XX
Bestürzt schrie Tania auf und riss sich von Gabriel los.
»Endlich!«, rief Gabriel. »Endlich!« Er legte den Kopf in den Nacken, streckte die Hände der Decke entgegen und lachte triumphierend. Sein wildes Lachen hallte durch den Lichtsaal– Tania zuckte zusammen und betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen. Sie konnte noch immer spüren, wo sich seine Finger um ihre geschlossen hatten. Sie blickte auf ihre Hand: Die bernsteinfarbene Flüssigkeit schien eingezogen zu sein und hatte lediglich einen schwachen goldenen Schimmer auf ihrer Haut hinterlassen.
Lächelnd stützte Gabriel sich mit beiden Händen auf den Rand des Kessels und sah sie an. »Und nun, Mylady«, sagte er mit samtweicher Stimme. »Nun wollen wir zur Tat schreiten und es prüfen.«
»Ja«, sagte sie und hielt seinem Blick stand. »Warum nicht?«
Erinnere dich an das Gedicht…
Noch hatte er nicht gewonnen.
Er schritt in seinem wallenden schwarzen Umhang um den Kessel herum auf sie zu und sie streckte ihre Hand aus.
Sie blieb ruhig, als er sie ergriff.
»Bereit?«, fragte sie.
Seine Augen funkelten. »Auf diesen Moment habe ich schon lange gewartet«, flüsterte er.
»Dann komm«, sagte sie. »Folge mir.« Sie ging vorwärts und Gabriel ahmte jede ihrer Bewegungen nach. Tania konzentrierte sich– und trat einen Schritt zur Seite.
Der Lichtsaal erbebte und in ihren Ohren brauste es. Das Bernsteinlicht des Elfenreiches wurde schwächer und um sie herum erstand ein dunkler Raum.
Sie fühlte, wie ihr Gabriels Finger entglitten.
Als sie sich umdrehte sah sie, wie er hinter ihr zurückfiel– sie konnte seine Gestalt nur noch verschwommen wahrnehmen, als stünde er im Nebel. Wind brauste um ihn herum und ließ seinen Umhang flattern. Gabriels Gesicht war wutverzerrt und seine Finger griffen ins Leere– dann war er verschwunden und Tania stand allein in einem dunklen Raum in der Welt der Sterblichen.
»Danke, Titania«, flüsterte sie leise. »Du hattest Recht.«
…Zusammen mit dem einzig Wahren, Hand in Hand in tiefem Lieben.
Das war es also, was mit dem Gedicht gemeint war. Nur jemand, der sie aufrichtig liebte, konnte an ihrer Gabe teilhaben, zwischen den Welten zu wandeln. Gabriel liebte sie nicht– und deshalb konnte er trotz der Vereinigung der Hände nicht mit ihr in die Welt der Sterblichen.
Sie blickte sich um. Sie befand sich in einer Art Büro mit einem Schreibtisch, einem Computer und Aktenschränken. Vor den Fenstern hingen Jalousien und dahinter sah sie einen kleinen gepflasterten Hof, der von einer Straßenlaterne beleuchtet wurde.
Sie war frei. Gabriel konnte ihr nichts mehr anhaben. Sie konnte einfach durch die Tür hinaus in die Nacht spazieren und nie zurückblicken.
Doch das ging nicht– nicht ohne Edric.
Also trat sie mit einem Seitwärtsschritt zurück ins Elfenreich.
Sie hatte insgeheim gehofft, dass Gabriel irgendwo zwischen den Welten verloren gegangen war, aber er kniete keuchend im Lichtsaal und sah so aus, als wäre er in einen Hurrikan geraten.
Rathina lehnte kreidebleich an der Tür und starrte ihre Schwester mit großen Augen an. Ohne sie zu beachten, rannte Tania zu Edric, der immer noch am Boden lag.
Sie kniete sich neben ihn und lächelte ihn an. »Siehst du?«, sagte sie. »Ich habe dir ja gesagt, dass alles gut wird.«
Seine Hand suchte ihre. »Aber ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ja, mach dir keine Sorgen.« Sie drehte sich zu Gabriel um, der sich in der Zwischenzeit wieder aufgerappelt hatte. Wut und Enttäuschung waren ihm ins Gesicht geschrieben: Seit fünfhundert Jahren hatte er auf diesen Augenblick hingelebt– und nun war alles umsonst gewesen.
Tania sah ihn zornig an und zum ersten Mal fühlte sie die Macht und Autorität der königlichen Elfenfamilie in sich. »Was du hier versucht hast, wirst du noch bereuen, Gabriel«, sagte sie. »Wenn mein Vater, der König, zurückkehrt, wird er sich deiner annehmen.«
Hasserfüllt blickte er sie an. »Doch wenigstens wirst du meinen Untergang nicht miterleben«, knurrte er und stürzte auf sie zu.
Edric kam schwankend auf die Füße und schob sich schützend vor Tania.
»Nein!«, rief sie.
Doch es war zu spät: Gabriel Drake setzte Edric durch einen einzigen Schlag mit dem Handrücken außer Gefecht, sodass er bewusstlos zu Boden fiel. Drake baute sich drohend vor Tania auf, sein Gesicht war vom Wahnsinn entstellt. Er zog eine kleine Bernsteinkugel aus seinen Gewändern und hielt sie über sie.
»Trinkt vom Albtraum der Schlaflosigkeit, Mylady«, zischte er. »Nehmt es als Geschenk von Eurem betrogenen Bräutigam– Leiden bis in alle Ewigkeit.«
Tania schrie auf und hielt sich schützend die Arme über den Kopf, als er die Bernsteinkugel warf.
Da erschütterte ein tiefes Donnern den Saal bis in seine Grundfesten.
Als Tania die Augen öffnete, sah sie grellweißes Licht. Die Bernsteinkugel schwebte über ihr in der Luft, drehte sich langsam und gelblicher Dampf stieg von ihr auf. Und dann– noch während Tania sich wunderte, was geschah– schrumpfte die Kugel und löste sich in Rauch auf.
Tania sah sich um. Der ganze riesige Raum wurde von einem gespenstischen Strahlen erleuchtet, das vom anderen Ende des Saals kam. Gabriel ragte noch immer vor ihr auf, aber er starrte auf etwas, was sich offenbar im Zentrum des strahlenden Lichts befand.
Tania stützte sich auf die Ellbogen und folgte seinem Blick. Die Flügeltüren am anderen Ende des Saals waren aufgerissen worden und im Türrahmen standen zwei Gestalten im weißen Licht.
Oberon rauschte in den Saal, wobei er eine Lichtspur hinter sich herzog wie ein Komet am Nachthimmel, und Tania erkannte, dass die schmale, dunkel gekleidete Gestalt an seiner Seite ihre Schwester Eden war.
Der König machte eine Handbewegung und Gabriel Drake flog sogleich wie eine Stoffpuppe durch den Raum. Tania fühlte, wie ihr auf die Füße geholfen wurde, während ihr Vater näher schritt.
»Bist du verletzt?«, fragte Oberon besorgt.
»Nein, gar nicht«, stieß Tania hervor.
»Gut!« Er drehte sich zu Gabriel um, der am Boden lag, hob die Hand und Gabriel schwebte vom Steinboden hoch, bis seine Füße in der Luft baumelten, als hinge er an einem Haken.
»Meine Tochter Eden hat mir von Eurer Niedertracht berichtet«, rief Oberon. »Gemeiner Ränkeschmied. Eure scheußlichen Intrigen haben sich zerschlagen. Ihr seid kein Lord des Elfenreichs mehr. Ihr seid nichts! Fort aus meinem Palast und aus meinem Reich! Euer Anblick beleidigt selbst die Sterne!«
Hinter Tania schrie jemand auf. »Nein!«
Rathina lief zu Gabriel, schlang ihre Arme um ihn und starrte den König an.
»Bist du dem Wahnsinn verfallen?«, fragte Oberon. »Rathina– bleib weg!«
»Niemals!«, rief sie. »Und wenn du mir das Schlimmste antust– das ist mir gleich.« Sie sah flehentlich auf zu Gabriels Gesicht. »Wo immer du hingesandt wirst, welches Schicksal du auch erleidest, ich werde mit dir kommen!«, rief sie. »Ich weiche nicht von deiner Seite. Alles, was ich getan habe, geschah aus Liebe zu dir und ich werde dich nie verlassen– nicht einmal wenn ich für alle Zeiten verbannt werden sollte!«
Tania blickte Rathina fassungslos an. Die ganze Zeit über war die Schwester, die ihr am nächsten stand, heimlich in Gabriel Drake verliebt gewesen. Rathina hatte sie hintergangen, weil sie hoffte, dadurch seine Zuneigung zu gewinnen. Das war zu viel.
Gabriel starrte voll Verachtung auf Rathina hinab. »Das ewige Exil mit Euch verbringen, Mylady?«, knurrte er. »Lieber verrotte ich im Bernsteingefängnis.«
Rathina wurde kreidebleich und taumelte, als hätte man sie geohrfeigt. Sie sah ihn entsetzt an. »Du hast mir deine Liebe erklärt«, rief sie. »Und versprochen, dass wir für immer zusammen sein würden, wenn ich dir dabei helfen würde, durch Tanias Gabe in die Welt der Sterblichen zu gelangen.«
»Habt Ihr wirklich geglaubt, dass ich Euch lieben könnte?«, zischte Gabriel. »Das war eine Täuschung, Mylady. Ich habe Euch nie geliebt.«
Rathina stieß ein verzweifeltes Wehklagen aus und sank auf die Knie.
Gabriel blickte Tania an und ein grausames Lächeln umspielte seine Lippen.
»Wie schade, dass aus meinen Hoffnungen und Plänen nichts geworden ist, Mylady«, sagte er. »Aber mich tröstet zu wissen, dass Ihr im Elfenreich nie glücklich werdet. Eure Seele ist zerrissen zwischen den Welten– Ihr werdet niemals Frieden finden!«
Tania schauderte. Seine Worte klangen wie ein Fluch.
Gabriel breitete die Arme aus und sah nun Oberon an. »Und jetzt«, sagte er, »stehe ich ganz zur Verfügung, Eurer Gnaden.«
Der König streckte eine Hand nach ihm aus und rief mit dröhnender Stimme. »Ein unglückliches Schicksal verzehre Euch, Gabriel Drake. Hiermit verbanne ich Euch!«
Gabriels Augen weiteten sich kurz vor Entsetzen, dann war er verschwunden– so lautlos als wäre er einfach weggezwinkert worden. Einige Rauchschwaden hingen noch kurz in der Luft, dann waren auch sie verschwunden.
Rathina schrie gequält auf und warf sich auf den Boden. Hasserfüllt fauchte sie Tania an: »Das ist alles deine Schuld! Du hättest in der Welt der Sterblichen umkommen sollen– ohne wiedergeboren zu werden.« Ihre Augen blitzten zornig. »Glaubst du, ich habe dich vor all den Jahren nur aus kindlicher Neugier dazu gedrängt, deine Gabe auszuprobieren? Nein, Schwester, ich tat es in der Hoffnung, du würdest sterben und ich bekäme dadurch die Chance, Gabriels Liebe zu gewinnen.«
Zu bestürzt, um zu sprechen, starrte Tania sie an.
»Ich hasse dich!«, zischte Rathina. »Ich wünschte, du wärst tot!« Sie raffte ihre Röcke und rannte hinaus.
Eden schüttelte den Kopf. »Arme Rathina«, seufzte sie. »Wir sollten Mitleid mit ihr haben, denn Gabriels Verrat trifft sie schlimmer als irgendjemand sonst. Doch es gibt nichts, was wir für sie tun können. Sie muss ihre Schande allein ertragen.«
Traurig wandte sich Tania Oberon zu. Er hatte sich vorgebeugt und seine Hand ruhte auf Edrics goldenen Haaren. »Erhebe dich und sei geheilt«, sagte der König.
Edrics Augenlider flatterten, dann regte er sich, streckte und reckte sich, als würde er aus langem Schlaf erwachen. Er schlug die Augen auf, und als er Tanias besorgten Blick sah, breitete sich langsam ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
Doch still, was schimmert durch das Fenster dort…?
Oberon wandte sich an Tania und breitete die Arme aus.
Tania schlang die Arme um ihn, so weit sie reichten, und drückte ihn an sich. »Wie konntest du so schnell zurückkommen?«, fragte sie.
»Eden hat mich mithilfe der Mystischen Künste herbeigerufen«, sagte er. »Ich bin auf dem schnellfüßigen Pferd der Lüfte hergeritten, um dir beizustehen. Und das ist gut so, denn wäre ich nicht so rasch hier gewesen, wäre in dieser Nacht großes Unglück geschehen.«
Ein ersticktes Schluchzen ertönte und die beiden lösten sich voneinander und sahen sich um. Eden stand etwas abseits, Tränen liefen ihr übers Gesicht. Plötzlich sank sie auf die Knie und ergriff Oberons Hand.
»Vergib mir, Vater«, sagte sie schluchzend. »Vergib mir, ich habe den Tod der Königin verursacht. Bitte verzeih mir meine Lüge.«
Oberon half seiner ältesten Tochter auf und betrachtete sie einen Augenblick, dann küsste er sie auf die Stirn. »Du hast all die Jahre eine schwere Last getragen«, sagte er sanft. »Ich kann dir nichts vorwerfen… Du wolltest lediglich deiner Mutter helfen und deine verschollene Schwester finden. Du hättest das Pirolfenster nie geöffnet, hättest du gewusst, dass deine Mutter nicht zurückkommen könnte. Es gibt nichts zu vergeben.«
Eden sah zu ihm auf, sie strahlte vor Dankbarkeit und Freude.
»Eigentlich bin ich es, die sich entschuldigen sollte«, sagte Tania. »Hätte ich mich nicht von Rathina dazu überreden lassen, zwischen den Welten zu wandeln, wäre nichts von alledem passiert. Du hast doch nur versucht, alles wieder in Ordnung zu bringen.«
»Ich habe meinem Vater nicht gehorcht und den Tod meiner Mutter verursacht«, entgegnete Eden. »Auch wenn ich gute Absichten hatte– das ist nicht wieder gutzumachen.«
»Ich glaube nicht, dass Titania tot ist«, sagte Tania. »Ich denke, dass sie noch in der Welt der Sterblichen lebt. Sie kann nur nicht zurück.«
»Das ist unmöglich«, entgegnete Eden. »Sie war den Krankheiten und Gefahren der Welt der Sterblichen ausgesetzt, genau wie du. Ich glaube nicht, dass sie nach so langer Zeit noch lebt.«
»Irgendjemand hat mir zum sechzehnten Geburtstag mein Seelenbuch geschickt«, sagte Tania mit Nachdruck. »Und das muss jemand gewesen sein, der sich in der Welt der Sterblichen aufhält, aber ursprünglich aus dem Elfenreich stammt.« Sie drückte Edens Hand. »Verstehst du nicht? Wer könnte es anderes sein als Titania? Ich bin mir sicher, dass sie noch lebt.« Ihre Augen leuchteten auf. »Und das werde ich auch beweisen. Ich gehe zurück, um sie zu finden.«
Hoffnungsvoll blickte Eden auf. Doch Oberon wirkte bekümmert. »Ich möchte dich nicht noch einmal verlieren«, sagte er zu Tania. »Die Reise in die Welt der Sterblichen ist gefährlich.«
»Nicht für mich«, sagte sie. »Ich bin schließlich die siebte Tochter, oder nicht?« Sie lächelte. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Das schaffe ich. Diesmal werde ich nicht verloren gehen. Und wenn ich zurückkomme, habe ich Titania dabei.«
Oberon umarmte sie und flüsterte ihr leise ins Ohr: »Noch nie war ein Vater so stolz auf seine Tochter– du bist sehr mutig, Tania. Ich verstehe, welche Bande dich an die Welt der Sterblichen knüpfen, aber du musst mir versprechen, dass du zu mir zurückkehrst. Ich könnte es einfach nicht ertragen, dich abermals zu verlieren.«
»Ich komme wieder«, versprach Tania.
»Dann geh mit meinen besten Segenswünschen«, sagte Oberon. »Doch du wirst jetzt verwundbar sein– jede Berührung mit Isenmort kann dir gefährlich werden.« Er hielt ihr seine Hand hin, in der zwei schwarze Steine schimmerten.
»Das sind schwarze Bernsteine aus meiner Krone«, sagte er. »Die seltensten Mineralien im Elfenreich. Nimm sie– sie werden dich vor Isenmort schützen.«
»Vielen Dank«, sagte sie und nahm die kleinen schwarzen Steine an sich.
»Dies ist nur das Geschenk eines Vaters«, sagte er. »Möge das Glück mit dir sein, Tania, und mögest du unsere geliebte Titania zurück nach Hause bringen.«
Eden umarmte Tania. »Ich werde jeden Tag bis zu deiner Rückkehr nach dir Ausschau halten«, sagte sie. »Es wird immer ein Licht im Pirolfenster brennen, das dir den Weg nach Hause weist.«
Tania erwiderte ihre Umarmung. »Sag den anderen liebe Grüße, ja?«, bat sie. »Und dass ich bald zurück bin.«
»Das mache ich.«
Tania wandte sich an Edric. »Ich muss das tun«, sagte sie. »Es gibt andere Dinge, die mir genauso wichtig sind, aber zuerst muss ich das hier erledigen. Verstehst du das?«
»Ja, das verstehe ich«, sagte er mit unsagbar traurigem Blick. »Ich werde auf dich warten.«
»Danke.« Sie berührte seine Wange mit den Fingerspitzen. »Ich habe gehofft, dass du das sagst.«
Sie warf einen letzten liebevollen Blick auf ihren Elfenvater und ihre Schwester, dann hob sie zum Abschied die Hand und machte den Schritt zur Seite, der sie in die Welt der Sterblichen bringen würde.
Das Elfenreich begann, sich um sie herum aufzulösen– doch im allerletzten Moment griff sie hinter sich und nahm Edrics Hand.
»Worauf wartest du noch?«, rief sie ihm zu. »Auf eine förmliche Einladung?«
Sie zog ihn hinter sich her und er folgte ihr.
Eine Sekunde später war Tania wieder in dem dunklen Büro– aber diesmal hielt sie eine warme Hand in der ihren. Sie sah Edric an. Er wirkte verblüfft.
…Zusammen mit dem einzig Wahren, Hand in Hand in tiefem Lieben.
Sie lächelte ihn an. »Dir ist schon klar, was das bedeutet, oder?«
»Was?«
»Dass du mich liebst. Da kommst du jetzt nicht mehr so leicht raus.«
Er grinste. »Als ob ich das wollte!«
Sie öffnete ihre Hand. Die schwarzen Bernsteine glitzerten dunkel auf ihrer Handfläche. »Oberon hat mir zwei Edelsteine gegeben«, sinnierte sie. »Glaubst du, er wusste die ganze Zeit, dass ich dich mitnehmen würde?«
»Möglich«, sagte Edric. »Ich bin froh darüber.Drake hat nämlich den Stein, den er mir gab, als ich dich finden sollte, wieder an sich genommen.«
»Nun, dies ist der Ersatz«, sagte Tania lächelnd. »Und dieses Mal wurde er dir aus Liebe geschenkt.«
Lächelnd nahm Edric den Stein entgegen.
»Worauf wartest du?«, fragte sie.
Sie gingen zur Tür und traten gemeinsam auf den Hof hinaus. Tania schloss die Tür hinter sich und atmete die kühle Morgenluft in vollen Zügen ein.
Während sie seine Hand fest in ihrer hielt, sah sie über den Hof hinaus auf eine weite Asphaltfläche, die von Rasen und Bäumen begrenzt wurde. Sie reichte bis zu einer hohen roten Backsteinmauer mit einem schmiedeeisernen schwarzen Tor. Dahinter lagen Häuser und Bäume, die sich als dunkle Umrisse gegen den violetten Himmel abhoben. Dies war ihr alles schmerzlich vertraut– oder zumindest dem Teil von ihr, der Anita Palmer war. Sie war zurück im London des 21.Jahrhunderts.
Sie sah Edric an. »Hast du Angst?«
»Etwas schon«, gab er zu. »Das ist keine leichte Aufgabe– die Elfenkönigin nach fünfhundert Jahren aufzuspüren.«
»Wir werden sie finden«, versprach Tania. »Vertrau mir, Edric. Ich weiß, dass sie noch lebt.«
Hand in Hand gingen sie zum Tor, während die ersten Sonnenstrahlen den Himmel hinter ihnen erhellten, sodass ihre Schatten auf den Weg vor ihnen fielen.