6.

 

CHRONIST: Oliver Sevenaer XXXI:

GESCHICHTE DES II. IMPERIUMS

 

Robot-Handschriftliches Original,

dazu die Logbücher der SANHERIB und der PHARAO III (Auszüge)

 

Auszug I: Der Wechsel der Lichtintensität Bei veränderlichen Sternen des Typs Negeb ist unregelmäßig. Er schwankt zwischen einhundertdrei und dreitausendvierhundertzehn Imperiumstagen. Prototyp ist der Stern Negeb im System Beta pavonis ...

... eine befriedigende Theorie der Negebsterne gibt es bis zurzeit noch nicht ...

... haben normalerweise eine konstante Helligkeit, die in gewissen Abständen durch plötzlich eintretende Ausbrüche abgelöst wird. Temperatur und Partikelabstrahlung des Sternes nehmen in einer kontinuierlichen Kurve zu.

 

Auszug II: Die ENIGMA-Raumschiffe, eigentlich die Beiboote jener riesigen Kugel, sind bekanntlich völlig autark arbeitende Einheiten. Es würde eine Zielangabe genügen, und ein Schiff vom SANHERIB-Typ (identisch, soweit bekannt, mit allen anderen Beibooten) startet, fliegt und landet selbständig. Aber da keine menschliche Besatzung sich selbst während kurzer und unter keinen Umständen während langer Reisen untätig, passiv und fasziniert in den hochkomfortablen zu langweilen riskiert, schuf ENIGMA dafür sog. »orthodoxe Raumschiffseinrichtungen«: Funkpulte, Steuerkonsolen, Kommunikationsanlagen, archaische Bildschirme, Holoprojektoren und ähnliches. Wie weit ein ausgebildeter menschlicher Kapitän ein solches Schiff wirklich selbst steuert, kann nicht genau ermittelt werden. Wohlwollende Skeptiker sind überzeugt, dass ENIGMA-Einheiten trotz der futuristisch anmutenden Einbauten weiterhin von dem Supercomputer (den auch noch niemand gesehen hat) beherrscht werden, und dass Avatare, Subavatare und Roboter mehr der virtuellen Belustigung ENIGMAs als der menschlichen Crew dienen. Wie auch immer: Das alles funktioniert auf faszinierende Weise ...

 

Es war Nacht. Nur das Fließen des Wassers war zu hören. In den undurchdringlichen Matten des Schilfdickichts rührten sich Wasservögel im Schlaf. Ein hiorakontischer Frosch schrie laut und misstönend. Neben Rim, dem Anführer der dritten Gruppe, lag der gespannte Bogen. Daneben der Köcher voller Pfeile, trotz des provisorischen Aussehens kleine Meisterwerke aus längs gefasertem Pfeilschilf. Marisa murmelte schläfrig:

»Jetzt ist das Schiff kaum einen Monat weg. Mehr als drei Viertel der Siedlung stehen schon – wir sind tüchtig, nicht wahr?«

Rim horchte auf die Laute, die von den hölzernen Glocken verursacht wurden, wenn sich die Ringe bewegten. Sein bronzefarbenes Gesicht hinter dem kurzen Bart war ernst. Jede Minute beschäftigte er sich mit den Dingen des Aufbaus. Er antwortete:

»Tüchtig und effizient. Es war gut, dass eine Gruppe ständig an der Planung und dem Bau der Siedlung arbeiten konnte. Das Vernünftigste – drei Gruppen aufzustellen. Die Jäger sorgen für das Essen, die anderen sind Zubringer, und die dritte Gruppe baut.«

Marisa hatte die Stiefel ausgezogen und schaukelte in ihrer Hängematte aus geflochtenen Lianenfasern. Rim sah es gern, wenn sich ihre langen Haare unter den Flammen des Feuers zu bewegen schienen. Sie war blond und tüchtig; eine gute Jägerin. Sie schoss mit dem schweren Bogen so sicher wie er.

»Die Schwierigkeiten waren so groß, dass wir meinten, es nicht zu schaffen. Aber wir sind gut vorangekommen. Noch einen Monat, und die Siedlung ist fertig.«

Duff, der weißhaarige Siedler – er stammte von Ninive Sagitta V, wo alle Menschen weißhaarig geboren wurden –, legte seine Pfeife weg und griff nach einem Geflügelbein, das er von dem Waldhuhn abriss. Es drehte sich an einem geschwärzten Holzstab über dem Feuer.

»Wir haben zuerst solange herumgeredet, bis der endgültige Platz der Siedlung von allen gebilligt worden ist. Und sie steht genau am richtigen Platz. Wirklich, ein veritables Idyll! Dort haben wir Sicht über das gesamte Tal; wir stehen nahe genug am Wald – in gleicher Entfernung liegen das Fabrikationsviertel und die Gruben. Wir haben schwer gearbeitet.«

»Sicher, das haben wir. Und du wirst sehen, dass wir es nicht umsonst getan haben. – Was gibt es morgen?«

Rims Antwort: »Wieder Jagd. Ich möchte wissen, ob wir jemals auf eines dieser großen Tiere stoßen werden, von dem die Knochen«, sein Arm fuhr rückwärts in das sternüberflimmerte Dunkel der Nacht und wies auf einen verschwommenen Fleck in der Kulisse des Waldes, »seit Jahren herumliegen. Was ist es wohl?«

»Vielleicht ein Bär? Auf jeden Fall ein riesiges Tier. Die Gattung müsste längst ausgestorben sein. Wahrscheinlich hat es sich in den Wäldern verborgen gehalten.«

Rim setzte sich zurecht, steckte Pfeile vor sich in den Boden und legte seine Waffe auf die Knie. Er lehnte sich in die moosgepolsterte Vertiefung zwischen den Wurzeln, schob die Spitze eines Balkens in die schimmernde Glut und zupfte gedankenvoll an der Saite des Bogens. Durch Greifen veränderte er die Tonhöhe. Neben Rim schnappte Fowk, der Jagdhund, im Schlaf nach eingebildeten Fliegen.

Die Jäger hatten quer durch den Fluss einen Übergang und gleichzeitig eine Badegelegenheit geschaffen. Die Planung sah ein geradezu komfortables Schwimmbad vor, aber es gab im Augenblick Wichtigeres zu tun. Die eingerammten Stäbe hielten Tiere, antreibende Äste und Schmutz fern und begrenzten die flache Sandbank, die man über einen Steg erreichen konnte. Eine Hängebrücke aus Lianen, Ästen und Bastverbindungen spannte sich zur Insel.

 

Als die Jäger erwachten, liefen sie zum Fluss und erfrischten sich. Die Arbeiter der Zementverarbeitung waren schon auf ihren Posten. Die Siedlung entstand aus Sandstein und Bruchsteinen, mit zementierten Fundamenten und sauber gemörtelt. Sie begegneten einer Trägergruppe, die Kalkstein aus dem Bruch herantransportierte. Die Kufen der Zugschlitten knirschten über den Waldboden. Die beiden Bullen verdienten sich ihr Futter.

Die tägliche Jagd begann. Hauptsächlich wendeten sie das Kesselverfahren an. Sie suchten mit dem dressierten Jagdhund das Wild, kletterten auf Bäume und umkreisten die Tiere, die meist in Gruppen zusammenstanden. Mittags waren beide Gruppen wieder zurück und brachten für zwei Tage Wild mit. Meistens waren es hirschähnliche Tiere, deren Fleisch sich zwei Tage hielt, wenn sie es brieten; noch hatten sie kein größeres Salzlager gefunden. Es gab Wasser dazu, Milch oder Sauermilch, auch Säfte aus Beeren gepresst.

 

Siedler Clyde und sein Freund, der Comaer Ottis, standen auf der Sichtplattform über den Häusern der Siedlung. Clyde war Terraner und zeichnete als gelernter Architekt und Baufachmann für Planung und Ausführung der Siedlung verantwortlich. Schon jetzt konnte man erkennen, dass seine Aufgabe geglückt war. Dreißig Häuser standen beieinander, in einem unregelmäßigen Kreis, in dessen Mitte das Versammlungshaus, eine verfrühte Einkaufshalle und ein Platz eine interessante Kombination darstellten. Die Häuser lagen zueinander wie die Felder eines Schachbretts, aber mit größeren Innenhöfen. Die gebrannten und glasierten Ziegel hatten dazu herhalten müssen, zuerst die Kanalisation und das System der Frischwasserversorgung zu installieren. Schon jetzt hatten Männer und Frauen ihre Namen an die unfertigen Wände gekratzt. Hinter ihnen zog eine dicke, dunkle Rauchfahne in die Luft des Vormittags. Die Ziegelbrennerei war das schnellst arbeitende aller Fabrikationszentren.

»Die Siedlung ist mit Sicherheit innerhalb des nächsten Monats fertig. Es ist so fleißig gearbeitet worden, dass unser Chronist nicht mehr mit dem Schildern aller unserer Erfindungen mitkommt.« Ottis zeigte auf die Häuser, deren Mauervierecke trockneten. Gerade hob man den Abflusskanal aus, der an einer Düngerkläranlage vorbeiführte, die aber auch nur erst abgesteckt war.

»Wir werden der Siedlung einen Namen geben; welchen habt ihr vorgeschlagen?«, sagte Ottis, der Anführer der steinerzeugenden Gruppe. Er beschattete seine Augen mit der flachen Hand und drehte sich zu Clyde um.

»Einige haben Polis vorgeschlagen, der altgriechische Begriff für Stadt. Hiorakonpolis, ist das nicht ein schöner Name für die erste Stadt auf diesem Planeten?«

»Doch«, sagte Clyde langsam, »Hiorakonpolis war eine der ersten Großstädte in Terras Geschichte. Sie lag in Afrika, am Nil. Dort bauten Pharaonen ihre Großsiedlungen. Wir können die Siedlung so nennen; ich habe nichts dagegen.«

Sie stiegen über die Leiter herunter und gingen über die kiesgeschütteten Wege. Man sah Türöffnungen, Aussparungen für Fenster und gemauerte Kamine. Clyde hatte an alles gedacht.

»Später werden wir Glas herstellen, Äcker anlegen und Eisen bearbeiten. Wir können dann Drähte ziehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Winny einen dampfgetriebenen Dynamo entwirft. Es ist heißer geworden, findest du nicht auch?«

»Fühlbar. Wir scheinen uns dem Sommer zu nähern oder dem, was hier dem Sommer entspricht.«

»In den Häusern wird es kühl bleiben. Die Leute von der Ziegelfabrik arbeiten eine wetterfeste und sichere Isolierung für die Dächer aus. Sie soll auf Holz verlegt werden, sagte man mir gestern Nacht.«

Die Siedlung wuchs von Tag zu Tag ...

 

Rim, Duff und Marisa hatten heute nicht vor, auf die Jagd zu gehen. Auch nicht morgen oder die nächsten Tage. Sie wussten, dass die Siedlung drei Tage ohne frisches Fleisch auskommen konnte und hatten beschlossen, einen Vorstoß in unbekanntes Gebiet zu unternehmen. Seit dem Abflug des Raumschiffs waren sechs Hiorakonmonate vergangen. Hiorakonpolis stand fertig da. Schnellwachsende Pflanzen füllten die Lücken zwischen den Häusern aus. Bautrupps schufen die Einrichtung der Häuser.

Fowk lief vor ihnen her. Er hatte seine Nase am Boden und folgte bald der einen Spur, bald einer anderen. Seit Stunden waren sie unterwegs. Sie hielten sich den Flusslauf aufwärts.

»Es ist seit drei Monaten ständig heißer geworden. Ob das nicht bald aufhört?«

Marisa zog sich langsam an einer Hängewurzel hoch. Sie schwitzten alle. Die Bögen und Köcher drückten plötzlich, als besäßen sie doppeltes Gewicht. Das Idyll ließ erkennen, dass es auch aus vielen keineswegs paradiesischen Löchern und Dickichten bestand.

»Ich weiß es nicht, Marisa«, gab Rim zur Antwort und hob die Schultern. Er wusste es wirklich nicht. Irgendetwas tief in seinem Innern erwachte. Verzweifelt bemühte er sich, es zu definieren: Es war der Instinkt aller Wesen, die sich mit der Natur auseinandersetzen mussten und einen besonderen Sinn dafür ausbildeten. Er langte über die Schulter und zog einen Pfeil aus dem Köcher.

»Siehst du etwas?«, fragte Marisa. Duff schwieg. Seine Augen zeigten, dass er mit demselben Problem kämpfte wie Rim. Er fuhr über seinen weißen Schöpf und drehte sich blitzschnell um.

Fowk hatte kurz Laut gegeben.

Zwei Pfeile zischten von den Sehnen und zerfetzten auf ihrem unsichtbaren Weg Blätter und Astenden. Die Flintsteinspitzen bohrten sich mit der Gewalt der Hundertpfundbögen in etwas, das leise aufkicherte und dann schwer von dem gegabelten Ast fiel. Rim und Duff nickten sich zu und rissen die Messer aus der Lederscheide. Dann sprangen sie über die halbmannshohen Büsche und fanden ihre Beute.

Der Hiorakonmarder lebte noch, als sie ihn erreichten. Er schlug wütend nach den Männern, fauchte sie an und entblößte die gefährlichen Fangzähne. Duff tötete ihn, bevor er das Tier packte und umdrehte.

»Das ist unfassbar, und ich kann es nicht glauben«, keuchte Rim. Er stand staunend vor dem Tier und starrte es an. Duff kratzte sich im Nacken und wischte sein Messer am Moos ab. Marisa war hinter Rim getreten und blickte auf das tote Tier.

»Noch vor vier Monaten habe ich keinen Marder gesehen, der länger war als mein Unterarm. Heute ist das Tier der gleichen Gattung so groß wie eines unserer Zwergrinder. Stell dir vor, Fowk hätte uns nicht gewarnt«, gab Duff zu bedenken. Rim schätzte die Entfernung von der Astgabel bis zu ihrem Standort. Die Großkatze hätte einen von ihnen mit einem Sprung erreicht.

»Warum kann uns ein so großes Tier begegnen? Sind diese Tiere so schnell gewachsen? Oder kennen wir die Art bisher noch nicht?«

»Genau das ist die Frage, Rim. Wir werden versuchen müssen, uns rasche Aufklärung darüber zu verschaffen. Gehen wir weiter. Wir haben noch viel vor.«

Sie arbeiteten sich durch den Wald vor und nahmen Richtung auf zum Grat des Berges, der vom Fluss umschlängelt wurde. Vielleicht fanden sie etwas Interessantes oder eine neue Grube voller Steine, Lehm oder Mineralien. Sie machten eine Menge wichtiger Beobachtungen. Endlich, nach einer Stunde, waren sie wieder unter freiem Himmel.

»Da, ein Raubvogel!«, rief die junge Frau. Marisas flinke Augen hatten den Vogel zuerst entdeckt. Duff blieb stehen und zündete seine Pfeife an. Der Vogel kreiste in der heißen Luft unbeweglich über dem Wasser der Flussbiegung. Keine Welle zerriss die Fläche. Die Doppelsichel seiner Silhouette spiegelte sich darin. Der Vogel lauerte auf Beute. Die Jägergruppe beschloss, hier zu rasten.

Sie aßen von den Vorräten, tranken aus den Lederflaschen Beerensaft, den sie mit Wasser aus einer Quelle vermischten, und sahen dem Raubvogel zu, der seine Kreise zog. Er bewegte nur seine schwarzen Schwingen, um sich der Thermik anzugleichen und innerhalb der Luftsäule zu bleiben. Plötzlich schien der Vogel etwas gesehen zu haben. Er schraubte sich vorsichtig tiefer.

Dann faltete er seine Flügel zusammen, streckte die Fänge und fiel wie ein Stein.

Er fing sich einige Handbreit über dem Wasserspiegel, packte zu und erhob sich. Er zog einen langen Fisch aus dem Wasser.

»Nein! Das ist ... unmöglich!«, schrie Marisa und sprang auf. Ihre zitternde Hand deutete hinunter auf das unfassbare Geschehen, das sich vor den Blicken der Jäger abspielte. Der Fisch war kein Fisch! Es war ein Tier, das es laut dem Vorbericht der Imperiumsforscher nicht hätte geben dürfen: eine Wasserschlange, länger als zehn Meter. Der Adler flatterte hilflos über das Wasser und zog die Schlange hinter sich her, bis er in seiner Bewegung einhalten musste.

Die Schlange wehrte sich verbissen und auf typische Art. Sie ringelte sich zusammen und tauchte unter, den hiorakontischen Adler mit sich ziehend. Ein schäumender Wirbel war das letzte, was die Jäger sahen. Duffs Pfeife ging aus. Mit starren Augen sah er auf die Wasserfläche, die sich wieder beruhigte. In der Erregung hatte Rim einen Pfeil aufgelegt.

»Verdammt! Das ist das zweite Mal, dass wir etwas sehen, das gar nicht da sein dürfte. Wenn wir noch einen solchen Fund machen, heißt es nur: Auf schnellstem Wege zurück zur Siedlung. Ich bin gerade dabei, eine hübsche Theorie auszuarbeiten. Wenn sie zutrifft, dann werden wir nicht länger ungestört arbeiten können.«

Sie brachen auf.

Rim war entschlossen, umzukehren, falls ihnen noch ein derart unglaublicher Fund begegnen sollte. An diesem Tag geschah jedoch nichts Außergewöhnliches mehr. Sie schossen gegen Abend ein Wildtier. Rim nahm es aus und briet es; Fleisch für die nächsten Tag. Bei der Jagd hatte Duff ein Bachbett entdeckt, das in den Fluss mündete, aber ausgetrocknet war. Es hatte schon seit Jahren keinen Bach mehr gegeben. Das bewies der Pflanzenwuchs. Die Unruhe der Jäger war gestiegen. Sie richteten sich auf einer Wiese über den Einschnitten der Täler zur Nacht ein.

Sie schnallten ihre Hängematten ab, entspannten zwei Bögen und legten sich hin. Über ihnen begannen sich die fremden Sterne zu zeigen. Marisa hatte die erste Wache übernommen.

 

Marisa war nicht älter als zweiundzwanzig, aber die Schulung für die Siedleraufgabe hatte sie sichtlich reifer gemacht. Doch sie hatte Angst, lähmende Angst. Irgendetwas lag wie drohendes Gewitter in der Luft. Es war nichts konkret Fassbares; nur eine Vorahnung von Unheil. Bei jedem Geräusch schreckte sie auf und hätte am liebsten Rim wach geschüttelt und sich an seine Schulter gelehnt.

Sie sah hinauf zum Himmel, in das herrliche, halb spiralige Sternpanorama. Ihre Uhr, die auf den zwanzigstündigen Tag Hiorakons eingestellt war, zeigte elf Uhr nachts. Ein Meteor zog eine gleißende Bahn in die Schwärze. Er zerspaltete das Firmament in zwei Teile und verglühte. Ein zweiter, größerer! Seine Bahn begann bei Sonnenuntergang und zog sich schräg über das Firmament. Er wurde größer.

Marisa musste einen Schrei gewaltsam unterdrücken. Sie bemerkte die Feuerkugel, die unerträgliches Weiß ausstrahlte. Sie kam näher und senkte sich hinter die Wipfel des Waldes. Sekunden später erschütterte ein schwerer Stoß die Erde. Eine dumpfe Erschütterung rollte hinterher. Dann brach ein gewaltiges Krachen herauf. Rim und Duff standen sofort neben ihren Matten. Ihr erster Reflex war, die Bögen zu spannen.

»Ein Meteorit! Er muss direkt dort hinter dem Wald eingeschlagen haben. Was kann das bedeuten?«, schrie der Jäger erschrocken.

»Ich weiß es nicht, Duff«, beruhigte der große Terraner den Mann von Coma. »Morgen werden wir es sehen.«

Sie versuchten, wieder einzuschlafen, jedoch ohne Erfolg. So kam es, dass sie lange auch das Rauschen und brodelnde Zischen nicht überhörten, das sich mit Naturgewalt durch die Finsternis näher bewegte.

Kaum hatten ihre Ohren die Geräusche registriert, als auch schon der Lärm anfing. Die Vögel, Baumbewohner, Kleintiere, die beim Erdstoß nur kurz aufgeschreckt waren, gaben Laut. Auch Fowk drängte sich zitternd an Duffs Beine. Sie vernahmen das Trappeln vieler Füße: Als ob ein Rudel Elefanten durch das Bachbett stapfte. Rim ließ seinen Bogen stehen und verschwand im Gebüsch. Die Sterne gaben schwaches Licht, aber die helleren Steine des Bachbetts erlaubten es, wenigstens Schatten zu sehen.

Rim klammerte sich an einen überhängenden Baumstamm und sah hinunter. Gleichzeitig erhöhten sich die Funktionen der Sinnesorgane, die nicht mitarbeiten konnten. Er hörte schärfer. In seine Nase kroch der Geruch zerstäubenden Wassers.

Dann sah er die Flutwelle. Seit dem Erdstoß waren zwanzig Minuten vergangen. Gischtend und brodelnd wälzte sich eine ungeheure Wasserwoge mit großer Geschwindigkeit durch das Bett. Sie wollte dem Fluss entgegen und überrollte alles, was sich ihr entgegenstellte oder nicht schneller war als sie.

Drei Kolosse stapften in panischer, kopfloser Flucht vor ihr her. Es waren Tiere, tatsächlich größer als irdische Elefanten. Sie trugen Fell – das konnte Rim in der Dunkelheit wahrnehmen –, aber sie hatten mit nichts Ähnlichkeit, das er kannte.

Ihre großen Sohlen trampelten durch Kiesel und über vermorschte Holzteile, rissen Büsche nieder. Ein Tier glitt aus und fiel. Die anderen rannten weiter. Ein markerschütternder Schrei, röchelnd und trompetend gleichzeitig, fuhr ihnen nach. Dann hatte die Welle den Koloss erreicht und gischtete an ihm hoch, wälzte Felsen heran und ließ sie mit dumpfem Geräusch aufprallen. Wieder schrie das Tier laut. Das Wasser erstickte die Laute und schloss sich gurgelnd um die dunklen Riesenformen. Dann schoss die Welle hinaus in den Fluss. Rasch sank das Wasser.

Rim ging zu seinen Kameraden zurück und erzählte ihnen, was er gesehen hatte. Sie entzündeten wieder das Feuer. An Schlaf war ohnehin nicht mehr zu denken.

»Ist deine Theorie schon fertig, nach diesem letzten Beweis?«, fragte Marisa.

»Ich denke, dass ich euch sofort eine Erklärung geben werde«, antwortete Rim.

»Das ist interessant«, sagte Duff und setzte seine Pfeife in Brand. Seine Augen waren voller Sorge. Wie jeder Siedler, hatte er seine Gedanken auf das Gelingen des Projekts ausgerichtet. Wenn jetzt schon die Widerstände begannen, kaum, dass sie ihre Unterkünfte fertig hatten ... Duff sprach weiter:

»Das ist deshalb interessant, weil ich auch Vermutungen angestellt habe. Du weißt, ich war Botaniker, ehe ich diese Kurse mitmachte. Mir ist einiges aufgefallen, aber ich wollte niemand beunruhigen, ehe nicht größere Dinge geschähen. Jetzt sind aber diese Fälle eingetroffen.« Er machte eine Pause, sammelte seine Gedanken und starrte in die Sterne. »Die grundlegende Überlegung bei allem ist, dass Hiorakon und seine Fauna und Flora einem rhythmischen Wechsel von Normal und Ausfallerscheinungen unterworfen sind. Das Skelett und die vergrößerten Tiere haben mich darauf gebracht.

Einige Jahre lang geht alles gut, dann entstehen Überformen, wie diese Kolosse hier unten. Sie dürften Jungtiere gewesen sein, wenn ich Recht habe?«

»Du hast«, sagte Duff und nickte in der Dunkelheit. Niemand sah es. »Jeder Biologe kennt den Unterschied zwischen Modifikation und Mutation. Wenn man gleiche Abkömmlinge einer Mutter in verschiedene Nährgebiete verpflanzt, geschieht etwas sehr Merkwürdiges: Jeder Nachkomme wird sich anpassen. Einer wird, wenn das Nährgebiet reich ist, fett werden und stark, während der andere in dem kargen Gebiet verkümmert. Und jetzt kommen wir zur Hauptsache!«

Rim hörte aufmerksam zu. Er war Terraner, Sachverständiger für Primitivwaffen und Überlebensfragen. Er hatte die Fertigung der Bögen überwacht und die Jagd organisiert. Aber er würde einen guten Starkstromtechniker abgeben, wenn die Zeit reif war. So, wie es aber im Moment aussah, bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie nicht mehr dazu kamen.

»Vertauschen wir diese Nachkömmlinge; setzen wir den Kümmerling in das fette Nährgebiet und umgekehrt, dann passen sich die beiden sofort an, denn sie haben gleiche Erbanlagen. Das ist die Anpassung, die jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann.«

»Und was versteht man dann unter Mutation?«

»Bei ihr werden durch chemische Einwirkungen, relativ selten, durch Fehlleistungen einiger Samenzellen oder am häufigsten durch Beschuss von Gammapartikelchen Gene zerstört. Gene sind Träger der Erbanlagen. Allerdings können auch Betateilchen diese Wirkung haben. Das Ergebnis aus einer Kreuzung mit diesen unvollständigen Genmassen ergibt einen neuen, reinen Typ. Der Sohn schleppt zeitlebens diesen Fehler mit sich herum und vererbt ihn rein an seine Nachkommen weiter. Das ist Mutation. Die Veränderung ist nicht rückgängig zu machen!«

»Ausgezeichnete Erklärung! Ich meinte dasselbe, aber meine Überlegungen waren nicht so wissenschaftlich exakt. Ich sehe nur, dass ungefähr alle zehn Jahre hier eine schwunghafte Veränderung stattfindet, die Riesenmarder, Flussschlangen und Mastodonten schafft und sie nach einiger Zeit tötet. Aber ich merkte, dass wir uns in einem solchen Prozess befinden. Das ist es, was unseren morgigen Aufbruch bedingt und ferner einen Gewaltmarsch zurück ins Lager!«

»Du hast recht, Rim! Das sollten alle anderen ohne Beschönigungen erfahren. Ich glaube, dass uns noch weitere Überraschungen bevorstehen.«

Marisa schrak hoch. Noch schlimmere Sachen als Riesentiere, die sich aus harmlosen, freundlichen Tierformen innerhalb einer Generation entwickelten?

»Überraschungen welcher Art?«, fragte sie argwöhnisch.

»Keine, mit denen wir nicht fertig werden können. Wir brauchen noch lange dieselbe Zähigkeit, mit der wir angefangen haben.«

»Ich glaube«, sagte Marisa eindringlich, »dass ich dich beruhigen kann. Keiner von uns wird aufgeben wollen!«

»Ich dachte es mir«, sagte der Botaniker. Das Lächeln, mit dem er die junge Frau ansah, war positiv und ohne Angst. »Sobald man eine Sache kennt, kennt man auch ihre schwierigen Seiten und kann sich darauf einstellen.«

Rim legte den Arm um die Schultern Marisas. Er fühlte erschrocken, dass sie trotz der mutigen Worte zitterte.

 

Im Verlauf des nächsten halben Jahres nahm die Hitze weder zu noch ab. Sie lastete über dem Tal, füllte den Raum zwischen den Ufern und drückte auf die Köpfe der Siedler. Nur durch die Straßen der Siedlung wehte Wind.

Jetzt hatten die Brennöfen auch farbig glasierte Steine geliefert. Das Schwimmbad war fertig. Eine Treppe führte vom Rand der Siedlung hinunter an den Fluss, der durch Klärbecken lief und sich in das große Bassin ergoss.

Trotz der Belastung durch das Wissen, das durch zahllose weitere Beobachtungen und Faktoren bereichert wurde, ließen die Siedler nicht davon ab, die Einrichtungen ihrer Gemeinschaft weiter auszubauen. Ein Beweis für die gute Arbeit, die Terra Center geliefert hatte, war, dass noch kein Führer benötigt wurde, dass sich niemand gegen die notwendige Autorität einiger Fachleute stemmte und dass bei allen Dingen, die mehr als drei Personen angingen, klare Mehrheitsbeschlüsse galten.

In einem Fach des Versammlungshauses, das sich auf betonierten Stelzen über die Stadt erhob, ruhte der einzige Gegenstand, der noch an das Schiff und die Gruppe von fünf Wissenschaftlern erinnerte – das »Buch«; ein einfacher, unverwüstlicher Textrecorder, dessen Energiespeicher mit einer Handkurbel geladen wurde. Es handelte sich um die Chronik der Siedlung. Jeder Tag wurde behandelt und geschildert. Der Chronist war ein junger Mann, der erste »Reporter« der Siedlung.

Die Wochen und Monate verstrichen. Es geschahen alle Dinge, die geschehen mussten, solange es Menschen gab. Männer fanden zu Mädchen; die ersten Kinder wurden geboren. In jedem zweiten Haus wohnten junge Familien. Auch Hunde und Rinder stolzierten mit Nachwuchs umher.

Bauern bestellten Äcker, die Adern der Bewässerung durchzogen die Fläche vor der Stadt. Die Siedler hatten einen Bach umgeleitet, der eine Mühle trieb, zu einem Teil die Kanalisation besorgte und zusammen mit einer Quelle den Hochbehälter der Wasserversorgung füllte. Auch er war aus wasserundurchlässigen Ziegeln erbaut worden.

Das erste Kind war eine kleine Sensation. Cyrill und Tonie, der Leiter der eisensuchenden Trupps und die Ärztin, überraschten die gesamte Siedlung mit der Mitteilung, ihr Neugeborenes habe schon Zähne. Natürlich wurden sie ausgelacht; stundenlang kursierten Witze, die sich mit dem ungerechtfertigten Stolz junger Eltern beschäftigten.

Dann sahen es die meisten Siedler. Jung-Cyril war die erste menschliche Mutation dieses Planeten. Die Ärzte standen neben der Mutter, die Klein-Cyril auf dem Arm hatte. Der Kleine sah ernsthaft auf die Köpfe der Männer, bemerkte ihre Bärte und erschrak. Dann begann er zu schreien. Erst die Mutter konnte ihn wieder beruhigen.

Er trug in seinem kleinen Mund keine echten Zähne. Sie sahen, dass es zwei Reihen von winzigen Hornplatten waren, die schneeweiß aus dem Zahnfleisch hervorlugten und nicht höher standen als einen Millimeter. Sie saßen, soweit man feststellen konnte, auf einer Schicht substanzbildender Zellen, die auf den Knochenleisten der Kiefer aufgebaut waren. Sie standen neben dem Kleinen, den die Mutter in ein Leinentuch wickelte, als ein Mann hereinkeuchte. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Tonie kannte ihn. Sie hatte ihn wegen einer Geschwulst behandeln müssen. Er wohnte im entgegengesetzten Sektor der Stadt. Aufgeregt rief er:

»Tonie, rasch! Britt bekommt ihr Kind!«

Tonie gab den Kleinen ihrem Mann und lief mit den Ärzten dem Mann hinterher, der über die Kieswege der Siedlung rannte. Sie wusste, dass hier jede Entbindung ein kleines Problem sein konnte. Sie kamen zur rechten Zeit.

 

Tonie verließ das Zimmer und trat auf den Mann zu. Sie lächelte. In der hellen Sonne sah der Vater des Kindes die Tränen in ihren Augenwinkeln nicht.

»Was ist, Tonie, ein Junge?«

Tonie schüttelte langsam den Kopf. Der Mann wollte an ihr vorbei in das andere Zimmer. Sie hielt ihn zurück. David hatte sich sehr auf seinen Sohn gefreut. Er packte Tonie an den Schultern. Sie drehte ihren Kopf weg, als er ihr in die Augen sah, und flüsterte:

»Dave! Du hast jetzt eine sehr große Verantwortung.«

»Welche? Warum sagst du nicht, was los ist?«

»Ich hoffe, dass du uns helfen wirst. Dein Kind ist nicht lebenstüchtig. Es hat nie gelebt. Es starb noch vor der Geburt.«

»Ist das wahr?«, keuchte er.

»Ja. Eine Mutation nach der negativen Seite. Schlimm, aber nicht zu ändern. Dein nächstes Kind wird wahrscheinlich gesund werden, hoffe ich. Die nächsten Geburten werden es zeigen.«

»Britt?«, fragte er tonlos.

»Sie hat es noch nicht gesehen. Ich werde dies verhindern. Es wäre ein furchtbarer Schock für sie. Du musst ihr die Angst nehmen. Erzähl ihr, dass das Kind an Herzschwäche gestorben ist. Wir werden es sofort begraben.«

»Kann ich es sehen?«

David bewies, dass er sich beherrschen konnte. Er riss sich gewaltsam zusammen, um seine maßlose Enttäuschung nicht hinausschreien zu müssen. So folgte er stumm der Ärztin. Sie schlug eine Decke zurück. Dave sah hin, blickte verstört an Tonie hoch und schüttelte dann stumm den Kopf. Er blickte auf seine ohnmächtige Frau und ließ dann die Handlungen der Ärzte an sich vorbeigehen, als sähe er einen schlechten Film.

»Versprichst du mir, Dave, dass du dein Wort hältst?«, fragte die Ärztin.

»Ja, Tonie. Stimmt das, was du vorhin sagtest?«

Tonie lächelte matt, aber sie nickte ihm zu.

»Ich glaube selbst daran. Die Wahrscheinlichkeit spricht in jedem Fall dagegen.«

 

Hiorakonpolis hatte sein erstes Grab. Der Chronist verschlüsselte den Bericht der Ärztin so, dass ihn niemand lesen konnte außer ihm und einer Dechiffrieranlage auf Terra Center. Es war wichtig, jede Panik von der Siedlung fernzuhalten. Sie hatten Arbeit und Aufgaben genug. Aber es blieb der einzige Bericht dieser Art.

Die neugeborenen Kinder waren gesund, sodass die Eltern nichts zu befürchten hatte. Sie schrien so laut, wie nur gesunde Babys schreien konnten.

Die Ernte reifte auf den Feldern. Die Regenzeit, die vier Wochen fast ununterbrochen Regen gebracht hatte, war vorüber. Der Fluss hatte seine Ufer übertreten, das Bad überschwemmt und dürre Äste und tote Tiere darin gelassen. Die Männer reinigten das Bassin, nachdem sich der Wasserspiegel wieder gesenkt hatte. Dann brach die Sonne durch; die schweren Wolken verschwanden. Der Wald begann dampfend zu wuchern.

Die Bauern bekamen mehr Arbeit. Einzelne Abteilungen zogen hinaus, um ihnen zu helfen. Sie mussten dafür sorgen, dass der Wald ihnen nicht die Felder auffraß. Die nächste Ernte würde einen Rekord darstellen; auch Pflanzen waren mutiert. Die Halme standen fast zwei Meter hoch; nur an den Stellen, an denen Keimlinge mutierter Samenkörner aufgegangen waren. Die Siedler sammelten diese Ähren und machten, da sie einen schädigenden Einfluss auf den menschlichen Organismus befürchteten, einen Test.

Es gelangte zur nächsten Aussaat nur Weizen dieser Art. Das Korn, das nicht verbraucht wurde, schleppte man nach dem Trocknen und Dreschen in einen großen Kornspeicher, nach dem Prinzip alter terranischer Speicher aus Ziegeln gebaut. Wochen vergingen, die Sonne verlor wieder an Kraft. Die Arbeit, die während der Regenzeit geruht hatte, bekam neue Impulse.

Es ging ihnen allen recht gut. Alles, was sie jetzt schufen, überschritt bereits die karge Notwendigkeit und wurde zum Luxus.

 

Suchtrupps unter starker Bewaffnung und in Begleitung erfahrener Jäger mit vergifteten Pfeilen suchten in der Umgebung. Sie hatten beschlossen, eine Glashütte zu gründen. Die vier ausgebildeten Glasarbeiter sollten ihre Fähigkeiten beweisen. Es waren aber längst nicht mehr nur sechzig Menschen in der Siedlung, sondern fast achtzig. Die Trupps fanden Gruben und Erdlöcher, in denen die gesuchten Mineralien zutage traten.

Kalkstein, Natrium und Sand waren bald in ausreichenden Mengen gefördert. Die Glashütte hatte ihr Debüt, als das Versammlungshaus mit Glasfenstern versehen wurde. Sie waren zwar weder riesengroß noch Meisterwerke, aber sie übertrafen die Erwartungen. Jedes Haus bekam in den nächsten Monaten Fenster und Glasziegel in das Mauerwerk. Für später plante man die Herstellung von Gläsern und Schüsseln, Krügen und Kochgefäßen. Die Glasarbeiter zeichneten in der Freizeit schon die Formen und suchten sich aus, welche Farben sie den Schöpfungen geben würden. Wieder zogen Monate über die Siedlung hinweg.

Da die grobe Arbeit größtenteils getan war, konnten sie sich den feineren Dingen widmen: der Glasbläserei, dem Bau einer Mühle, der Planung eines Elektrizitätswerks, der Suche nach Eisenerz und dem Bau einer Mauer um besonders gefährdete Teile der Siedlung Hiorakonpolis. Die Frauen begannen Tücher zu weben; stickten Teppiche und Kissen, kochten und tauschten den Ertrag ihres Haushalts. Bauern erhielten Wildbret für Korn oder Knollenfrüchte. Gegen Leder wurden Stiefel, Wasserflaschen oder Wildlederkleidung getauscht. Die Naturalienwirtschaft stand in voller Blüte.

Es schien, als ob jede düstere Prophezeiung Unsinn gewesen wäre. Jedenfalls lockerte sich die Spannung, die ständige Furcht, von irgendetwas innerhalb der unbekannten Natur überwältigt zu werden.

 

Aldo arbeitete mit Winnie an dem letzten Projekt, einem wassergetriebenen Generator, der die Siedlung mit Strom versorgen sollte. Die Glasbläser hatten versichert, dass sie Glühbirnen erzeugen könnten, wenn welche benötigt würden.

Aldo hatte die Pläne, Werkzeuge und die Verantwortung der mechanischen Teile unter sich, er würde die Schaufelräder einer hölzernen Turbine bauen, die Zahnräder im Ölbad und die Achsen des Generators. Er hatte Bögen aus Pergament vor sich liegen – seit zwei Monaten gewannen zwei Familien das Papier aus den Schilfgräsern des Flusses. Spät in der Nacht löschte er die Kerzen und legte sich schlafen.

 

Nachts entfaltete die Blüte der Pflanze sich zu ihrer vollsten Schönheit. Sie schillerte in metallischem Glanz auf, saugte sich mit Nährstoffen aus den Stängeln voll und wartete auf die Insekten, die in ihren Kelch flattern würden. Das Licht, das von der Blaulilie ausging, lockte die Schwärmer an. Aber die Lilie war nicht nur schön.

Langsam lockerte sich die Wurzel, kroch aus dem Loch, das sie sich gegraben hatte, und griff nach dem nächsten Halt. Es war der Stamm eines Zierstrauchs, der sich an die hitzestrahlende Mauer schmiegte. Er schüttelte sich, dass seine Blätter flogen und die Staubgefäße seiner Blüten einen rötlichen Nebel über das Gras ausschütteten.

Wieder glitt die Lilie näher an die Mauer heran. Jetzt griff eine Ranke – zäh, voller Widerhaken – über die steinerne Brüstung. Sie glitt ab, fing sich und rollte sich auf. Dann holte eine zweite Ranke aus, ringelte sich zusammen und schnellte vor. Sie witterte die Wärme eines Körpers, mit einer Flüssigkeit gefüllt, die die Pflanze brauchte, um den Verwandlungsprozess in einen Baum zu vollenden. Insekten waren zu klein. Die Ranken zogen sich auseinander und suchten zitternd vor Gier über dem warmen Körper, bis sie die Stelle gefunden hatten, an der diese Flüssigkeit unter einer dünnen Rinde pulsierte.

Eine dritte Ranke folgte ihnen. Sie kannte das Ziel und ringelte sich behutsam um den warmen Stamm, unter dessen Haut es so verlockend pulsierte. Dann spannten sich die zähen Zellen und schnürten die Stelle ab, unter der die Nahrung lag. Langsam drückte die Lilie zu.

 

Eine silberne Gestalt schwang sich mit einem hohen Satz über die Mauer der Siedlung. Ein Hund bellte, dann schlief er wieder ein. Der blitzende Schemen war ähnlich wie ein Mensch, er lief geduckt über einen Kiesweg, wobei die weichen Sohlen keinerlei Geräusche machten. Er trug in der Hand ein schlankes Wurfbeil. Die schwarzen Augen über dem breiten Maul drehten sich schnell nach allen Seiten, sie saßen seitlich am runden Schädel. Wieder überquerte der Schemen einen Weg, rutschte durch die Pforte in einem Gartenmäuerchen und erstarrte, als er ein würgendes Geräusch hörte. Dann war es still – plötzlich fiel etwas zu Boden und zerschellte. Wieder hustete jemand, gurgelte. Einige dumpfe Schläge ertönten.

Die darauf folgende Stille war so intensiv, dass sich der silberne Körper aus dem Schatten des Dachvorsprungs hervorwagte und näher zum Fenster ging. Seidenweiches, grausilbernes Fell bedeckte den Körper, der sich an den glatten Steinen rieb. Er sah die Blaulilie, die gierig über dem Fensterbrett hing; das Beil sauste herunter und trennte die Blüte von dem Blättersystem der Lilie. Dann wandte sich der silberne Schatten wieder zurück in die Dunkelheit, aus der er aufgetaucht war.

Am Morgen weckte ein gellender Schrei die Nachbarn von Aldos Haus. Sie waren Sekunden später in dem Zimmer, aus dem sie den Schrei gehört hatten. Aldos Frau, Rena, stand fassungslos neben dem Toten.

Eine Pflanzenfaser hatte sich um seinen Hals geschlungen und ihn erwürgt. Der Tonleuchter war vom Tisch gefegt worden. Drei Dornen aus der Pflanze hatten sich in seine Halsschlagader gebohrt. Die Blaulilie hatte Aldo erdrosselt und ausgesaugt. Merkwürdig war nur, dass die Blüte der Lilie abgeschlagen war und im Holz des Glasrahmenfensters sich eine scharfe Kerbe abzeichnete. Als hätte jemand mit einem scharfen Messer zugeschlagen.

Der Chronist hatte an diesem Tag drei Seiten voll zu schreiben. Er benutzte den letzten seiner von der Erde mitgebrachten Stylos. Er klappte das Buch zu und überlegte sich, woher er seinen nächsten Schreibstift nehmen würde. Aldo war einer seiner Freunde gewesen. Sein plötzlicher Tod hatte bei der Planungsabteilung eine Lücke hinterlassen. Er war das zweite Opfer der Siedlung. Die Vorsicht wuchs wieder in Hiorakonpolis.

Nachts wurden die Fenster geschlossen. Alle Blaulilien wurden herausgerissen und verbrannt.

 

CHRONIST: Oliver Salim Sevenaer XXXII

GESCHICHTE DES II. IMPERIUMS

 

Robot-Handschriftliches Original,

dazu verwendet die Logbücher der SANHERIB und der PHARAO III

 

PROTOKOLL: Von den dreißig Elternpaaren in Hiorakonpolis stammten achtundfünfzig Kinder, Es wurden unter diesen Nachkommen dreiundzwanzig neue Verbindungen geschlossen, diesen entsprossen dreißig Kinder. Es gab insgesamt acht Todesfälle. Heute, am 30. Tag des 55. Jahres der Besiedlung, bewohnen einhundertvierzig Menschen die Siedlung.

(Chronik von Hiorakonpolis, aus dem Register)

 

Rim und sein Sohn blieben Jäger. Sie besaßen neben den Bögen auch einfache Hinterlader, mit denen sie genau schießen konnten. Sie verschossen Patronen aus Papiermasse, mit Zündhütchen versehen und mit einer Kugel aus gehärtetem Eisen. Außerdem hatten sie noch Feuerrohre, die aber nur als Nahkampfwaffe gedacht waren. Sie taugten nichts bei der Jagd. Nur, wenn sie eines der Riesentiere anging, konnten sie eingesetzt werden.

»Mehr als dreißig Mal sind wir von Tieren angefallen worden, die sich aus vorhandenen Kleinformen herausmutiert haben«, sagte Rim ruhig.

»Aber sie waren nicht so lebenstüchtig wie die anderen, Paps«, meinte sein Sohn und hielt sich an der Halskette des Hundes fest. Michael war siebzehn Jahre alt, hochgeschossen und beweglich. Auch er war Mutant. Er besaß weiße Hornplatten anstelle der Zähne, war kräftiger geraten und besaß mehr Ausdauer als seine Eltern.

»Sie hatten meist irgendeinen Defekt. Entweder war ein Sinnesorgan verkümmert oder zu schwach und an einer falschen Stelle ausgebildet. Alle diese Riesenmutationen taugten nichts«, erklärte Michael weiter.

Der Hund, ein Nachkomme der Kinder Fowks, war ebenfalls mutiert. Ein Riesentier mit messerscharfen Fangzähnen. Michael wurde als einziger von ihm als Herr anerkannt. Sie waren zusammen aufgewachsen.

Ihr Boot glitt flussabwärts. Sie hatten Schleppnetze ausgeworfen und wollten abends zurückkommen, um den Fang auszuteilen. Vater und Sohn verstanden sich prächtig. Sie hatten sich zusammengetan und übten den Beruf der Jäger in der Siedlung aus. Da sie die einzigen waren, konnten sie jedes Beutestück zu günstigen Bedingungen umtauschen – einhundertvierzig Menschen aßen viel.

Es war sehr früh. Eben erst war der gelbe Ball der Sonne über die Kurve des Steilufers hochgeklettert. Morgenwind kräuselte die Wellen. Fische schnappten nach Luft.

»Paps, erzähle mir bitte etwas aus den Jahren, in denen ich noch nicht auf der Welt war«, bat der Junge. Michael unterschied sich in nichts von anderen seines Alters; er beurteilte alle Dinge danach, ob er in ihren Mittelpunkt passte.

»Was soll ich dir erzählen? Du weißt es schon von mir und den Lehrern.«

»Pah, Lehrer! Sie brachten mir Schreiben und Lesen bei. Aber niemand konnte mir sagen, wie eine vierschüssige Armbrust hergestellt wird.«

»Du wirst eines Tages Schreiben und Lesen benötigen, dringender als den Gebrauch einer Armbrust.«

»Wann?«, maulte Michael, der es sich im Heck bequem gemacht hatte. Boss lag hinter ihm und gab ein weiches Polster ab. Im Bug saß Rim, dem man nicht ansah, dass er fast achtzig Jahre alt war. Die Wissenschaftler Terras hatten gut gearbeitet, als sie seine Zellen aktivierten.

»Eines Tages wird hier ein Schiff landen. Wenn man unsere Fortschritte sieht und die Art erkennt, in der wir alle uns hier behaupten können, dann wird dieser Planet zur Besiedlung freigegeben. Das heißt: Mengen von Menschen kommen hierher, Maschinen, Flugzeuge, Schlepper und Vermessungsapparate. Häuser und Straßen werden gebaut, Fabriken gegründet. Große Schiffe werden in den Meeren schwimmen, die Flüsse mit Motorbooten befahren, und alles wird technisiert. Und eines Tages werden wir einen Raumhafen bekommen und, viel später, selbst Raumschiffe bauen. Dazu brauchst du Schreiben und Lesen.«

Michael zupfte verächtlich an einem Knoten der Schleppnetzanlage.

»Das wird einmal sein; aber was war vor zwanzig Jahren?«

Rim setzte sich auf. Plötzlich fielen ihm die Dinge ein und die Schwierigkeiten, die sie damals mit der Entschlüsselung dieser Fragen hatten.

»Es ist die Sonne, Mike! Sie verändert in einem gewissen Abstand ihre Strahlung. Die Folge ist, dass es ein Jahr lang sehr heiß wird. Gleichzeitig bombardiert die Sonne diesen Planeten – hat man dich die Gesetze der Keplerschen Himmelsmechanik gelehrt?«

»Längst vergessen. Unwichtig.«

Rim musste lachen. Er wusste, dass Mike alles wieder wissen würde, wenn er es brauchte.

»Sie bombardiert Hiorakon mit Gammapartikeln. Die Folgen sind, dass Mutationen entstehen, weil die Gene geschädigt werden. Man weiß nie, welche Formen entstehen werden, aber man weiß, dass sie ansteigen. Irgendwoher kommen diese Tiere und stehen plötzlich vor dir im Wald. Aber meist sind sie nur beschränkt lebenstüchtig und sterben bald. Die Strahlung ist nicht so hart, dass alle Tiere geschädigt werden, sondern nur ein Teil. So ist es zu erklären, dass immer wieder die ›normalen‹ Formen überwiegen.«

»Stimmt es, dass der Rhythmus zehn Jahre dauert?«

»Ja, ein Jahr verstärkte Strahlung und neun Jahre normale Situation. Bis die Strahlung wiederkehrt, sind die Fehlformen ausgestorben. Deshalb liegen auch in allen Teilen des Planeten Riesengerippe herum, werden tote Riesenfische angeschwemmt, und es geschehen Dinge wie damals beim Tod von Aldo. Ihn erwürgte eine halbintelligente Blaulilie. Aldo war einer der feinsten Kerle, die wir hatten. Er arbeitete unermüdlich und war nie schlecht gelaunt. Wir bedauern sehr, dass er starb.«

»Jetzt befinden wir uns in einem Zwischenstadium?«, fragte der Junge mäßig interessiert.

»Ja, Mike. Noch fünf Jahre, dann kommt wieder die Strahlung. Aber das soll nicht heißen, dass es jetzt generell ungefährlich ist. Überall lauern Gefahren!«

Boss öffnete verschlafen die Augen, sah Rim an und knurrte. »Still, Bestie!«

Mike packte das Tier im Genick und schüttelte es. Boss leckte die Hand und legte seinen schweren Schädel in den Schoß des Jungen.

»Hauptsächlich Pflanzen?« Mike beobachtete mit dem scharfen Blick des geübten Jägers die Umgebung.

»Ja. Die Mutationsformen der verschiedensten Pflanzen halten sich wesentlich länger. Sie füllen in einzelnen Fällen sogar die neun Jahre des Zwischenraums aus. Sie sind besonders gefährlich, weil man sie leicht übersehen kann. Warst du schon einmal in der Umklammerung eines Liliengewächses?«

»Nein, noch nie.«

Michael rechnete anscheinend damit, bald mit einer Lilie in eine tödliche Auseinandersetzung zu geraten. Er wusste, dass nur wenige Dinge imstande waren, die Gier einer nachtblühenden Blaulilie nach Blut aufzuhalten. Dicke Mauern gehörten zu diesen Dingen, oder Feuer.

»Wer kann mir darüber Genaues sagen?«

Rim betrachtete voller Stolz seinen Sohn. Er erkannte in diesen Minuten, dass nichts von dem, was Michael sich in den Kopf setzte, unerreichbar blieb. Er bekam, was er wollte, und er wusste, wo er es herholen musste.

»Duff wird es dir erzählen, wenn du ihn fragst. Er ist Botaniker und hat sich, so glaube ich, auf gefährliche Gewächse von Hiorakon spezialisiert.«

»Gut, werde ich tun. Danke, Paps.«

Rim nickte beifällig. »Und was würdest du tun, wenn du plötzlich merkst, dass sich eine Lilie an dir hochtastet?«

»Pass auf, da!«

Michaels Hand flog durch die Luft. Blitzschnell riss er den langen Lauf des Feuerrohrs aus den Schlaufen des Gurtes. Der Gurt lief quer über die Brust des Jungen. Sofort peitschte ein weiß glühender Strahl brennenden Öles über das Wasser und traf dort auf, wohin die andere Hand Michaels deutete. Es stank nach dem Öl. Alles hatte nicht länger als eine Sekunde gedauert. Mike ließ das Feuerrohr in seiner Hand herumwirbeln, um den Rauch wegzublasen, steckte eine neue Patrone hinein und spannte den Hahn. Er grinste den Vater an.

»So schnell geht es, wenn man lange genug geübt hat. Ich denke, ich habe trainiert. Mich wird kaum eine Lilie überraschen können.«

Rim schloss seinen Mund. Er wusste jetzt, aus welchem Holz sein Sohn geschnitzt war. Bisher hatte er sich noch nicht von der Tatsache überzeugen können, was es bedeutete, ein positiver Mutant zu sein.

Sie kamen am Weidegebiet der Farm vorbei. Sämtliche Rinder und ihr zahlreicher Nachwuchs weideten in diesem riesigen Wiesengebiet. Unter den Rindern hatte es ebenfalls Mutationen gegeben – positive und negative. Sie waren auf eine Herde von hundertdreißig Stück angewachsen, unter denen sich achtzig Milchkühe befanden. Es gab also jeden Tag genügend frische Milch, es konnte Butter in größeren Mengen hergestellt werden und Käse. Die elektrische Versorgung klappte so gut, dass sie sogar ein Kühlhaus eingerichtet hatten.

Abends liefen die Jäger wieder in ihrem kleinen Privathafen ein. Sie warfen die Weidenkörbe voller Fische und ein geschossenes Stück Wild auf den Materialaufzug, der die Verbindung zwischen Hiorakonpolis und dem tiefer gelegenen Ufer herstellte. Ein Schaufelrad trieb ein endloses Seil an, in das ein Haken eingeklemmt werden konnte. Dann lief es oben um eine Rolle herum und brachte den Lift wieder zu Tal.

Die Schienen bestanden aus Baumstämmen, in die man Eisenblätter eingeklemmt hatte; eiserne Räder liefen auf eisernen Achsen. Man hörte den Lift zwar sehr weit, aber er funktionierte.

 

Später Nachmittag: Gabriella, die Tochter von Clyde und Tessie, den Architekten, kam vom Baden. Hitze lagerte über dem Tal und machte die Siedler schläfrig. Durch die unbewegliche Luft hörte die junge Frau die Glocken der Rinder und einen kläffenden Hund. Gabriella zog sich aus und legte sich in den Schatten. Die Gräser wisperten kaum hörbar. Sie rieben aneinander wie die Sandkörner einer Wüste.

Das monotone, freundliche Knistern machte Gabriella schläfrig. Die junge Frau lag nicht weit entfernt von einem Baum, der an seinem Wurzelsystem Moose und Flechten angesetzt hatte. Gabriella hatte noch nie einen Baum gesehen, der mit solch mächtigen Flechtensträhnen ausgerüstet war. Sie hingen wie ein dichter Vorhang von den hochgezogenen Wurzeln und berührten mit ihren Endfäden den Boden.

Heterotrophe Pflanzen sind so etwas wie Schmarotzer. Sie leben davon, dass andere Pflanzen ihnen Nährstoffe vorbereiten und klammern sich eng an ihre Wirte, so dass sie fast wie ein Gewebe erscheinen. Sie leben von verfaulenden Bäumen, von schimmelnden Aasresten und von Dingen, die tot sind und im Begriff, sich durch Bakterien in Humus zu verwandeln. Flechten sind solche Gemeinschaften.

Gräser sind autotrophe Pflanzen. Sie ziehen die Nährstoffe, die sie brauchen, aus dem Boden, verarbeiten bei der Photosynthese das Kohlendioxyd der Atemluft. Gewisse Gräser gehen mit Flechten Lebensgemeinschaften ein. In der Natur herrscht nur ein einziges Prinzip: das Prinzip von der Erhaltung der Rasse.

Wenn die Natur spürt, dass eine Art zu wenig Lebensraum findet, dann kennt sie einen Weg, ihr zu helfen. Noch dazu, wenn sie die Möglichkeit hat, Mutationen in planetarer Breite auszuwählen.

Die Gräser legten sich in dichten Wällen übereinander und lauerten wochenlang. Sie warteten, bis es regnete und speicherten im Innern ihrer Schichten die entstehende Wärme. Sie handelten nicht, weil sie es wussten, sondern weil irgendetwas sie trieb. Intelligenz hatten sie nicht entwickelt, und Falcis’ Strahlen hatten ihnen keinen Vorteil. Aber sie lauerten ... lange. Eines Tages war es soweit:

Die Hitze im Innern der Haufen wuchs. Sie steigerte sich, bis die Gräser zurückwichen und Luft hereinließen. Dann entzündete sich der Wall aus Gras. Es war trocken und brannte in einer sichelförmigen Fläche. Unter den trockenen Gräsern waren solche, deren ätherische Öle teuflische Dämpfe ausströmten, die jedes Tier bewusstlos werden ließen. Schon oft hatten sie den Flechten auf diese Weise zu einem Aas verholfen. Qualm stieg auf und breitete sich über den Boden aus. Von drei Seiten lief die knisternde Feuerwand auf den Baum zu.

Gabriella hustete einige Male, dann stemmte sie sich hoch. Sie sah das Feuer, wusste, dass sie verloren war, wenn sie nicht sofort hier herauskam. Das untere Ende der Decke brannte bereits. Das Ölgras verwirrte ihr die Sinne. Sie fiel auf die Knie. Wieder riss sie sich hoch. Die Augen brannten. Sie bekam fast keine Luft mehr. Sie taumelte zum Baum und versank bis an die Hüften in einer pulvrigen Masse. Es waren zerfressene Holzteile, Nadeln und ein dünnes Polster aus Laub und Ästchen, von Fäden der Flechte zusammengehalten.

Gabriella kämpfte wie ein Tiger. Sie schlug um sich, fetzte einen Teil der Hängeflechte herunter; diese wickelte sich um den einen Arm des Mädchens. Gabriella spürte den Schmerz nicht, mit dem eine klebrige Substanz der Pflanze von ihrem Fleisch Besitz ergriff. Es gelang ihr, sich aus dem Loch zu befreien. Sie zog sich an einem Wurzelstück hoch und merkte, dass die schwelenden Dämpfe sie betäubten.

Langsam wurde sie müde. Sie war nur noch zur Hälfte von dem Wunsch besessen, sich hier herauszuschlagen. Noch einmal raffte sie sich auf, zerriss die Flechte und taumelte an dem Baum vorbei, entgegen dem Teil, an dem das Gras nur in dünner Linie brannte. Sie stolperte, fiel hin und blieb liegen. Weiche, pelzbedeckte Arme rissen sie hoch.

Sie war bewusstlos und spürte nicht die harten Muskelstränge unter der seidigen Haut. Sie sah auch nicht, wie die silberne Gestalt sich über sie beugte, sie auf die Arme nahm und mit einigen Sätzen hinuntereilte zum Wasser. Dort sprang sie mit der bewegungslosen Last hinein und tauchte unter. Sofort ließen die anliegenden Flechten los. Sie lösten sich in dem kühlen Wasser; ihr Saft verlor die Haftwirkung. In kleinen Fetzen trieb der mörderische Aasfresser mit der Strömung davon.

Die silberne Gestalt blickte lange auf die junge Frau. Dann hob sie Gabriella auf die Arme und pirschte sich am Ufer entlang in die Nähe des Hafens. Hinter jeder Deckung blieb der silberne Riese stehen und sicherte. Schließlich erreichte er den Materialaufzug und legte die Frau dort nieder. Kreischend drehte sich die Trommel. Langsam wand sich die Plattform des Aufzugs hoch, das Geräusch war in ganz Hierokanpolis zu hören.

Der Riese drehte seine Augen nach allen Seiten, trat ans Ufer und sprang mit einem gewaltigen Satz ins Wasser. Er schwamm einige Züge unter Wasser und kam wieder hoch. Quer im breiten Mund hatte er ein stählern schimmerndes Messer. Kaum eine Minute später arbeitete er sich einen Pfad am Steilufer hinauf und tauchte im Wald unter.

 

Tonie untersuchte die junge Frau, als zwei Siedler ihr die Bewusstlose brachten. Sie hatten das Geräusch des Aufzugs gehört und Gabriella gefunden. Die Verbrennungen an beiden Unterarmen und an der Schulter wurden mit einer Salbe behandelt, dann kamen Leinenbinden darüber. Endlich öffnete Gaby die Augen.

»Was ist passiert? Bist du mit dem Aufzug gefahren?«

Die junge Frau wusste im Moment nicht, wo es sich befand. Endlich richtete sie sich auf und blickte sich um. Dann erzählte es mit sich überstürzenden Worten, in welch tödliche Falle sie geraten war.

Siedler, darunter Duff, der Botaniker, machten sich mit ihren Instrumenten auf den Weg. Duff hatte ein einfaches Mikroskop konstruiert und benutzte es auch für seine Arbeiten. Sie fanden die verkohlte Fläche, den Rest der Decke und die zerstörte Flechte. Sie fanden Spuren. Aber das Gras sagte nicht aus, welcher Fuß hier gegangen war. Es war nicht ausgeschlossen, dass ein Siedler die junge Frau aus dem Flammenmeer gerettet, sie zum Fluss und zum Aufzug gebracht hatte. Aber wer war es gewesen? Rätselhaft!

Duff wollte, dass sich alle Siedler abends im Versammlungshaus einfanden. Er konnte ihnen schildern, was hier geschehen war und dass eine neue, noch nicht beobachtete Gefahr auf sie lauerte und sie töten konnte, wenn sie nicht vorsichtig genug waren.

Die Siedler kamen vollzählig. Duff stieg aufs Podium, stellte sich hinter das Pult und begann zu sprechen.

»Freunde! Der Planet ist offensichtlich noch nicht willens, sich uns zu unterwerfen. Anscheinend waren die Fauna und Flora bis zum Zeitpunkt unserer Ankunft die herrschende Schicht. In uns erblicken sie Konkurrenz. Sie scheinen sich verbissen zu wehren. Jedenfalls wäre es ihnen fast gelungen, unterhalb der Rinderweiden die Tochter Clydes zu töten. Sie kam knapp davon, weil sie jemand rettete. Ich frage – wer war es?«

Niemand meldete sich, jeder sah seinen Nachbarn an, und bald wussten alle, dass niemand aus Hiorakonpolis um diese Zeit unten am Fluss gewesen sein konnte.

»Schön«, sagte Duff ärgerlich, »dann war es eben ein Besucher aus einer anderen Welt. Oder Gabriella ist selbst davongelaufen und weiß es nicht mehr. Ich persönlich vermute, dass es irgendein Junge war, der sie gern sieht und jetzt zu schüchtern ist. Jedenfalls hat er dem Mädchen das Leben gerettet.

Das Gras ist von pseudointelligenten Flechten, die offensichtlich hungrig waren, dazu angestiftet worden, sich selbst zu entzünden und die die potentielle Nahrung einzukesseln, zu betäuben und zu töten. Der Geruch verbrennenden Ölgrases ist tödlich. Dann hätte sich die Flechte über den Leichnam hergemacht und die verwesenden Stoffe als Nahrung verwendet. Die Blaulilie und diese Flechte sind unsere Feinde. Wo sie angetroffen werden, sind sie sofort mit dem Feuerrohr zu vernichten. Das wollte ich sagen.«

Hank meldete sich zu Wort. »Ich wäre dafür, die Spuren dieses geheimnisvollen Fremden näher zu untersuchen. Ich kann mich erinnern, dass damals, als die Blaulilie Aldo umbrachte, die Spur eines kräftigen Hiebes im Fenster zu sehen war, die unmöglich von Aldo selbst stammen konnte. Ich halte keinen von uns dazu fähig, dass er sieht, wie ein Kamerad stirbt und sich damit begnügt, die intelligente Blüte abzuschlagen und dann wieder zu verschwinden.«

»Ich auch nicht, Hank«, rief Duff. Rim mischte sich ein:

»Ich verstehe etwas von Spuren, Wir waren dort und fanden nichts. Nur Spuren, die von jedermann stammen könnten: niedergetretenes Gras und eingedrückter Waldboden. Nichts, woraus sich Schlüsse ziehen lassen. Hank! Ich bin dafür, nichts außer Acht zu lassen. Aber gerade in diesem Fall ist es sinnlos.«

»In Ordnung, Rim. Ich schließe mich deiner Ansicht an.«

»Nicht, dass ich zu faul bin, aber es kommt nichts heraus, versteh mich richtig!«

»Gut. Aber ich bin nicht überzeugt.«

»Ich auch nicht, aber wie sollen wir suchen?«

»Du hast recht«, sagte Duff und musste einigen Männern die Tatsache erklären, dass es Pflanzen gab, die ihre Nährstoffe aus verfaulenden Organismen zogen und nicht, wie die autotrophen, aus dem Boden. Dann schloss er die Versammlung.

Die Siedler diskutierten lange. Einer von ihnen machte sich über alles eigene Gedanken: Michael, Rims Sohn, kannte vier Meilen im Umkreis jeden Strauch und jedes Stück Wald. Er wusste, dass es auf Hiorakon mehr Dinge gab, als die Kolonisten herausgefunden hatten. Dazu kam, wie bei allen Jungen, eine üppig blühende Phantasie. So entschloss er sich, zu tun, was vor ihm noch niemand gewagt hatte.

Boss wurde mit zwei Ledertaschen beladen, in denen Munition, Essen und Wasserflaschen untergebracht waren. Sie reichten für eine Woche – außerdem war der Hund eine außerordentlich große Hilfe. Michael trug ein doppelläufiges Gewehr, einen Hinterlader, das Feuerrohr und genügend andere Ausrüstungsgegenstände, um eine Woche lang allein auszukommen. Er verließ die Siedlung, als es noch fast Nacht war.

 

Michael wanderte jetzt schon einige Stunden. Die Sonne stieg höher. Der Tau verschwand von den Gräsern, und der Junge ging am Grat des Steilufers entlang. Hiorakonpolis war längst außer Sicht. Der Fluss schlängelte sich durch die Landschaft. Michael machte sich wenig Gedanken darüber, was er suchte. Er ahnte, dass er etwas finden würde. Das erste, was er sah, war das weiße Riesenskelett, verdreht und auseinandergezerrt unter einem Baum, der seine weite Krone ausstreckte und von dem Luftwurzeln herunterhingen und sich langsam im Wind bewegten.

Mike hielt an und zog sein Feuerrohr, dann schlug er mit der Axt, die ihm Rim geschenkt hatte, einige Wurzeln ab. Sie fielen auf den Boden, ringelten sich zu Knoten zusammen und lösten sich auf. Dann schlüpfte er durch die Lücke, sah das Skelett und wusste, dass es die mutierte Riesenform eines Waldhirsches war. Er bemerkte, dass die Höhle im Vorderschädel, die das Riechzentrum beherbergte, in einem so auffallenden Maße verkleinert war, dass der Hirsch nie etwas hatte riechen können. Daran war er zugrunde gegangen.

Eine Liane griff nach dem Jungen. Er schlug sie mit der geschliffenen Schneide ab. Sie ringelte sich im Todeskampf im Gras. Boss stand mit gesträubten Haaren davor, bereit, jeden Moment seinen Herrn zu retten. Michael sagte kurz:

»Schon gut, Boss. Machen wir weiter.«

Der Hund trottete voran, seine Nase in alle Richtungen streckend. Sie standen an der Schleife des Flusses. Bis hierher war Mike schon gekommen – allerdings nur auf der anderen Seite. Vor ihm schoss ein Hirschrudel davon. Die Fluchtdistanz hatte sich in den Jahren vergrößert. Die ersten Jäger hatten nahe an die Tiere herangehen können. Jetzt witterten sie, dass die Begegnung mit diesen ledergekleideten Zweibeinern tödlich verlief. Mittags rasteten sie. Boss legte sich so hin, dass er jeden Angreifer auf den ersten Blick sehen musste. Mike streckte sich mitten in der Wiese aus und schlief in der prallen Hitze eine Stunde. Dann machten sie sich auf den Weg. Immer ungewohnter wurde die Landschaft.

Nach weiteren Meilen kamen sie an eine Felsgruppe. Die Überreste eines Vulkans, der seine Lavamassen vor langer Zeit wahllos herausgeschleudert hatte. Zernagte und abgefressene Spitzen, Brücken aus bröckelndem Gestein und schräge Schutthalden wechselten ab mit blühenden Pflanzeninseln. Mike wusste, dass diese feuchten, saftigen Flecke besonders gefährlich waren. Er umging einen schwarzen Kegel, von dem gefährlich aussehende Steinmassen herunterzufallen drohten, und glitt auf schmiegsamen Ledersohlen auf eine schräge Steinplatte, die auf die Flanke der Pyramide führte.

Wie ein Wiesel lief Michael hinauf. Dann lag die bizarre Landschaft unter ihm. Boss lief schnüffelnd unten herum und sah jeden Moment hinauf. Ein Stein polterte herunter. Die Ausdehnung war beträchtlich. Der Vulkan war einer jener, die weiche Lava, vermischt mit angeschmolzenen, losgerissenen Steinbrocken hochschleuderten und dann nachdrückten, bis ein Fleck geschmolzener Felsen entstand. Der Durchmesser der Platte betrug ungefähr zwei Meilen. Mike verscheuchte Riesenfliegen, die ihn umschwirrten. Hier wehte ein scharfer Wind. Er hörte von Osten die Vögel schreien, sah einen schwarzen Raubvogel, der sich mit einer Beute hochschwang und dann in die Wand des Hochwaldes eintauchte. Mike richtete seinen Blick nach unten.

Er sah alles: die Blaulilien inmitten dieser Pflanzeninseln; halbintelligente, tödliche Fallen für jedes Tier, das sich in ihren Bereich wagte. Und für Menschen. Er sah auch, dass eine Blaulilie ein Opfer gefunden hatte. Ausgelaugte Knochen hingen in den zähen Rankenästen. Eine Welle kalter Panik erfüllte Mike. Es waren die Knochen eines Menschen, die in vierzig Metern Entfernung hingen.

»Boss!«, rief er. Die Schärfe und die schlecht versteckte Angst in der Stimme alarmierten das Tier sofort. Es stellte die Ohren auf, knurrte und erwartete Michael, der mit höchster Geschwindigkeit die schräge Platte herunterrutschte und neben Boss anhielt.

»Wir müssen dort hinüber. Da ist etwas!«

Sein Arm mit der Waffe, die jene vernichtende Brandflüssigkeit auswarf, zeigte nach rechts. Dann hastete er los und lief um den Kegel herum. Der Schutt spritzte unter seinen Sohlen nach allen Seiten. Boss überholte ihn und lief voran, die Nase am Boden. Sie umkreisten den steinernen Wald. Hinter ihnen krachten, von winzigen Erschütterungen ausgelöst, wuchtige Platten zu Boden, die Mensch und Tier erschlagen konnten. Mike bremste scharf. Er hatte gesehen, was es gab. Sein Feuerrohr verschwand in der Halterung. Er riss das Gewehr von der Schulter, legte an, schoss zweimal und wusste im gleichen Moment, dass er getroffen hatte.

Der walzenförmige Körper einer Flusspferdkuh brach vor ihm zu Boden und erschütterte die Erde. Dunkelrote Platten bedeckten das Tier. Nur der Kopf mit den drei Hörnern war weiß. Größe, Panzerung und der Umstand, dass sich die Panzerung nicht bis auf den Vorderteil des Wesens ausgedehnt hatte, machten es zu einer untauglichen Mutation.

Mike lud nach und spannte die Hähne, ehe er das Gewehr auf die Schulter zurücklegte. Aus dem Maul des Tieres hingen noch Pflanzen. Warum hatte sich die Kuh nicht unten am Fluss aufgehalten, wo ihr natürlicher Lebensraum war? Mike kletterte über den Kadaver und drang in das Labyrinth vor. Jetzt stand er vor der Insel, die er von oben bemerkt hatte. Der Lilienbaum stand mitten unter ähnlichen Pflanzen. Mike drückte den elektrischen Kontakt seines Feuerrohres. Die Blüten des Baumes entfalteten sich in der Hitze, stanken und verdorrten. Knarrend wanden sich die Ranken und gaben das Skelett frei. Dann brach der Baum zusammen. Noch einen weiteren Schuss gab Mike ab, diesmal auf die Wurzeln der Lebensgruppe. Er konnte sicher sein, dass hier nie wieder eine Blaulilie wachsen würde.

Das Skelett. Er packte es widerstrebend an einem Fußgelenk und zog es aus den niedergebrochenen, schmorenden Pflanzen. Es war noch verhältnismäßig frisch und gehörte allem Anschein nach einem Jugendlichen von ungefähr fünfzehn Jahren. Mike sah genauer hin und bemerkte seinen Irrtum. Es war kein menschliches Skelett, sondern eines, das nur aus der Entfernung so aussah. Es fehlten mindestens vier Rippenpaare, zudem war der Schädel anders geformt. Er trug die vertieften Augenhöhlen nicht rechts und links des Nasenbeins, sondern dort, wo beim Menschen das Felsenbein, die Knochenmasse um das Ohr, anfing. Die Augen mussten weit aus dem Kopf hervorstehen und sehr groß sein; die Form der Löcher ließ darauf schließen. Weitere Merkmale sagten schlüssig, dass es kein menschliches Wesen war, nicht einmal eine Mutation. Nichts an den Knochen war menschlich – die Gelenke nicht, nicht die Wirbelsäule, die aus mehr Wirbeln bestand, und nicht die Kiefer, denn sie enthielten weder Zähne noch Hornplatten.

Das war nichts, was von der bewohnten Galaxis kam, die dem Zweiten Imperium angehörte. Es war ein Fremdling. Mike glaubte an die zweimalige Einwirkung von Fremden – bei Aldos Tod und bei der unglaublichen Rettung von Gabriella. Kam dieses fremde Leben aus dem Weltraum? Oder entstand es auf Hiorakon? Michael ahnte, der Wahrheit näher zu sein als je ein Siedler vor ihm.

 

Michael und sein Hund wanderten am nächsten Morgen so lange, bis sie eine Quelle fanden. Mike wusch sich, füllte die Flaschen auf und packte den Proviant aus. Die Schatten von Bäumen und Büschen lagen über dem Gras. Er wollte gerade Boss zu sich rufen, der vor ihm durch das Gebüsch streifte, als dieser plötzlich stehen blieb. Das Tier schien erregt zu sein. Michael nahm die Büchse von der Schulter und ließ die Hähne nach hinten springen.

Boss sprang los. Er fegte durch die Büsche, hetzte über eine Grasfläche und verschwand in einer Niederung. Mike pfiff einmal, und als er sah, dass Boss nicht gehorchte, wusste er, dass das Tier seinen Grund haben musste. Er begann ebenfalls zu rennen.

Er richtete sich nach der Spur, die der Hund hinterlassen hatte. Die Umgebung unterschied sich in nichts von der Waldfläche um Hiorakonpolis. Mike wusste, dass dort in dem Dunkel des Waldes etwas geschehen sein musste, das den Hund zu diesem wütenden Gebell veranlasste. Boss hatte eine große Strecke in wenigen Sekunden zurückgelegt, dachte Mike. Das Bellen wurde lauter. Als der Hund die Schritte seines Herrn hörte, verließ er die Stelle, rannte Mike entgegen und drehte sofort wieder um. Langsam führte er den Jäger an die Stelle, an der er gehalten hatte.

Mike hechtete waagrecht über den Busch, unter dem das Tier mit einem gewaltigen Satz hindurchgeschossen war. Dann hatte er auch schon das Feuerrohr in der Hand und schoss. Das Beil steckte im Gepäck des Hundes. Mike riss es hervor, ließ es zweimal über dem Kopf kreisen und schlug dann zu. Er bahnte sich wütend eine Gasse durch das Buschwerk, das aus einem einzigen Blaulilienstock bestand. Die verdorrten Blüten sanken zu Boden. Immer näher kam Mike an die schlaffe, kleine Gestalt heran, die inmitten der Ranken hing. Er hatte keine Zeit, auf sie zu achten.

Zusammen mit dem knurrenden Hund schlug er nach allen Seiten. Wirbelnde Fasern klatschten auf ihn nieder und ringelten sich um seine Gelenke. Boss wurde eingekesselt und zerbiss die Ranken, Mike riss das Messer aus der Lederscheide und arbeitete mit beiden Händen. Blüten, Schlingen und Dornenäste wirbelten durch die Luft. Es ging um Sekunden. Endlich hatte er die Wurzel gefunden und schlug mit einem einzigen Hieb in den Boden. Der Stock schwankte. Da füllte Mike mit bebenden Fingern noch einmal die Feuerwaffe und schoss den glühenden Strahl gegen das Wurzelsystem ab. Dann hatte er Ruhe.

Er ließ das Feuerrohr fallen und warf sich vorwärts. Schwer fiel er in die niedergeschlagenen Pflanzen. Er wickelte zuerst die Ranke vom Hals des kleinen Wesens, das unter die grünen Mörder gefallen war. Er entfernte behutsam die Fesseln von den Händen und Füßen und spürte, wie das Blut in die Glieder zurückkehrte. Dann hob er den Kleinen auf die Arme und arbeitete sich zurück aus dem Dickicht. Jetzt hatte er gefunden, wonach er unbewusst gesucht hatte.

Er sah, wie der Kleine hierher gekommen war – er kannte die Beeren, die so gut schmeckten, dass auch die Siedler sie ständig pflückten. Eine Reihe von Pflanzen zog sich vom freien Feld bis hierher an diese Stelle. Anscheinend war es eine Falle der Blaulilie. Er legte den Kleinen auf ein Moospolster und holte die Lederflasche vom Rücken. Dann schüttete er Wasser in die hohle Hand und befeuchtete das pelzbedeckte Gesicht des Kleinen. Der Körper war nicht größer als der eines zehnjährigen Jungen und lag bewegungslos vor ihm. An den Einschnitten an Händen und Armen waren Blutspuren sichtbar. Ein Bewohner des Planeten?

Mike sah, dass die seitwärts stehenden Augen geschlossen waren und fuhr weiter fort, Wasser über den Kopf zu schütten. Endlich schlug der Kleine die Augen auf, öffnete den Mund und begann, ein hohes Wimmern auszustoßen. Mike atmete auf – wenigstens lebte der Kleine. Jetzt kam das Schwierigere dieser Sache. Er musste herausfinden, woher dieses Wesen kam und dann in das Dorf oder die Siedlung der Fremden gelangen, um es seinen Eltern zu übergeben.

Aber er wusste, dass er der erste war, der einen Kontakt mit den seltsamen Besuchern herzustellen in der Lage war. Er suchte seine Waffe und beruhigte den Kleinen, indem er ihm leicht über den pelzigen Kopf fuhr. Dann hatte das Feuerrohr seinen Platz, das Beil steckte im Gepäck, das Messer in der Scheide. Mike hob den Kleinen auf die Arme und ging vorwärts.

Boss schnüffelte herum, hatte die Spur gefunden und lief. Er sah sich nach Mike um, als wollte er ihm bedeuten, dass er den Weg kannte. Mike wusste: Auf den Hund war Verlass. Er sah in die ängstlichen Augen des Kleinen, der ihn unverwandt anstarrte und leise wimmerte. Mike war sich darüber im Klaren, dass viel von ihm abhing. Er dachte an die zu erwartenden Szenen in der Siedlung der Fremden – Fremde für ihn.

Das Dorf schien weit entfernt, außerdem hatte sich der Kleine nicht in gerader Linie davon entfernt. Er musste früh ausgerissen sein. Dann hatte er wahrscheinlich Hunger bekommen und die Beeren gefunden. Mike fühlte, wie sich etwas in ihm zusammenzog. Er kannte die Beeren und wusste, dass die giftige Form der Früchte nicht viel anders aussah. Der Kleine hatte, ohne es zu wissen, die ungiftigen Beeren erwischt. Boss schnüffelte dicht vor Mikes Füßen herum und wandte sich scharf nach rechts.

»Wenn du gewusst hättest, dass ich dich tragen muss, würdest du wahrscheinlich nicht so weit gelaufen sein, nicht wahr?«

Der Kleine hörte auf zu wimmern und sah ihn ernsthaft an. Es war ausgeschlossen, dass er ihn verstanden hatte, aber offensichtlich hatte ihn die Stimme des Jägers beruhigt.

Der Wald wurde dichter und senkte sich in ein kleines Tal ab. Mike wechselte die Arme, und wieder begann der Kleine zu winseln. Hinter ihm und rechts von Michael hörte dessen geschultes Ohr Schritte auf dem trockenen Waldboden. Boss knurrte leise, nahm aber weiter keine Notiz davon. Der Wald wurde dunkler, die schräg einfallenden Lichtbalken verschwanden. Dann, nach einer Kehre um einen hervortretenden Felsen mit rötlichen Metalladern, breitete sich eine herrliche Gegend vor seinem Blick aus.

Ein kreisrunder See, die Caldera eines Vulkans ausfüllend. Klares, blaues Wasser und hohe Bäume mit mächtigen Kronen, die sich in ihm spiegelten. Und viele Hütten. Mike tastete sich vorwärts, von der Schönheit des Bildes verwirrt. Er sah, dass aus einigen Hütten Rauch aufstieg. Irgendwo klopfte etwas taktmäßig. Kunstvoll zusammengebaute Boote schaukelten im Wasser. Der Pfad führte um den See herum. Michael wandte sich nach links und hoffte, alles rasch hinter sich zu bringen. Er konnte den Körper des Kindes fast nicht mehr halten. Aber er war der Sohn Rims, des Jägers, und er musste die Sache durchstehen.

Hinter ihm hörte er das Klatschen nackter Füße auf dem feuchten Pfad. Er drehte sich nicht um, sah aber, wie Boss die Fremden beobachtete. Die Siedlung kam näher. Die Hütten waren aus Steinen gebaut, kreisrund und mit Lehm verfugt, teilweise von Pflanzen überwachsen. Der weiße Sand zwischen ihnen war gepflegt und zeigte Spuren von Füßen. Hinter den Hütten lagen drei riesengroße, kugelförmige Körper von strahlendem Silber. Sie spiegelten das gelbe Licht von Falcis wider und erfüllten die Lichtung mit fast unerträglichem Leuchten.

Ein silberner Körper tauchte zwischen den Hütten auf und verschwand wieder. Mike trat auf den Sand der Fläche, die sich in einem Oval zwischen See und einer Gruppe aufgetürmter Felsen befand und auf dem die Hütten standen. Sie waren mit Holzbalken gedeckt und hatten keine Fenster, sondern nur offene Türen. Hinter ihm zogen sich die fremden Jäger zu einer Kette auseinander. Aus den Hütten traten Männer und Frauen. Mike spürte, wie er zu schwitzen begann. Er sah die Fremden genauer an und begegnete ausdruckslosen Blicken aus riesigen Augen.

Sie waren von silbernem Pelz am ganzen Körper bedeckt und größer als zwei Meter. Der Kopf war, wie bei dem Skelett und dem Kleinen, fast rund und besaß einen breiten Mund, der sich bei den meisten skeptisch nach unten verzogen hatte. Eine Frau trat einen winzigen Schritt vor. Mike lächelte sie an und ging auf die Fremde zu. Sie wich zurück. Er hatte die Bewegungen genau beobachtet. Er trat dicht an sie heran und legte den Kleinen vorsichtig in ihre Arme. Dann fasste Mike an sein Feuerrohr und drehte sich um.

 

Mindestens dreißig Männer standen zwischen ihm und dem See. Boss lag zu seinen Füßen, knurrend und sprungbereit. Blitzschnell überlegte Mike, was zu tun sei – dann hatte er sich entschlossen. Er legte sein Feuerrohr ab, warf sein Messer dazu und fasste Boss am Halsband. Er ging mit hölzernen Schritten auf die Jäger zu. Sie trugen Speere über den Schultern, Bögen mit Pfeilen aus demselben Pfeilschilf, mit dem schon Rim geschossen hatte, und sahen ihn schweigend an.

Boss röchelte böse. Mike riss am Halsband; der Hund taumelte zurück. Dann hatte Mike die Jäger erreicht und streckte dem Größten die Hand entgegen. Er wartete eine volle Sekunde lang.

Der breite Mund des Jägers verzog sich. Er ergriff die Hand Michaels. Plötzlich war die spannungsgeladene Atmosphäre verschwunden. Von allen Seiten kamen die Fremden herbeigelaufen und sahen sich Michael an. Sie betasteten das weiche Wildleder seines Hemdes und der Hose, untersuchten das Messer und die Waffen. Mike machte eine rasche Bewegung und riss einem Jäger das Feuerrohr aus der Hand. Dann hob er die Rechte und bedeutete dem verdutzten Mann, zu warten. Er zielte auf eine kreisrunde Spur im Sand und drückte los. Dann gab er dem Jäger das Feuerrohr zurück. Die Flüssigkeit hatte sich verteilt, brannte und entwickelte Qualm.

Das Gewehr erweckte ebenfalls Interesse. Sie betasteten es so lange, bis Mike die beiden Läufe leer feuerte. Dann hatte sich auch Boss beruhigt und knurrte nicht mehr, wenn ihn eines der Kinder streichelte.

Mike verstand kein Wort von dem Geschnatter, das die Fremden als Sprache bezeichneten. Er bemühte sich, ständig zu lächeln und versuchte, ihnen den Zweck seines Spaziergangs zu schildern. Er hockte sich auf die Fersen und begann mit seinem Zeigefinger eine große Zeichnung in den Sand zu graben. Er verfolgte zuerst den Weg des Flusses abwärts, irrte sich in einer Kurve und wurde von dem Jäger, der neben ihm hockte, sofort korrigiert. Die beiden Speerträger sahen sich an, lachten in tiefen Tönen und blickten wieder auf die Zeichnung des Jungen. Er zeichnete die Siedlung Hiorakonpolis ein, Felder und Fabriken, das Badebassin und den Materialaufzug, deutete dann auf diese Gegend und auf sich.

Die Bogenträger nickten eifrig. Einer zeigte auf sich und dann auf den Materialaufzug, erklärte mit Gesten das Tragen eines Körpers und versuchte, mit den Händen den Eindruck eines Feuers herzustellen. Michael verstand augenblicklich. Das war der Jäger, der die junge Frau Gabriella vom Tode gerettet hatte. Er stand auf, schüttelte diesem Mann die Hand und klopfte ihm nicht ohne Schwierigkeiten auf die Schulter.

Dann zog er eine andere Linie. Sie lief entlang dem Fluss und bog dann ab. Mike deutete auf den Hund und machte vor, wie sie beide gerannt waren. Dann grub er die wohlbekannte Silhouette einer Blaulilie in den Sand, deutete auf eines der Kinder und verrenkte sich dann die Glieder, als er in einer Art Solotanz den Kampf mit dem Pflanzenstock schilderte. Dann hob er seinerseits einen symbolischen Körper auf seine Arme, keuchte durch den Wald und wischte sich mehrmals den Schweiß von der Stirn. Tobendes Gelächter war die Reaktion auf seine Schilderung. Boss begann zu bellen. Ein Jäger brachte sich mit ängstlichen Schritten in Sicherheit. Mike griff nach dem Hund und streichelte ihn. Boss leckte ihm die Arme ab und legte sich eng neben seinen Herrn. Dies alles schien dem Tier zu verwirrend.

»Ich – Mike! Das hier – Hund – Boss!«

»Nike – ich?«

»Mike!«

»Ahhh! Ul-ul – Mike!«

Die Folge dieser Vorstellung war, dass alle ihre Namen nannten und ein großes, lautes Durcheinander entstand. Schließlich konnte Mike die Gesichter und die Namen von drei oder vier Jägern auseinander halten. Der offensichtlich Älteste und Einflussreichste der Fremden packte Michael am Ärmel und zog ihn mit sich. Boss lief bei Fuß mit.

Sie betraten einen schlangenförmigen Pfad, der sich zwischen den Rundhütten hindurchwand, und gingen weiter in die Siedlung hinein. Eine Frau trat vor und stellte sich vor Mike hin, begann zu reden. Er verstand nicht und lachte sie an. Dann ahnte er, dass er die Mutter des Jungen vor sich hatte und ließ sich von ihr beide Hände schütteln. Der Jäger winkte. Sie umschritten eine besonders große Hütte, in der eine unverständliche Maschine stand. Ein Eisenstück drehte sich innerhalb schwarzer Metallklauen.

Plötzlich sahen sie sich den drei blendenden Kugeln gegenüber.

Eine gewundene, schmale Treppe aus Holz und Eisen führte durch die verwirrende Stützkonstruktion empor und verschwand in einer viereckigen Öffnung. Mike folgte dem Jäger. Die Treppe war für Boss zu schmal und zu steil. Er blieb unten, bellte ärgerlich und lief unruhig um den Fuß der Treppe herum. Sie betraten die Kugel, und es wurde dunkel.

Nur Bilder, deren Schönheit Mike verwirrte, waren leuchtende Unterbrechungen in der Finsternis. Kleine Lichter bewegten sich, Kugeln füllten sich mit Helligkeit, und viereckige Platten zeigten Bilder der Umgebung, deutlich und naturalistisch wiedergegeben. Alles war aus kühlem Metall, roch fremdartig; in den Wänden knackte es rätselhaft. Dann betraten sie den obersten Raum der Kugel. Die Bläue des Hiorakonhimmels spannte sich über dem gewölbten Fenster. Wieder brachte der Große eine Scheibe zum Aufleuchten. Deutlich begannen sich bewegte Bilder abzuzeichnen. Zuerst erkannte Mike nicht, worum es sich handelte, aber dann sah er die kreisrunde Siedlung, den Turm des Versammlungshauses und die Biegung des Flusses.

Hiorakonpolis also! Er prallte zurück, fiel gegen den Jäger, der ein tiefes Lachen von sich gab. Eine winzige Gestalt lief über einen Weg der Siedlung. Mike erschauerte vor dem Unfasslichen. Sein Blick irrte umher, suchte nach einem bekannten Punkt, an dem er ausruhen konnte. Da entdeckte er die Karte. Natürlich kannte er viel von dem, was seine Großväter und sein Vater verlassen hatten, um hier zu siedeln – dem Zweiten Imperium. Aber die mathematische Pracht einer Sternenkarte in bewegter dreidimensionaler Projektion überwältigte ihn wie ein eiskalter Schock. Er lehnte sich mit zitternden Beinen an die Wand.

»Was ist das ... ohhh!«

Plötzlich verstand er vieles. Er wusste, dass diese Kugeln die Reste eines gestrandeten Raumschiffs waren, das aus eigener Kraft nicht mehr hatte starten können. Stammte dieses Schiff aus einer anderen Galaxis? Nichts von ihnen hatte etwas mit dem Imperium zu tun. Sie kamen von fernen Sonnen und ihren Begleitplaneten und waren dazu verdammt, hier zu siedeln, bis sie jemand begegneten, der ihnen ein Schiff verschaffen konnte. Die Erkenntnis warf ihn fast um. Mike Rimson, der Jäger, mit seinen siebzehn Jahren, hatte mit ihnen Kontakt aufnehmen können! Es war ihm sogar geglückt, sich mit ihnen anzufreunden. Er hielt sich an dem Arm des Großen fest.

Sonnen bewegten sich in unsichtbaren Bahnen inmitten der Pracht einer offenen Spiralgalaxis. Kleinere blaue Kugeln waren Planeten, die um diese Sonnen kreisten. Alles in diesem endlosen schwarzen Rahmen bewegte sich auf harmonische Weise, sodass es aussah, als würde die Schöpfung vor dem Jungen ausgebreitet. Falcis-Hiorakon; es waren Begriffe, die inmitten dieser Vielzahl aus dem zentralen Punkt von Michaels primitiver Weltanschauung herausgerissen wurden in kosmische Bedeutungslosigkeit. Wenn es so viele Sonnen gab und so viele Planeten und Monde, was waren dann Siedlung und dieser Planet? Es war zu viel für den jungen Jäger.

Nacheinander erloschen Sonnen und Planetenlichter. Der Große ließ nur noch einige Sterne stehen, die sich zu einem System verbanden. Dann löschte er auch die restlichen Sonnen aus. Zurück blieb eine gelbe Kugel, die einen winzigen blauen Begleiter um sich wirbelte. Der Fremde deutete auf Michaels Brust, dann auf seine eigene. Anschließend senkte er die Spitze seines Fingers zu Boden. Michael nickte und sagte:

»Du und ich, wir beide befinden uns auf demselben Planeten, auf der gleichen Welt.«

Die Sonne leuchtete heller; der Planet erschien plötzlich größer. Wieder gestikulierte der Jäger.

»Das ist die Sonne.«

»Falcis«, ergänzte Michael, laut denkend.

»Falzhies?«

»Falkis!« Der Große nickte.

»... und das ist der Planet, der sie umkreist, auf dem wir beide – unsere beiden Rassen – uns aufhalten.«

»Oh – Hiorakon?«

»Gut«, sagte Michael und nickte. Dann brachte ihn der Große wieder herunter. Boss begrüßte seinen Herrn freudig und sprang an ihm hoch.

 

So kam es, dass kurz vor planetarer Mitternacht ein weißes Kunststoffboot am Steg der Jägerfamilie anlegte. Die Siedlung glänzte; einige Lampen brannten noch. Dem Boot entstiegen der Jäger und drei Fremde. Sie trugen weiße Tuniken, mit einem schwarzen Gürtel zusammengehalten, kurze Messer aus Stahl und Lanzen aus Leichtmetallrohr und Stahlschneiden. Michael nickte ihnen zu, und Boss lief voran. Sie begannen, den Lichtern entgegenzusteigen, die große Treppe hinauf nach Hiorakonpolis.