3. KAPITEL
„Oh!“ Fiona richtete sich in dem Sessel auf. „Du hast mich doch erkannt.“
„Du liebe Zeit, red’ leise und behalt’ es für dich“, fuhr er sie an. „Meine Mutter soll es nicht hören. Wie konntest du ernsthaft glauben, ich würde dich nicht erkennen? In dem Moment, als ich dich erblickte, wusste ich, dass du es warst. Du hast die Sonnenbrille nicht rasch genug aufgesetzt. Aber ich kann verstehen, dass meine Mutter nichts gemerkt hat. Eine beeindruckende Show, Noni. Doch lass uns auf den Punkt kommen. Was bezweckst du mit dem Theater?“, fragte er sarkastisch und vorwurfsvoll.
Die Freude, die Fiona empfunden hatte, verschwand rasch wieder. Sie setzte eine distanzierte Miene auf.
„Ich bezwecke überhaupt nichts“, entgegnete sie kühl. „Es verhält sich genau so, wie ich es vorhin schon erklärt habe. Mein Geschäftspartner hat den Termin mit deiner Mutter vereinbart, ohne es mit mir zu besprechen. Ich habe versucht, alles rückgängig zu machen, und Owen gesagt, dass ich deine Hochzeit nicht organisieren könne, weil du und ich vor vielen Jahren einmal kurze Zeit miteinander verheiratet gewesen seien. Er bestand jedoch darauf, dass ich heute zu deiner Mutter ging. Seiner Meinung nach stand der Ruf unseres Dienstleistungsunternehmens auf dem Spiel. Ich sollte mich bei Charlotte entschuldigen und ihr empfehlen, dass er die Koordination deiner Hochzeit übernehmen würde. Doch als deine Mutter mich nicht erkannte, habe ich zu lange gezögert. Und dann bist du völlig überraschend aufgetaucht, und alles …“ Sie zuckte die Schultern.
„Alles wurde noch komplizierter“, beendete er den Satz für sie.
„Ja“, stimmte sie zu.
Sekundenlang blickten sie sich schweigend an.
„Aber so, wie du jetzt aussiehst, konntest du dir doch denken, dass meine Mutter dich nicht erkennt“, stellte er kurz angebunden fest.
„Ich habe es vermutet.“
„Hat es dir Spaß gemacht, sie zu täuschen? Hat es dir einen ganz besonderen Kick gegeben?“
„Mit so einer Reaktion habe ich gerechnet“, gab sie reumütig zu.
Philip runzelte die Stirn. „Und? Was ist geschehen?“
„Nichts.“ Sie war immer noch etwas irritiert über ihre Reaktion auf seine Mutter. „Deine Mutter ist nicht mehr so wie damals, Philip. Es gelingt mir nicht, sie wegen der Bosheiten immer noch zu hassen.“
„Was für Bosheiten?“
„Oh Philip, tu doch nicht so, als würdest du nicht wissen, was sie mir damals angetan hat.“
„Ich weiß, dass sie dir in gewisser Weise das Leben schwer gemacht hat. Doch glaub mir, sie hätte jede andere junge Frau genauso behandelt, die ich hätte heiraten wollen. Letztlich war es jedoch nicht meine Mutter, die unsere Ehe beendet hat, sondern du selbst hast es getan.“
Fiona wollte sich verteidigen, überlegte es sich aber anders. Es hatte sowieso keinen Sinn. Die Beziehung war längst zu Ende, und Philip würde wieder heiraten, zweifellos eine reiche und schöne junge Frau, die er für den Rest seines Lebens liebte und mit der seine Mutter einverstanden war.
Und sie, Fiona, hatte ihre Karriere. „Ich war noch sehr jung“, sagte sie deshalb nur. „Und du auch. Außerdem kamen wir aus ganz verschiedenen Welten. Es wäre nie gut gegangen mit uns. Ich bin überzeugt, dass meine Entscheidung richtig war.“ Sie wandte den Blick ab, weil sie befürchtete, in Tränen auszubrechen oder sonst etwas Unpassendes zu tun.
Wenige Sekunden später hatte sie sich schon wieder unter Kontrolle. „Was geschehen ist, ist geschehen. Lass uns nicht alte Geschichten aufwärmen, Philip. Sag mir nur, was ich mit deiner Mutter und deiner Hochzeit machen soll.“
Er antwortete nicht sogleich, sondern betrachtete sie durch seine Sonnenbrille, was Fiona irgendwie unerträglich fand.
„Bekommst du Schwierigkeiten mit deinem Partner, wenn du den Auftrag nicht erhältst?“, fragte er schließlich.
„Vermutlich.“
„Dann nimm ihn an.“
Unwillkürlich schreckte sie zurück vor dem Vorschlag.
„Es ist doch keine große Sache, Noni. Wir empfinden nichts mehr füreinander“, erklärte er gelassen. „Unsere Ehe ist Vergangenheit. Du brauchst niemandem zu erzählen, wer du wirklich bist. Corinne weiß nichts von dir, und meine Mutter wird dich nie in Zusammenhang mit der Noni von damals bringen. Außerdem hat sie dir angeboten, dir den doppelten Preis zu bezahlen. Du wärst dumm, wenn du den Auftrag ablehntest.“
Seine pragmatische Feststellung zeigte Fiona, wo sie stand. Natürlich hatte er recht, es wäre wirklich dumm, Nein zu sagen. Und dumm war sie nicht mehr, weder was Geld betraf noch im Umgang mit Männern.
„Dann übst du am besten jetzt schon, mich Fiona zu nennen“, sagte sie leicht spöttisch.
„Damit habe ich kein Problem. Fiona passt sowieso jetzt besser zu dir.“
Sie biss die Zähne zusammen. „Vielleicht hörst du mal damit auf, so sarkastische Bemerkungen zu machen.“
„Ich habe nur eine Tatsache festgestellt.“
„Gefällt dir mein verändertes Aussehen nicht?“, fragte sie.
„Ist meine Meinung überhaupt wichtig? Meine Mutter ist begeistert von dir, das sollte dir eine Genugtuung sein.“
„Ist es auch.“
„Alles andere ist doch egal. Du wirst die ganze Zeit nur mit ihr zusammenarbeiten. Mit den Hochzeitsvorbereitungen hat der Bräutigam wenig zu tun.“
„Stimmt.“ Sonst würde ich die Aufgabe auch gar nicht übernehmen, fügte sie insgeheim hinzu.
„Natürlich bin ich neugierig, wie es zu deiner verblüffenden Verwandlung gekommen ist und wie du Geschäftspartnerin in einem erfolgreichen Dienstleistungsunternehmen geworden bist. Zuletzt hatte ich gehört, du seist mit einem Trucker verheiratet.“
„Woher hast du denn die Information?“, fragte sie fassungslos.
Er verzog die Lippen zu einem Lächeln, seine Augen waren jedoch hinter der Sonnenbrille nicht zu erkennen. Fiona war froh, dass sie auch die Sonnenbrille aufgesetzt hatte.
„Nachdem ich das Studium beendet hatte, habe ich aus reiner Neugier Nachforschungen über dich angestellt“, antwortete er. „Dich selbst habe ich nicht gefunden, aber deinen Vater. Bereitwillig hat er mir erzählt, dass du Kevin Kirby, einen Trucker und Kollegen von ihm, geheiratet hast. Deshalb habe ich dich vorhin auch mit Mrs Kirby angeredet. Aber du hast mich sogleich zurechtgewiesen. Da du eigentlich noch zu jung bist, Witwe zu sein, vermute ich, du bist geschieden.“
„Richtig vermutet.“
„War es wieder deine Entscheidung, Fiona?“
„Ja.“
„Warum hat es nicht geklappt? In dem Fall konntest du sicher nicht behaupten, ihr wärt in verschiedenen Welten aufgewachsen.“
„Nein, bestimmt nicht“, erwiderte sie. Ihre Stimme klang kühl. „Es lag daran, dass Kevin wünschte, ich solle zu Hause bleiben und Kinder bekommen, was ich nicht wollte. Wir haben uns freundschaftlich getrennt. Mit seiner zweiten Frau hat er zwei Kinder.“
„Und du bist dabei, dir ein Millionenvermögen zu verdienen“, spottete er.
„Und was ist dagegen einzuwenden?“, fuhr sie ihn an.
„Nichts wahrscheinlich, wenn das alles ist, was du vom Leben erwartest. Aber ist das alles, was du willst, Fiona? Willst du nur Geld?“
„Etwas Respekt gefällt mir auch. Aber es ist ein gutes Gefühl, Geld zu haben, das man sich selbst verdient hat.“
„Ah ja, eine wirklich unabhängige Frau. Du bist zu bewundern. Lebst du allein?“
„Ja.“
„Da Enthaltsamkeit nicht gerade deine Stärke ist, hast du sicher Freunde.“
„Deine Stärke ist es auch nicht, Philip“, entgegnete sie.
Er lachte. „Stimmt. Schläfst du auch mit deinem Geschäftspartner? Wie heißt er noch? Owen oder so.“
„Fragen über mein Privatleben beantworte ich nicht“, erklärte sie kühl.
„Du stellst Fiona hoffentlich keine ungehörigen Fragen, lieber Sohn, oder?“, sagte Charlotte etwas erschöpft, als sie das Tablett mit dem Kaffee auf den Tisch stellte.
„Am besten kümmern Sie sich gar nicht um ihn“, fuhr Charlotte fort und setzte sich zwischen die beiden. „Er kehrt immer wieder den Rechtsanwalt hervor. Ständig tut er so, als müsste er andere verhören, auch völlig Unschuldige. Manchmal habe ich mit den Zeugen Mitleid, die Philip ins Kreuzverhör nimmt.“
„Sind Sie etwa Strafverteidiger?“, fragte Fiona verblüfft. In Gegenwart seiner Mutter wollte sie ihn nicht duzen. Sie hatte angenommen, er hätte sich auf Körperschafts- und Unternehmensrecht spezialisiert und wäre in die Anwaltskanzlei seines Vaters eingetreten, wie er es geplant hatte.
„Philip ist dabei, sich im Gerichtssaal einen Namen zu machen, stimmt’s, mein Lieber?“ Charlotte war offenbar stolz auf ihren Sohn.
„Ich habe kürzlich einige schwierige Fälle gewonnen.“
Charlotte lachte liebevoll. „Warum bist du so bescheiden? Wie trinken Sie den Kaffee, Fiona?“
„Mit Milch und Zucker bitte“, erwiderte sie und hätte beinah hinzugefügt: genau wie Philip. Du liebe Zeit, sie musste sich unbedingt zusammennehmen.
„Damit du ruhig schlafen kannst, Mam“, begann Philip, während Charlotte den Kaffee einschenkte. „Ich bin natürlich damit einverstanden, dass Fiona die Hochzeit organisiert. Nachdem ich mich mit ihr unterhalten habe, muss ich zugeben, dass ich sehr beeindruckt bin. Sie ist ein Profi durch und durch, und ich bin sicher, sie wird die Aufgabe perfekt erledigen. Um den Vertrag und die Bezahlung kümmere ich mich selbst. Du wohnst zu weit außerhalb der Stadt. Sie haben doch sicher ein Büro in der City, Fiona? Haben Sie vielleicht auch eine Visitenkarte dabei?“
Fiona gefiel der Gedanke nicht, Philip in ihrem Büro zu empfangen. Aber sie konnte es ihm nicht verbieten, zu ihr zu kommen, jedenfalls nicht in Gegenwart seiner Mutter.
„Nicht unmittelbar in der City, aber ganz in der Nähe“, erklärte sie. „Wir haben Büroräume über zwei Läden in St. Leonard’s am Pacific Highway gemietet. Eine Visitenkarte habe ich natürlich auch.“
„Natürlich“, murmelte er.
Sogleich warf Fiona ihm einen zornigen Blick zu, den er jedoch ignorierte. Dann nahm sie die Sonnenbrille ab und steckte sie in ihre Handtasche. Und schließlich zog sie aus dem kleinen Fach an der Seite drei Visitenkarten hervor. Eine davon reichte sie Charlotte, zwei Philip.
„Vielleicht möchten Sie eine Ihrer Verlobten geben“, sagte sie und lächelte betont liebenswürdig. „Ehe ich es vergesse, Charlotte. Sie erwähnten vorhin, die Hochzeit finde in zehn Wochen statt und die Braut halte sich die meiste Zeit in Übersee auf. Habe ich das richtig verstanden?“
„Ja. Corinne arbeitet ehrenamtlich für ein Weltkinderhilfswerk. Ihre beste Freundin ist dort als Krankenschwester tätig. Corinne hatte die Reise nach Indonesien schon geplant und organisiert, ehe Philip ihr einen Heiratsantrag machte. Sie mochte ihre Freundin nicht enttäuschen.“
„Das ist sehr anständig“, sagte Fiona. Es kam ihr jedoch seltsam vor, dass eine junge Frau kurz vor der Hochzeit so eine weite Reise machte. „Na ja, wir dürfen jedenfalls keine Zeit verschwenden. Ich möchte gern in den nächsten Tagen mit der Braut reden, damit ich weiß, wie sie sich das Ganze vorstellt.“
„Ich werde Corinne bitten, Sie heute Abend anzurufen“, bot Philip an. „Unter welcher Nummer? Über Ihr Handy?“
„Nein. Aus Prinzip benutze ich das Handy sonntags nie, es sei denn, ich bin auf einer Hochzeit. Sonst will ich meine Ruhe haben. Geben Sie mir die Visitenkarten, Ihre Verlobte kann mich zu Hause anrufen.“ Sie holte den Füller aus der Tasche und schrieb ihre Privatnummer auf die Rückseite der kleinen Karten.
„Um wie viel Uhr passt es Ihnen am besten?“, fragte Philip dann.
„Bis halb neun bin ich jederzeit zu erreichen.“
„Danach haben Sie wohl noch etwas vor?“
Fiona ging Sonntagsabends nur selten aus. Sie machte es sich gern vor dem Fernseher bequem und sah sich den Film an, der immer um halb neun anfing. Während der Unterbrechungen durch die Werbesendungen lackierte sie sich die Fingernägel und legte sich schon alles zurecht, was sie am nächsten Tag ins Büro anziehen wollte. An diesem Abend brachte man eine Wiederholung eines ihrer Lieblingsfilme.
„Ja, das habe ich“, behauptete sie lächelnd, weil seine Stimme so spöttisch geklungen hatte.
„Haben Sie etwas Besonderes vor?“
„Nein, ich will nur meinen Freund Mark Fenmore besuchen.“
„Wie alt ist er?“, fragte Philip.
„Ende dreißig.“
„Und was ist er von Beruf?“
„Philip, du bist unmöglich!“, rief seine Mutter aus und warf Fiona einen resignierten Blick zu. „Sehen Sie jetzt, was ich meinte? Rechtsanwälte! Diese Leute können einfach nicht anders.“
„Ich unterhalte mich doch nur mit Fiona“, stellte Philip unschuldig fest.
Fiona war klar, dass er sie ärgern wollte. Und das war ihm auch gelungen, was er jedoch nie erfahren würde.
„Das ist völlig in Ordnung, Charlotte“, sagte sie gelassen. „Es ist mir wirklich egal. Mark ist Arzt“, wandte sie sich an Philip. „Chirurg, um genau zu sein. Wir haben uns vor einem halben Jahr auf einer Dinnerparty kennengelernt. Seitdem treffen wir uns regelmäßig.“
In Wirklichkeit kannte sie ihn erst drei Monate, die ihr jedoch wie sechs vorkamen. Mark war ausgesprochen attraktiv. Er war groß, hatte dunkles Haar und sah gut aus. Außerdem war er intelligent und las viel. Sogar im Bett war er ausgesprochen gut.
Doch er war eitel und selbstgefällig und fing an, mehr oder weniger direkt anzudeuten, dass er heiraten und Kinder haben wolle. Fiona hatte vorgehabt, sich in der nächsten Woche von ihm zu trennen, überlegte es sich jedoch anders. Bis Philip verheiratet und wieder aus ihrem Leben verschwunden war, wollte sie noch mit Mark zusammen sein.
Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Philip nicht mehr liebte. Aber es knisterte immer noch zwischen ihnen. Jedes Mal, wenn sie ihn ansah, schienen Funken zu sprühen. Sie vermutete, dass Philip es auch spürte und es ihm genauso unangenehm war wie ihr. Wahrscheinlich fragte er sie auch deshalb über ihr Privatleben aus.
„Wie haben Sie Corinne eigentlich kennengelernt?“, wechselte sie das Thema.
„So genau weiß ich es nicht mehr. Ich glaube auf einem Wohltätigkeitsball.“
„Das hört sich so an, als wäre sie eine sehr engagierte junge Frau.“
„Ist sie auch.“
Offenbar war sie nicht berufstätig und die Tochter reicher Eltern. Das habe ich mir ja gedacht, schoss es Fiona durch den Kopf.
„Wie alt ist sie?“
„Vierundzwanzig.“
Auch das hatte Fiona sich gedacht. „Eine Blondine?“
„Ja.“
Klar, er bevorzugte Blondinen. „Hübsch ist sie bestimmt auch.“
„Sehr sogar.“
„Sie wird eine schöne Braut sein.“ Charlottes Stimme klang warm. „Schade, dass ihre Mutter nicht mehr lebt. Ich bin mit ihr in die Schule gegangen. Sie ist gestorben, als Corinne noch klein war. Ihr Vater ist George Latham, der Senator. Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört.“
Wer hatte das nicht? George Latham war eine starke Persönlichkeit, und seine Familie war ungemein reich. Fiona hatte richtig vermutet, Corinne kam aus den besten Kreisen, genau wie Philip. Es würde eine Hochzeit innerhalb der High Society werden, worüber Owen sich freuen würde.
Plötzlich läutete Philips Handy. Er zog das außergewöhnlich kleine Gerät aus der Tasche seiner Jeans. „Entschuldigt mich“, sagte er und hielt es sich ans Ohr. Dann meldete er sich und ging auf die andere Seite der Terrasse.
Die beiden Frauen tranken ihren Kaffee. Doch Fiona hörte Philips Stimme immer noch sehr deutlich.
„Großartig … Nein, nein, ich habe überhaupt nichts dagegen … Okay, Corinne … Bis bald, Liebling.“
Rasch kam er zurück. „Das war Corinne“, erklärte er. „Es geht ihr besser. Sie hat mich gebeten, zu ihr zu kommen und ihr die Zeit zu vertreiben. Ich wollte nicht Nein sagen, weil sie nächste Woche wegfliegt. Tut mir leid wegen des Essens, Mam, aber du und Fiona braucht mich nicht unbedingt, um die Hochzeit des Jahres zu planen.“
„Natürlich kommen wir ohne dich zurecht“, stimmte Charlotte zu und lächelte Fiona an.
Fiona bemühte sich, auch ein Lächeln auf die Lippen zu zaubern, was ihr ziemlich schwer fiel. Sie war immer noch entsetzt darüber, wie heftig sie auf Philips Gespräch mit Corinne reagiert hatte. Fiona hatte sich sogleich daran erinnert, dass er sie auch „Liebling“ genannt hatte, als sie sich zum ersten Mal liebten. Er hatte sie seinen einzigen Liebling und seinen kostbarsten Liebling genannt.
Und jetzt fuhr er zu seinem neuen Liebling. Wahrscheinlich würde er den ganzen Nachmittag mit Corinne im Bett verbringen und sie mit seiner Liebe verwöhnen. Darin war er Meister. Vor zehn Jahren hatte er Fiona an einem Nachmittag nach leidenschaftlichen Stunden im Bett gestanden, dass eins der Kondome gerissen sei. Und dann war nichts mehr so gewesen wie zuvor.
Plötzlich wurde es Fiona übel, und vor ihren Augen drehte sich alles. Sie hatte das Gefühl, ohnmächtig zu werden oder sich übergeben zu müssen. Am ganzen Körper zitternd, stand sie auf.
Charlotte blickte sie beunruhigt an. „Ist alles in Ordnung, Fiona? Sie sind ganz blass geworden.“
„Ich … ich …“ Weiter kam sie nicht, denn es wurde schwarz um sie her.
Später war sie verblüfft darüber, wie unvermittelt sie bewusstlos geworden war. Es war ihre erste Ohnmacht, und sie hatte immer geglaubt, man würde langsam in diesen Zustand hinübergleiten. Aber da hatte sie sich offenbar getäuscht.
Dass Philip sie auffing, ehe sie mit dem Kopf auf die Steinfliesen schlug, bekam sie natürlich nicht mit. Auch nicht seine schmerzerfüllte Miene, als er Fiona rasch ins Haus trug. Sie sah und hörte nichts, bis sie auf einem breiten Sofa aufwachte und Philips Gesicht genau über sich erblickte.