5. Kapitel
Lucie fürchtete sich vor ihrem fünfzigsten Geburtstag. Sie hätte es niemals zugegeben, das wußte Richard. Aber es war der Fall. Sie haßte alle Formen öffentlicher Vertraulichkeit und vertraulicher Öffentlichkeit. Es paßte nicht zu ihr, Schwächen zuzugeben. Altern empfand sie als Niederlage. Nicht mehr sieghaft jung zu sein, das unterlag nicht dem eigenen Willen, war nicht mit Stolz oder Hochmut abzuwenden. Die einzigen Mittel dagegen waren energische Pflege und der eiserne Entschluß, die Tatsache nicht an die große Glocke zu hängen.
Eine rauschende Geburtstagsfeier war also keinesfalls in Lucies Sinne. Richard schlug ihr deshalb vor: »Laß uns in einem schönen Hotel feiern, nur wir drei. Du, ich und Angela.«
»Wenn du meinst … eigentlich überhaupt kein übler Gedanke …«
Er sah ihr die Erleichterung an. Lucie hatte kein besonders diffiziles Mienenspiel, und er kannte alle Nuancen, über die sie verfügte. Jedenfalls bildete er sich das ein.
»Wo, dachtest du?«
Er schlug ein Hotel im Schwarzwald vor. Es war ein milder Herbst mit rotgoldenen Tagen und kühlen Nächten, in denen die Erde nach dem trockenen Sommer aufzuatmen schien. Sie waren vor Jahren zusammen in diesem Hotel gewesen und einander für kurze Zeit näher gekommen als jemals zuvor oder danach.
Damals hatte der Alte noch gelebt. Es war Richard so erschienen, als brächte die räumliche Entfernung von dessen Dunstkreis eine andere, gelöste und heitere Lucie an den Tag.
Eine Lucie, die er so hätte lieben können, wie er es im Grunde gern wollte.
Doch der Alte war im Tod stärker, als er im Leben gewesen war. Vielleicht hatte er sterbend seine Kraft auf seine einzige Tochter übertragen? Seine Kraft und auch seine Unbeugsamkeit?
Lucie war härter geworden, rechthaberisch und humorloser als früher. Dem Vater ähnlicher.
Trotzdem fühlte sich Richard zuversichtlich, als die Suite bestellt war. Angela hatte rundweg erklärt, sie sei nicht abkömmlich, könne weder ihr Studium noch ihren Golfunterricht unterbrechen.
»Ich werde lieb an dich denken, Mami. Das Geschenk gebe ich Papa mit. Okay? Du bist doch kein Geburtstagsmütterchen. Ist ja auch total aus der Mode, die Kerzen auszupusten. Okay?«
»Schon gut, mein Kind.«
Eltern hatten Verständnis zu zeigen. Es wäre höchst lächerlich gewesen, ein erwachsenes Mädchen zu einem Hotelaufenthalt zu zwingen. Auch ein Luxushotel war nichts Besonderes für Angela.
Richard wäre ein Wochenende in Paris oder Wien lieber gewesen, weit weg von den Phantomzeichnungen im Fernsehen, von der Berichterstattung über ›seinen‹ Fall und den Stand der Ermittlungen. Aber Lucie mochte keine Großstädte als Reiseziele. Der Trip nach Leipzig war ein Flop gewesen.
Von Britta gab es keine Spur. Das empfand Richard als vorteilhaft. Zuerst hatte er befürchtet, sie könnte tot aufgefunden werden. Dann hätte man die Anstrengungen, ihn zu finden, sicher verdoppelt. Irgendwann würde Sand über die Sache geweht sein, das hoffte er inständig. Es gab ein Übermaß an Kriminalität in Berlin. ›Frontstadt des Verbrechens‹ hatte kürzlich eine Zeitung getitelt. Vielleicht verlief sich diese Geschichte, wenn andere Verbrechen das Interesse beanspruchten?
Wo war Britta wirklich? Nicht dran denken. Es war die Strafe auf Erden. Dieses verlängerte Wochenende mit Lucie sollte auch eine stille Wiedergutmachung für sie sein. Eine traurige Zärtlichkeit erfüllte ihn, wenn er dachte, was er ihr angetan hatte. Ihre Welt würde zusammenbrechen. Er hatte ihr stets das Gefühl vermittelt, sie sei die Begehrte, die Gebende in ihrer Beziehung. Sie wußte nichts von seiner Untreue und durfte nie davon erfahren.
Richard fuhr den 600er SL selber. Das Hotel war renoviert und noch aufwendiger elegant als damals. Ihre Suite hatte einen Alkoven mit herrlicher Aussicht auf einen Kamin. Der würzige Holzduft in dessen Nähe ließ darauf schließen, daß er an kühlen Abenden geheizt wurde. Es gab einen Salon und ein Schlafzimmer mit zwei sehr breiten Betten.
Als Richard anbot, auf der Couch zu schlafen – »damit ich dich nicht störe, Liebes« –, lächelte Lucie und erklärte, sie wolle in diesem unbekannten Gemäuer nachts keinesfalls allein sein.
Er war ihr dankbar. Auch dafür, daß sie keine Veränderung an ihm bemerkt hatte. Abends gingen sie in die kleine ›Heimatstube‹ zum Essen. Dann holte er ihre Mäntel aus der Suite, und sie wanderten in den nahen kleinen Ort, wo sie in eine Weinstube eintraten, aber sofort wieder die Flucht ergriffen vor Qualm und Lärm.
Ein Halbmond stand am Himmel, als sie zurückgingen. Lucie strauchelte leicht. Er nahm ihre Hand, und sie ließ sie ihm. Wie lange hatte es solche Vertraulichkeiten zwischen ihnen nicht mehr gegeben? Und hatte das wirklich nur an Lucies kühlem Wesen gelegen und nicht ebenso an seiner wachsenden Gleichgültigkeit?
»Ab morgen werde ich ein altes Weib sein«, scherzte sie.
»Nicht älter als dein spannkräftiger, fescher Gatte. Und bestimmt nicht weniger attraktiv, charmant und weise als er. Dafür aber wesentlich hübscher.«
Sie lachte. »Ein alter Mann kann jederzeit eine junge Frau erobern. Alle tuscheln beifällig oder rufen sogar laut Hurra. Umgekehrt ist es lächerlich. Alte Diven mit ihren Pipiknaben wirken doch scheußlich, so billig, und diese Gespielen machen die Damen erst richtig alt. Es ist ungerecht, aber wahr.«
»Dir würde ein junger Mann gut zu Gesicht stehen, Liebes, aber du hast nun mal mich am Hals, und ich weiche nicht freiwillig.«
»Dich würde eine jüngere Biene auch gut kleiden. Aber nur über meine Leiche. Das weißt du, nicht wahr?«
Ihr Ton war plötzlich ernst geworden. Es berührte ihn unangenehm. Er drückte ihre Hand und lachte, scheinbar amüsiert.
»Keine fremden Bienen. Ich diene nur meiner Bienenkönigin. In Ewigkeit.«
Sie entzog ihm ihre Hand.
»Kein Grund, Witze zu machen.«
»Verzeih mir.«
»Natürlich. Ich werde uns doch dieses Wochenende nicht verderben.«
Sie tranken in der Hotelbar noch einen Whisky sour, als ›anregenden Abschlaffer‹, wie der Barmann sagte. Als sie allein im Fahrstuhl hochfuhren, machte die ungewohnte Nähe sie leicht verlegen.
Lucie blieb lange im Bad, wie jeden Abend. Richard trat auf den Balkon hinaus und rauchte eine Zigarette. Später schliefen sie miteinander, sehr zufriedenstellend, er war gut in Form und sie gelöster als sonst.
Um zwölf Uhr küßte er sie, sang sogar ›Happy birthday‹ und schenkte ihr die kleine Taschenuhr mit Brillanten, die sie bei ihrem Lieblingsjuwelier bewundert hatte.
»Möge sie dir nur glückliche Stunden anzeigen, Lucie.«
Sie dankte ihm.
»Vater hat sich selten geirrt, aber in dir hat er sich geirrt. Er hat dich einfach unterschätzt.«
»Er war eifersüchtig. Du warst sein Augenstern.«
»Und du, Richard? Wirst du deinem Augenstern Angela später auch das Leben schwermachen?«
»Ich hatte reichlich Gelegenheit, in dieser Hinsicht dazuzulernen. Und hier ist das Geschenk deiner Tochter, das dir zugleich zeigt, wie sie dein Alter und deine Attraktivität einschätzt. Bitte.«
Angela hatte ihrer Mami eine Garnitur raffinierter schwarzer Spitzenwäsche geschenkt, die wie ein Riesenpralinée in Zellophanpapier verpackt und mit Goldband drapiert war. Sie lachten beide.
»Wie süß von Angela. Jetzt müßten wir eigentlich mit Champagner anstoßen.«
»Gute Idee.«
Er holte kurzerhand die Flasche Dom Perignon und zwei Kelche aus dem Barschrank, in dem alles auf sein Geheiß hin heimlich postiert worden war. Er war stolz, daß er daran gedacht hatte. Man gab sich Mühe, man lernte viel, aber ganz und gar überwand man die einfache Herkunft nie.
Am nächsten Morgen hatte Richard Kopfschmerzen. Die heitere Stimmung der vergangenen Nacht war wie ausgelöscht. Die Schatten der vergangenen Ereignisse zeigten sich wieder.
Er nahm ein Aspirin, duschte, rasierte sich und erfrischte sich mit ›Cool Water‹. Er war fest entschlossen, Lucie seine triste Verfassung nicht spüren zu lassen, gerade jetzt nicht, wo sich zwischen ihnen ein neues, zartes Einvernehmen entwickelt hatte.
Ihm war klar, daß bei ihm das schlechte Gewissen dabei eine Rolle spielte. Auch Angst vor Entdeckung war im Spiel. Er wollte sich gewissermaßen dort anlehnen, wo die Mauer besonders brüchig war.
Lucie freute sich über den sonnigen Tag. Sie beschlossen, nicht zum Frühstücksbüfett hinunterzugehen, sondern sich etwas Leckeres heraufschicken zu lassen.
Richard bestellte telefonisch. Lucie kam in der neuen Spitzenwäsche aus dem Bad, und sie sah in ihrer gut proportionierten Üppigkeit wirklich zum Anbeißen aus.
Als es klopfte, zog sie schnell den Morgenrock über. Mit dem Frühstück wurde ein Fax serviert. Der Kellner lächelte, ja, er strahlte geradezu, und er stellte auch eine Flasche Champagner zu dem Frühstück und murmelte, dies sei eine Aufmerksamkeit der Hotelleitung.
Er zog erfreut mit einem zu hohen Trinkgeld ab. Das Fax war von Angela. Sie hatte gedichtet:
Lieb Mamilein, ich denke Dein,
und hoffe nur, die Garnitur
paßt ganz genau der Spitzen-Frau!
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag
von Deiner Angela.
Ein Pfeil verwies auf die Zeichnung einer sehr kurvenreichen Lady im schwarzen Spitzenhöschen.
Lucie lachte, aber Richard merkte, daß sie etwas geniert und ungehalten war. Diese ›Bloßstellung‹ hatte schließlich unter den Augen des Hotelpersonals stattgefunden, und der Champagner bewies, daß man durchaus über den Anlaß des Fax' informiert war.
Richard fand Lucie wieder einmal kleinkariert, aber er verbot sich alle ärgerlichen Regungen. Lucie hatte Geburtstag. Und er hatte wahrhaftig kein Recht, auf hohem Roß zu sitzen.
Sie machten einen langen Spaziergang und fuhren am Nachmittag ins nahe Freudenstadt, wo sie in einem Café ohne Rücksicht auf Kalorien Torte mit Sahne aßen.
Abends speisten sie elegant im Hotel. Anschließend ließen sie sich im Taxi nach Baden Baden ins Spielkasino kutschieren, wo Lucie beim Roulette mehrmals vergebens ihre Glückszahl sieben setzte, schließlich aber erheblich gewann.
Richard, der nur die ganz einfachen Chancen setzte: Rot, gerade Zahlen, und bei Verlust den Einsatz verdoppelte – das Rezept für Geduldige, mit dem sich in Monte Carlo verschämte Adlige und verarmte Abenteurer mühsam ihr tägliches Schärflein verdienten –, kam mit einem geringfügigen Gewinn über die Runden.
Obwohl Lucie einen Verlust durchaus hätte verschmerzen können, freute sie sich übermäßig über ihren Gewinn, was allerdings nur jemand merken konnte, der sie genau kannte. Geld bedeutete ihr viel. Noch mehr bedeutete ihr Reputation, viel mehr. Haltung war alles. Das hatte der Alte ihr eingebläut. Selbst Angela verzieh sie Ausrutscher in dieser Hinsicht schwer, und das kleine Luder wußte es und machte sich einen Extraspaß daraus, ihre Mama durch besonders saloppes Benehmen zu reizen.
Am nächsten Tag kam der Scheich mit Gefolge ins Hotel.
Eine ganze Etage war am Tag zuvor geräumt worden, zum Glück war es das Stockwerk über ihrer Suite. Die Gäste, die dort logiert hatten, mußten umziehen oder reisten verärgert ab. Nur ein Herr im Rollstuhl durfte weiterhin oben wohnen. Richard fand das merkwürdig und schalt sich selber: Deine Fantasie ist in letzter Zeit empfindlich überdreht!
Mittags fuhr die Autokarawane vor, mehrere langgestreckte schwarze Nobelkarossen, mit Kennzeichen des deutschen diplomatischen Corps versehen. Der Scheich reiste als Ehrengast der Regierung.
Alle Hotelangestellten waren in der Halle versammelt. Viele Gäste lümmelten sich dort wie zufällig. Es erschien eine Kavalkade exotischer Gestalten: Zuerst kamen zwei Männer in weißen Gewändern, unter deren Ausbuchtungen an der rechten Hüfte sich deutlich die Formen von Schußwaffen abzeichneten. Jeder trug einen Knaben auf dem linken Arm, offenbar waren sie Kindermänner anstelle von Kinderfrauen und erfüllten zugleich die Funktion von Bodyguards.
Es folgten mehrere abenteuerliche Gestalten. Zwei wirkten wie aus einem Western entsprungen. Ein anderer war strikt orientalisch gewandet. Die Mehrzahl der Männer war jedoch westlich gekleidet, und zwar sehr elegant und sehr teuer.
Der Scheich – und es konnte überhaupt kein Zweifel daran bestehen, daß er der Chef war, das signalisierten sein selbstbewußtes Auftreten und, mehr noch, das devote Verhalten der anderen – war klein und zierlich und glattrasiert, mit einem blauschwarzen Schimmer um Kinn und Oberlippe. Er trug einen dunklen Anzug und einen hellen Cashmeremantel.
Zum Schluß huschten die tief verschleierten Damen herein und traten sofort in den Fahrstuhl, dessen Tür ihnen eine dicke, unverschleierte Negerin aufhielt.
Besonderes Aufsehen erregte die Dienerschaft. Je zwei Mann schleppten Truhen aus Metall durch die Halle. Was mochte drin sein? Lucie, die niemals zugegeben hätte, daß sie den Einzug der fremden Gäste mit hohem Interesse verfolgte, konnte es sich nicht verkneifen zu flüstern: »Da haben sie bestimmt Gold und Juwelen drin.«
Dann kehrte Ruhe ein. Das Personal verkrümelte sich wieder, die Gäste raschelten mit den Zeitungen oder verließen gleichfalls die Halle. Richard schaute seine Zeitung durch. Kein Wort über den Toten im Hotel, keine Zeichnung von Britta oder von ihm. Es war Gras über die Sache gewachsen, wie er es sich erhofft hatte.
Lucie und Richard gingen früh zum Abendessen in den Speisesaal hinunter, weil sie befürchteten, die Aufmerksamkeit des Personals könne sich allzusehr auf die Gäste aus dem Morgenland konzentrieren. Auf diese Weise bekamen sie ein Schauspiel von Macht und der Gefahr in ihrem Fahrwasser zu sehen.
Einer der beiden ›Cowboys‹, im Straßenanzug, aber immer noch mit Hut, schlüpfte in die Küche und blieb eine Zeitlang dort, während andere Gestalten die Tafel überprüften, unter die Tische schauten, die weißen Tafeltücher anhoben und auch die Teller leicht lüpften.
Der Cowboy erschien wieder aus der Küche und nahm mit Blick zur Eingangstür Haltung an. Lucie vermutete, er brütete Spatzen unter seinem Hut aus. Richard tippte auf Papageien.
Es erklang zwar kein Tusch, doch schwappte förmlich eine Welle von Bedeutung und Macht in den Eßsaal, als der Scheich mit seinem engsten Gefolge hereinrauschte und an der Tafel, in der Mitte mit Blick in den Raum, Platz nahm. Die anderen Männer verteilten sich, offenbar nach strengen Regeln. Sie waren immer noch sehr unterschiedlich gewandet.
Der merkwürdige Cowboy behielt auch jetzt seinen Hut auf. Er bezog Posten neben dem großen Boß, und als die ersten Schüsseln hereingetragen wurden, war auch seine spezielle Funktion klar. Er kostete zuerst von allen Speisen für den Scheich. Dieser begann erst nach einer Weile zu essen.
Der Vorkoster, der wahrscheinlich auch schon in der Küche die Lebensmittel auf tödliche Beimischungen hin überprüft hatte, setzte sich neben den Scheich, erhob sich aber bei jedem neuen Gang zum Vorkosten. Es war also offenbar, daß der Scheich damit rechnen mußte, vergiftet zu werden.
Richard zog einen merkwürdigen Trost aus diesem Anschauungsunterricht. So ein stinkreicher, mächtiger Mann mußte ständig um sein Leben fürchten, während ihn selbst schon ein vager, dazu völlig ungerechtfertigter Verdacht und ein läppisches Phantombild beinahe aus den Angeln hob.
Am Tag ihrer Abreise geschah morgens noch etwas Verwirrendes. Richard und Lucie fuhren im Fahrstuhl hinunter, um nun doch noch einmal das Frühstücksbüfett zu nutzen. Sie hatten vor dem Einsteigen auf der Treppe nach oben Frauenstimmen, leises Gelächter und das Geräusch huschender Füße gehört. Als nun der Fahrstuhl auf ihrer Etage anhielt, standen darin die schwarze Dienerin und eine der Haremsdamen, ein zierliches Geschöpf, farbenprächtig gekleidet, aber unverschleiert. Sie war stark geschminkt und hatte rötlich getöntes Haar.
Als sie die Fremden gewahrte, drehte sie sich sofort zur Fahrstuhlwand und zog den Schleier hoch. Aber Richard hatte eine Sekunde lang geglaubt, es sei Britta. Obwohl er seinen Irrtum sofort bemerkte, war ihm schon der Schweiß ausgebrochen, die Knie gaben fast nach, die Erholung dieses Wochenendes war dahin. Er wußte plötzlich mit absoluter Sicherheit, daß der Schrecken seines folgenreichen Abenteuers noch nicht ausgestanden war.
»Ist etwas, Richard?!«
»Nein, nein. Etwas schwül, nicht wahr?«
Die Damen verließen den Lift im Erdgeschoß, wie Lucie und Richard ebenfalls. Einer der Kindermänner hielt die Haustür auf. Sie begaben sich sofort zu einer der Staatskarossen, die bereits vorgefahren war.
»Du bist ganz blaß, Richard«, bemerkte Lucie.
»Diese orientalischen Düfte hauen kühle Mitteleuropäer eben einfach um, findest du nicht?«
»Ich habe gar nichts bemerkt. Aber meine Nase ist ja auch nicht sehr empfindlich.«
Als sie etwas später bei ihrer Abreise die Halle durchquerten, hatte sich dort wieder das gesamte Hotelpersonal aufgebaut. Diener des Scheichs schleppten gerade die Metalltruhen nach draußen. Die Angestellten bildeten ein diskretes Spalier. Ein Hotelgast sagte ziemlich laut: »Solche Scheichs sollen zum Abschied Uhren und Gold verteilen.« Offenbar wurde das auch erwartet.
Von den Hornungs nahm jedenfalls niemand Notiz bei ihrer Abreise.
»Scheich müßte man sein«, scherzte Lucie.
»Den Vorkoster mit dem Cowboyhut würde ich entlassen.«
»Vielleicht ist der ein Neffe?«
»Dann würde ich ihn in den Kerker werfen lassen.«
»Richard, du auch gerade! Du bist doch ein ganz sanfter Heinrich.«
»Da bin ich nicht so sicher«, erwiderte er wahrheitsgemäß.