KAPITEL 34

Ungeachtet der drei Vampire, die sich gemeinsam mit ihr in dem großen Versammlungssaal in der römischen Mansion aufhielten, lief Sofia auf sehr menschliche Art und Weise auf und ab. Warten war nie eine ihrer Stärken gewesen. Außerdem fühlte sich aufgebracht, verängstigt und verwirrt und wurde die fixe Idee nicht los, dass der Ursprung dieser Gefühle nicht in ihren eigenen Emotionen und Gedanken begründet lag. Doch eine kurze Kontrolle mittels des Bundes hatte auch bei Edward keinen Grund für ihre derzeitige Stimmung ausmachen können.

 

Es muss doch daran liegen, dass alle weg sind! Ihre Gedanken begannen wieder um Maeve, Hasdrubal, Joel, Xylos und Edward, die allesamt unterwegs waren, zu kreisen.

 

„Würdest du bitte – bitte! – damit aufhören?“ Charon stellte sich Sofia in den Weg, um ihr ewiges im Kreis Laufen zu unterbrechen. Tatsächlich stoppte die Vampirin und sah ihr Gegenüber missmutig an. Weder konnte sie nachvollziehen, warum Maeve ausgerechnet ein Geschöpf Nemesis auserwählt hatte, noch warum sie immer noch mit Styx und Philip auf den Karthager warteten, statt etwas zu unternehmen.

 

„Und würde mir bitte – bitte! – jemand erklären, was hier eigentlich los ist?!“ Hasdrubals Stimme durchschnitt die Stille, noch bevor er den Saal betrat.

 

„Wo warst du?“

 

Sofia schluckte ob des gereizten Tonfalls, den Charon angeschlagen hatte. Ihr Missmut über Maeves Entscheidung steigerte sich noch weiter, was sie nicht für möglich gehalten hatte.

 

Für Sekunden hing die Option eines Kampfes zwischen Charon und Hasdrubal in der Luft, doch der Karthager rang sich ein herablassendes Lächeln ab. „Das geht dich gar nichts an. Ich habe ganz zufällig, wie jeder andere Vampir auch, ein Privatleben!“

 

Sofias Blick glitt zwischen den beiden Vampiren hin und her. Das trügerische Gefühl, dass etwas nicht stimmte, war mit einem Mal da, und ließ sich auch nicht abschütteln oder durch Logik beschwichtigen.

 

Hasdrubal ist ein Freund!, versuchte sie sich zur Vernunft zu rufen. Ist er das wirklich? In letzter Zeit hatte der Karthager abgelenkt gewirkt, müde und auf traurige Art wütend und verloren. Und doch hatte Maeve gewusste, dass er ihr folgen würde, wohin auch immer sie ging.

 

„Maeve ist weg!“, murmelte Sofia und lenkte die angespannte Aufmerksamkeit der wenigen Vampire auf sich.

 

Hasdrubal wirkte erschüttert. Eine Mischung aus Wut, Erleichterung und Verwirrung spiegelte sich auf seinem Gesicht wider. „Wie - weg?!“

 

„Ihre Vergangenheit suchen …“ Absichtlich gab die Vampirin die Informationen dosiert weiter, um die Reaktionen des aufgebrachten Karthagers zu prüfen.

 

„Wenn sich dieses Weib etwas in den Kopf gesetzt hat …“ Als dem Vampir klar wurde, dass er laut gesprochen hatte, ging der letzte Teil des Satzes in leisem Gemurmel unter. Sofia glaubte trotzdem ein „… wenn sie sich nicht bald zusammenreißt …“ zu hören.

 

Ihr Blick glitt zu Charon, der ebenso intensiv Hasdrubals Verhalten beobachtete. Auch er schien dem Karthager nicht vollständig zu trauen. Nur weil Maeve mir aufgetragen hatte auf ihn zu warten und ihm zu sagen, wo er zu ihr stoßen kann, heißt dass nicht, dass ich nicht misstrauisch sein darf! Jennifer Schreiner Honigblut