II
Bill Heydon liebte
die Frau wild und leidenschaftlich, erst auf dem Bett, dann gleich
noch einmal auf dem Boden. Der Sex versetzte ihn in Euphorie, er
fühlte sich um Jahrzehnte jünger. Nach dem zweiten Mal sanken sie
einander völlig verschwitzt in die Arme, beide seufzten vor
Glückseligkeit.
Bill war immer noch
nicht wieder bei klarem Verstand, und Mrs Conner war ganz offenbar
die ganze Zeit nicht bei klarem Verstand gewesen. Sie hatte doch wohl ihn
verführt? Sie war in sein Bett gekrochen.
Ab da war alles nur
noch fundamentaler menschlicher Trieb.
Sie waren
Höhlenmenschen, vor zehntausenden von Jahren, sie benutzten
einander, um ihre Bedürfnisse zu stillen.
Sie hatte den Kopf
auf seine Brust gelegt, seine Arme waren kraftlos um sie gelegt.
Ein anderes von Bills Körperteilen war ebenso kraftlos, und er
rechnete nicht damit, dass sich das so bald ändern würde.
Herr im Himmel, dachte er. Diese Frau
kann vielleicht f… Doch da schob sich ihr Knie zwischen seine
Beine, und ihre Zungenspitze umkreiste seine Brustwarze. Er sog den
würzigen Seifengeruch ihrer Haare ein, und als ihre Brüste sich
fester an ihn pressten, spürte er sein Herz schlagen. Bill wollte
nichts auf der Welt mehr, als es noch einmal tun, aber er erinnerte
sich leicht ernüchtert an sein Alter. Die alte Rute wird sich nicht
so bald wieder aufrappeln.
Doch noch eindeutiger
war Mrs Conners Verlangen. Sie wollte noch mehr, und die
Beharrlichkeit, mit der sie seine Anziehungskraft auf sich zum
Ausdruck brachte, schmeichelte ihm. Da seine Frau ihn verlassen
hatte, und in Anbetracht einiger altersbedingter überflüssiger
Pfunde, war es ein Weilchen her, seit ihn das letzte Mal eine Frau
gewollt hatte. Doch heute Nacht gewann Bill Heydon definitiv eine
Menge seines verloren geglaubten Selbstbewusstseins zurück. Noch
vor wenigen Stunden hatte er sich dem Schicksal ergeben, ein
spitzbäuchiger, verbrauchter alter Mann zu sein, der den Rest
seines Lebens damit verbringen müsste, sich den Hintern zu kratzen
und Football im Fernsehen anzuschauen. Und jetzt lag er
ausgestreckt auf dem heißen Hartholzfußboden, neben ihm eine
wunderschöne nackte Frau, die ihn begehrte.
Ein sanftes Stöhnen
entrang sich ihren Lippen, und ihr liebevolles Nachspiel
entwickelte sich bald zu etwas ganz anderem. Sie legte den Mund auf
seinen und saugte wieder an seiner Zunge. Er konnte kaum atmen;
seine Hüften zuckten, als Wellen von Empfindung sich erneut darin
regten. Dann wanderten ihre Finger hinab, über seinen Bauch hinweg
zu den Lenden.
Bill kicherte.
»Liebling, denk bloß nicht, ich wollte nicht mehr. Aber da unten
wird den Rest der Nacht nicht mehr viel los sein.«
Mrs Conners Lächeln
strafte seine Bemerkung Lügen. Ihre Hand ging äußerst geschickt zu
Werke, und bald strafte auch Bills Körper seine Bemerkung Lügen.
Gott, ich kann das gar nicht
fassen.
Ihr Lächeln
verschwand für einen Moment, als sich ihr Mund an anderer Stelle zu
schaffen machte, und jetzt starrte Bill in die Dunkelheit. Seine
Lustgefühle waren so intensiv, dass er den Kopf hin und her warf.
Einmal fiel sein Blick auf die Uhr an der Wand, doch er war zu
erregt um zu bemerken, dass sie vor einer Stunde aufgehört hatte zu
ticken.
Fassungslos stellte
er fest, dass er schon wieder bereit war. Er sah nach unten auf den
eindeutigen Beweis – Heiliger Strohsack! Ist
das wirklich meiner? -, und dann setzte sie sich rittlings
auf ihn, sanft, aber drängend. Sie nahm ihn.
Die Zeit schien still
zu stehen beim Anblick dieses erotischen Bildes: Sie saß auf ihm,
der Schweiß auf ihrer Haut glitzerte wie Goldstaub, die Konturen
ihres kräftigen Körpers und ihrer Brüste zeichneten sich sanft
gegen das weiche Mondlicht ab.
»Mein Gott, bist du
schön«, murmelte er.
Mrs Conner lächelte
nur, den lüsternen Blick auf ihn gerichtet. Sie antwortete nicht,
und ihm war bisher gar nicht aufgefallen, dass sie die ganze Zeit
noch kein Wort gesagt hatte, seit sie in sein Bett geschlüpft war.
Doch als ein schneller Ruck ihn wieder in sie einführte, sprach sie
zum ersten Mal in dieser Nacht, und zwar immer wieder dasselbe
Wort:
»Mehr … mehr … mehr
…«
Bills Augen weiteten
sich. Etwas stimmte hier nicht.
Als sie die
begehrlichen Worte gesprochen hatte, war das nicht Mrs Conners
vertraute leise Stimme gewesen.
Die Worte wurden
vielmehr in dunklen, glutvollen Sub-Oktaven
ausgestoßen.
Es war die Stimme
purer Lust.
Die Stimme reiner
Sünde.
Es war die Stimme
aller Huren von Gomorrha.