24

»Quatsch.«

Matt sprach das Wort in sachlichem Ton aus. Das allein zeigte, dass er ihr kein bisschen Glauben schenkte. Carly erkannte, dass es alles andere als einfach werden würde, einen Mann zu täuschen, der sie so gut kannte wie Matt.

»Stell mich auf die Probe.«

Er warf ihr einen skeptischen Blick zu.

»Nein, Curls, kommt nicht in Frage.«

Carly konnte es nicht glauben, dass sie diesen Mann ohne Tricks nicht ins Bett bekam.

»Um Himmels willen, Matt, denk doch mal logisch. Ich bin erst seit ein paar Monaten offiziell geschieden. Warum sollte ich also auch nur daran denken, wieder zu heiraten? Das eine Mal hat gereicht, um mir die Lust an der Ehe gründlich auszutreiben, das kannst du mir glauben.«

»Wirklich?«, fragte er, nun doch ein klein wenig interessiert.

»Und ob«, bekräftigte Carly und sah zur Linken die First Baptist Church vorüberziehen. Sie musste sich jetzt schnell etwas einfallen lassen, sonst würde sie in nicht einmal fünf Minuten zu Hause sein. »Weißt du, ich habe einen Bärenhunger. Wir könnten ja immer noch essen gehen - dann könnte ich dir so nebenbei alles über meine katastrophale Ehe erzählen.«

»Nein«, antwortete er.

»Nein?«, fragte Carly ein wenig gereizt. »Was soll das heißen -nein?«

»Weißt du, Baby, ich habe es schon öfter erlebt, dass jemand etwas von mir will - darum merke ich es, wenn mich jemand ins Bett bekommen möchte.«

Carly sah ihn finster an.

»Du bist nicht vielleicht ein klein wenig eingebildet, Matt Converse?«

»Willst du mir etwa weismachen, dass du mich nicht ins Bett bekommen willst?«

Verdammter Kerl, dachte Carly. Er kannte sie einfach zu gut.

»Okay, vielleicht ist es so«, gestand sie. Dann holte sie tief Luft, ehe sie zum entscheidenden Schlag ansetzte. »Verdammt, Matt, ich habe zwei volle lahre keinen Sex mehr gehabt.«

Er sah sie kurz an und wandte seine Aufmerksamkeit gleich wieder der Straße zu, die nun etwas holpriger und kurvenreicher wurde. Sie sah, wie sich sein Gesicht anspannte, während er den Fuß vom Gaspedal nahm und auf die Bremse trat. Der Wagen wurde langsamer, und Carly versuchte sich kein Zeichen des Triumphs anmerken zu lassen, als er den Wagen auf den Grünstreifen neben der Straße lenkte.

»Okay«, sagte er schließlich, während er den Motor abstellte und seinen Gurt löste, um sich ihr zuzuwenden. Die Sonne tauchte das Maisfeld zur Linken und das spärliche Gras der Kuhweide zur Rechten in goldenes Licht. Der gleiche goldene Schimmer war auf Matts Gesicht zu sehen, als er sie aufmerksam ansah. Seine Augen verengten sich misstrauisch, doch sie zeigten ein unruhiges Funkeln - und sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass das nichts anderes als Verlangen war.

Er mochte noch so sehr dagegen ankämpfen - doch er begehrte sie genauso wie sie ihn.

Ihr Herz begann ein wenig schneller zu schlagen.

»Könntest du das bitte noch einmal sagen?«, fragte er.

»Weißt du, das ist ein wenig peinlich.«

Seine Augenbrauen zogen sich ein wenig zusammen. »Wenn es dir so peinlich ist, dann hättest du ja nicht damit anzufangen brauchen. Wie kommt es, dass du seit zwei Jahren keinen Sex mehr hattest?«

»Über zwei Jahre, genau genommen«, sagte Carly schonungslos ehrlich.

»Curls...«, sagte er mit einem warnenden Unterton.

Carly drehte sich zur Seite und blickte auf das schmale schwarze Band der Straße hinaus, das sich zwischen den Feldern und Bäumen und Hügeln hindurchwand. Sie rieb sich die Hände an ihren Jeans, weil ihre Handflächen ein wenig feucht vom Schweiß waren. Sie war es nicht gewohnt, mit Männern über Sex zu sprechen - dementsprechend peinlich war es ihr, über diese höchst persönlichen Dinge zu sprechen, auch wenn ihr Gegenüber Matt war und sie nicht allzu viele Geheimnisse vor ihm hatte. Doch sie hatte ein Ziel vor Augen, das sie unbedingt erreichen wollte - deshalb verschränkte sie die Arme vor der Brust und sah ihm ins Gesicht.

»Warum, glaubst du wohl? Ich hatte eben niemanden, mit dem ich Sex hätte haben können.«

Der Blick, mit dem er sie ansah, sprach Bände.

»Ob du's glaubst oder nicht«, sagte Carly empört, »ich bumse nicht mit dem Erstbesten, der sich anbietet.«

»Okay, das glaube ich dir«, sagte er.

Er streckte die Hand aus und zog sanft an einer widerspenstigen Locke ihres Haars. Als sich das Löckchen um seinen Finger wickelte, zog sie reflexartig den Kopf zurück, und er lächelte. Sie hatten dieses Spiel schon als Kinder oft gespielt, wie Carly bewusst wurde, und sie sah ihn finster an.

»Was ist mit deinem Mann? Du hast doch gesagt, ihr habt euch erst vor ein paar Monaten scheiden lassen.«

»Er hatte eine Freundin«, antwortete Carly. »Ich brauchte eine Weile, bis ich dahinter kam. Wir schliefen nicht miteinander - aber ich dachte immer, er wäre zu beschäftigt, gestresst, was weiß ich. Ich war ja auch ziemlich ausgelastet mit meinem Restaurant - weißt du, ich hatte ein Restaurant, das Treehouse.« Matt nickte. Carly wusste genau, wie schnell sich Neuigkeiten in Benton verbreiteten, und war deshalb gar nicht überrascht, dass er es schon wusste. »Na ja, es ist ganz schön viel Arbeit, ein Restaurant zu führen ... und mir war sowieso nicht nach Sex. Ich hatte keine Zeit dafür, war gestresst und so weiter. Die Wahrheit ist, ich war so beschäftigt mit meiner Arbeit, dass mir gar nicht auffiel, wie es um unsere Ehe stand. Auch als ich merkte, dass da einiges nicht stimmte, hätte ich nie gedacht, dass er mich betrügen könnte. Ich kam erst darauf, als ich einmal früher von der Arbeit heimkam und ihn mit seiner Freundin in unserem Bett erwischte.«

»Klingt ziemlich schlimm«, sagte er mitfühlend.

»Es war auch schlimm.« Carly holte tief Luft. »Nein, es war schrecklich.«

»Willst du, dass ich nach Chicago fahre und dem Mistkerl eins auf die Nase gebe?«, fragte er leichthin, so als wäre es nur ein Scherz. Carly spürte jedoch, dass sein Angebot wahrscheinlich sogar ernst gemeint war. Wie sie ihn so ansah mit seinen breiten Schultern und seinen kräftigen Oberarmen und sich dazu den schlanken bebrillten John vorstellte, der sich immer so viel auf seinen Intellekt einbildete, wurde ihr klar, dass es eine äußerst ungleiche Auseinandersetzung wäre. Ein feines Lächeln umspielte Matts Lippen, doch sein Blick war sehr ernst. Carly wusste, dass sie nur ein Wort zu sagen brauchte, damit er John eine kleine Lektion erteilte.

»Du würdest es wirklich tun, nicht wahr?«, fragte sie halb bewundernd und halb vorwurfsvoll.

»Darauf kannst du wetten.«

»Mein Held«, sagte sie, wie sie es so oft in ihrer Jugend getan hatte. Doch damals hatte sie es im Scherz gesagt, während sie es jetzt absolut ernst meinte.

»Für dich gern«, sagte er trocken, so wie er es immer gesagt hatte. Doch sein Blick war diesmal ein ganz anderer.

Das Funkeln in seinen Augen nahm ihr fast den Atem.

Plötzlich lag ein spürbares Knistern und ein Gefühl der Verbundenheit zwischen ihnen in der Luft. Er saß immer noch auf seiner Seite des Wagens, und sie auf der ihren, doch der Raum um sie beide herum schien mit einem Mal geschrumpft zu sein, so als hätte sich der Abstand zwischen ihnen irgendwie verflüchtigt.

»Also, wenn du meine Meinung hören willst«, sagte er, während er sie mit seinen dunklen Augen ansah, »ich finde, dein Ex ist ein verdammter Idiot.«

»Na ja«, sagte sie lächelnd, weil ihr auch das sehr vertraut war. Matt war auch früher schon stets für sie eingetreten, wenn irgendein Rüpel in der Schule sie ärgern wollte. Mit der Zeit hatten alle kapiert, dass Carly zu belästigen automatisch hieß, sich mit Matt anzulegen, worauf man sie geflissentlich in Ruhe ließ. Es war ein seltsames, aber auch schönes Gefühl, dass er wieder für sie eintrat; es wurde ihr bewusst, dass sie sich vielleicht allzu sehr daran gewöhnt hatte, ihre Kämpfe allein auszufechten. »Das finde ich auch.«

Er sah sie lange schweigend an. »Zum Teufel damit«, sagte er schließlich mit heiserer Stimme und streckte die Hand nach ihr aus. Sie kam ihm entgegen und legte die Arme um seinen Hals, und im nächsten Augenblick spürte sie seine Lippen fest und entschlossen auf den ihren. Sie schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss mit einer Leidenschaft, die sie bis zu den Zehen hinunter durchpulste.

Ein lautes Hupen riss sie auseinander. Schwer atmend und ein wenig benommen blickte sich Carly um und sah einen anderen Streifenwagen vorüberfahren. Kurz bevor er hinter der nächsten Biegung verschwand, sah sie noch, dass der Fahrer ihnen fröhlich zuwinkte.

»Verdammt«, stieß Matt hervor, während er dem Wagen nachsah.

Auch er atmete schwer. Er hielt ihr Gesicht immer noch in beiden Händen, während sie die Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Das goldene Licht hob die feinen Fältchen um seine Augen ebenso hervor wie die kleine Narbe auf seiner Lippe. Carly hielt den Atem an, als ihr bewusst wurde, dass der Matt, der hier neben ihr saß, ein erwachsener Mann war. Der Junge, den sie gekannt hatte, war immer noch da, doch er hatte seither Erfahrungen gesammelt, von denen sie nichts wusste. Der Gedanke hatte eine so starke erotische Wirkung, dass ihr Mund trocken wurde und sie ein Brennen im Unterleib verspürte. Sie musste einen leisen Laut von sich gegeben haben, denn sein Blick wanderte zu ihr zurück, und er küsste sie aufs Neue - und das mit einer Leidenschaft, die sie mit sich riss. Sie erwiderte den Kuss voller Hingabe, und es war ihr egal, ob noch jemand vorbeifuhr, der sie beide hätte sehen können, so dass die Stadt genug Klatsch für Monate, wenn nicht Jahre gehabt hätte. Außerdem war nicht auszuschließen, dass man sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses belangte. Die Leute würden um so mehr zu tratschen haben, als es immerhin der Sheriff war, den man in einer so kompromittierenden Situation vorgefunden hatte.

»Okay, es reicht«, sagte er mit leiser, heiserer Stimme, während er seine Lippen abrupt von den ihren zurückzog und ihre Arme von seinem Hals löste.

»Matt...«, begann sie mit bebender Stimme.

»Wir sind keine Teenager mehr, und es ist nicht einmal dunkel. Und wir werden es ganz sicher nicht hier neben der Straße in diesem Wagen tun.« Er atmete tief durch, packte das Lenkrad mit beiden Händen und lehnte sich mit der Stirn dagegen. »Da können wir ja gleich Eintrittskarten für die Zuschauer verkaufen.«

Er hatte natürlich Recht, das wusste sie sehr wohl, doch das hinderte sie nicht daran, ihn so sehr zu begehren, dass ihr ganz schwindlig davon wurde.

»Schnall dich an«, forderte er sie schließlich auf und sah ihr ins Gesicht. In seinen Augen brannte immer noch das gleiche Feuer wie vorhin, doch an seinem entschlossenen Gesichtsausdruck erkannte sie, dass er sich wieder unter Kontrolle hatte.

Sie war zwar ein klein wenig enttäuscht, weil es ihr gefiel, dass sie Matt dazu bringen konnte, die Beherrschung zu verlieren -doch sie erhob keinen Einwand, als er den Wagen anließ und losfuhr. In einem weiten Bogen drehte er auf der Straße um und fuhr in Richtung Stadt zurück. Mit trockenem Mund und pochendem Herzen stellte sich Carly vor, wie es wäre, es mit Matt zu tun. Beim ersten Mal, als sie mit ihm geschlafen hatte, war sie eine ahnungslose Jungfrau gewesen - und trotzdem hatte die Erde unter ihr zu beben begonnen, und der Himmel war über ihr explodiert. Er war eben damakschon ihr Matt gewesen, dem ihr Herz und seit jener Nacht auch ihr Körper gehörte.

Nicht, dass sie vorhatte, ihm das zu sagen. Jetzt nicht und auch nicht irgendwann in der Zukunft.

»Hast du Hunger?«, fragte er und sah sie aus verengten Augen an. Sie wusste, dass er vom Essen sprach und nicht von dem anderen Hunger, von dem sie erfüllt war, und schüttelte den Kopf. In seinen Augen war immer noch dieses Funkeln, das sie im Innersten erbeben ließ, doch es gelang ihr, äußerlich ruhig und gelassen zu bleiben - zumindest hoffte sie, dass es so war. Doch Matt ließ sich wohl nicht so leicht täuschen; er wusste genau, wie sehr sie ihn begehrte.

»Nur Sex, keine Bindung«, sagte er mit festem Blick.

»Genau«, sagte sie mit wild pochendem Herzen.

Er nickte mit ernster Miene.

»Wo fahren wir hin?«, fragte sie schließlich, als er in eine Straße einbog, die nicht zur Stadt zurückführte. Sie war froh, dass ihre Stimme einigermaßen beherrscht klang - vor allem, wenn man bedachte, dass alle ihre Sinne mittlerweile verrückt spielten angesichts der Aussicht, dass sie gleich mit Matt schlafen würde. Es fragte sich tatsächlich, wo sie überhaupt hinfahren sollten. In ihrem Haus herrschte ein Betrieb wie auf einem großen Bahnhof. Bei ihm zu Hause war es nicht anders. Sein Büro kam genauso wenig in Frage, und das Auto hatte er vorhin ebenfalls ausgeschlossen.

Ein Hotel? Nur gab es in Benton leider keines. Doch auch wenn es hier ein Hotel gegeben hätte, so wären sie dort wohl kaum unbeobachtet geblieben. Wahrscheinlich wäre die ganze Stadt mit Ferngläsern angerückt, noch bevor sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen hätten.

Es war ihr bis jetzt noch nie zu Bewusstsein gekommen, aber jetzt sah sie die Wahrheit in aller Klarheit: Das Leben in einer Kleinstadt war für das Liebesleben eines Menschen die reinste Katastrophe.

»Weißt du«, sagte Matt, »ich habe zufällig ein Boot. Und ich habe zufällig auch eine Garage gemietet, wo ich es stehen habe. Über der Garage befindet sich außerdem eine kleine Wohnung, die in der Miete inbegriffen ist.«

Carly erinnerte sich, wie Lissa einmal zu ihr gesagt hatte, dass Matt niemals mit einem Mädchen nach Hause komme - und mit einem Schlag war ihr alles klar: Matt wusste natürlich auch längst, dass es für einen Sheriff in einer Kleinstadt, der noch dazu mit seinen Schwestern unter einem Dach lebte, schwierig war, ein ordentliches Liebesleben zu führen - und er hatte die notwendigen Maßnahmen ergriffen. Die Wohnung über der Garage war eine solche Maßnahme.

Sie nahm ihm das nicht weiter übel, wie ihr bewusst wurde -vorausgesetzt, dass sie ab jetzt ein fester Bestandteil seines Liebeslebens war.

»Wie praktisch«, sagte sie, nur um ihm zu zeigen, dass er nicht der Einzige war, der Gedanken lesen konnte.

Er sah sie an und grinste.

Die Garage lag zwischen Wohngebäuden und Lagerhäusern, die durch Müllcontainer und rostige Maschendrahtzäune voneinander getrennt waren. Als sie die kurze, mit Kies bedeckte Zufahrt hinauffuhren, kam es Carly so vor, als hätte man diese Garage einst zu einem Haus gebaut, das nun nicht mehr da war. Was immer mit dem Haus passiert war - die Garage stand jedenfalls immer noch auf dem kleinen, von Unkraut überwucherten Grundstück. Matt hatte es offenbar verabsäumt, sich die Fernbedienung für das Garagentor zu besorgen, denn er stieg aus dem Wagen aus und öffnete das Tor mit der Hand. Währenddessen blickte sich Carly kurz um; weiter vorne in der Straße war ein Pick-up vor einem Lagerhaus geparkt, doch es war weit und breit niemand zu sehen. Wenn sie Glück hatten, würde die Stadt nie erfahren, dass Matt mit ihr zu einer abgelegenen Garage gefahren war - ein Ereignis, über das es gewiss jede Menge Klatsch gegeben hätte.

Matt stieg wieder ein und fuhr den Wagen in die Garage. Während er ausstieg und das Garagentor schloss, stieg Carly ebenfalls aus dem Wagen. Zu ihrem eigenen Erstaunen verspürte sie plötzlich große Nervosität angesichts dessen, was sie im Begriff war, zu tun. Hätten sie es schon zuvor im Auto getan, als sie beide so in Fahrt waren, dann hätte sie bestimmt nicht an Sandras warnende Worte gedacht, dass sie sich nicht wieder das Herz brechen lassen solle. Auch wenn viele Leute anderer Meinung waren, stellte Carly nun fest, dass es nicht immer von Vorteil war, wenn man viel Zeit hatte, um über wichtige Entscheidungen nachzudenken.

Das Garagentor ging mit einem klappernden Geräusch zu. Matt schaltete das Licht ein, und Carly sah sich in dem stickigen, leicht nach Benzin riechenden Raum um. In dem Betonboden waren Risse und Unebenheiten zu erkennen. Die Wände waren völlig kahl, und die Decke wurde von Tragbalken gestützt, an denen elektrische Leitungen und PVC-Rohre entlangliefen. Beleuchtet wurde die Garage von einer einzigen nackten Glühbirne. An einer Wand führte eine grob gezimmerte Holztreppe zu einer Öffnung in der Decke hinauf, durch die man, so vermutete Carly, zu Matts Wohnung gelangte.

Sie hoffte, dass die Wohnung in einem etwas besseren Zustand war als die Garage - wenngleich das natürlich nicht wirklich wichtig war. Schließlich würden sie die Wohnung ja nur für eine Weile benutzen - gerade lange genug, um ...

Bei dem Gedanken daran, was sie da oben tun würden, spürte Carly die Schmetterlinge in ihrem Bauch wild durcheinander fliegen.

»Wie gefällt dir mein Boot?«

Matt stand so plötzlich hinter ihr, dass sie erschrak, als sie seine Stimme hörte. Sie drehte sich um und sah das gut vier Meter lange Motorboot an, das er voller Stolz betrachtete.

»Ein schönes Boot«, sagte sie, obwohl ihr absolut nichts Besonderes daran auffiel.

Er sah sie aufmerksam an, und es wurde ihr erneut bewusst, dass er sie gut genug kannte, um zu erahnen, was in ihr vorging.

»Okay, Curls, raus damit«, forderte er sie auf.

Carly fiel auf, dass er sie nicht berührte. Mit den Händen in den Hosentaschen schaukelte er auf den Fersen ganz leicht vor und zurück, während er ihr Gesicht fixierte. Er stand so nah vor ihr, dass ihr in aller Deutlichkeit auffiel, wie viel größer er war als sie und wie breit seine Schultern waren. Wenn er es gewollt hätte, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, sie zu packen und unter dem Arm fortzutragen.

»Was?«, fragte sie mit trockenem Mund und pochendem Herzen.

»Wenn du es dir doch noch anders überlegst, dann bitte sehr. Es ist ganz allein deine Entscheidung.«

»Warum sollte ich es mir anders überlegen?«

Schließlich hatte sie sich so bemüht, um ihn so weit zu bekommen. Nein, das kam nicht in Frage. Es war nur so, dass sie plötzlich ein klein wenig aufgeregt war.

»Dann schau mich bitte nicht an, als wäre ich ein Serienmörder.«

Carly reagierte mit einem Stöhnen auf seinen schlechten Scherz. Er grinste und griff nach ihrer Hand, um sie zu küssen. Dann sah er sie wieder mit diesem absolut sinnlichen Blick an, der ihre Knie jedes Mal weich werden ließ, und mit einem Mal war ihre Nervosität wie weggeblasen. Sie war wohl noch aufgeregt, aber mehr aus Vorfreude denn aus Angst.

Diese Veränderung in ihren Gefühlen kam wie gerufen, denn er nahm sie an der Hand und ging mit ihr auf die Treppe zu. Carly versuchte ihre wackeligen Beine und ihr wild pochendes Herz zu ignorieren und folgte ihm zu einem kleinen Treppenabsatz hinauf, wo ein paar einfacfte Holzbretter als behelfsmäßiges Geländer verhindern sollten, dass man auf den harten Betonboden hinunterstürzte. Es war dunkel und staubig hier oben, außerdem drückend heiß und stickig. Vor allem aber musste sie sich eingestehen, dass ihre Aufregung immer größer wurde. Aus Angst, er könnte es sich anders überlegen, wenn er mitbekam, wie nervös sie war, zwang sie sich zu einem Lächeln, als er ihre Hand losließ und nach der Tür tastete.

Was immer es für Folgen haben würde - sie wollte es unbedingt tun, sagte sie sich entschieden. Ja, sie würde tollen Sex mit Matt haben. Was den zweiten Teil ihrer Abmachung, nämlich »keine Bindung«, betraf, so konnte sie sich darüber später Gedanken machen.

Er holte den Schlüssel hervor, sperrte die Tür auf und trat einen Schritt zurück, um ihr den Vortritt zu lassen.

Carly holte tief Luft und trat ein.