14. KAPITEL
Die Nacht war dunkel, als sie zurückfuhren, sie sprachen nicht. Ihre Kommunikation bestand darin, dass Riley ihre Hände hielt und sie mit dem Daumen streichelte.
Körperlich befand sie sich in einem Zustand zwischen Anspannung und Entspannung. Bei dem Gedanken, dass sie wieder miteinander schlafen würden, erbebte ihr Innerstes, und gleichzeitig verspürte sie auch eine totale Ruhe. Als wäre diese Entscheidung schon vor vielen tausend Jahren gefallen, und sie würde nun einfach ihrem Schicksal folgen.
„Willst du heute Nacht bei mir bleiben?“, unterbrach Riley die Stille, als sie bei seiner Villa ankamen. „Du kannst deinen Wagen in die Garage stellen.“
„Klingt gut“, erwiderte sie.
Er bog in die Einfahrt und betätigte die Fernbedienung für die Garage. Das große Doppeltor öffnete sich, Gracie stieg aus und ging zu ihrem Wagen in der Seitenstraße.
Fünf Minuten später hatte sie neben ihm geparkt und folgte ihm in die große Küche, die sie, wie auch bei ihrem ersten Besuch, fasziniert begutachtete.
„Küchenneid“, sagte sie seufzend. „Ich glaube, ich brauche ein Zwölf-Punkte-Programm, um mich davon zu erholen.“
„Können wir uns darum später kümmern?“
„Klar.“
Riley ging zum Kühlschrank. „Hunger?“
Sie folgte ihm und versuchte, ihm über die Schulter zu schauen. „Hast du was zu essen da?“
„Es ist noch was von meiner letzten Take-away-Mahlzeit übrig.“ Er legte eine Flasche Champagner zur Seite und zeigte ihr, was zu essen da war. „Ist irgendetwas dabei, nach dem es dich gelüstet?“
Sie starrte die Champagnerflasche an und reagierte deshalb nicht sofort.
„Hattest du die Flasche in bestimmter Erwartung im Kühlschrank oder ...?“
Statt ihr zu antworten, küsste er sie. Es war ein wilder, verheißungsvoller Kuss.
„Gestern erst gekauft.“
Leidenschaft durchströmte jede Pore ihres Körpers. Sie konnte sich kaum konzentrieren. „Du meinst, nachdem wir ...
Seine Augen waren unwiderstehlich, als er Gracie jetzt ansah. „Nachdem wir uns geliebt haben, ja. Ich habe nicht immer Champagner im Kühlschrank. Diese Flasche habe ich extra für dich gekauft, Gracie.“
Selbst ihre nackten Zehen prickelten. Noch nie hatte ein Mann Champagner für sie gekauft. Und erst recht keinen – sie las das Etikett – Dom Perignon.
Sie schloss die Kühlschranktür mit einer schwungvollen Bewegung ihrer Hüfte. „Ich habe keinen großen Hunger auf Essen.“
Er lächelte. „Auch gut.“
Dann ging er rüber zum Schrank und holte zwei Champagnerflöten heraus, mit denen er Richtung Flur ging.
„Wollen wir?“
„Absolut.“
Sie folgte ihm ins breite geschwungene Treppenhaus. Bei ihrem letzten Besuch waren sie nicht so weit gekommen. An den Wänden hingen Porträtgemälde, vermutlich die Whitefieldsche Ahnengalerie. Sie verkniff sich die Frage, um die Stimmung nicht zu zerstören.
Das Treppenhaus hatte zwei Stockwerke, doch Riley bog auf der ersten Etage nach links ab. Sie kamen an vier oder fünf Zimmern vorbei, bis er eine Tür aufstieß und hineinging.
Gracie wusste nicht, was sie erwarten würde. Im Bett seines Großvaters oder gar des Onkels würde Riley aber sicher nicht schlafen. Wahrscheinlich hatte er sich ein anderes Zimmer ausgesucht – das Haus hatte ja genug. Es war ein recht neutral gehaltener Raum, vermutlich ein ehemaliges Gästezimmer, schlicht eingerichtet, mit einem breiten Bett, zwei Nachttischen und einer Kommode, in das Riley sie geführt hatte. Das Licht aus dem Flur schien auf den hellen Teppich. Im Halbdunkel konnte sie nicht erkennen, ob die Tapeten blau oder grün waren.
Riley stellte die Flasche auf die Kommode und riss die obere Folie ab. Kurz darauf hörte sie den Korken ploppen, und er goss ihnen ein.
„Ich habe noch nie so stilvoll Champagner getrunken“, erklärte sie ihm, als er ihr die elegante Flöte reichte. Sie stießen an und tranken.
Die Flüssigkeit prickelte verführerisch auf ihrer Zunge, der Geschmack war leicht, köstlich. Es schmeckte nach mehr.
„Wie findest du ihn?“, wollte Riley wissen.
„Sehr gut. Leider nichts für meinen Geldbeutel.“
„So etwas hebt man sich für besondere Gelegenheiten auf“, sagte er, nahm noch einen Schluck und stellte dann sein Glas ab und kam auf sie zu.
Eigentlich wollte sie ihm erklären, dass sie nun für den Rest ihres Lebens beim Anblick einer Flasche Dom Perignon an ihn denken würde. Doch sie stellte einfach wortlos ihr Glas auf den Nachttisch, als er sie in den Arm nahm.
Beim ersten Mal waren sie beide ungeduldig gewesen. Sie hatte ihn mit einer solchen Verzweiflung begehrt, ohne wirklich jeden Augenblick zu genießen. Jetzt nahm sie alles, was geschah, deutlich wahr und versuchte, sich jedes kleine Detail einzuprägen, um sich später einmal alles genau in Erinnerung rufen zu können.
Sogar als er ihr jetzt einen Kuss gab, der nach süßer Verheißung schmeckte, registrierte sie seine Hand, die auf ihrer Taille lag, und die andere auf ihrem Rücken. Einen Herzschlag später waren es ihre Haare, die er sanft streichelte. Das hat er schon mal so gemacht, dachte sie leicht benommen, als er an ihrer Unterlippe zu knabbern begann. Offensichtlich gefiel es ihm, ihre Haare zu berühren.
Als sie seine Zunge auf ihrer Unterlippe spürte, war sie sofort bereit. Jede Faser in ihr sprühte vor Lust. Sie umschlang ihn und labte sich an seiner Erregung.
Er begann, mit seiner Zunge ihren Mund zu erforschen, sie zu locken. Ihre Zunge erwiderte das Spiel, wollte alles an ihm entdecken. Er schmeckte nach Champagner und roch nach Ozean und Nacht und Begierde.
Riley küsste jetzt ihren Hals und tastete sich liebkosend immer weiter. Gracie schien nur noch aus Gänsehaut zu bestehen, ihre Brustwarzen wurden hart und stellten sich auf. Am liebsten würde sie sich die Kleider vom Leib reißen, gleichzeitig wünschte sie sich jedoch, dass alles ganz langsam geschah, damit der Augenblick ewig währen könnte.
Er hatte sich zu einem ihrer Ohrläppchen vorgearbeitet, an dem er jetzt sanft saugte, dann streichelte sein Atem ihren Hals, und in langsamen, zögerlichen Bewegungen wanderte seine Zunge zu ihren Brüsten.
Wie in Trance öffnete Gracie ihre Bluse. Als Riley sich über sie beugte, konnte es ihr gar nicht schnell genug gehen, auch den BH abzustreifen.
„Du bist wunderschön.“ Fasziniert nahm Riley jedes Detail ihres Körpers wahr. „Du weckst geheime Wünsche in mir.
Natürlich war das ein wunderbares Kompliment, aber sie brauchte jetzt etwas anderes – Taten, keine Worte.
Leider schien er diesmal nicht ihre Gedanken lesen zu können, denn er griff nach seinem Glas Champagner und nahm einen großen Schluck. Dann beugte er sich endlich über sie, um sich ausgiebig mit ihren Brustwarzen zu beschäftigen.
Die Mischung aus seinem heißen Körper und dem kühlen und prickelnden Champagner auf seiner Zunge war eine Gefühlssensation, die ihr wohlige Schauer durch den Körper jagte. Sie hielt sich an ihm fest und stöhnte erregt, als seine Zunge mit einer Brustspitze spielte.
„Ich darf die andere Brust nicht vernachlässigen“, erklärte er zwischendurch grinsend. „Das wäre ungerecht.“
Wieder füllte er seinen Mund mit Champagner und liebkoste sie mit prickelnden, erregenden Zungenspielen. Damit durfte er niemals aufhören, bat sie stillschweigend.
Immer weiter leckte und saugte er, bis sie vor Leidenschaft fast verging.
Er zog sie an sich und küsste sie auf den Mund. Und sie bekam nicht genug von ihm. Er konnte ihr nicht nah genug sein, sie nicht genug berühren. Zwischen ihnen waren plötzlich so viele Emotionen, so viele Verheißungen. Das alles musste sich erfüllen.
Er tastete nach dem Knopf ihrer Jeans, sie nestelte an den Knöpfen seines Hemdes. Schnell hatten sie sich gegenseitig ausgezogen, sie schlüpfte aus ihrem Slip, und auch Riley war jetzt völlig nackt. Das Bett wartete.
Jede Stelle an ihrem Körper bedeckte Riley mit seinen Küssen. Als sie auf dem Rücken lag, küsste er sie von den Ohren hinunter bis zu den Zehenspitzen. Manchmal nahm er einen Schluck Champagner und ließ sie wieder die erregende Kombination aus heiß, kalt, weich und prickelnd genießen.
Dann knabberte er an ihren Knöcheln und leckte ihre Unterschenkel bis zu den Knien. Wenn er sie zärtlich biss, musste sie kichern, und sie wand sich vor Lust, als er an ihr saugte. Schließlich war sein Mund bei ihren Oberschenkeln angekommen.
Er begann, sie zu massieren, seine Daumen glitten dabei immer höher, bis sie kurz vor ihrer heißen, pulsierenden Öffnung anlangten. Er betrachtete sie, während er sie berührte. In seinen dunklen Augen brannte die Begierde, er lächelte.
Auch Gracie nahm alles von ihm wahr, die breiten Schultern, die muskulöse Brust, die dunkle Spur aus Härchen, die seinen flachen Bauch bedeckte. Sein Penis war hart und bereit, und sie wollte ihn in sich spüren. Doch es war noch nicht so weit; er hatte noch andere Spielchen, um sie zu erfreuen. Jetzt beugte er sich über sie, und sie spürte seinen Atem zwischen ihren Beinen. Nur zu gerne öffnete sie sich für ihn und schloss dabei die Augen. Und endlich – da waren sein Mund und seine Zunge.
Während er sie leckte, ließ er einen Finger in sie gleiten und bewegte ihn sanft rein und raus.
Das war es, was sie wollte. Ihre Muskeln spannten sich an, und sie stemmte die Fersen in die Laken. Nicht mehr lange, und sie würde explodieren, ihren Orgasmus nicht mehr zurückhalten können.
Es fühlte sich einfach unbeschreiblich an. Er wusste genau, in welchem Rhythmus er sie streicheln musste. Sein Finger bewegte sich rein und raus, lockend, fordernd, ihr noch viel schönere Dinge versprechend.
Jetzt begann er, ihre sensibelste Stelle zu lecken. Er blies seinen Atem aus, sie erschauderte vor Lust. Er bedeckte ihr Geschlecht mit seinen Lippen und saugte an ihr, bis er spürte, dass sie bereit war.
Da wurden seine Bewegungen schneller. Der Finger, die Zunge. Die Lust in ihr steigerte sich ins Unermessliche, und schließlich konnte sie nicht länger warten – sie kam. Sie krallte sich in die Laken, riss den Kopf nach hinten und schrie ihre Lust laut heraus.
Der Orgasmus kam in Wellen. Er streichelte sie weiter, bewegte sich rein und raus, verlängerte ihren Höhepunkt auf köstliche Weise.
Nur langsam kam sie wieder zu sich. Er zog sich zurück, küsste ihren Oberschenkel und kniete über ihr. Sie öffnete die Augen und lächelte ihn beseelt an.
„Ich wüsste noch ein V“, himmelte sie Riley an, noch träge vor Lust. „Vollkommen.“
„Das gefällt mir besonders gut.“
„Mir auch.“
Sie klopfte auf die Matratze neben sich und wartete, bis er ausgestreckt neben ihr lag. Dann stand sie rasch auf und holte die Flasche Champagner, die noch auf der Kommode stand.
Riley genoss den Anblick. Von hinten betrachtet, bestand Gracie aus wogenden Hüften und anmutigen Kurven. Von vorne war sie eine wahre Göttin.
Ihre langen blonden Haare versteckten ihre Brüste gerade so viel, dass seine Neugierde geweckt wurde. Ihre schmale Taille betonte ihre schönen Hüften. Ihre vollen Oberschenkel, ihre langen Beine und die mysteriöse Stelle dazwischen verliehen ihr eine gewisse Macht über ihn.
Sie kam zurück ins Bett und schwenkte die Flasche. „Stört es dich, wenn ich aus der Flasche trinke?“
„Nur zu.“
Sie kniete sich neben ihn und trank einen Schluck. Er musste es zugeben: Eine schöne nackte Frau, die neben ihm kniete und einen Schluck aus der Champagnerflasche nahm, bevor es in die nächste Runde ging, war definitiv einen Platz in den „Top Ten der erotischen Momente“ wert.
Nachdem sie die Flasche auf dem Nachttisch abgestellt hatte, beugte sie sich über ihn und legte ihren Mund auf seinen Bauch. Er stöhnte, als er ihre warmen Lippen und den kühl prickelnden Champagner auf seiner Haut spürte und ihre Zunge dann kleine Wirbel auf seinem Bauch vollführte.
Dann nahm Gracie noch einen kleinen Schluck. Diesmal machte sie sich weiter unten zu schaffen.
Sein Körper reagierte sofort, als sie sich zwischen seine gespreizten Beine hockte, ihn festhielt und seine ganze Härte in den Mund nahm.
Ihre Lippen und die Liebkosungen ihrer Zunge machten ihn fast wahnsinnig, dazu der sprudelnde Champagner und das Kitzeln ihrer langen Haare auf seinem Bauch und seinen Oberschenkeln. Mit ihrer Zunge liebkoste sie ihn von der Wurzel bis zur Spitze, dann begann sie zu saugen.
Er schrie vor Lust auf, versuchte, nicht sofort die Kontrolle zu verlieren, und merkte doch, dass er machtlos gegen diese Gefühle war.
„Gracie, noch nicht!“, flehte er.
Während sie sich erneut aus der Champagnerflasche bediente, betrachtete sie ihn wohlwollend. „Und was spricht dagegen?“
„Ich will in dir drin sein.“
Das dürfte sich machen lassen, dachte Gracie erregt. „Ich könnte es mir überlegen. Wenn du darauf bestehst.“
„Tue ich.“
Er streckte die Hand aus und öffnete die Schublade des Nachttischchens. „Wollen wir es langsam angehen lassen, oder magst du es gerne wild?“
Gracie lachte. „Wild über mich herfallen, das würde mir jetzt gefallen.“
„Diesen Wunsch erfülle ich dir nur zu gern.“
Er packte ein Kondom aus und streifte es schnell über. Dann wandte er sich wieder Gracie zu und nahm sie in den Arm.
Ein Hauch von Champagner und ganz viel Gracie, das schmeckte Riley, als sie sich jetzt küssten. Er ließ seine Hände über ihren Körper wandern.
Die Reaktion auf seine Berührung kam sofort. Sie wand sich, sobald seine Finger ihre harten Nippel berührten. Sie war immer noch nass und stöhnte, als er seine Finger in sie gleiten ließ. Sofort öffnete sie sich ihm, und obwohl es verlockend war, das Liebesspiel noch etwas hinauszuzögern, verlagerte er sein Gewicht so, dass er zwischen ihren Beinen zu liegen kam und in sie eindringen konnte.
Kaum füllte seine ganze Breite sie aus, umklammerte sie ihn und zog ihn an sich. Er drang so tief ein, wie er konnte, und genoss das Gefühl ausgiebig. Dann begann er langsam und rhythmisch seine Bewegungen. Er spürte, wie sie sich anpasste, ihre Muskeln sich anspannten.
Bei jedem Eindringen schlang sie die Beine fester um seine Hüften, um ihn noch tiefer in sich hineinzuziehen. Mit beiden Händen umklammerte sie seinen Hintern.
Schneller, immer schneller, tiefer, wilder, entschlossener bewegte er sich, bis er spürte, wie sie kam. Sie wandte den Mund ab, keuchte, rief seinen Namen. In ihren wellenartigen Orgasmen hinein kam auch Riley zum Höhepunkt. Er erschauderte vor Lust und ergoss sich in sie.
Später, als sie beide eng aneinandergekuschelt in den Kissen lagen, vergrub er seine Finger in ihrem Haar und küsste ihre Stirn.
„Es ist schon spät“, sagte er leise. „Willst du nicht heute Nacht hier bleiben?“
Verschlafen blinzelte sie ihn an. „Du magst es doch nicht, wenn man bei dir übernachtet.“
„Für dich würde ich eine Ausnahme machen.“
Sie schloss die Augen wieder. „Das wäre nett. Aber weck mich ruhig früh, damit ich verschwinden kann, bevor die Nachbarn wach sind.“
„Ich dachte, du wärst keine Frühaufsteherin.“
„Bin ich auch nicht, aber ich will deine Situation nicht noch verschlimmern.“
Er rubbelte ihr mit der Hand über den nackten Rücken. „Ist schon in Ordnung“, beruhigte er sie liebevoll. „Meinetwegen musst du nicht früh aufstehen.“
„Okay.“
Das Sprechen fiel ihr schwer, so müde war sie. Riley drückte sie fest an sich.
„Schlaf jetzt.“
„Mmmm.“
Gracies Atmung verlangsamte sich.
Riley knipste das Licht aus und zog die Decke über sie beide. Schlafen konnte er jedoch noch lange nicht.
Sie hatte recht. Er mochte es nicht, wenn eine Frau über Nacht blieb. Und jetzt ließ er genau das zu – noch dazu bei einer Frau, die möglicherweise schwanger von ihm war. Er sollte sich schleunigst aus dem Staub machen. Komisch, dass er nicht die leiseste Lust dazu verspürte.
Er wollte bleiben, wo er war – bei ihr.
Gedankenverloren streichelte Riley weiter ihren Rücken, dann begann er, mit ihren Haarspitzen zu spielen. Hatte er nach seiner Ehe jemals wieder eine Nacht mit einer Frau verbracht? Hatte er erlaubt, dass eine bei ihm blieb? Er versuchte, sich zu erinnern, und war sich bald sicher, dass es das nach Pam nicht mehr gegeben hatte.
Aber wieso jetzt? Und wieso Gracie? Er konnte sich diese Fragen nicht beantworten – und vielleicht wollte er es auch gar nicht.
Gracie wachte auf wie immer, langsam und glücklich über den erholsamen Schlaf. Sie streckte sich, rollte auf die Seite und fand sich in einem ihr unbekannten Bett wieder.
„Oh Mann“, sagte sie zu sich selbst, während sie sich aufsetzte und sich die Haare aus dem Gesicht strich. Auf dem Kissen neben ihr lag ein Zettel, und als sie danach griff, kehrte die Erinnerung zurück.
„Das war wirklich besser als gut“, dachte sie lächelnd. „Das war wunderbar.“
Riley weiß wirklich, wie man eine Frau verrückt macht, schoss es ihr als Nächstes durch den Kopf, dann ließ sie sich zurück auf die Matratze fallen, um den Zettel zu lesen.
„Ich musste früh zu einem Meeting und wollte dich nicht wecken. Unten steht Kaffee. Bedien dich. Heute Nacht war großartig. Danke.“
Mit ihren Fingern strich sie zärtlich über das Blatt Papier, als würde sie den Mann selbst streicheln.
Aber da war keine weiche Haut, kein erotischer Geruch, nichts außer der Erinnerung an das, was sie zusammen erlebt hatten. Ein schaler Ersatz für das echte Erlebnis.
Sie rollte sich auf die Seite und betrachtete die Bettseite, auf der er geschlafen hatte. „Und jetzt?“, fragte sie laut und fuhr mit der Hand über das Laken. Wie würde es nun weitergehen mit ihnen? Wer war dieser Mann, der ihr Herz und ihre Seele so tief berührte?
Wieder hatte sie so ein unangenehmes Gefühl im Magen, das nicht vom Sodbrennen kam. Nein, es lag an der Zuneigung für Riley, die immer stärker wurde, und ihrem Verstand, der sich dagegen sträubte.
„Das geht nicht“, wisperte sie. „Ich darf mich doch nicht in ihn verlieben.“
Er war die Ursache aller Demütigungen, die sie über Jahre über sich hatte ergehen lassen. Sich jetzt auf ihn einzulassen wäre ...
Sie schloss die Augen und hörte die Stimme ihrer Mutter, die ihr sagte, dass sie sich zum Gespött machte. Gracie erschrak bei dem Gedanken daran. Nicht schon wieder. Nicht wenn ...
„Moment mal.“ Sie setzte sich auf und starrte die Wand an. „Das ist mein Leben, nicht das meiner Mutter und nicht das von irgendjemandem sonst. Es ist mein Leben, und über mein Leben entscheide ich.“
Okay, das klang schon besser. Und jetzt? Wenn sie also nicht ihrer Mutter gefallen wollte, was wollte sie dann?
„Lass dich einfach darauf ein“, ermunterte sie sich. Sie hatte keine Ahnung, wie es mit Riley weitergehen würde, was sie wirklich für ihn empfand und er für sie – aber sie wollte es mit ihm versuchen. Wenn da mehr war, würde sie es bald wissen. Und wenn es nur ein blöder Ausrutscher gewesen wäre, musste sie das auch bald herausfinden. Selbst wenn sie am Ende mit gebrochenem Herzen dastünde – das war immer noch besser, als sich den Rest seines Lebens zu fragen: Was wäre gewesen, wenn ...?
Fünfundvierzig Minuten später verließ Gracie frisch geduscht das Haus. Auf dem Weg zur Arbeit wollte sie kurz bei Jill im Büro vorbeischauen. Auf ihrer Mailbox waren acht Anrufe ihrer Freundin gewesen, Gracie musste sie endlich über ihr Wohlbefinden informieren. Vielleicht würde sie ihr auch ein bisschen was erzählen. Nachdem der Bürgermeister vermeintliche Details aus ihrem Privatleben ausgeplaudert hatte, erschien es ihr albern, ausgerechnet ihrer besten Freundin die Tatsachen zu verheimlichen.
Ganz in der Nähe wohnte ihre Mutter. Vielleicht sollte sie auch bei ihr vorbeifahren und sich ihre tägliche Dosis Vorhaltungen abholen, dachte sie, als sie bei dem Stopp-Schild anhalten musste. Sie traf ihre eigenen Entscheidungen, das musste ihre Mutter jetzt endlich begreifen. Im Moment war ihre Beziehung mit Riley das Wichtigste. Selbst wenn sich das als Fehler erweisen sollte, war das ihre Sache. Und wenn ihre Familie nicht hinter ihr stehen wollte, dann würde sie sich bemühen, auch das zu verstehen.
„Das klingt nach starker Frau“, ermunterte Gracie sich, als sie vor dem Einfamilienhaus parkte. Eine weitere Zurückweisung durch ihre Familie wäre äußerst schmerzhaft, doch egal, wie gemein die anderen zu ihr waren, sie kehrte immer wieder zu ihnen zurück.
Als sie zum Haus ging, bemerkte sie Vivians Wagen, der in der Einfahrt stand. Na wunderbar, dachte Gracie. Zwei in einem.
Gerade als sie anklopfen wollte, bemerkte sie, dass die Tür einen Spalt offen stand. Sie drückte sie auf. „Hallo, ich bin’s!“
Im Haus blieb es still.
„Mom? Vivian?“
Aus dem hinteren Teil des Hauses kam ein Geräusch, dem sie folgte. Als sie den langen Flur betrat, hörte sie Stimmen.
„Ich fasse nicht, wie du das tun kannst“, hörte sie ihre Mutter sagen, die mehr als nur ein bisschen verärgert klang. „Was stimmt eigentlich nicht mit dir?“
„Gar nichts. Ich weiß gar nicht, warum du dich so aufregst“, meckerte Vivian.
„Ich rege mich auf, weil diese Hochzeit Tausende Dollar verschlingen wird.“
Gracie blieb im Flur stehen. Sollte sie sich noch einmal bemerkbar machen oder einfach wieder gehen?
„Ich gebe doch Geld zu meinem Brautkleid dazu“, sagte Vivian trotzig.
„Das Kleid kostet über dreitausend Dollar. Bis jetzt hast du nicht mehr als zweihundert dazugegeben. Schätzchen, ich möchte ja auch, dass du glücklich bist und deine Traumhochzeit feiern kannst, aber diese andauernden Absagen sind einfach unmöglich.“
„Ich weiß. Aber Tom war gestern Abend wirklich gemein zu mir. Ich glaube nicht, dass ich mit so einem Mann zusammen sein kann.“
„Fein. Wenn du heute also die Hochzeit absagen möchtest, dann tun wir das. Aber das war es dann auch. Noch einmal mache ich das alles nicht mehr rückgängig. Ich habe bereits meine fünftausend Dollar vom Sparbuch ausgegeben. So viel Geld habe ich einfach nicht! Ich habe sogar eine Hypothek auf das Haus aufgenommen, um deine Hochzeit zu bezahlen. Gut, ich bekomme einen Teil des Geldes zurück, aber was ist mit den fünftausend Dollar? Die sind futsch, wenn wir jetzt endgültig absagen. Ich gebe dir das Geld für deine Hochzeit gerne, aber ich habe keine Lust, es wegen nichts und wieder nichts zu verlieren, nur weil du dich nicht entscheiden kannst!“
Gracie wich zurück. Davon wollte sie gar nichts hören.
Warum, um Himmels willen, nahm ihre Mutter eine Hypothek auf, um diese Hochzeit zu bezahlen? Das war doch Wahnsinn, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass Vivian überhaupt nicht wusste, was sie wollte. Mit dem teuren Kleid und dem Empfang und dem Essen im Country Club würde die Hochzeit bestimmt über fünfundzwanzigtausend Dollar kosten. Für das Geld konnte man seinem Kind ein komplettes Studium finanzieren!
„Nein, Mom!“ Vivian begann zu heulen. „Es tut mir leid. Ich weiß, ich mache es dir nicht leicht. Ich will nicht, dass du meinetwegen dein Geld verlierst, und ich weiß auch, dass die Hochzeit viel zu teuer ist. Ich werde noch mehr arbeiten. Versprochen. Und ich werde mit Tom reden. Wir werden eine Lösung finden. Aber bitte sag die Hochzeit nicht ab, bitte nicht!“
Ihre Mutter seufzte. „In Ordnung. Aber dann reiß dich zusammen. Es steht zu viel auf dem Spiel.“
Gracie drehte sich um und verließ leise das Haus. Sie wollte jetzt nicht dazwischenfunken, und außerdem war sie vollkommen anderer Meinung.
Einerseits konnte sie nachvollziehen, warum ihre Mutter bereit war, ihr Erspartes für Vivians Hochzeit zu opfern, die vielleicht nicht einmal stattfinden würde. Aber ihr wollte nicht in den Kopf, wie man nur um der Hochzeit willen heiraten konnte. Vivian und Tom machten offensichtlich alle fünfzehn Minuten Schluss miteinander. Das war nicht gerade eine gute Grundlage für eine gemeinsame Zukunft, fand sie.
„Problem anderer Leute“, murmelte Gracie, stieg ins Auto und fuhr zu Jill. Doch trotz alledem kroch wieder das Gefühl in ihr hoch, nicht dazuzugehören. Die Nähe, die sie einmal zu ihrer Mutter und zu ihren Schwestern verspürt hatte, war einfach nicht mehr da. Sie war wirklich auf sich gestellt.
Riley genoss den Tag in der Bank. Nach der gemeinsamen Nacht mit Gracie war es für ihn ein Leichtes, die Blicke und das Getuschel seiner Angestellten zu ertragen. Sollten sie nur reden – er kannte die Wahrheit, und am Ende würde er die Schlacht gewinnen.
Zeke war da anderer Meinung.
„Wir haben ein echtes Problem“, eröffnete ihm sein Wahlkampfmanager, als er in Rileys Büro trat. „Die neuen Zahlen kommen erst heute Nachmittag rein, aber sie sind bestimmt alles andere als rosig.“ Zeke blieb vor Rileys Schreibtisch stehen und sah ihn an. „Alle fanden die Geschichte von deiner Romanze mit Gracie toll. Und deswegen werden sie dich dafür hassen, dass du Gracie schlecht behandelst.“
„Das tue ich ja gar nicht.“
„Es klingt aber so.“
Diese ganze Misere hatte er Yardley zu verdanken. Riley lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Mein Privatleben ...“
„Scheiße.“ Zeke sah ihn erbost an. „Verdammt, Riley. Wenn du unbedingt nur mal wieder einlochen wolltest, hättest du dir besser ...“
Riley war aufgesprungen, noch bevor Zeke seinen Satz beendet hatte. Er packte ihn am Kragen und drückte ihm damit fast die Luft ab.
„Wag es ja nicht, so über sie zu reden.“ Seine Augen funkelten zornig.
Zeke nickte, dann ließ Riley ihn los. Der andere Mann schluckte und richtete seine Krawatte.
„Selbstverständlich. Okay. Warten wir die neuen Zahlen ab.“ Vorsichtig sah er Riley an. „Wirst du dich weiter mit ihr treffen?“
„Ja. “
„Gracie ist meine Schwägerin und eine tolle Frau. Ich habe sie immer gemocht. Aber du bist dir schon der Tatsache bewusst, dass Yardleys Behauptungen – egal, ob was dran ist oder nicht – dich Stimmen kosten werden. Vielleicht nur ein paar, vielleicht eine Menge.“
„Das werden wir schon stemmen.“
„Ja. Natürlich. Ich werde mir eine neue Strategie ausdenken. Gib mir Zeit bis morgen, ja?“ Er trat einen Schritt zurück.
In diesem Moment klopfte Diane und kam herein.
„Es tut mir leid, wenn ich Sie unterbreche, aber Sie hatten mich gebeten, Sie zu informieren, wenn Ihr Vater wieder auftaucht. Er ist da.“
Riley war nicht im Geringsten überrascht. Er nickte. „Ich muss das hier noch zu Ende besprechen.“
Zeke starrte ihn an. „Dein Vater, wie cool. Vielleicht können wir das in der Kampagne verwenden.“
„Nein.“
„Ich meine doch nur ... Dann würdest du nicht mehr so unnahbar erscheinen.“
„Nein.“
Heute schien es unmöglich, Riley gute Vorschläge aufzutischen. „In Ordnung. Ich komme morgen Abend wieder rein. Dann haben wir die neuen Zahlen und eine neue Strategie.“
„Schön.“
Zeke nahm seine Ordner und verließ den Raum. Gleich darauf kam Rileys Vater herein.
„Guten Morgen, mein Junge“, begrüßte der Mann ihn fröhlich. „Wie geht’s?“
„Super.“
Derselbe Anzug wie beim letzten Mal, dachte Riley. Immerhin ein anderes Hemd. Das hier war etwas abgetragener als das, was er am Vortag anhatte. Riley hatte keine Ahnung, wo sein Vater die ganze Zeit gesteckt hatte und weshalb er jetzt Geld von ihm wollte. Aber es war ihm auch herzlich egal.
„Wie viel?“, fragte er einfach, noch bevor sein Vater den Mund aufmachen konnte. „Wie viel willst du?“
Der ältere Mann lächelte. „Ich habe mir überlegt, ins Franchise-Business einzusteigen. Das scheint gut zu laufen. Einige von diesen Sandwich-Läden scheffeln richtig Geld.“
Er redete weiter, doch Riley hörte ihm gar nicht zu. Stattdessen betrachtete er diesen Mann, der sein Vater war, und suchte nach Ähnlichkeiten zwischen ihm und sich.
Vermutlich die Augen. Und die dunklen Haare. Hatte sein Vater Humor? Mochte er gerne guten Scotch, so wie er? Eins hatte er jedenfalls ganz offensichtlich von ihm geerbt: problemlos Frauen verlassen zu können.
Als er zehn Jahre alt gewesen war, hatte Riley seinen Vater vergöttert. Und als er dann verschwand, war Riley maßlos enttäuscht von ihm. Es hatte Jahre gedauert, bis er darüber hinwegkam – im Gegensatz zu seiner Mutter. Natürlich, sie war tapfer gewesen, hatte weiter ihr Leben gelebt, gelächelt, gelacht. Ihre Traurigkeit hatte sie dabei nie verbergen können. Sie hatte alles, was sie besaß, aufs Spiel gesetzt und verloren.
„Also, wie viel?“, fragte Riley noch einmal und unterbrach den Redeschwall seines Vaters.
Der Mann sah ihn an und blinzelte. „Zweihunderttausend?“
Riley öffnete die oberste Schreibtischschublade und nahm sein privates Scheckbuch heraus, das er heute Morgen extra von zu Hause mitgebracht hatte. Wortlos schrieb er den Scheck über die geforderte Summe aus.
„Das weiß ich wirklich zu schätzen, mein Junge. Deine Großzügigkeit bedeutet mir sehr viel.“
Riley reichte ihm den Scheck. „Beim nächsten Mal brauchst du nicht mehr persönlich vorbeizukommen. Es reicht, wenn du mir ein paar Zeilen schickst.“
Sie sahen einander an, dann nickte sein Vater. „Wenn dir das lieber ist.“
„Das ist es.“
„Willst du gar nicht wissen, wie ich dich gefunden habe?“
„Nein.“
„Ich verstehe.“ Sein Vater betrachtete den Scheck. „Ach so. Wie geht es deiner Mutter? Ist sie glücklich?“
Am liebsten hätte Riley ihm einen Schlag verpasst. Wut stieg in ihm hoch, und er konnte sich nur schwer beherrschen.
„Es geht ihr gut. Nett, dass du fragst.“ Er blickte zur Tür. „Ich muss jetzt in ein Meeting.“
„Natürlich. Danke für das Geld.“
Der Mann, der die ersten zehn Jahre seines Lebens sein Vater gewesen war, ging hinaus. Nie mehr wollte Riley ihn wiedersehen. Aber wahrscheinlich würde er ihn demnächst mit einer Flut von Briefen überschwemmen, in denen er um immer mehr Geld für immer neue gescheiterte Träume bitten würde.
Als er wieder allein war, drückte er auf einen Knopf und rief Diane an.
„Ja bitte?“
„Ich möchte das Geld für den neuen Trakt des Krankenhauses spenden“, erklärte er. „Er soll nach meiner Mutter benannt werden.“
Eine kurze Pause. Riley stellte sich vor, wie seiner unerschütterlichen Sekretärin vor Staunen der Mund offen stehen blieb.
„Ich rufe umgehend das Krankenhaus an.“
„Gut.“
Riley unterbrach die Verbindung und drehte sich dann langsam in seinem Stuhl um. Ich hasse meinen Onkel immer noch, dachte er und betrachtete das Porträtgemälde. Aber zum ersten Mal verstand er, wie es war, wenn man so viel Geld hatte, dass man damit die Probleme anderer Leute lösen konnte.
Gracie klopfte zweimal gegen die Backform, um sich Glück zu wünschen, und stülpte sie dann mit einer schnellen Bewegung um. Der Kuchen löste sich ohne große Probleme, einfach perfekt.
„Beeindruckend“, sagte Pam seufzend. „Ich schaffe es nicht mal, Muffins aus der Form zu holen. Ich muss immer ein Messer benutzen, und dann sind sie an den Seiten ruiniert.“
„Das macht die Praxis“, erwiderte Gracie stolz und betrachtete den untersten Boden der ovalen Torte. „Praxis und ein bisschen Beten.“
„Wie viele Schichten wird die Torte am Ende haben?“, wollte Pam wissen.
„Fünf. Das heißt, sie wird sehr groß und sehr schwer.“ Gracie klopfte an die nächste Backform.
„Wie verhinderst du, dass die einzelnen Schichten ineinandersinken?“
„Holzstifte. So verleiht man der Torte Stabilität.“ Die Form löste sich ganz leicht. Gracie seufzte. „Ich liebe es, wenn sich alles zusammenfügt.“
Pam beugte sich über den Kuchenboden und sog das Aroma ein. „Du verrätst mir ja nicht, was du in deine Backmischung tust, aber der Duft dieser Torten ist überwältigend.“
„Danke.“ Niemals würde Pam etwas über den Geschmack einer ihrer Torten sagen. Wie sollte sie sich auch ein Urteil erlauben können, sie aß ja nie etwas. Sie war unnatürlich dünn – das ärgerte sie richtig.
„Das sind ja Hunderte von Blumen“, stellte Pam fest und zeigte auf die sorgfältig mit Fondantrosen belegten Tabletts. „Aber die sind für die Torte, für die du gestern die Glasur gemacht hast?“
„Richtig. Das ist dann der nächste Schritt. Die Dekoration.“ Sie sah auf die Uhr. In sechs Stunden kam der Brautvater, um die Torte abzuholen. Panik! „Man muss die Torte komplett abkühlen lassen, damit der Zuckerguss nicht verläuft. Das ist ziemlich kompliziert. Alle heiraten am Wochenende, das macht es schwierig für mich, die Arbeiten aufzuteilen. Die Dekoration kann ich vorbereiten. In diesem Fall ist das ganz einfach, weil die Torte, die ich heute fertig mache, keine besonders ausgefallene Form hat. Ich muss sie einfach nur mit den Sachen dekorieren, die ich schon bereitgelegt habe. Und die hier dekoriere ich dann morgen.“
Sie stellte die Abkühlgitter auf die andere Anrichte und öffnete die Schutzbox der dreistöckigen Torte, die sie am Vortag glasiert hatte.
„Die Glasur sieht perfekt aus.“ Pam schien wirklich beeindruckt. „So gleichmäßig.“
„Danke. Ich ...“
In diesem Moment klingelte ihr Handy. Sofort gingen in ihrem Kopf die Alarmsirenen an. Sie hatte die schreckliche Phase erreicht, in der nur noch eins zählte: War der Anrufer Riley oder nicht? Ein rascher Blick aufs Display verriet ihr, dass sie die Nummer nicht kannte.
„Hallo?“
„Spreche ich mit Gracie Landon?“
„Ja.“
„Hallo. Mein Name ist Neda Jackson. Ich schreibe für verschiedene Brautzeitschriften und habe gerade den Auftrag bekommen, ein Feature über Sie zu erstellen. Dafür würde ich gerne ein paar Fotos von Ihnen bei der Arbeit und von Ihren Kreationen schießen. Dann machen wir noch ein Interview, und ich spreche mit ein paar Ihrer Kunden, wenn ich darf. Der Artikel soll zwischen sechs und acht Seiten umfassen.
„Ich ... Sie ...“ Gracie zwang sich, erst einmal Luft zu holen. Sechs bis acht Seiten in einer Brautzeitschrift? „Das klingt spannend.“ Mehr als das. Das war phänomenal! Wahnsinn. Sie könnte einen Freudentanz aufführen!
„Finde ich auch“, antwortete Neda. „Aber wir haben eine enge Deadline. Wie würde es Ihnen Anfang nächster Woche passen?“
„Super. Ich bin gerade dabei, zwei Torten fertigzustellen. Wo sind Sie? In L.A.?“
„Genau.“
„Gut. Dann frage ich bei ein paar Kundinnen nach, ob Sie am Wochenende dort ein paar Bilder machen können.“
„Perfekt.“
Neda gab Gracie ihre Nummer und bestätigte noch einmal den Termin ihres Treffens. Als sie auflegte, tanzte Gracie juchzend durch die Küche.
Pam lachte. „Ich schätze, das war eine erfreuliche Nachricht?!“
„Das kann man wohl sagen. In Sachen Karriere war das gerade ein Riesenschritt!“