Ich war seit haargenau vier Stunden aus dem Krankenhaus entlassen und wieder zu Hause, da rief er auf meinem Handy an.
Die ersten Anrufe ignorierte ich. Zitternd lag ich unter der Decke und fühlte mich zurückversetzt an jenen Abend. Ich ignorierte auch, was er mir auf die Mailbox sprach.
Aber er ließ nicht locker. Alle paar Minuten rief er an, dauernd poppte seine Nummer auf dem Display auf. Er war nicht mehr im Gefängnis. Er war wieder zu Hause.
Bei diesem Gedanken lief es mir kalt den Rücken hinunter.
Doch ich war auch neugierig. Nach allem, was passiert war, war ich immer noch neugierig. Und ich überlegte, wie furchtbar das alles für ihn gewesen sein musste. Wie furchtbar es wahrscheinlich immer noch war. Würde Cole vor Gericht kommen? Wäre mein Vater dabei? Würde er Coles Familie verklagen?
Am Ende des Tages wurde ich weich. Als er anrief, ging ich dran.
»Alex«, sagte er mit gedämpfter Stimme, als hielte er den Mund dicht an die Muschel. »Meine Emily Dickinson.«
Sonst sagte er nichts. Ich sagte auch nicht. Ich saß nur da und hörte das Surren der Telefonleitung, das sich zwischen uns ausdehnte.
Da wurde mir klar, dass Neugier nicht reichte. Ich … hatte ihm einfach nichts zu sagen. Nicht mehr.
»Gott, es tut mir so furchtbar leid«, seufzte er schließlich. Da nahm ich das Handy vom Ohr, drückte den Anruf weg, schaltete es aus und legte es in meine Nachttischschublade.
Und dort blieb es.