verbreiten. Doch Sigmund wusste nicht mehr, wie man den Bekannten Weltraum erreichen konnte – und Sigmund wusste, dass auch Nessus das wusste.

Zuerst die Sternsamen-Köder. Und jetzt das. Sigmund erwartete irgendetwas von ihm. Was könnte das wohl sein?

 

»Vierzehn, was wäre, wenn wir irgendetwas hätten, was Sie brauchen?«, fragte Sigmund unvermittelt.

»Äußerst unwahrscheinlich.«

»Gut, Vierzehn, reden wir über Sternsamen.«

Auf der anderen Seite des Raumes zupfte Nessus jetzt an seiner ohnehin schon völlig zerzausten Mähne. Er stand kurz davor, in Katatonie zu verfallen. Ob er noch genügend Geistesgegenwart besaß, um notfalls Sigmunds Gedanken zu folgen?

»Was soll mit den Sternsamen sein?«

»Die Puppenspieler haben Ihnen Ihre erlogene Vergangenheit abgenommen, also ist die Spezies der Outsider tatsächlich älter als die der Puppenspieler. Jetzt leben auf Hearth eine Billion Puppenspieler, während Sie nur sehr wenige sind. Im Vergleich zu allen anderen vernunftbegabten Lebewesen sind Sie auch noch äußerst empfindlich.« Weil Sigmund daran dachte, wie rot Kirsten geworden war, wählte er seine nächsten Worte sehr vorsichtig: »Ihre Kinder müssen für Sie unermesslich wertvoll sein.«

Schweigen.

»Ich kann nur Spekulationen darüber anstellen, wie die Sternsamen in Ihren Lebenszyklus hineingehören.«

Die Outsider lebten im Vakuum und sogen schwaches (wenngleich auch künstliches) Sonnenlicht auf; legten sich reglos in kaum noch messbarer Schwerkraft. Sie mussten sich, vor Äonen, auf winzigen, eisigen Felsbrocken entwickelt haben, weit fernab ihrer Heimatsonne. Sigmund stellte sich vor, wie Sporen oder Eizellen von diesen Felsbrocken allmählich ins All hinaustrieben und sehr, sehr langsam heranwuchsen, genährt von Sonnenwinden und interstellarem Staub. Wie lange dauerte es wohl, bis daraus ein Sternsamen mit seinen riesigen Segeln wurde, mehrere Meilen breit? Warum wanderten die Sternsamen überhaupt durch das All? Erforderte es irgendein äußerst seltenes kosmisches Ereignis, um diese Samen zum Keimen zu bringen?

Sigmund hatte keine Ahnung. Doch es reichte aus, dass Nessus das wusste. »Wirklich, wie genau das geschieht, ist kaum von Bedeutung. Vierzehn, ich bitte um Verzeihung, wenn ich mich hier ungehörig gebärdet haben sollte. Von Bedeutung ist nur, dass Sie den Sternsamen folgen. Umgekehrt scheint es nicht zu sein.

Denn wenn die Wellenfront der Strahlung von der Explosion des galaktischen Zentrums hier eintrifft – sogar noch früher, wenn Sternsamen wirklich immer zum galaktischen Zentrum ziehen –, dann wird Ihre Geschichte, so altehrwürdig sie auch sein mag, ihr Ende finden.«

 

Wenn Sigmund Recht hatte …

Erneut verdrängte Hoffnung die Verzweiflung. Sternsamen-Köder! Damit konnten die Outsider ihre nächste Generation von ihrem endlos langsamen Zug zum galaktischen Zentrum abhalten – von diesem Zug, der sie unweigerlich in den Tod führen würde. Mit diesen Ködern würden die Outsider lernen können, ihre eigenen künstlichen Sonnen auf ihre individuellen Bedürfnisse anzupassen. Sie würden die Sternsamen leiten können, statt ihnen folgen zu müssen.

Und das dem Outsider zu erklären, überließ Sigmund tatsächlich Nessus.

Den Preis für Sigmunds Verschwiegenheit galt es noch festzulegen.

Nessus spreizte die Vorderbeine und nahm eine Position ein, die immenses Selbstvertrauen verhieß – das er nicht im Mindesten empfand. Doch fliehen konnte er nicht. Hier selbstbewusst aufzutreten, konnte ihm nicht schaden. Dann fand er auch seine Stimmen wieder. »Unsere Wissenschaftler haben die Sternsamen studiert.«

»Zu welchem Zweck?«, fragte Vierzehn. Dass seine Stimme dabei völlig tonlos klang, wertete Nessus als Zeichen des Misstrauens.

»Wissenschaftler«, wiederholte Nessus, als würde sich damit alles von selbst erklären. »Warum studieren die irgendetwas? Aber es ist ein Glück, dass sie es getan haben. Sie haben stellare Spektren gefunden, von denen Sternsamen angezogen werden.« Und jetzt die Lüge. »Sie haben die Theorie aufgestellt, es sei möglich, eine stellare Magnetosphäre entsprechend zu manipulieren, um Sternsamen anzuziehen. Wären Sie an einem Tauschgeschäft interessiert?«

 

»Ein Tauschgeschäft«, wiederholte Vierzehn. »Möglicherweise. Ich muss mich beraten.«

Lautstark räusperte sich Sigmund. »Nicht so schnell.«

»Meine Abmachungen mit der Konkordanz betreffen Sie nicht«, sagte Vierzehn. »Dennoch würde ich erwarten, dass Sie damit zufrieden sind. Wenn wir über die Überlassung eines Planetenantriebs an New Terra hinwegsehen, sind Ihre Probleme gelöst.«

Das mochte vielleicht früher einmal richtig gewesen sein. Doch Achilles’ Angriff hatte alles verändert. New Terra war hilflos. Die Flotte würde ihre verlorene Kolonie zurückerobern, solange sie das konnten. Oder war Sigmund nur wieder paranoid?

Tanj, er sollte paranoid sein! Warum sonst war er denn hier? Wozu sonst war er denn noch nutze?

»Das Problem wird gelöst, Vierzehn, wenn Sie noch ein wenig mehr unternehmen. Unterstützen Sie, als Teil dieser Abmachung, unsere Unabhängigkeit. Gestehen Sie uns zeitlich unbefristet die Nutzung des Antriebs zu, der sich derzeit auf New Terra befindet, ganz nach unserem Gutdünken. Und, falls das irgendeine Bedeutung hat: Diese Rechte sollten sie uns garantieren.«

Erneut wanden sich die Filamente; die Bewegung besaß eine geradezu schaurige Ähnlichkeit mit Medusa. »Sie stellen hohe Erwartungen an so empfindliche Wesen, die doch nur so wenige sind.«

Ironie von einem Outsider. Ich muss noch viel lernen, dachte Sigmund. »Niemand auf Hearth weiß bislang von dem, worüber wir gesprochen haben. Dort hat man immer noch Angst vor Ihnen.«

Vierzehn dachte nach. »Es gehört zu unseren Verfahrensweisen, uns nicht in die Angelegenheiten anderer Spezies einzumischen.«

»Verfahrensweisen können sich ändern«, merkte Sigmund an. »Machen Sie die Unabhängigkeit von New Terra und die Nichteinmischung der Puppenspieler zu einer Bedingung dieser Abmachung. Dann werden Sie nirgends eingreifen müssen.«

»Und wenn wir uns weigern?«

Puppenspieler verstanden das Konzept des ›Bluffs‹ nicht. Doch falls Sigmund sich hier nicht irgendetwas einbildete, waren die Outsider darin perfekt. Nun, das galt für ihn selbst ebenso. »Dann wird alles, was wir soeben besprochen haben, innerhalb kürzester Zeit im gesamten Bekannten Weltraum Allgemeinwissen werden.«

Sigmund wusste nicht, wo der Bekannte Weltraum überhaupt lag, wodurch das ganze eine leere Drohung war – und das wusste auch Nessus. Sigmund warf einen Blick zu dem Puppenspieler. Die Konkordanz hatte sich auch den Outsidern gegenüber wie echte Puppenspieler verhalten und sie zu ihren Marionetten gemacht. »Was gewisse Dinge betrifft, die Sie und ich kürzlich privat besprochen hatten …«

»Verstanden«, gab Nessus zurück.

Weiter peitschten die Filamente. »Und im Gegenzug erhalten wir die Zusage ewigen Stillschweigens über diese Dinge, wenn wir eine Einigung erzielen. Ich werde mich noch absprechen mü…«

»Und ich habe ebenfalls Bedingungen«, fiel ihm Nessus ins Wort.

Sigmund erstarrte. Was hatte Nessus vor?

»Die Bedingungen, Vierzehn, lauten folgendermaßen. Erstens: Sie werden niemals Navigationsdaten an Sigmund oder sein Schiff weitergeben, oder an irgendjemanden sonst, bei dem Sie Grund haben anzunehmen, er komme von New Terra. Zweitens: Sie werden alles, was Sie über New Terra wissen, vor allen anderen Spezies im Bekannten Weltraum geheim halten.«

Nur Nessus hatte das Gefühl, der Raum werde schlagartig kleiner. Frieden und Unabhängigkeit für New Terra. Dafür gab Sigmund jegliche Hoffnung darauf auf, jemals wieder nach Hause zurückzukehren. Sigmund hatte verstanden.

Dankbar schwieg er, als Vierzehn schließlich die Abmachungen bestätigte.

Ringwelt 12: Weltenwandler
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