48

Hämorrhagie

Sechs Stunden Schlaf, vielleicht etwas mehr, waren besser als nichts. Am Morgen stand Cathy als erste auf, und der Vater der First Family kam unrasiert in den Frühstücksraum, vom Kaffeegeruch angezogen. »Wer sich so bescheiden fühlt, sollte wenigstens einen Kater als Ausrede haben«, verkündete der Präsident. Die Morgenzeitungen lagen bereit. An der Titelseite der Washington Post hing ein Klebezettel, direkt über einem Bericht von Bob Holtzman und John Plumber. Nun, dachte Jack zu sich, auf die Weise kam sein Tag mal richtig aus den Startlöchern.

»So was Verdorbenes«, sagte Sally Ryan. Sie hatte schon im Fernsehen vom Streit gehört. »Galgenvögel.« Sie hätte ›Schwänze‹ gesagt, da der Ausdruck bei den jungen Damen von St. Mary's die Runde machte, aber Dad war noch nicht bereit zuzugeben, daß seine Sally wie eine Erwachsen redete.

»Mh-hm«, antwortete ihr Vater. Die Story war detaillierter, als ein paar Minuten Sendezeit sein konnten. Und Ed Kealty wurde benannt, der anscheinend – nicht überraschend, aber dennoch illegal – aus einer CIA-Quelle schöpfte mit Informationen, die, so der Bericht, nicht zur Gänze wahr und, schlimmer noch, ein gezielter politischer Angriff auf den Präsidenten waren, unter Mißbrauch der Medien als Kampfhunde.

Jack prustete. Als ob das was Neues wär. Die Post betonte die grobe Verletzung der journalistischen Integrität. Plumbers Abbitte sei sehr aufrichtig, hieß es. Der Bericht sagte, führende Angestellte von NBCs News-Abteilung hätten sich vor Abschluß der eigenen Ermittlung jeden Kommentars enthalten. Es hieß auch, die Post habe die Bänder, die völlig unbeschädigt wären, in sicherer Verwahrung.

Die Washington Times, sah er, war ähnlich zornig, aber nicht ganz auf gleiche Weise. Es werde hierzu einen kolossalen Bruderzwist im Presse-Corps Washingtons geben, meinte der Times-Leitartikel, und die Politiker würden die Schlacht sicher belustigt verfolgen.

Nun, das sollte sie mir für ein Weilchen vom Halse halten.

Dann öffnete er den Pappordner mit den ›Geheim‹-Borten. Das Dokument, sah er, war schon etwas älter.

»Bastarde«, flüsterte POTUS.

»Die haben sich diesmal selbst einen reingewürgt«, sagte Cathy, auch mit einer Zeitung in der Hand.

»Nein«, antwortete Swordsman. »China.«

*

Es war noch keine Epidemie, weil keiner darüber Bescheid wußte. Ärzte reagierten schon mit Überraschung auf Anrufe. Zwanzig waren bereits durch erregte Anrufe bei ihren Antwortdiensten geweckt worden. Blutiges Erbrechen und blutiger Durchfall wurden in jedem Fall berichtet, aber Fälle gab's nur einen pro Kunden, und so was läßt sich medizinisch mit verschiedenen Ursachen in Zusammenhang bringen. Blutende Magengeschwüre, zum Beispiel, und viele der Anrufe kamen von Geschäftsleuten, die den Streß mit Schlips und Kragen anzulegen pflegten.

Den meisten wurde gesagt, daß sie sich zur nächsten Notaufnahme fahren lassen sollten, und fast alle Ärzte zogen sich an, um seinen oder ihren Patienten dort zu treffen, oder überließen dies einem Kollegen.

Manche Kranke erhielten die Anweisung, sich gleich zu Praxisbeginn bei ihnen zu melden, um den bestehenden Terminen zuvorzukommen.

Gus Lorenz war nicht danach, allein im Büro zu sitzen, und er hatte einige vom leitenden Stab reingerufen, um mit ihm am Rechner zu sitzen. Denen fiel auf, daß seine Pfeife qualmte, als sie reinkamen. Das gab fast Protest – es war schließlich gegen die Bundesverordnung –, die Ärztin hielt aber inne, als sie die Abbildung auf dem Bildschirm sah.

»Wo's der denn her?« fragte die Epidemiologin.

»Chicago.«

»Unser Chicago?«

Pierre Alexandre erreichte sein Büro kurz vor acht Uhr. Seine Morgenroutine begann mit einem Blick auf das Faxgerät. Bei AIDS-Fällen, die er konsiliarisch mitbetreute, schickten ihm die Kollegen häufig Patienteninformationen. Heute früh gab es nur ein Fax: scheint's nichts Unerfreuliches. Dann läutete sein Telefon.

»Dr. Alexandre.«

»Hier die Notaufnahme, Sir. Könnten Sie runterkommen? Hier ist ein Patient, weiß, männlich, 37. Hohes Fieber, innere Blutungen. Ich weiß nicht, was es ist – ich meine«, sagte die Assistenzärztin, »ich meine, ich weiß, wie es aussieht, aber …«

»Bin in fünf Minuten da.«

Der Molekularbiologe zog seinen gestärkten Kittel über und machte sich auf den Weg zur Notaufnahme, die in einem anderen Gebäude auf dem weitläufigen Hopkins Campus lag. Da war die Assistenzärztin, ein süßer Knopf … und legte eine OP-Maske an, sah er. Was konnte so früh an einem Frühlingsmorgen so arg schlimm sein?

»Guten Morgen, Doktor«, sagte er in seinem charmantesten Kreolenakzent. »Was gibt es denn für ein Problem?« Sie reichte ihm die Kurve und fing zu sprechen an, als er las.

»Seine Frau brachte ihn rein. Hohes Fieber, leicht desorientiert, Blutdruck niedrig, wahrscheinlich innere Blutung, Blut im Erbrochenen und im Stuhl. Und er hat diese Flecken im Gesicht«, berichtete sie. »Und ich weiß nicht …«

»Okay, sehen wir mal nach.« Sie klang wie eine vielversprechende junge Ärztin, dachte Alexandre erfreut. Wußte, was sie nicht wußte, hatte um Rat gebeten … aber weshalb nicht einen der Typen von der Inneren? Er legte Maske und Handschuhe an und ging durch den Isoliervorhang.

»Guten Morgen, ich bin Dr. Alexandre«, sagte er zum Patienten. Dessen Augen blickten teilnahmslos, aber es waren die Flecken im Gesicht, die Alexandre die Luft wegnahmen. George Westphals Gesicht, aus Alex' Vergangenheit nach mehr als zehn Jahren zurückgekehrt.

»Wie ist er hergekommen?«

»Sein Hausarzt bat die Frau, ihn herzufahren. Der ist hier Belegarzt.«

»Was macht er beruflich? Fotoreporter? Irgendwas im Reisegeschäft?«

Die Assistentin schüttelte den Kopf. »Er verkauft Camper, RVs, so was. Händlergeschäft drüben am Pulaski Highway.«

Alexandre sah sich um. Außer der behandelnden Assistentin waren ein Student und zwei Schwestern da, alle mit Handschuhen und Masken.

Gut. Sie war auf Zack, und jetzt wußte Alex, weshalb sie Angst hatte.

»Blut?«

»Schon abgenommen, Doktor. Kreuzprobe läuft schon, Proben auch an Ihr Labor.«

Der Professor nickte. »Gut. Sofort aufnehmen. Meine Station. Brauche einen Röhrchenbehälter. Vorsicht mit allen Spritzen, auch im Labor.« Eine Schwester ging alles holen.

»Professor, dies sieht aus, wie – ich mein', es kann nicht sein, aber …«

»Es kann nicht sein«, stimmte er zu. »Aber es sieht so aus. Das sind Petechien direkt aus dem Lehrbuch. Also behandeln wir's so im Moment, okay?« Die Schwester kam mit den benötigten Behältern. Alexandre nahm die zusätzlichen Proben ab. »Sobald er auf dem Weg nach oben ist, entkleiden und schrubben sich alle. Es ist nicht soviel Gefahr dabei, wenn man sich richtig vorsieht. Ist seine Frau in der Nähe?«

»Ja, Doktor, draußen im Warteraum.«

»Laßt sie von jemandem zu meinem Büro bringen. Ich muß sie einiges fragen. Noch was offen?« Nichts. »Dann wollen wir mal.«

Dr. Alexandre musterte den Plastikbehälter mit Blutproben, und nachdem feststand, daß er korrekt versiegelt war, steckte er ihn in die Manteltasche. Im Anfang sagte er sich, nein, es ist nicht möglich. Muß was anderes sein. Aber was? Leukämie hatte manche derselben Symptome, und so furchterregend die auch sein mag, gegen das von ihm Befürchtete war sie vorzuziehen. Die Türen gingen auf, und er marschierte zu seinem Labor.

»Morgen, Janet«, sagte er, als er ins ›heiße‹ Labor kam.

»Alex«, antwortete Dr. phil. Janet Clemenger, Molekularbiologin.

Er zeigte ihr den Plastikbehälter. »Ich brauch' dies hier rasch, sofort.«

»Was ist es?« Man sagte ihr nicht sehr oft, alles andere fallenzulassen, besonders zu Beginn eines Arbeitstages.

»Sieht aus wie hämorrhagisches Fieber. Stufen Sie es ein bei … vier.«

Ihre Augen weiteten sich. »Hier?« In ganz Amerika fragten sich Leute dasselbe, aber das wußte noch keiner von ihnen.

»Der Patient ist jetzt auf dem Weg nach oben. Ich rede mit seiner Frau.«

Sie nahm den Behälter und legte ihn vorsichtig auf die Arbeitsfläche.

»Die üblichen Antikörpertests?«

»Ja, und bitte seien Sie vorsichtig damit, Janet.«

»Immer«, versicherte sie ihm. Wie Alexandre auch, machte sie viele AIDS-Versuche.

Alexandre ging dann in sein Büro, um Dave James anzurufen.

»Wie sicher sind Sie?« fragte zwei Minuten später der Dekan.

»Dave, im Moment ist's nur ein Weckruf, aber – ich habe es schon früher gesehen. Genau wie bei George Westphal. Ich habe gerade Jan Clemenger drangesetzt. Bis auf weiteres müssen wir es, glaub' ich, ernst nehmen. Wenn die Laborergebnisse das zeigen, was ich befürchte, dann rufe ich Gus an, und wir geben wirklich Alarm.«

»Nun, Ralph kehrt übermorgen von London zurück. Es ist im Moment Ihre Abteilung, Alex. Halten Sie mich auf dem laufenden.«

»Roger«, sagte der ehemalige Soldat. Dann war's Zeit, mit der Ehefrau des Patienten zu sprechen.

Der Kurier traf bei CDC ein, seine ›Hutschachtel‹ an der Hand, und reichte sie einem von Lorenz' Labortechnikern. Von da an lief alles auf der Überholspur. Auf den Arbeitsplatten waren die Antikörpertests schon vorbereitet, und mit den sorgfältigsten Vorsorgemaßnahmen und präzisen Handgriffen wurde ein Blutstropfen ins Glasröhrchen getaucht. Die Flüssigkeit darin wechselte fast augenblicklich die Farbe.

»Ebola ist's, Doktor«, berichtete der Techniker. Im anderen Raum wurde eine Probe für das Elektronenmikroskop vorbereitet. Lorenz ging hinüber; das Instrument war bereits aufgewärmt. Es mußte nur noch alles richtig gezielt werden, bevor die Abbildungen auf dem Bildschirm erschienen.

»Suchen Sie's sich aus, Gus.« Dies war ein leitender Arzt, kein Techniker. Als die Vergrößerung nachgestellt wurde, war das Bild augenblicklich klar. Im Blut wimmelte es von den winzigen Strängen. Und bald von nichts anderem. »Wo ist das her?«

»Chicago«, antwortete Lorenz.

»Willkommen in der neuen Welt«, sagte er zum Bildschirm und justierte die Feineinstellung, um einen Strang für volle Vergrößerung auszuwählen. »Du kleiner Hundesohn.«

Jetzt brauchten sie noch Untersuchungen, um die Untergruppe herauszubekommen. Das würde eine Weile dauern.

»Also ist er nicht außer Landes gereist?« Alex ging die Liste der üblichen Fragen durch.

»Nein. Nein, ist er nicht«, versicherte sie ihm. »Nur zur großen RV-Show. Die besucht er jedes Jahr.«

»Ma'am, ich muß ein Anzahl Fragen stellen, von denen einige anstößig erscheinen mögen. Verstehen Sie bitte, daß ich das tun muß, um Ihrem Mann zu helfen.« Sie nickte. »Haben Sie irgendeinen Grund zu vermuten, daß Ihr Mann sich mit anderen Frauen eingelassen hat?«

»Nein.«

»Sorry, das mußte ich fragen. Haben Sie irgendwelche exotischen Haustiere?«

»Nur zwei Chesapeake Bay Apportierer«, antwortete sie überrascht.

»Affen? Irgendwas aus dem Ausland?«

»Nein, nichts Derartiges.«

So kommen wir nicht von Fleck. Alex fiel keine relevante Frage mehr ein. Die zum Reisen sollten sie doch bejahen. »Kennen Sie jemanden: Familie, Freunde, was auch immer, der viel herumreist?«

»Nein – darf ich ihn sehen?«

»Ja, das dürfen Sie, aber erst müssen wir's ihm im Zimmer gemütlich machen und mit einigen Behandlungsmaßnahmen beginnen.«

»Wird er – ich meine, er ist noch nie krank gewesen, er läuft, und er raucht nicht und trinkt wenig, und wir haben immer aufgepaßt.« Und da begann sie, die Kontrolle zu verlieren.

»Ich werde Sie nicht anlügen. Ihr Mann scheint sehr krank zu sein, aber Ihr Hausarzt hat Sie zur besten Klinik im Lande geschickt. Ich bin hier neu, habe mehr als zwanzig Jahre in der Armee verbracht, alles auf dem Gebiet der Infektionskrankheiten. Sie sind also am richtigen Ort und haben den richtigen Arzt.« So was mußte man sagen, auch wenn einem die Worte hohl erschienen. Das einzige, was man nie und nimmer durfte, war, ihnen die Hoffnung zu rauben. Das Telefon läutete.

»Dr. Alexandre.«

»Alex, hier ist Janet. Antikörpertest ist positiv für Ebola. Ich hab's wiederholt«, sagte sie ihm. »Das Zusatzröhrchen habe ich für CDC eingepackt, und die Mikroskopie kann in einer Viertelstunde losgehen.«

»Sehr gut, ich werde dasein.« Er legte auf. »Hier«, sagte er der Ehefrau. »Ich werde Sie zum Warteraum begleiten und unseren Schwestern vorstellen. Wir haben einige sehr gute hier auf meiner Station.«

Dieser Teil war verdammt schwer. Er hatte ihr Hoffnung gemacht, wahrscheinlich zuviel. Jetzt würde sie auf ihn hören, als wäre er die Stimme Gottes, aber Gott hatte keine Antworten, und nun mußte er ihr noch erklären, daß die Schwestern auch von ihr etwas Blut zur Untersuchung abnehmen würden.

*

»Was gibt's, Scott?« fragte Ryan über dreizehn Zeitzonen hinweg.

»Nun, die haben eine Rohrzange ins Getriebe geschmissen. Jack?«

»Ja?«

»Dieser Kerl Zhang, den hab' ich jetzt zweimal getroffen. Er redet nicht viel, ist aber ein größerer Fisch, als wir dachten. Mir scheint's eher, er ist's, der ein Auge auf den Außenminister hält, nicht umgekehrt. Der ist im Spiel dabei, Mr. President. Sagen Sie den Foleys, sie sollen eine Akte über den Typen anlegen und mit einem dicken Reiter versehen.«

»Wird Taipeh Wiedergutmachung lockermachen?«

»Würden Sie's?«

»Mein Instinkt ließe mich denen sagen, wo sie's hinpflanzen können, aber ich soll ja nicht die Beherrschung verlieren, so war's doch?«

»Sie werden die Forderung anhören und werden mich fragen, wo die USA stehen. Was sage ich ihnen?«

»Für den Moment stehen wir für erneuerten Frieden und Stabilität ein.«

»So kann ich eine Stunde schinden, vielleicht zwei. Was dann?« beharrte SecState.

»Sie kennen die Region besser als ich. Was wird hier gespielt, Scott?«

»Ich weiß es nicht. Ich dachte, ich tu's, aber nein. Erst hoffte ich, es wär 'n Versehen. Dann dachte ich, die rütteln am Käfig – Taiwans, versteht sich. Das ist es nicht. Die machen dafür zuviel Druck und in die falsche Richtung. Dritte Option: Dies soll ein Test für Sie sein, Sir. Wenn, dann spielen die grob – zu grob. Die kennen Sie noch nicht gut genug, Jack. Es ist ein zu dicker Pott fürs erste Spiel des Abends. Unterm Strich: Ich weiß nicht, was die denken. Ohne das kann ich nicht sagen, wie wir ausspielen sollten.«

»Wir wissen, die waren bei Japan dabei – Zhang persönlich deckte diesem Yamata-Bastard den Rücken, und …«

»Ja, ich weiß. Und die müssen wissen, wir wissen's, und das ist ein weiterer Grund, uns nicht anzumachen. Da sind so viele Chips auf dem Tisch, Jack«, betonte Adler wieder. »Und ich kann hier den Grund nicht sehen.«

»Taiwan sagen, daß wir hinter ihnen stehen?«

»Okay, Sie tun das, und es wird publik, und die PRC erhöht den Einsatz, dann haben wir tausend – verdammt, nahezu hunderttausend Bürger da drüben als Geiseln. Ich möchte nicht mal auf die Handelsaspekte eingehen, aber das ist ein großer Jeton nach polit-ökonomischen Begriffen.«

»Stärken wir Taiwan aber nicht den Rücken, denken die, wir lassen sie im Regen stehen und daß sie eingekreist sind …«

»Ja, Sir, und das gleiche passiert umgekehrt. Mein Vorschlag ist, es laufen zu lassen. Ich überbringe die Forderung, Taipeh sagt nein, ich schlage vor, die schlagen vor, die Angelegenheit bleibe in der Schwebe, bis der Vorfall mit der Verkehrsmaschine geklärt ist. Dafür rufen wir die UNO an. Wir, die USA, holen die Frage vor den Sicherheitsrat. Das zieht's in die Länge. Früher oder später muß doch der PRC-Navy der Sprit ausgehen. Wir haben eine Trägerflotte in der Nähe, und so kann eigentlich nichts passieren.«

Ryan runzelte die Stirn. »Ich will nicht sagen, daß mir's gefällt, aber's läuft. Es bringt jedenfalls ein, zwei Tage. Mein Instinkt sagt, Taiwan stützen, und die PRC kann mich …«

»Die Welt ist so einfach nicht, und Sie wissen's«, sagte Adler.

»Wie wahr. Laufen Sie mit dem Ball wie besprochen, Scott. Halten Sie mich im Bilde.«

»Ja, Sir.«

*

Alex sah auf die Uhr. Neben dem Elektronenmikroskop war Dr. Clemengers Notebook. Um 10.16 Uhr nahm sie's, setzte eine Zeitmarke und diktierte, wie sie und ihr Mitdozent das Vorhandensein von Ebola-Viren nachgewiesen hatten. Auf der anderen Laborseite führte ein Techniker den Test am Blut der Ehefrau durch. Ebola-Positiv. Sie hatte es auch, wußte es aber noch nicht.

»Haben die Kinder?« fragte Janet, als die Nachricht kam.

»Zwei, beide Studenten, auswärts.«

»Alex, wenn's nichts Neues gibt, das ich nicht weiß … Ich hoffe, die haben ihre Prämien bezahlt.« Clemenger hatte hier nicht ganz den Status eines Dr. med. aber in Momenten wie diesen war's ihr nur recht.

Ärzten wuchsen die Patienten mehr ans Herz als den Dr. phils.

»Was können Sie mir noch sagen?«

»Ich müßte eine Genkarte anlegen, aber schauen Sie.« Sie tippte auf den Bildschirm. »Hier, wie die Eiweißschlaufen gruppiert sind, und die Struktur hier unten?« Janet war führende Laborexpertin für Virenaufbau.

»Mayinga?« O Gott, der hatte auch George erwischt … und keiner wußte, wie George dazu gekommen war, und dieser Patient …

»Zu früh, um sicher zu sein. Sie wissen, was ich dafür anstellen müßte.«

»Es paßt. Keine bekannten Risikofaktoren für ihn, vielleicht auch sie. Jesus, Janet, wenn dieser auf dem Luftweg übertragbar ist …«

»Ich weiß, Alex. Rufen Sie Atlanta an oder ich?«

»Ich mach's.«

»Und ich fange an, den kleinen Bastard auseinanderzupflücken«, versprach sie.

Es schien ein langer Weg vom Labor zurück zu seinem Büro.

»Dr. Lorenz ist zur Zeit in einer Konferenz«, sagte eine Sekretärin. Das reichte meistens zur Abschreckung. Diesmal aber nicht.

»Unterbrechen Sie ihn doch bitte. Sagen Sie ihm, es ist Pierre Alexandre am Johns Hopkins, und es ist wichtig.«

»Ja, Doktor. Bitte warten Sie.« Sie drückte einen Knopf, dann einen weiteren. »Dr. Lorenz, bitte, es ist dringend.«

»Ja, Marjorie?«

»Ich habe Dr. Alexandre auf Leitung drei. Er sagt, es ist wichtig, Sir.«

»Danke.« Gus schaltete um. »Bitte kurz, Alex, hier entwickelt sich eine Situation«, sagte er in einem ungewöhnlich geschäftlichen Ton.

»Weiß ich. Ebola hat's auf diese Halbkugel geschafft«, verkündete Alexandre.

»Haben Sie ebenfalls mit Mark gesprochen?«

»Mark? Mark wer?« fragte der Dozent.

»Warte, warte, einen Schritt zurück, Alex. Weshalb rufen Sie hier an?«

»Wir haben zwei Patienten auf meiner Station, und beide haben ihn.«

»In Baltimore?«

»Ja, und jetzt – wo sonst noch, Gus?«

»Mark Klein hat in Chicago eine weibliche, 41. Ich habe die Blutproben schon mikroskopiert.« In zwei weit voneinander entfernten Städten taten zwei Weltklasse-Experten das gleiche. Ein Augenpaar fixierte eine Wand in einem kleinen Büro. Das andere sah an einem Konferenztisch herab zu zehn anderen Ärzten und Wissenschaftlern. Der Ausdruck war in beiden Fällen identisch. »Ist einer von beiden in Chicago oder Kansas City gewesen?«

»Negativ«, sagte Alexandre. »Wann ist Marks Fall aufgetaucht?«

»Gestern nacht, um zehn rum. Ihre?«

»Heute morgen kurz vor acht. Ehemann mit allen Symptomen. Frau nicht, aber ihr Blut ist positiv … Oh, Scheiße, Gus …«

»Ich muß gleich Detrick anrufen.«

»Tun Sie das. Halten Sie das Faxgerät im Auge, Gus«, riet Alexandre.

»Bleiben Sie erreichbar. Kann sein, daß ich Ihren Input brauche.«

»Darauf können Sie wetten!« Alex dachte darüber nach, als er auflegte. Er mußte noch einen anrufen.

»Dave, Alex.«

»Nun?« fragte der Dekan.

»Mann und Frau beide positiv. Frau noch nicht symptomatisch. Mann zeigt alle klassischen Anzeichen.«

»Also, was ist los, Alex?« fragte der Dekan, auf der Hut.

»Dave, los ist, daß ich Gus bei einer Stabskonferenz erwischt habe. Sie diskutierten einen Ebola-Fall in Chicago. Mark Klein hatte wohl um Mitternacht angerufen. Nichts Gemeinsames zwischen dem und unseren Index-Fall hier. Ich, mh, glaube, wir haben hier eine potentielle Epidemie im Entstehen. Wir müssen unsere Notaufnahme alarmieren. Es könnte hier sehr gefährliches Zeugs hereinrollen.«

»Epidemie? Aber …«

»Das muß ich entscheiden, Dave. CDC redet mit der Army. Ich weiß genau, was die oben in Detrick sagen werden. Vor sechs Monaten hätte ich dort die Telefonate geführt.« Die andere Leitung Alexandres begann zu läuten. Seine Sekretärin nahm im Vorzimmer ab. Einen Moment später steckte sie den Kopf zur Tür herein.

»Doktor, es ist die Notaufnahme, sie sagen, man braucht Sie dort.«

Alex gab auch diese Nachricht an den Dekan weiter.

»Wir treffen uns dort, Alex«, sagte Dave James.

*

»Beim nächsten Anruf auf Ihrem Beantworter werden Sie für Ihre Mission freigegeben«, sagte Herr Alahad. »Die Zeitplanung obliegt Ihnen.«

Er mußte nicht hinzufügen, daß Raman besser alle Nachrichten löschen sollte. Das hätte erniedrigend einem gegenüber gewirkt, der bereit war, sich für die Sache hinzugeben. »Wir werden uns in diesem Leben nicht wiedersehen.«

»Ich muß zu meiner Arbeitsstelle.« Raman zögerte. So war der Befehl doch gekommen. Die beiden Männer umarmten sich, und der jüngere ging.

*

»Cathy?« Sie sah auf, als Dr. Katz seinen Kopf zu ihrer Tür reinsteckte.

»Yeah, Bernie?«

»Dave hat für zwei Uhr ein Treffen der Abteilungsleiter in seinem Büro einberufen. Ich bin weg nach New York für die Konferenz bei Columbia, und Hal operiert heute nachmittag. Nehmen Sie meinen Platz ein?«

»Sicher, ich bin frei.«

»Danke, Cath.« Sein Kopf verschwand wieder. SURGEON kehrte zu den Akten zurück.

David James war in der Notaufnahme. Hinter der Maske sah er aus wie jeder andere Arzt.

Dieser Patient hatte mit den anderen beiden nichts zu tun. Er erbrach sich in die Schale. Es war Hinweis genug für innere Blutung.

Die gleiche junge Assistenzärztin betreute auch diesen Fall. »Keine nennenswerten Reisen. Sagt, er wäre in New York gewesen. Theater, Auto-Show, normale Touristensachen. Was ist mit dem ersten?«

»Positiv für Ebola-Virus«, sagte ihr Alex. Ihr Kopf schnellte herum.

»Hier?«

»Hier. Seien Sie nicht so überrascht, Doktor. Sie haben mich gerufen, oder?« Er wandte sich Dekan James zu und hob eine Braue.

»Alle Abteilungschefs um zwei in meinem Büro. Ich kann nicht schneller, Alex. Ein Drittel operiert jetzt oder ist noch auf Visite.«

Alexandre nahm den Dekan am Arm und führte ihn vor die Tür. Dort, in seinem Grünzeug, zündete er eine Zigarre an, zur Überraschung der Sicherheitsleute, die auch hier ein Rauchverbot durchzusetzen hatten.

»Was in drei Teufels Namen ist hier los?«

»Wissen Sie, diese Dinger haben auch ihre Vorteile.« Alex paffte ein paarmal. »Ich kann Ihnen sagen, was die oben in Detrick sagen werden.

Zwei voneinander getrennte Index-Fälle, Dave, tausend Meilen entfernt und acht Stunden zeitlich. Keine Verbindung irgendwelcher Art. Keine Gemeinsamkeiten. Rechnen Sie's doch mal durch«, sagte Pierre Alexandre mit einem weiteren, sorgenvollen Zug.

»Nicht genug Daten, um das zu stützen«, wandt James ein.

»Ich hoffe, ich irre mich. In Atlanta wird's ein Gerangel ohnegleichen.

Gute Leute da unten. Die Besten. Sie sehen so was aber nicht so, wie ich es betrachte. Ich habe die Uniform lange getragen. Nun«, noch ein Zug, »wir werden sehen, was das Beste an stützender Therapie vermag. Wir sind besser als alles in Afrika. Chicago ist's auch. Wie alle anderen Orte, die sich noch melden werden, vermute ich.«

»Anderen?« James hatte immer noch nicht begriffen.

»Den ersten Versuch biologischer Kriegsführung unternahm Alexander der Große. Er schoß die Leichen von Pestopfern mit Katapulten in eine belagerte Stadt. Ich weiß nicht, ob es funktionierte. Er nahm die Stadt auch so ein, schlachtete alle ab und marschierte weiter.«

Jetzt hatte er's, konnte Alex sehen. Der Dekan war so blaß wie der neue Patient.

*

»Jeff?« Raman ging gerade in der örtlichen Kommandozentrale POTUS Zeitplan durch. Er hatte jetzt eine Mission zu erfüllen, und es war Zeit, mit der Planung zu beginnen. Andrea kam zu ihm rüber. »Wir haben eine Reise nach Pittsburgh am Freitag. Würden Sie mit der Vorausmannschaft mal schnell dorthin? Es gibt ein paar Probleme mit dem Hotel.«

»Okay, wann muß ich los?«

»Flug startet in neunzig Minuten.« Sie reichte ihm eine Flugkarte.

»Morgen nacht sind Sie wieder zurück.«

Um so viel besser, dachte Raman, wenn er sogar überleben könnte.

Wenn er den Aufbau der Sicherheitsmaßnahmen bei so einer Veranstaltung selbst gestalten dürfte, wäre das vielleicht möglich. Vor dem Gedanken daran, Märtyrer zu werden, schreckte er nicht zurück, aber wenn sein Überleben im Bereich des Möglichen wäre, wäre ihm die Option lieber.

»Ist mir recht«, antwortete der Assassine. Packen war für ihn kein Problem. Agenten der Sondereinheit hatten stets eine Tasche im Wagen.

Drei Satelliten-Überflüge vergingen, bis das NRO zu einer Einschätzung der Lage bereit war. Alle sechs der UIR-Panzerdivisionen, die an den Kriegsspielen teilgenommen hatten, waren jetzt unter Aufrechterhaltung voller Einsatzbereitschaft weggetreten. Sechs Divisionen – drei schwere Corps – auf einmal, das war ein bißchen zu stark.

Die Daten wurden umgehend der saudischen und kuwaitischen Regierung übermittelt. In der Zwischenzeit rief das Pentagon das White House an.

»Ja, Mr. Secretary«, sagte Ryan.

»Das SNIE zur UIR ist noch nicht fertig, aber wir haben einige beunruhigende Informationen. Ich lasse sie von Admiral Jackson vortragen.«

Der Präsident hörte zu und kam ohne viel Analyse aus, obwohl er wünschte, die Special National Intelligence Estimates würden ihm als Anhalt für die politischen Absichten der UIR bereits vorliegen. »Empfehlungen?« fragte er, als Robby abgeschlossen hatte.

»Ich halte es für einen guten Zeitpunkt, die Boote aus Diego in Marsch zu setzen. Es schadet nie, sie üben zu lassen. Wir können sie bis auf zwei Tagesfahrten unbemerkt an den Golf heranrücken lassen. Dann empfehle ich Warn-Order ans XVIII. Luftlandecorps. Das sind die 82. die 101. und die 24. Motorisierte.«

»Läßt das aufhorchen?« fragte Jack.

»Nein, Sir. Das wird wie ein Übungsalarm behandelt. Machen wir ständig. Regt bloß die Stabsoffiziere zum Denken an.«

»Tun Sie's. Leise.«

»Der Zeitpunkt wäre gut, ein gemeinsames Übungsmanöver mit befreundeten Staaten in der Region durchzuführen«, schlug J-3 vor.

»Ich kümmer' mich drum. Sonst noch was?«

»Nein, Mr. President«, antwortete Bretano. »Wir halten Sie auf dem laufenden.«

Bis Mittag wurden über dreißig Faxe bei CDC Atlanta gezählt, aus zehn verschiedenen Staaten. Sie wurden an Fort Detrick, Maryland, Sitz des United States Army Medical Research Institute for Infectious Diseases – USAMRIID – weitergeleitet, dem militärischen Gegenstück zu Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta. Ein Treffen des leitenden Stabs wurde im Anschluß ans Mittagessen angesetzt, während Offiziere und Zivile versuchten, ihre Daten zu ordnen. Weitere Stabsoffiziere aus Walter Reed stiegen in ihre Dienstwagen für die Fahrt über die I-10 in Richtung Frederick, Maryland.

»Dr. Ryan?«

»Ja?« Cathy sah auf.

»Das Treffen in Dr. James' Büro ist vorgezogen worden«, sagte ihre Sekretärin. »Die wollen Sie jetzt drüben haben.«

»Dann, schätze ich, sollte ich gleich los.« Sie stand auf und ging zur Tür. Roy Altman stand dort.

»Irgendwas, das ich wissen sollte?« fragte SURGEONS leitender Agent.

»Etwas ist im Busch. Was, weiß ich noch nicht.«

»Wo ist das Dekanat?« Er war nie dort gewesen. Alle Konferenzen, an denen sie in letzter Zeit teilgenommen hatte, hatten im Maumenee-Gebäude stattgefunden.

»Dort entlang«, zeigte sie. »Auf der anderen Seite von Monument Street im Verwaltungsgebäude.«

»SURGEON unterwegs, nach Norden zu Monument.« Die Agenten erschienen aus dem Nichts, so wirkte es. Ohne den kürzlichen Vorfall hätte es sie belustigt. »Wenn's Ihnen nichts ausmacht, werde ich im Raum stehen. Ich bleib' aus dem Weg«, sicherte ihr Altman zu.

Cathy nickte. Da mußte man sich fügen. Wegen der vielen, hohen Fenster würde er das Dekanat hassen, da war sie sich sicher. Es war ein Zehn-Minuten-Spaziergang dorthin, fast ganz per Tunnel. Beim Reingehen sah sie viele Freunde, Abteilungschefs oder Stellvertretende wie sie. Pierre Alexandre stürmte mit grimmigem Ausdruck herein, Akten unterm Arm, rempelte sie fast an. Ein Agent verhinderte das.

»Bin froh, daß Sie hier sind, Cathy«, sagte er im Vorbeigehen. »Treten Sie ein.«

Ein Blick in den Konferenzraum brachte Altman dazu, die Rollos selbst herabzuziehen. Die Fenster gingen auf eine Reihe anonymer Backsteinhäuser hinaus. Die Ärzte sahen nichts, denn sie wußten, wer er war.

Es gab keine Einleitung: »Wir haben in ROSS fünf Ebola-Fälle. Sie kamen heute herein.«

Köpfe wurden ruckartig gedreht. Cathy mußte blinzeln.

»Studenten irgendwoher?« fragte der Direktor der Chirurgie.

»Zaire?«

»Ein Autohändler mit seiner Frau, ein Bootsverkäufer aus Annapolis, drei weitere. In Beantwortung Ihrer Frage, nein. Überhaupt keine internationale Reisen. Vier der Fälle sind voll symptomatisch. Die Frau des Autohändlers hat Antikörper, aber noch keine Symptome. Das wären die guten Nachrichten. Unser Fall war nicht der erste. CDC hat Fälle aus Chicago, Philadelphia, New York, Boston und Dallas, Stand von vor einer Stunde. Zahl der Fälle insgesamt ist zwanzig, eine Verdoppelung zwischen zehn und elf Uhr.«

»Jesus Christus«, flüsterte der Direktor für Innere Medizin.

»Sie alle wissen, was ich vorher gemacht habe. Im Moment halten die sicher eine Konferenz in Fort Detrick ab. Das Fazit wird sein, daß dies nicht ein zufälliger Ausbruch ist. Jemand hat eine Kampagne biologischer Kriegsführung gegen unser Land eingeleitet.«

Keiner widersprach Alexandres Analyse, sah Cathy. Sie wußte, weshalb. Alle waren in ihrem Fach Weltexperten, vier davon die Allerbesten, die's gab. Und alle verbrachten Zeit mit Kollegen anderer Fächer, um Informationen auszutauschen, weil sie alle echte Lernfanatiker waren.

Sie wollten alle alles wissen, auch wenn ihnen klar war, daß das nicht möglich war, nicht mal in nur einem Fachgebiet, aber das hielt sie nicht vom Bemühen ab. Diesmal spielte sich hinter den plötzlich eingefrorenen Gesichtsausdrücken der gleiche analytische Vorgang ab.

Ebola war eine Infektionskrankheit, und solche Krankheiten mußten an einem Ort ihren Beginn nehmen. Es gab immer ein erstes Opfer, genannt Patient null oder Index-Fall, und von dort kam es zur Ausbreitung. Keine Krankheit explodierte so einfach. CDC und USAMRIID, an offizielle Richtlinien gebunden, mußten sammeln, organisieren, vortragen, in einer fast legalistischen Struktur, um ihre Schlüsse zu untermauern. Für ihre Medizinische Fakultät war das einfacher, um so eher, weil Alex eine der Abteilungen am Fort Detrick befehligt hatte. Darüber hinaus, weil es einen Plan für alles gab, war Johns Hopkins eine der Einrichtungen, die als Aufnahmestellen vorgesehen waren, wenn etwas Derartiges eintraf.

»Alex«, sagte der Direktor für Urologie, »die Literatur gibt an, Ebola werde nur durch große Tropfen übertragen. Wie konnte es so rasch explodieren, auch nur lokal?«

»Es gibt einen Subtyp, genannt Mayinga. Der Infektionsweg wurde nie festgestellt. Einer meiner Kollegen, George Westphal, starb 1990 daran. Manche meinen, dieser Subtyp wird als Aerosol übertragen. Es ist nie dafür oder dagegen Beweis erhoben worden«, erklärte Alex.

»Außerdem gibt es, wie Sie wissen, Wege, ein Virus zu verstärken. Einige Krebsgene in die Struktur einfügen, zum Beispiel.«

»Und es gibt keine Behandlung, nicht mal experimentell?«

»Rousseau macht bei Pasteur einiges Interessantes, hat aber bisher keine positiven Resultate erbringen können.«

Die Ärzte sahen sich an. Sie waren unter den besten der Welt und wußten es. Jetzt wußten sie auch, daß es gegen diesen Feind nichts brachte.

»Was ist mit einem Impfstoff?« fragte Innere.

»USAMRIID spielt damit seit rund zehn Jahren herum. Es gibt ein Problem mit der Spezifizität. Was bei einem Subtypen wirkt, kann bei anderen versagen. Auch die Qualitätskontrolle ist tödlich. Die mir bekannten Studien gehen von zwei Prozent Infektionsrate von Impfstoff selbst aus. Merck glaubt, es geht besser, aber die Studien benötigen noch sehr viel Zeit.«

»Autsch.« Chirurgie verzog das Gesicht. Mittels Impfstoff einen von fünfzig mit einer Krankheit zu infizieren, die eine Mortalität von achtzig Prozent aufwies – zwanzigtausend Infizierte je eine Million Impfportionen, von denen rund sechzehntausend sterben könnten. Auf die Bevölkerung der USA übertragen, hieße das drei Millionen Tote bei einem Versuch, die Einwohner zu schützen. »Hobsons Fangfrage.«

»Aber es ist zu früh, den Umfang der putativen Epidemie festzustellen, und wir haben keine harten Daten zur Fähigkeit der Krankheit, sich unter den hiesigen Umweltbedingungen zu verbreiten«, überlegte Urologie. »Also wissen wir noch nicht, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen.«

»Korrekt.« Diese Leute hier begriffen sehr schnell.

»Meine Leute bekommen es als erste zu Gesicht«, sagte Notfallmedizin. »Ich muß die Warnung rausgeben. Wir können nicht riskieren, unsere Leute unnötig zu verlieren.«

»Wer sagt es Jack?« überlegte Cathy laut. »Er muß es wissen, und das schnell.«

»Nun, das ist Aufgabe von USAMRIID und vom Surgeon General.«

»Die sind noch nicht bereit, hier eine Entscheidung zu treffen. Das haben Sie gerade gesagt«, antwortete Cathy. »Sie selbst sind sich sicher?«

»Ja.«

SURGEON drehte sich zu Roy Altman: »Holen Sie meinen Schrauber.«