Katherine Mortenhoe leidet an einer seltenen Krankheit, die ihre Physis in kürzester Zeit untergräbt und in wenigen Wochen ihren Tod verursachen wird – so der Bescheid ihres Arztes, aber der ist ebenso wie ihr Freund gekauft von der Fernsehgesellschaft NTV, die ihren Zuschauern ein ganz spezielles Programm präsentiert: Der Prozeß des Niedergangs und des Todes einer Person wird rund um die Uhr dokumentiert und in Folgen geschnitten und gesendet. Die Einschaltquoten beweisen das überwältigende Interesse des Publikums an solchen ›Schicksalssendungen‹.

Auch Katherine geht zum Schein auf das Angebot von NTV ein, versucht aber zu fliehen, um unerkannt irgendwo zu sterben. Doch die Fernsehleute sind mit allen Wassern gewaschen und setzen ihr einen Reporter auf die Fersen, der, in der Rolle eines Stadtstreichers, vorgibt, ihr helfen zu wollen und sie während der letzten Tage ihres Lebens zu begleiten. Dieses Vorgehen erlaubt Einblicke sogar in den intimsten Bereich, denn – der Gipfel der Perversion – das eine Auge des Reporters ist durch eine verborgene automatische Kamera ersetzt, die alles, was sie sieht, live ins Studio überträgt: die ›continuous‹ Katherine Mortenhoe.

Der Stoff wurde 1979 von Bertrand Tavernier unter dem Titel Death Watch – Der gekaufte Tod mit Romy Schneider und Harvey Keitel in den Hauptrollen verfilmt.

David Guy Compton, 1930 in England geboren, ist einer jener unbequemen Autoren, deren SF-Romane unverzichtbar sind. Sie sind hellsichtig in ihrer Zeitkritik, brillant geschrieben, provokant sarkastisch – und zutiefst menschlich. Das alles sind keine Eigenschaften, die Erfolg verbürgen, schon gar nicht in den USA, wo man aus den vorhin genannten Gründen wenig Verständnis für diese Art von Science Fiction hat, die den Leser verunsichern könnte. (Amerikanische Autoren wie Thomas Disch und Norman Spinrad konnten ihre kritischen Texte auch nur in England publizieren.) Compton ist es nie gelungen, einen seiner SF-Romane über den Atlantik zu verkaufen – Voraussetzung auch und vor allem für einen englischen Autor, wenn er von seinen Büchern leben will. (Er teilte damit das Schicksal John Brunners und J. G. Ballards, die sich trotz ihres hohen Ansehens schwertaten, für ihre sozialkritische SF amerikanische Verleger zu finden.) So hat Compton schon als Elektriker, Postbote, Tischler und in einigen anderen Berufen sein Brot verdient. Gelegentlich ist er auch mit Hörspielen hervorgetreten, des weiteren schrieb er ›gotische Schauerromane‹ unter dem Pseudonym Frances Lynch sowie Krimis unter dem Namen Guy Compton.

Wolfgang Jeschke