Was zum Geier wollen die von mir?

Wie ich es schon geahnt hatte, war die Geburtstagsfeier meiner Oma der reinste Horror. Das Durchschnittsalter der Gäste betrug wahrscheinlich sechzig, und nach ein paar Stunden kam ich mir mindestens genauso alt vor – da konnte mir selbst mein Lieblingsbuch nicht helfen.

Auch meine Mum schien sich nicht gerade zu amüsieren, doch sie konnte es bei Weitem besser verbergen als ich. Genervt sah ich zum bestimmt hundertsten Mal auf die Uhr, bevor ich entnervt aufstöhnte, da es nicht einmal sechs Uhr abends war.

»Das kann doch nicht wahr sein!«, seufzte ich ergeben und ließ mich tiefer in den alten Schaukelstuhl sinken, von dem aus ich die Feier mit gebührendem Abstand beobachtete. Meine Oma saß zwischen ihren besten Freundinnen und redete ununterbrochen über Früher und ›Wie toll doch ihre Jugend gewesen war‹. Die anderen Gäste redeten ebenfalls nur über ihre aufregende Jugendzeit, und ich hielt nach irgendeinem schweren Gegenstand im Raum Ausschau, den ich mir gegen den Kopf schlagen könnte, um ohnmächtig zu werden und die restliche Party zu verschlafen. Eine große, in der Ecke stehende, Lampe, schien mir die beste Alternative dafür zu sein.

Warum mussten ältere Leute ständig ihrer Vergangenheit nachtrauern und in Erinnerungen davon schwelgen, wie sie ihr Leben genossen hatten? Das brachte ihnen ihren damaligen Elan auch nicht wieder zurück, sondern deprimierte sie nur. Ich konnte das einfach nicht nachvollziehen. Meiner Meinung nach sollte man sich einfach damit abfinden, was die Zeit aus einem gemacht hatte – ändern konnte man es ohnehin nicht, und die Zeit zurückdrehen gewiss auch nicht.

Als mein Handy sich plötzlich mit lautem Klingeln meldete, schreckte ich hoch und verließ schnell den Raum, um meine Ruhe zu haben. Ein Blick auf das Display verriet mir mit leuchtenden, elektronischen Lettern, dass Annabell gerade anrief. Meine Erlöserin – Gott sei Dank! Breit grinsend nahm ich ab.

»Hey Süße was gibt’s?«, fragte ich freudig in den Hörer, während ich mich vor Omas Haus auf eine der Holzbänke fallen ließ. Hier konnte ich ungestört telefonieren.

»Ich wollte nur mal hören, ob du noch lebst, oder schon vor Langeweile gestorben bist.«

»Eindeutig das Zweite.« Annabell lachte ihr übliches, lautes Lachen und ich stimmte fröhlich mit ein.

»Weißt du, du kannst auch jetzt schon zu mir kommen. Wir schauen uns einen schönen Film an und gehen danach erst in die Disko. Was hältst du davon?“

»Ich finde die Idee klasse«, antwortete ich sofort mit Elan, bevor die ernüchternde Wahrheit mich wieder zurück auf den Teppich holte. »Aber ich weiß nicht, ob meine Mum mich jetzt schon gehen lässt.«

»Wenn nicht, hau einfach ab«, schlug Annabell lachend vor, doch ich verdrehte nur meine Augen über ihre Bemerkung. Das war eine der Eigenschaften, die ich an meiner besten Freundin liebte: Sie genoss das Leben in vollen Zügen und dachte nicht immer über Richtig oder Falsch nach. Ich hingegen machte mir immer viel zu viele Gedanken.

»Ja klar, ich hau einfach ab. Du bist doch echt bescheuert«, witzelte ich mit leichtem Spott in der Stimme, während ich nach oben schaute und den fluffigen, weißen Wolken beim Treiben zusah.

»Na, und trotzdem liebst du mich«, entgegnete mir meine beste Freundin durch den Hörer beinahe augenblicklich, woraufhin ich breit grinsen musste.

»Ja das stimmt. Ohne dich wäre ich wirklich aufgeschmissen.«

»Ich weiß.« Wieder brachen wir beide in einheitliches Gelächter aus, bevor mich mein Pflichtgefühl daran erinnerte, dass man mich drinnen wahrscheinlich schon vermisste. Obwohl die Chance gering war, dass man mein Fehlen überhaupt bemerkt hatte – trotzdem beschloss ich nun mit einem letzten, wehleidigen Blick gen Himmel, aufzulegen.

»Okay ich schreib dir eine SMS, ob ich kommen kann. Bye Schnecke.«

»Bye. Und wehe du kommst nicht! Setz deinen Schmollblick ein, wenn es nötig ist.«

»Mach ich.« Immer noch grinsend legte ich auf und ging wieder rein. Als ich meine Mum und meine Oma in der Küche stehen sah, gesellte ich mich lächelnd zu ihnen und stellte mich hinter meine Mutter, um ihr über die Schulter spähen zu können. Sie schnitt gerade eine Gurke in dünne Scheiben und ich klaute mir eine und steckte sie mir in den Mund.

»Mum? Omi?« Beide sahen mich gleichzeitig mit hochgezogener Augenbraue an, wobei sie sich verdammt ähnlich sahen. Breit grinsend wich ich einige Schritte zurück, bis ich rücklings gegen die Küchentheke lehnte, während meine Vorfreude immer größer wurde.

»Ich ahne schlimmes«, brach meine Mum schließlich das Schweigen mit skeptischem Blick, woraufhin ich einen unschuldigen Schmollmund machte und meinen Welpenblick aufsetzte.

»Annabell hat gerade angerufen und mich eingeladen, schon früher zu ihr zu kommen. Könnte ich vielleicht jetzt schon gehen?«

»Aber natürlich Engelchen. Ich weiß doch, dass die Feier viel zu langweilig für dich ist. Es ist ja gar keiner in deinem Alter da, mit dem du reden könntest«, antwortete meine Oma, anstelle meiner Mutter, mitfühlend, woraufhin ich sie freudig jauchzend umarmte. Meine Mum hingegen sah nicht gerade begeistert aus.

»Becca, du weißt doch, dass ich gesagt habe, du sollst bis zum Abendbrot bleiben. Kannst du denn nicht wenigstens diese eine Stunde noch warten?« Ehe ich mich verteidigen konnte, hatte meine Oma ihrer Tochter schon eine Hand auf die Schulter gelegt.

»Das ist doch kein Problem. Rebecca kann ruhig zu ihrer Freundin gehen.« Breit grinsend bedankte ich mich noch einmal bei meiner Oma und drückte meiner Mum anschließend einen Abschiedskuss auf die Stirn.

»Bye! Bis heute Abend«, verabschiedete ich mich fröhlich von ihr, doch sie nickte nur mit angespannter Miene. Allerdings beachtete ich das gar nicht, sondern zog mir im Flur gedankenverloren meine Schuhe an, bevor ich Annabell die SMS schrieb, dass ich schon auf dem Weg zu ihr war.

Leider waren Mum und ich mit ihrem Auto gekommen, daher musste ich den Weg zu Annabell laufen, doch das war immer noch besser, als bei der Feier zu versauern. Da die Sonne langsam unterging, war es auch nicht mehr so furchtbar heiß und ich schwitzte nicht so schlimm. Meine Oma wohnte in Feldmoching, einem Randbezirk von München, ebenso wie Annabell, daher musste ich nur eine knappe Viertelstunde laufen. Was vollkommen okay war.

Der Weg führte durch Straßen, gesäumt von freistehenden Familienhäusern, die an diesem Freitagabend beinahe ausgestorben waren, was selbst für diesen Stadtteil ungewöhnlich war. Um mir die Zeit ein wenig zu vertreiben und mich auf schöne Gedanken zu bringen, holte ich meinen MP3-Player heraus und schaltete mein Lieblingslied von Bakkushan ein. Sofort sang ich leise mit und bekam gute Laune.

›Baby du siehst gut aus. Ich will dich tanzen sehn. Baby du siehst gut aus. Ich will dich tanzen sehn. Baby ich will dich dich schneller, schneller tanzen sehen. Baby ich will dich, dich, dich, dich, dich.‹

Vollkommen in dem Lied versunken, tanzte ich schon fast den Weg entlang, und die wenigen Leute, die mir entgegenkamen – meist Seniorenpaare – belächelten mich mit gönnerhaftem Blick. Doch das war mir vollkommen egal. Ich hatte gute Laune und die würde mir heute niemand mehr vermiesen. Wenn ich mich da mal nicht täuschte!

Nachdem das Lied zu Ende war, fischte ich den MP3-Player wieder aus meiner Hosentasche, und suchte nach einem neuen Song. Mit gesenktem Kopf und vertieft in das leuchtende Display, bemerkte ich erst, dass etwas den Weg blockierte, als ich gegen etwas Hartes lief und unvermittelt zurückprallte. Mein MP3-Player fiel zu Boden, während ich torkelnd darum kämpfte, es ihm nicht gleich zu tun.

Gott! Wenn ich eben wirklich gegen einen Pfosten oder ein Straßenschild gelaufen bin, dann werde ich auf der Stelle im Boden versinken!, schoss es mir durch den Kopf. Benommen sah ich auf und blickte in schöne, dunkelbraune Augen. Okay, immerhin war es kein Pfosten gewesen … aber dafür irgendein fremder Kerl. Klasse! Auch nicht gerade weniger peinlich.

Ich murmelte eine leise Entschuldigung, ohne den Typen wirklich anzusehen, während ich in die Hocke ging, um meinen MP3-Player wieder vom Boden aufzuheben. Jedoch kam mir eine große Hand zuvor und ich sah perplex wieder hoch zu dem Kerl.

Erstaunt musste ich feststellen, dass er verdammt gut aussah. Er hatte hochgestylte, hellbraune Haare und ein ziemlich markantes Gesicht, mit hohen Wangenknochen. Er sah aus wie ein typischer Mädchenschwarm, oder eines dieser Katalogmodels. Eben wie einer, der sich ziemlich viel auf sich einbildete. Bei diesem Gedanken verzog ich das Gesicht. Solche Kerle hatte ich noch nie leiden können.

Und trotzdem konnte ich irgendwie nicht aufhören, ihn anzustarren. Er war einfach zu faszinierend, mit diesem stoischen, schönen Gesicht und den klar definierten Muskeln, die sich unter seinem hellen Shirt abzeichneten. Schnell wandte ich dann doch den Blick ab, als ich merkte, wie ich ihn angaffte, und richtete mich wieder zu voller Größe auf, ebenso wie er.

Auffordernd streckte ich ihm meine Hand entgegen und er ließ meinen MP3-Player schmunzelnd hinein fallen.

»Wie wäre es mit einem kleinen Dankeschön?«, fragte er mich mit arrogantem Blick, woraufhin ich genervt die Augenbrauen hochzog. Als hätte ich es nicht schon geahnt – er war ein eingebildeter Blödmann.

»Wieso? Wegen dir habe ich ihn doch erst fallen lassen. Wenn er kaputt ist bezahlst du ihn mir!«, entgegnete ich daher schnippisch, bevor ich meinen MP3-Player demonstrativ auf irgendwelche Kratzer untersuchte.

»Als wenn das Ding viel wert wäre«, schnaubte der Kerl verächtlich und schob die Hände lässig in die Hosentaschen, was ich mit tödlichem Blick quittierte.

»Schnösel«, raunte ich wütend und schob mich einfach an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen. So ein eingebildeter Hornochse.

Doch ehe ich mich versah, stand er schon wieder vor mir, und ich wäre fast schon wieder in ihn hineingerannt. »Sag mal, was ist eigentlich dein Problem?«, giftete ich ihn fauchend an, doch er grinste nur wieder sein arrogantes Grinsen.

»Mein Problem ist, dass du jetzt nicht einfach so gehen kannst, Schätzchen.« Empört stemmte ich meine Hände in die Hüften und sah ihn wütend an, wobei ich meinen Kopf in den Nacken legen musste, da er einen ganzen Kopf größer war als ich. Für einen Moment versank ich in seinen dunklen Augen, forstete darin nach einem Anzeichen, dass er sich nur einen dummen Scherz erlaubte … doch nichts. Er meinte es ernst, und das ließ den Zorn in mir entflammen.

»Spinnst du?«, fuhr ich ihn daher an, schubste ihn von mir weg und lief betont ungerührt weiter. »Ach, und nenn mich nie wieder Schätzchen, wenn dir dein Leben lieb ist!«, rief ich ihm abschließend zu, ohne mich dabei umzudrehen.

»Wieso denn, Schätzchen?« Schon wieder stand er direkt vor mir – einfach so. Erschrocken sog ich die Luft ein und stolperte sofort einige Schritte zurück.

»Wie machst du das?«, entfuhr es mir entsetzt, jedoch bestand seine Antwort lediglich aus einem eingebildeten Grinsen, das seine strahlend weißen Zähne zeigte. Verächtlich schnaubte ich auf. »Jetzt mal im Ernst – ich habe nicht den ganzen Tag Zeit und du gehst mir gewaltig auf die Nerven, also zieh Leine, du Hornochse!« Diesmal folgte auf mein wütendes Fauchen ein schallendes Lachen, was mich beinahe noch mehr erschreckte.

Obwohl gerade innerlich kochte vor Wut, musste ich leider zugeben, dass er verdammt heiß aussah und sein Lachen ansteckend wirkte. Zum Glück konnte ich mir mein dämliches Grinsen gerade noch verkneifen und verschränkte stattdessen die Arme vor der Brust. Er sollte sich ja nicht noch mehr auf sich einbilden, als er es ohnehin schon tat.

»Du gefällst mir, Süße. Wirklich«, japste er, immer noch lachend, und endlich versiegte der Reiz, in sein Lachen einzustimmen, und ich schnaubte abermals herablassend.

»War‘s das? Kann ich jetzt endlich gehen?«

»Nein«, bekam ich als schlichte Antwort und sah den Typen entsetzt an. Was zum Geier wollte dieser Spinner von mir?

»Leck mich«, zischte ich wieder und wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich auf, indem er meinen Arm mit seiner großen Hand umschloss und mich an sich zog. Mein Schrei blieb mir im Hals stecken, als ich gegen seine breite Brust prallte. Vollkommen überfordert blinzelte ich zu ihm hinauf.

Was wollte der von mir? Mich entführen? Oder doch lieber in einer dunklen Gasse vergewaltigen und dann umbringen?

Ich schluckte ängstlich und versuchte, mich gegen ihn zu stemmen, doch ich hätte mich genauso gut gegen einen Stier wehren können. Sein Griff war stahlhart und ich zuckte zusammen, als er mit seinem Gesicht dem meinem immer näher kam.

»Verdammt lass mich endlich los du Irrer!«

»Du bist zickig, wie niedlich«, stellte er fröhlich fest und ich streckte ihm automatisch die Zunge heraus.

»Und du bist ein Arschloch, wie ekelhaft!«, konterte ich und er lachte wieder laut auf. Na schön, du Blödmann – du hast es nicht anders gewollt!

Tief einatmend sammelte ich all meinen Mut, bevor ich ihm mit voller Wucht in seine Weichteile trat. Ich konnte beobachten, wie er zusammenfuhr und einen Schmerzenslaut ausstieß. Eine Seite von mir wollte sich bei ihm entschuldigen, denn irgendwie sah er in dem Moment ziemlich erbärmlich aus – die andere Seite führte innerliche Freudentänze auf.

So schnell ich konnte riss ich mich von ihm los und rannte das letzte Stück zu Annabells Haus. Ich war noch ungefähr fünf Minuten von ihr entfernt, doch mit genügend Vorsprung war es mir vielleicht sogar möglich, vor dem Psycho dort anzukommen. Zum Glück war ich eine relativ schnelle Sprinterin.

Aber natürlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass sich mir jemand in den Weg stellen würde. Erschrocken quietschte ich auf, als ich, zum widerholten Mal, gegen eine muskulöse Brust knallte. Der Aufprall war so hart, dass ich nach hinten geschleudert wurde und auf den Boden gefallen wäre, wenn ich nicht rechtzeitig an den Schultern gepackt und festgehalten worden wäre. In meinem Kopf drehte sich alles und meine Knie waren weich wie Wackelpudding.

»Nicht so stürmisch Kleine.« Mir gegenüber stand ein ziemlich großer Kerl, der gewisse Ähnlichkeit mit einem Bären aufwies, da er verdammt muskulös war und ein rundliches Gesicht hatte. Ich schluckte ängstlich, da der Typ verdammt angsteinflößend aussah, und versuchte panisch, mich loszureißen. Doch natürlich ließ der Kerl das nicht zu.

»Lass mich los, verdammt!«, brüllte ich, so laut ich konnte, und eilig wurde mir eine große Hand, oder, besser gesagt, Pranke, auf den Mund gelegt.

»Sorry, Kleine, aber du musst jetzt schön die Klappe halten.« Während der Bär dies sagte, grinste er breit, und in mir stieg Übelkeit auf. Er gehörte eindeutig zu diesem anderen Blödmann dazu. Gott, in was war ich hier nur hineingeraten?

»Dieses kleine Biest hat mir doch tatsächlich in die Eier getreten!«, rief da der andere Kerl empört auf und ich hörte, wie er sich dem Grizzlybären und mir langsam nährte. Ängstlich kämpfte ich noch stärker gegen den Riesen an, doch es schien ihm kein Bisschen auszumachen. »Pass bei der lieber auf. Die ist eine kleine Wildkatze!«

Wie zur Bestätigung schnappte ich nach den dicken Wurstfingern, die immer noch über meinem Mund lagen, und kämpfte noch heftiger gegen den Griff des Bären an, was die beiden Trottel sichtlich zu amüsieren schien. »Mensch, Kleine, reg dich ab. Wir tun dir nichts«, beschwichtigte Grizzlybär mich, nachdem er mit Kichern fertig war. Hielt der mich etwa für komplett bescheuert? Natürlich würden sie mir etwas antun!

Warum sonst sollten zwei ausgewachsene Männer ein wehrloses Mädchen packen, festhalten und ihr den Mund zu halten? Ich war das kleine, dumme Opfer zweier Psychopathen!

»Seid ihr endlich fertig? Ryan und ich wollen nicht ewig in diesem bekloppten Lieferwagen warten.« Ein schönes Mädchen mit roten Haaren trat in mein Sichtfeld, die ich mit vor Entsetzen geweiteten Augen musterte. Es gab noch mehr von denen? In was für eine Scheiße war ich da nur wieder gelandet? Die wollten mich in einem Lieferwagen verschleppen!

Ich spürte, wie mir heiße Tränen in die Augen traten, da ich an meine Mutter, meine Oma und Annabell denken musste. Ich würde sie wohlmöglich nie wieder sehen. Das konnte doch nicht wahr sein! Warum passierte so etwas ausgerechnet mir?

Zornig blinzelte ich die Tränen wieder weg. Das Letzte, was ich diesen Psychopathen signalisieren wollte, war meine Angst.

»Ja, wir kommen ja schon! Die Kleine ist nur ein ziemlich zäher Brocken«, antwortete der Bär grölend, bevor er mich ohne Vorwarnung auf seine Arme hob. Dabei löste sich seine Hand kurz von meinem Mund, und sofort begann ich, japsend nach Hilfe zu schreien. Fluchend erkannte Grizzly seinen Fehler, und sofort platschte seine Pranke wieder auf meinen Mund und erstickte somit meine letzte Hoffnung. Niemand würde mich hören. Niemand könnte mich vor diesen Psychopathen retten. Ich war verloren!

Grizzlybär und der andere Mistkerl schritten auf die Rothaarige zu, und gemeinsam steuerten sie auf einen weißen Lieferwagen zu. Als ich ihn sah, schrie ich erneut und wand mich wie eine Verrückte gegen den festen Griff des Grizzlys.

»Mann, die Kleine hat wirklich Power«, stellte dieser belustigt fest, während er mich vor dem Transporter auf den Boden stellte. Abermals nahm er seine Hand von meinem Mund, und wieder kreischte ich sofort japsend los.

»Ihr elendigen Arschlöcher! Wie könnt ihr es wagen…« Mein Schrei wurde durch ein dunkles Tuch gedämpft und ich Dummkopf holte vor Schreck tief Luft, was natürlich ein fataler Fehler war. Ich spürte, wie mir langsam aber sicher schwarz vor Augen wurde und ich ins Land der Träume abdriftete. Als das Tuch wieder von meinem Gesicht genommen wurde, sackte ich in Grizzlys Armen zusammen und flüsterte noch leise: »Ihr Arschlöcher«, ehe ich komplett das Bewusstsein verlor.