Zweiundzwanzig
AUS DEM ZUSCHAUERRAUM verfolgte Kira, wie Jason den Abend mit einer offiziellen Begrüßung der Gäste im Namen der Pickering-Stiftung eröffnete. Dann stellte Melody von einem Podest der Bühne gegenüber den ersten Junggesellen vor.
„Unsere Auktion beginnt heute mit Seth Arkwright, dem berühmten Besitzer der berüchtigten Company of Rogues. Er und einige seiner Jungen spenden ihre wertvolle Zeit für diese Veranstaltung.“
Vickie begleitete Seth auf die Bühne, und Jason verlas Seths Kurzbiografie. „Wenn er nicht gerade zum Vergnügen und gegen Bezahlung prominente Junggesellen vermietet, segelt er gern mit seinem Dreißig-Meter-Schoner um die Welt. Er hat ein Haus in Malibu, ein Schloss in Wales und ein kleines Refugium in Colorado.“
Dann übernahm Melody wieder. „Für Ihr Traum-Rendezvous, Ladys, wird Seth mit Ihnen nach Los Angeles fliegen und Sie zu einer gemütlichen Segeltour auf dem Pazifik mit einem intimen Gourmetessen an Bord einladen, während Sie dem Sonnenuntergang zusehen.“
Nun überließ Jason das Podium einem professionellen Auktionator.
Die Gebote begannen bei fünfhundert Dollar und stiegen auf zehntausend, bis Seth schließlich von einer glücklichen Blonden abgeholt wurde.
„Santiago the Stealer, er ist Millionär und eine Baseballlegende, und er besitzt sogar einen eigenen Zug. Ich brauche ihn sicher nicht weiter vorzustellen“, erklärte Melody, als Tiago im Smoking mit einem Baseballschläger über der Schulter, an dessen Ende ein rotes Spitzenhöschen wie eine Siegesfahne baumelte, die Bühne betrat.
Melody kicherte. „Tiagos traumhafte Einladung besteht aus einer Fahrt in seinem Privatzug von Boston nach New York City. Dort gehen Sie mit ihm essen, sehen sich eine Broadway-Show Ihrer Wahl an, und in den frühen Morgenstunden gibt es dann noch eine Party mit dem Ensemble.“
Nach einer heißen Schlacht ging Tiago für zwölftausendfünfhundert weg.
Keiner der Junggesellen brachte weniger als zehn Riesen, und für jeden einzelnen der Männer wurde enthusiastisch geboten. Kira beteiligte sich immer, um den Gewinn für die Stiftung zu erhöhen. Die anderen Frauen lachten oder buhten jedes Mal, wenn sie die Hand hob.
„He Mädchen, du kannst sie doch nicht alle wollen!“, rief eine ihrer Konkurrentinnen.
„Aber natürlich“, entgegnete Kira.
Jason war der letzte der zu versteigernden Junggesellen, oder zumindest glaubte er das. Kira hatte ihn hereingelegt, weil sie über den Kohlrüben-Kuss ziemlich sauer gewesen war, als sie das Programm zusammengestellt hatte. Also hatte sie für eine kleine Überraschung am Schluss gesorgt, für die Jason sie wahrscheinlich am liebsten feuern würde.
Kira war froh, dass sie es getan hatte. Ein weiterer Junggeselle bedeutete noch mehr Geld für die Stiftung. Aber es tat ihr auch leid, jetzt da sie Jason den ganzen Abend so hart hatte arbeiten lassen, denn sie wollte, dass er schwitzte, bevor er zeigte, was er zu bieten hatte.
Melody pfiff, als Vickie ihn auf die Bühne begleitete, also nahm Jason Melody in die Arme, beugte sich über sie und küsste sie wieder für die Kameras. So wie er es während ihrer Show getan hatte.
Die Menge hatte nur darauf gewartet und applaudierte heftig.
Hinterher grinste Melody und zwinkerte. „Der beste Küsser von Amerika“, erklärte sie, „unser Jason Pickering Goddard muss nicht vorgestellt werden. Aber ich kann persönlich bezeugen, dass er genauso gut küsst, wie er Hockey spielt.“ Sie zwinkerte Logan zu und sah zum Auktionator hinüber.
„Und sein Rendezvous?“, fragte der Auktionator.
„Oh, tut mir leid“, erwiderte Melody. „Jasons Kuss hat mich so verwirrt, dass ich ganz vergessen habe, Ihnen zu erzählen, wohin er mit der Lady fährt, die ihn ersteigert.“
Melody sah direkt zu Kira. „Morgen früh wird Jason Sie zu einer Ballonfahrt über die Küste von Newport mitnehmen und dann zu einem Picknick im Dachgeschoss seiner Villa Cloud Kiss einladen.“
Kira richtete sich auf.
Eine von Jasons langbeinigen und bornierten Model-Freundinnen bot gleich dreitausend Dollar. Sie war Kira auf den ersten Blick unsympathisch gewesen, und jetzt wusste sie auch, warum. Sie war laut und aufdringlich. Und bevor Kira überhaupt begriff, dass Jason den Ablauf seines Rendezvous genau auf sie zugeschnitten hatte, brach zwischen dem lebenden Kleiderständer und einigen anderen Frauen eine regelrechte Bieterschlacht aus.
Es war wahrscheinlich nicht gut, dass Jason genau wusste, wie er sie dazu bringen konnte mitzubieten, dachte Kira. Auf der anderen Seite bedeutete es, dass er sie kannte, dass er wusste, was ihr gefiel.
Er hörte ihr zu. Und das war doch schließlich auch etwas.
Als Kira sich endlich zum Mitbieten entschloss, suchte Jason ihren Blick und sagte ihr mit den Augen, was sie hören wollte. Er zeigte ihr kurz, wie es in seinem Innern aussah, wo Sehnsucht und die Verheißung von Abenteuer, Vergnügen und Nähe nur auf sie warteten.
Nimm mich, sagte sein Blick. Komm in meinen Kaninchenbau. Ich will dich!
Kira schmolz fast dahin. „Zehntausend“, sagte sie.
Der Auktionator lachte. „Junge Dame, Sie müssen aufpassen. Für Sie wären es elf.“
„Elf“, sagte sie und spürte, dass ihr Gesicht heiß wurde.
Jason entspannte sich deutlich. Er grinste und winkte sie mit dem Finger heran. Sie hatte gewonnen?
„Zwölftausend. Er gehört mir!“, rief der Kleiderständer und überbot sie schamlos.
Kira setzte sich wieder.
Jason machte ein finsteres Gesicht.
„Fünfzehn“, ertönte eine Stimme von hinten aus dem Saal... eine männliche Stimme. Die Frauen im Publikum rangen nach Luft, und Jasons Gesichtsausdruck konnte man nur als äußerst wütend bezeichnen.
Kira stand auf und sah sich um. Gütiger Gott, dachte sie, was stand in den Regeln über einen Mann, der für einen Mann bot?
Der Bieter stand im Schatten. Seine Stimme hatte vertraut, aber verstellt geklungen. Sie wünschte, sie wüsste, wer er war.
Jason trat ans Mikrofon. „Gib auf, Billy. Mit dir würde ich nicht mal für zwanzig Riesen ausgehen. Verdammt, da überbiete ich dich lieber selbst.“
Billy Castleton, Jasons Rivale seit der Sandkiste, bot zwanzigtausend Dollar.
„Einundzwanzig“, meldete der Kleiderständer.
„Fünfundzwanzig“, rief Kira und hob panisch die Hand.
Billy kam den Gang herunter und trat ins Licht. Er zwinkerte erst ihr zu und dann Jason und bot dreißigtausend Dollar.
Das Publikum schrie auf. Der schmollende Kleiderständer war ein Anblick für sich.
Kira wandte sich zu Gram um, die ihr zunickte. Sie sollte weitermachen.
„Fünfunddreißigtausend“, sagte Kira. „Biete nur weiter, Billy“, fügte sie hinzu. „Die Stiftung kann das Geld gut gebrauchen.“
Billy trat mit erhobenen Händen einen Schritt zurück, als habe er eine Bank überfallen und sei gerade vom Sheriff gestellt worden.
„Verkauft!“, krähte Melody vergnügt. „Für fünfunddreißigtausend Dollar!“
Der Auktionator wandte sich mit offenem Mund Melody zu, und sie lachte. „Oh, Entschuldigung. Aber der beste Küsser von Amerika geht an die beste Veranstalterin von Amerika für fünfunddreißigtausend Riesen.“
Kira lief zur Bühne, um sich ihren Preis abzuholen, und vergaß völlig, wütend zu sein, dass sie klein beigegeben hatte. Er hatte sie mit einem Blick verführt, der Wolf mit den silbernen Augen. Was für eine Überraschung. Was für eine Erleichterung.
„Gott sei Dank bist du es“, sagte Jason, als er ihr die Hand reichte, um ihr auf die Bühne zu helfen. Dort überreichte er ihr eine einzelne rote Rose, legte besitzergreifend den Arm um ihre Taille und küsste ihren Hals, während das Publikum johlte und pfiff. „Gott sei Dank ist diese verdammte Auktion endlich vorbei“, fügte er hinzu.
„Nicht ganz“, erwiderte Kira.
Melody stellte Billy Castleton als den letzten Junggesellen vor, der zur Versteigerung stand.
„Du hinterlistiges Stück“, sagte Jason und trat einen Schritt zurück, um ihr in die Augen zu sehen.
Sie zog ihn von der Bühne. „Wenn ich hinterlistig wäre, hätte ich es zugelassen, dass Billy dich bekommt. Er ist eine viel zu reife Pflaume, als dass wir darauf verzichten könnten, ihn pflücken zu lassen“, meinte sie. „Um der Jungen von St. Anthony's willen brauchen wir ihn. Du wirst sehen, wie der Mistkerl den Frauen das Geld aus der Tasche ziehen wird. Außerdem solltest du ihm dankbar sein, dass er deinen Preis so in die Höhe getrieben hat. Ich bin mir nicht sicher, ob du das wert bist.“
„Du bist wirklich gut für mein Ego, weißt du das?“ Jason hob die Hand, um den Auktionator zu unterbrechen, und gab ihm ein Zeichen, kurz zu warten. Dann verließ er den Raum.
Kira fragte sich, wie wütend sie ihn gemacht hatte. Fragte sich, ob er seine Abneigung gegen Bill an die große Glocke hängen würde.
Jason war zu seinen Freunden gegangen und sprach mit ihnen.
Tiago, Seth und ein paar andere der Junggesellen nickten, verschwanden kurz und kamen mit einigen weiteren Männern zurück. Und Jason gab ein Zeichen, dass die Versteigerung weitergehen könne.
Ein Gebot nach dem anderen wurde in den Raum gerufen, alle kamen von Männern, und die Gebote für Billy stiegen so schnell, dass keine Frau eine Chance bekam. Die Männer machten es unmöglich.
Für fünfzigtausend Dollar ging Billy schließlich an Tiagos Großvater. Mit seinen neunzig Jahren hielt sich Jose Santiago an seiner Gehhilfe fest und lachte so schallend, dass Kira ernstlich befürchtete, er bekäme einen Schlaganfall.
Billy verließ die Bühne mit Anstand, um seinem Rendezvous auf halbem Weg entgegenzugehen. Er hatte eine Einladung zu einem eleganten Tanzwochenende in Paris ausgesprochen.
Kira und Jason mischten sich getrennt unter die Leute, und später schickten sie Gram zu Bett, während sie noch blieben, um aufzuräumen. Dann fuhren sie in getrennten Autos nach Cloud Kiss.
Kira traf zuerst ein, aber sie saß dösend neben dem Fahrstuhl und wartete auf Jason. Sie wollte immer noch wissen, ob er wütend auf sie war, weil sie Billy mit in die Auktion aufgenommen hatte.
Er reichte ihr die Hand, als sich ihre Blicke trafen, und zog sie direkt in seine Arme. Während er sie auf den Nacken küsste, beugte sie sich vor und drückte auf den Knopf des Fahrstuhls.
Sie waren beide zu müde, um noch die Sache mit Billy zu diskutieren, obwohl Kira sich inzwischen ziemlich sicher war, dass Jason nicht böse war. Sie knutschten im Fahrstuhl, ohne dass sich ihre Lippen auch nur einmal berührten, als ob sie sich abgesprochen hätten. Doch sein Mund besuchte jede Stelle ihres Körpers, die er erreichen konnte.
Jason machte ein Festmahl daraus, und Kira war mehr als bereit dazu, sich von ihm mit Haut und Haaren verschlingen zu lassen.
Diesmal ließ er sie nicht aus dem Fahrstuhl fallen. Er war vorbereitet.
„Oho“, sagte sie. „Gut gefangen. Tiago wäre stolz.“
„Würdest du bitte in einer Situation wie dieser nicht ausgerechnet von ihm anfangen!“
„Und was ist das für eine Situation?“
„Du hast mich ersteigert. Ich bin ... dein Sexsklave, oder nicht?“
„Jetzt warte mal.“ Sie hielt ihn auf Armeslänge von sich. „Ich möchte das komplette Rendezvous.“
„Du willst um vier Uhr morgens zu einer Ballonfahrt aufstehen?“
„Du hast doch eine gebucht, oder nicht?“
„Ja, schon, aber ...“
„Dann, ja, will ich sie auch machen.“
Jason warf einen Blick auf seine Rolex. „In dem Fall haben wir noch eine Stunde, um ein bisschen zu spielen, und zwei weitere, um zu schlafen.“
„Nein, dann haben wir noch drei, um zu schlafen ... in unseren eigenen Betten.“
Kira schloss Jasons offen stehenden Mund. „Ballonfahrt. Picknick auf dem Dachboden. Morgen. Ich treffe dich hier in drei Stunden.“
„Weißt du, dass du mich umbringst?“
„Zwing mich bloß nicht, meinen Zauberstab zu benutzen, Goddard.“
Pünktlich um vier tauchte Kira mit leuchtenden Augen wieder auf. Sie trug schwarze Jeans und einen Pullover mit einem weiten runden Ausschnitt, der ihr auf einer Seite von der Schulter gerutscht war und einen türkisfarbenen BH-Träger zeigte. Sie hatte ein Fernglas, einen Korb und ein schwarzes Wollcape dabei.
Jason hatte schlechte Laune. Ihm fehlte der Schlaf, und er hatte die Autoschlüssel vergessen, also musste er noch einmal zurück.
„Oh ja“, meinte Kira, als er nörgelte, „es macht wirklich Spaß, etwas mit dir zu unternehmen.“
Im Fahrstuhl boxte sie ihn. „Wach auf! Es ist Morgen.“
Er zog sie in seine Arme und legte sein Kinn auf ihren Kopf. „Ich mag dich, Fitz. Du bist eine echte Nervensäge, genau wie ich. Ich mag auch deinen Körper und hab ihn am liebsten genau hier. Manchmal denke ich, wir könnten ein schönes Paar ..." Jason verstummte.
Kira wand sich aus seinen Armen. „Bist du mitten im Satz eingeschlafen?“
„Ja.“
Schlecht geträumt?“, wollte sie wissen.
„Beängstigend“, sagte er. „Der reine Albtraum.“
„Das hab ich mir schon gedacht.“
„Tut mir leid“, meinte er, „hab ich dich aufgeweckt?“
Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn aus dem Fahrstuhl. Er war so müde, dass er sich zu seiner eigenen Überraschung auf den Beifahrersitz des Hummer setzte.
Auf dem Weg zum Startplatz des Ballons versuchte er, noch ein bisschen zu dösen, während Kira fuhr und bemüht war, ihn wachzuhalten, was ihn ärgerte und sie amüsierte. Wenn er sie nicht so gern gemocht hätte, dachte Jason, hätte er sicher die Nerven verloren.
„Schlechtes Wetter für eine Ballonfahrt“, sagte der Pilot, als sie ankamen. „Ich muss Ihnen einen Gutschein ausstellen. Ich melde mich nächsten Sonnabend gegen drei Uhr morgens wieder bei Ihnen und sage Ihnen dann, ob es losgehen kann.“ Jason schien aus einem anderen Albtraum zu erwachen. „Sie machen wohl Witze. Wir sind jetzt für nichts so früh aufgestanden?“
„Bei diesem Wind kann ich kein Risiko eingehen. Es wird ein harter Winter, wissen Sie. Vielleicht sollten Sie lieber bis zum Frühling warten.“ Der Mann sah zum Himmel und rieb seine Hände. „Da oben ist es eiskalt.“
Jason und Kira sahen einander an und hatten wahrscheinlich denselben Gedanken. Im Frühling würden sie nicht mehr zusammen sein ... nicht mehr zusammen arbeiten ... und überhaupt nichts mehr zusammen tun, trotz der halben Andeutung im Fahrstuhl.
„Sicher“, meinte Kira. „Wir rufen Sie im Frühling wieder an.“
„Es tut mit leid“, sagte Jason, während er mit ihr zurück zum Wagen ging. „Unsere Verabredung ist ruiniert, und ich bin ein Idiot.“
„Ja, so was passiert nun mal. Aber die Verabredung ist ja noch nicht vorbei“, erklärte sie. „So leicht kommst du mir nicht davon. Mir steht noch ein Picknick auf dem Dachboden zu, und wenigstens das will ich haben. Ich habe doch keine fünfunddreißigtausend Riesen für nichts bezahlt.“
„Gram hat die fünfunddreißig Riesen bezahlt.“
„Na sicher, darauf musstest du mich jetzt natürlich hinweisen. Aber das spielt keine Rolle mehr, denn ich werde ihr alles zurückgeben. Wir haben ein Abkommen miteinander getroffen.“ Jason konnte sich das Lachen nicht verkneifen. „Was bekommt sie denn für ihre fünfunddreißigtausend Riesen, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass es Geld sein wird.“
„Mein Erstgeborenes.“
Jason blieb stehen.
„Ehrlich“, erwiderte Kira, „sie hat mich um mein Erstgeborenes gebeten, dann hat sie sich insoweit korrigiert, dass ich es nach ihr nennen soll.“
„Es könnte darauf hinauslaufen, dass du einen Jungen mit einem Mädchennamen hast.“
„Okay, dann mein erstes Mädchen, und Elisabeth ist ein hübscher Name.“
„Bessie. Der Name meiner Großmutter ist Bessie.“
„Schon gut. Sie hat mir das große Familiengeheimnis erzählt, dass sie in einem Anflug von weiblicher Boshaftigkeit nach der Geliebten ihres Vaters benannt worden ist. Darum hat ihr Vater ihren Namen in Bessie abgekürzt. Aber mir gefällt Elisabeth, deswegen habe ich Ja gesagt.“
Jason versuchte zu verstehen, was Kira überhaupt meinte. Sie kannte offenbar ein Geheimnis, von dem er nichts wusste. Ein Geheimnis seiner Großmutter.
Und sie würde Kinder haben ... ohne ihn.
„Kanntest du den richtigen Namen deiner Großmutter nicht?“
„Anscheinend nicht, und ich bin ziemlich irritiert, dass du ihn kennst.“
„Ich möchte mir gern den Sonnenaufgang ansehen“, erklärte Kira. „Da drüben ist ein Stein, auf den wir uns setzen können.“
„Hübscher Stein. Mir tut mein Hintern jetzt schon weh. Komm, ich habe eine bessere Idee. Steig in den Hummer.“
Während er Kira zurück nach Cloud Kiss fuhr, nahm Jason sich vor, ein Wörtchen mit Elisabeth zu reden. Und nicht nur, weil sie ihm ihren Namen vorenthalten hatte. Es ging ihm um die Sache mit dem Erstgeborenen.
Er wusste verdammt genau, was Gram im Schilde führte. Sie wollte, dass Kiras erstes Kind ihr Enkelkind wurde.
„Ich wollte den Sonnenaufgang beobachten“, sagte Kira in die Stille hinein.
„Ist sie schon aufgegangen?“, erkundigte sich Jason und deutete in die Dunkelheit hinter der Windschutzscheibe.
„Nein.“
„Dann hast du ihn ja auch noch nicht verpasst.“
„Seit wann denkst du so logisch?“
„Du hast mich aufgeweckt.“ Er brachte sie zu Grams exotischem Glashaus, von dem aus man auf das Meer hinaussehen konnte. Es war ein achteckiger Wintergarten mit weißen Weidenkorbmöbeln.
Sechs Seiten des Raums bestanden aus Glas, und er stand voller üppiger exotischer Pflanzen. Der Duft von Orchideen erfüllte die Luft. Kira war nie zuvor dort gewesen, dass wusste Jason, denn es war Grams ganz persönlicher Bereich.
„Oh Goddard“, sagte Kira. „Das ist ja überwältigend.“
Jason zog eine mit gesmoktem Samt überzogene Couch zum Fenster und bedeutete ihr, sich daraufzulegen.
Mit dem Gesicht zum Ozean.
„Mach die Tür auf, damit wir das Rauschen der Wellen hören“, sagte sie.
Jason öffnete sie einen Spalt, und eine frische, salzige Brise wehte herein. Dann legte er sich hinter sie auf die Couch und zog sie an sich, dass sie wie Löffel ineinanderpassten.
„Schlaf nicht ein“, warnte Kira und weckte ihn damit.
Jason hob den Kopf. „Was? Ich war wach.“
„Klar. Murmel das noch einmal, damit ich sicher bin.“ Sie rammte ihm den Ellenbogen in den Magen. „Bleib jetzt wach!“
„Okay, okay. Ich bin wach. Sauer, aber wach.“
Sie passte perfekt an seinen Körper, dachte er. Ihr Kopf lag unter seinem Kinn, ihr Hinterteil genau dort, wo es hingehörte.
„Sieh nur, es ist wunderschön.“
„Ja“, erwiderte er, „das ist es.“ Aber Jason betrachtete nicht die Sonne, er bewunderte, wie das Licht in Kiras Haar spielte und ihre Haut zum Schimmern brachte. Er beugte sich vor, um das Staunen in ihren Augen zu sehen. Er küsste ihre Schulter, und sie hob die Hand, um seine Wange zu streicheln.
Jason schloss die Augen und gab sich ganz dem Moment hin.
Kira Fitzgerald besaß durchaus etwas Magisches, und er beschloss, an diesem einen Tag alles zu akzeptieren, was sie ihm geben wollte. Und ihr zu geben, worum immer sie bat.
Schließlich ging es hier nur um ein Rendezvous und nicht um ein ganzes Leben.
Einen Tag füreinander. Einen Tag, der neue Erinnerungen schuf.