11
Früh am nächsten Morgen kam Alinath vorbei. Seraph hatte die Jungen und Rinnie bereits in die Scheune geschickt, um Werkzeuge und Befestigungsmaterial für Dinge zu holen, die sie unterwegs brauchen würden. Hennea schlief immer noch.
»Ich wusste nicht, wie bald ihr aufbrechen würdet«, sagte Alinath in einer Art Entschuldigung für diesen frühen Besuch. »Ich habe das hier mitgebracht.« Sie stellte einen großen Korb mit Reisebrot auf den Tisch. »Wir haben es gestern gemacht, also sollte es mindestens einen Monat halten.« Seit sie hereingekommen war, hatte sie Seraph nicht ein einziges Mal direkt angesehen.
»Wie geht es Bandor?«, fragte Seraph.
»Er ist beinahe wieder der Alte, aber er kann sich an nicht viel erinnern«, erwiderte Alinath und blickte endlich auf. »Danke, dass du ihn mir zurückgegeben hast.«
»Ich bin froh, dass du gekommen bist«, sagte Seraph, nachdem sie sich beide auf die Küchenbank gesetzt hatten, die von ihrem üblichen Platz am Tisch weggezogen worden war. »Sonst wäre ich zu dir gekommen. Es ist weit nach Taela, und Tier zurückzuholen könnte gefährlich werden. Ich würde Rinnie nur ungern auf einen solchen Weg mitnehmen. Würdet ihr für mich auf sie aufpassen?«
»Selbstverständlich«, sagte Alinath nach einem Augenblick des Schocks. »Selbstverständlich werden wir das tun! Wir haben viel Platz - sie kann Tiers altes Zimmer haben.«
»Vielen Dank«, antwortete Seraph lächelnd. »Ich habe ihr gesagt, Bandor würde sich noch eine Weile nicht gut fühlen und du brauchtest ihre Hilfe. Gib ihr etwas zu tun, damit sie mich nicht für eine Lügnerin hält.«
»Ganz bestimmt«, versprach Alinath. »Karadoc lässt ausrichten, dass die anderen Ältesten mit seiner Geschichte zufrieden waren. Alle außer Willon, der gesehen hat, wie Bandor Rinnie zum Tempel trug. Aber Willon hat versprochen, das nicht zu erwähnen.«
Alinath griff in einen großen Beutel, den sie dabeihatte, und holte mehrere gefaltete Pergamentstücke heraus. »Willon schickt euch diese Landkarten. Und, Seraph …« Alinath legte einen kleinen Beutel Münzen auf den Tisch. »Die hier kommen aus der Bäckerei. Nutze sie, wenn du sie brauchst - ich will Tier ebenso zurückhaben wie du.«
Seraph nahm die Münzen. »Danke. Ich will nicht abstreiten, dass das unsere Reise einfacher machen wird.«
»Ich werde morgen früh um diese Zeit wieder hier sein«, sagte Alinath und stand auf. »Um Rinnie abzuholen und euch zu verabschieden.«
»Danke, Alinath«, erwiderte Seraph.
Alinath blieb am Eingang stehen und drehte sich noch einmal um. »Nein, Seraph. Ich habe zu danken. Und ich freue mich über dein Vertrauen, besonders nachdem …«
»Er konnte nicht anders«, sagte Seraph. »Vergiss das nicht. Selbst umschattet ging es Bandor vor allem darum, Rinnie zu retten.«
 
Der nächste Morgen war kalt, und die Sonne ließ gerade erst eine bleiche Linie über den Bergen aufsteigen, als sie Scheck das Gepäck aufbanden. Gura winselte Seraph von seinem selbst gefundenen Wachtposten neben den Dingen an, die immer noch aufgeladen werden musste.
»Alberner Hund«, sagte Seraph freundlich. »Ja, du kommst auch mit.«
»Aber ich nicht«, sagte Rinnie von der Veranda aus.
»Ich brauche jemanden, der sich um deine Tante und deinen Onkel kümmert«, sagte Seraph. »Tante Alinath würde am liebsten alles fallen lassen und mitkommen, aber sie muss bei Bandor und in der Bäckerei bleiben.« Sie holte tief Luft. »Und ich muss wissen, dass du in Sicherheit bist. Bitte.«
Rinnie sah sie kühl an. »Also gut«, sagte sie. »Ich bleibe.«
 
Seraph, Hennea, Jes und Lehr brachen auf, bevor die Sonne noch richtig aufgegangen war, und Alinath und Rinnie sahen ihnen von der Veranda aus hinterher.
Ein paar Meilen weiter südlich gelangte man vom Bauernhof aus auf die Hauptstraße. Willons Landkarten halfen ihnen zwar, aber die Straße nach Taela zu finden war ohnehin nicht schwieriger, als einen Bach zu finden, der schließlich ins Meer münden würde.
»Es ist nicht einfach, Rinnie zurückzulassen.« Lehr tätschelte Schecks Hals. »Sie fehlt mir jetzt schon.«
»Mir fehlt alles«, sagte Jes, aber er wirkte vergnügt.
Lehr gab seine finstere Stimmung auf und tätschelte Jes’ Rucksack. »Das kann ich mir vorstellen.«
»Weißt du, wo dein Clan ist?«, fragte Seraph Hennea, die weiter hinten in der kleinen Karawane neben ihr herging.
»Nein«, sagte Hennea. »Aber ich kann sie finden, wenn es sein muss. Ich werde dir allerdings mehr nützen als ihnen.«
»Hennea …«, begann Seraph leise.
»Ja.«
»Wenn du mich jemals wieder aus eigensüchtigen Gründen belügst - wie du es getan hast, damit ich den Priester für dich töte -, dann wird dich das teuer zu stehen kommen.«
»Ich werde es nicht vergessen«, sagte Hennea.
»Nein, das solltest du lieber nicht tun.«
 
Seraph ließ am ersten Reisetag bewusst früh ein Lager errichten. Hennea sah blass und abgehärmt aus, und obwohl ihr Arm gut heilte, tat er immer noch weh. Das Zelt, das sie mitgebracht hatten, war das alte, das Seraph benutzt hatte, als sie mit ihrem Bruder unterwegs gewesen war. Seraph ging davon aus, dass es ein paar Tage Übung brauchen würde, bevor sie es im Dunkeln aufstellen konnten.
Nach dem Abendessen überließ sie den Jungen das Geschirrspülen und Aufräumen und holte die Mermora von Isolda der Schweigsamen heraus.
»Du bist also die letzte Überlebende deines Clans«, stellte Hennea fest.
Seraph lockerte die Schnur um ihren Rucksack, sodass Hennea die anderen Mermori sehen konnte, die sie dabeihatte. »Die letzte von ziemlich vielen Clans«, sagte sie.
»Wie vielen?«, fragte Hennea entsetzt.
»Zweihundertvierundzwanzig«, antwortete Seraph.
Hennea runzelte die Stirn. »Warum sind sie alle zu dir gekommen?«
»Und nicht zu einem Clanführer, der tatsächlich einen Clan hat?« Seraph zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich habe im Lauf der Jahre viel darüber nachgedacht. Die letzten dreiundachtzig fand ich in einer einzigen Gruppe, und angeblich hatte sie ein einziger Mann gesammelt. Es könnte bedeuten, dass die Mermori von anderen Mermori angezogen werden. Je mehr Mermori man hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Mermori weiterer verlorener Clans auch zu dir kommen. Oder vielleicht hat auch Schattenfall einen gewissen Einfluss.«
»Es ist mehr als das«, sagte Hennea bedächtig. »Wie ist es dir gelungen, einen Solsenti zu finden, der eine Weisung hat? Warum habt ihr beide drei Kinder mit Weisungen? So etwas funktioniert nicht wie beim Pferdezüchten: Die Weisungen gehen, wohin sie wollen - obwohl ich wirklich dachte, um eine Weisung zu bekommen, müsse man zumindest Reisendenblut haben. Ich kenne nicht viele Clans, die fünf Mitglieder mit Weisungen haben, und ich habe auch noch nie von einer Familie gehört, bei der jede einzelne Person zu einer Weisung geboren wurde.«
»Es macht mir Angst«, gab Seraph zu und warf einen Blick zu den Jungen, die das letzte Geschirr einpackten. »Mein Vater sagte gern: ›Wenn du auf der Straße eine Münze findest und sie aufhebst, wirst du zweimal so lange brauchen, um die nächste Meile hinter dich zu bringen.‹ Er behauptete immer, die Weisungen gingen dahin, wo sie am dringendsten gebraucht würden. Aber ich würde mich lieber nicht inmitten von Ereignissen befinden, die Rabe, Eule, Adler, Falke und Kormoran brauchen.«
Hennea lächelte dünn. »Ich ebenso wenig. Vielleicht sollte ich tatsächlich meiner eigenen Wege gehen.«
Sie scherzte nur, aber Seraph nickte ernst. »An deiner Stelle würde ich mir das überlegen. Es ist gut für uns, dass du uns helfen willst, Tier zu finden, aber es könnte gefährlich werden. Du brauchst dein Leben nicht für jemanden aufs Spiel zu setzen, den du nicht einmal kennst.«
Lachend schüttelte Hennea den Kopf. »Das ist nun einmal die Berufung eines Raben, das weißt du doch. Man riskiert sein Leben für Leute, die einen am liebsten lebendig verbrennen würden.«
»Ganz schön verdreht.« Seraph grinste. »Es kam mir immer so vor, dass diejenigen, die am dringendsten Hilfe brauchten, sie am wenigsten haben wollten. Wie auch immer, ich habe die Mermora herausgeholt, damit wir in Isoldas Haus gehen und sehen können, ob zu ihren Zeiten jemand so etwas wie die Steine mit den Weisungen geschaffen hat.«
»Sie hatten noch gar keine Weisungen, als Isoldas Bibliothek zusammengestellt wurde«, sagte Hennea.
»Das stimmt«, erwiderte Seraph. »Aber sie haben mit ihrer Suche nach Wissen viel Böses angerichtet. Und dabei haben sie vielleicht etwas gefunden, was uns helfen könnte. Ich will diese Steine nicht zerstören, ohne zu wissen, was das der dort eingefangenen Weisung antun wird.«
Jes und Lehr, die mit ihrer Arbeit fertig waren, kamen zu ihnen, weil sie sehen wollten, was Seraph vorhatte. Sie steckte die Mermora in den Boden und beschwor Isoldas Haus herauf.
»Kommt herein«, sagte sie. »Seid willkommen im Haus von Isolda der Schweigsamen.«
 
Sie fielen bald in das Reisemuster, an das Seraph sich von früher erinnerte. Hennea und Jes gingen vorn, Seraph und Lehr hinter ihnen. Gura trabte davon, um sich umzusehen, und kehrte dann nervös zurück, um sich zu überzeugen, dass sie immer noch da waren. Nach einer Woche hatte Seraph das Gefühl, dass sie langsam die Haut der Bauersfrau aus Redern abwarf, die sie gewesen war.
Jeden Abend holte sie Isoldas Mermora heraus und suchte in der Bibliothek, um herauszufinden, was sie mit den Weisungssteinen tun sollte.
»Warum benutzt du sie nicht?«, fragte Lehr eines Abends. Er saß Seraph an dem kleinen Tisch gegenüber und spielte mit Figuren, die zu einem Spiel gehörten, das niemand mehr kannte. »Wir hätten gegen Volis beinahe verloren - und bei Papa werden noch mehr Zauberer sein. Würde die zusätzliche Macht da nicht helfen?«
»Reisende haben nicht gerne mit den Toten zu tun«, sagte Jes. Er hatte sich auf dem Boden niedergelassen, hielt so viel von Gura auf dem Schoß, wie er konnte, und kämmte den Hund mit einem silbernen Kamm, der neben Isoldas Bett gelegen hatte.
»Es geht nicht unbedingt darum.« Hennea blickte von ihrem Buch auf. »Aber uns ist bewusst, dass es gefährlich sein kann, mit dunkler Magie zu spielen.«
»Besonders, wenn einen das gegenüber dem Pirschgänger verwundbar macht«, stimmte Seraph zu. »Da wir jetzt wissen, dass er bereits mit diesen Dingen zu tun hat, wäre es dumm von uns, ihm auch noch Gelegenheit zu geben, eine von uns einzuladen.«
 
»Ich bin gern unterwegs«, sagte Jes zufrieden.
Hennea warf ihm einen Blick zu. Er hatte die Augen halb geschlossen und hob das Gesicht zur Sonne. Seraph und Lehr befanden sich ein gutes Stück hinter ihnen; Jes ging meistens schneller, als es Scheck gefiel. Seraph wollte das alte Pferd nicht drängen, also gingen Hennea und Jes eine Weile vor, und dann setzten sie sich und warteten, dass die anderen sie einholten.
»Was gefällt dir daran?«, fragte sie.
»Der Hüter ist froh, weil wir Papa holen werden«, sagte er. »Und Rinnie ist bei Tante Alinath in Sicherheit. Ich mag Tante Alinath nicht, aber ich weiß, dass Rinnie sie gern hat. Und ich weiß, dass Tante Alinath und Bandor gut auf sie aufpassen werden. Mutter und Lehr sind ebenfalls in Sicherheit, weil sie bei mir und bei Scheck und Gura sind. Ich bin draußen, und die Sonne scheint und wärmt mir das Gesicht.«
»Ich bin auch gern unterwegs«, gab Hennea zu.
»Warum?« Er hüpfte einen Schritt vor, dann drehte er sich um und sah sie mit einem strahlenden Lächeln an, das seine Augen leuchten ließ und das tiefe Grübchen in seiner Wange sichtbar machte.
Sie erwiderte das Lächeln; sie fand es beinahe unmöglich, nicht so auf Jes zu reagieren, wenn er glücklich war. »Aus den gleichen Gründen, die du hast. Unterwegs zu sein bedeutet, dass in diesem Augenblick nichts Schlimmes geschieht. Und es gibt interessante Dinge, die man betrachten kann. Meine Füße spüren gern die Straße unter sich.«
»Ja«, sagte er zufrieden. »Genau.«
Eine Minute später fügte er hinzu: »Lehr ist allerdings nicht froh.«
»Er ist nicht gern unterwegs?«, fragte sie.
Er verzog nachdenklich das Gesicht. »Ich glaube nicht, dass es darum geht. Er macht sich einfach zu viele Gedanken. Er ist wie der Hüter. Er glaubt, er muss sich um alle kümmern. Er weiß nichts vom Unterwegssein. Er ist der Ansicht, dass viele Dinge schlecht sind, und versucht, Probleme zu lösen, bevor sie wirklich entstehen.«
Hennea sagte: »Du kennst deinen Bruder ziemlich gut, wie?«
Jes nickte. »Er ist mein Bruder, und ich mag ihn. Er hat keine Angst vor dem Hüter; er mag den Hüter ebenfalls. Das gefällt mir. Und Rinnie liebt uns auch. Aber sie will kein Hüter mehr sein, weil sie lieber mit dem Wind spielt.«
»Ich mag deine Familie, Jes«, sagte Hennea leise.
Wieder lächelte er. »Ich ebenfalls.«
 
Eine Woche vor Korhadan, der ersten großen Stadt zwischen ihnen und Taela, machten sie zum Mittagessen Halt und aßen ein wenig entfernt von einer anderen größeren Gruppe, der sie schon seit ein paar Tagen folgten.
»Wir könnten auch unterwegs essen, Mutter«, sagte Lehr zu Seraph, als diese sich neben ihn setzte. »In der Zeit, die Jes zum Essen braucht, könnten wir eine weitere Meile schaffen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Diesen Vorsprung würden wir in ein paar Tagen gleich wieder verlieren, wenn Scheck zu müde wäre, um weiterzugehen. Es ist kein Problem, schnell voranzupreschen, wenn deine Reise in einem oder zwei Tagen zu Ende ist, aber wir müssen ein Tempo anschlagen, das wir einen Monat oder länger aufrechterhalten können. Was ist mit der Blase an deinem Fuß?«
»Die ist geheilt.«
»Reisendenhure!«
Seraph war aufgesprungen, bevor der Ausruf des jungen Mannes zu Ende war. Sie sah Hennea neben einem rasch fließenden Bach stehen, den Trinkbecher locker in der Hand, während ein Batzen nassen Schlamms von ihrer Wange fiel. Hennea war so entsetzt, dass sie jung und verwundbar wirkte, aber das würde nicht lange dauern.
Bevor Seraph mehr als einen oder zwei Schritte tun konnte, stand Jes mit Gura an seiner Seite zwischen Hennea und einer kleinen Gruppe junger Männer.
»Entschuldigt euch«, flüsterte Jes.
Seraph wurde schneller.
Die Männer wichen zurück, und die meisten murmelten eine Entschuldigung. Dass sie nun den riesigen knurrenden Hund oder Jes anstarrten und nicht mehr Hennea, war durchaus verständlich.
»Verschwindet!«, rief Jes. »Lasst uns in Ruhe, und wir werden das Gleiche tun.«
»Heh, was ist hier los? Droht ihr Vagabunden meinen Söhnen?«
»Jes, ich werde mich um diese Sache kümmern«, sagte Seraph leise und schob sich zwischen Jes und die jungen Männer. Als der ältere Mann, wahrscheinlich der Vater der Jungen, nahe genug war, um Seraph hören zu können, sagte sie ruhiger, als sie sich fühlte: »Es gab keine Probleme, bis Eure Söhne anfingen, welche zu machen.«
Der Mann stapfte an seinen Söhnen vorbei und blieb keine zwei Schritte vor Seraph stehen. Er hatte offenbar vor, sie mit seiner Größe einzuschüchtern. »Meine Söhne, Reisende?«
Seraph wusste, dass ihr Zorn sie zu etwas Dummem verleiten würde, und Jes war auch keine Hilfe. Wo war Tier, wenn man ein diplomatisches Wort brauchte? Sie hätte es Hennea überlassen können, aber die jüngere Frau hatte sich vor den Solsenti bereits als schwach gezeigt - wenn sie jetzt glaubte, es ihnen zeigen zu müssen, würde Blut fließen.
»Einer Eurer Söhne hielt es für ein interessantes Spiel, Schlamm nach einer Frau zu werfen, die niemandem schadete«, sagte Seraph. Sie hätte nicht weiter sprechen sollen, aber sie konnte es einfach nicht ausstehen, wenn jemand einen anderen schikanierte. »Er ist offenbar schlecht erzogen: Er hat keine Manieren.«
»Schlecht erzogen, du Miststück von einer Reisenden?«, fauchte der Mann. »Wer bist du denn, so etwas zu behaupten?«
Seraph bemerkte dankbar, dass Jes auf sie gehört und die Angst zurückgenommen hatte, die er bewirkte. Angst nährte Zorn, und das würde den Mann vielleicht zu noch dümmeren Reaktionen verleiten. Sie würde ihre Zunge selbstverständlich beherrschen müssen, damit sie den Solsenti nicht zu weit trieb. Noch bevor sie weitersprach, war ihr klar, welche Wahl sie treffen würde, wenn sie Jahre eiserner Selbstbeherrschung und Vorsicht wegwarf.
»Tatsächlich.« Sie blieb höflich, obwohl sie wusste, dass das den Mann mehr ärgern würde als Gekeife. »Mir kommt es so vor, als wären sie nicht die Einzigen, die schlecht erzogen wurden.« Sie hielt kurz inne, um das einsinken zu lassen, und benutzte dann Jes’ Flüstertechnik. »Hat Eure Mutter Euch nicht beigebracht, dass Leuten, die Reisende ärgern, schlimme Dinge zustoßen?«
Sie wusste selbst nicht, ob sie ihn verschrecken oder ihn dazu bringen wollte, sie anzugreifen. Eigentlich war sie davon ausgegangen, ihren Hass auf Solsenti, die die Reisenden hassten und sie dennoch brauchten, lange und tief begraben zu haben, aber es hatte nur einen Batzen Schlamm gebraucht, um ihr das Gegenteil zu beweisen. Der Zorn, der sie durchflutete, fühlte sich gut an, ja sogar läuternd.
Was immer sie mit ihrer Drohung erreichen wollte, die Begleiter des Mannes, die inzwischen näher gekommen waren, zwangen ihn zu handeln, statt davonzulaufen. Vielleicht hätte er zurückweichen können, ohne das Gesicht zu verlieren, wenn Seraph ein Mann gewesen wäre.
Wenn sie nicht eine ganze Tasche voller Mermori gehabt hätte, die sie daran erinnerten, wie gefährlich es war, wenn die Solsenti ihren Respekt vor den Reisenden verloren, hätte sie vielleicht auch selbst nachgegeben.
»Sei vorsichtig, Seraph«, murmelte Hennea in der Reisendensprache.
Der Mann kam einen weiteren Schritt näher. Er war groß und kräftig, aber Seraph war daran gewöhnt, zu Menschen aufzublicken, und ein paar Zoll mehr machten da kaum etwas aus. »Dein Mann hätte dir Respekt vor Leuten beibringen sollen, die etwas Besseres als du sind, Hure«, sagte er direkt im Anschluss zu Henneas Worten.
Seraph biss sich auf die Zunge. Eine hochgezogene Braue und ein vielsagender Blick würden genügen. Du? Besser als ich? Das glaube ich nicht.
Er hob die Hand. Gura schnappte zu, und sie konnte Tiers Schwertscheide rasseln hören, als Lehr sich bereit machte, die Waffe zu ziehen. Sie hätte sich vielleicht immer noch schlagen lassen, wenn sie nicht Jes’ schweren Atem neben sich gehört hätte.
Mit einem Wort und einem Hauch der Macht ließ sie den Arm des Mannes erstarren.
Als sie die anderen Solsenti anlächelte, wichen einige von ihnen schnell zurück. Sie hatte das Gefühl, ihr Opfer hätte das auch gern getan, aber es konnte den Arm nicht bewegen.
»Was ist hier los?«, fragte eine befehlsgewohnte Stimme, und ein junger Mann drängte sich durch die Menge.
Er hatte aschblondes Haar, das er in einem taillenlangen Zopf trug, was sein Reisendenblut so deutlich ankündigte wie ein geschriebenes Schild. Die Solsenti wichen noch weiter zurück.
»Sieh zur Straße, Mutter«, flüsterte Jes.
Seraph tat das, und tatsächlich wartete dort ein ganzer Reisendenclan.
Schweigen breitete sich aus, überwiegend, weil die Solsenti die anderen Reisenden noch nicht bemerkt hatten und nicht wussten, was sie mit ihrem Freund anfangen sollten, dessen Arm immer noch reglos in der Luft hing.
»Nun?«, sagte der junge Reisende wieder. »Was ist hier los?«
»Ich bin Seraph«, sagte sie. »Rabe vom Clan von Isolda der Schweigsamen. Die halbwüchsigen Söhne dieses Mannes haben meine Freundin beleidigt. Wir sprachen gerade über den Vorfall.«
Der Fremde nickte zum Arm des Mannes hin. »Interessantes Gespräch?«
»Nein«, sagte Seraph. »Ich war beinahe fertig. Wenn du mich einen Moment entschuldigen würdest.« Sie wandte sich dem Solsenti zu. »Ich habe keine Geduld mehr mit Euch. Ich verfluche Euch und Eure Söhne: Wenn Ihr oder Eure Söhne noch ein einziges Mal eine Frau oder ein Kind schlagt, werdet Ihr den Gebrauch dessen verlieren, was für Männer das Wichtigste ist. Und jetzt geht.«
Sie ließ seinen Arm los und starrte die wenigen Solsenti nieder, die aussahen, als wollten sie noch bleiben.
Der fremde Reisende wartete, bis sie weg waren, dann fing er an zu lachen. »Ich bin kein Rabe, aber ich konnte dennoch sehen, dass hinter diesem Fluch keine magische Kraft lag.«
Sie lächelte. »Die ist auch nicht nötig.« Wenn einer von ihnen jemals eine Frau oder ein Kind schlug, würde er sich an ihre Worte erinnern und sich Sorgen machen. Was leichter als Magie zu der von Seraph prophezeiten Wirkung führen konnte.
»Wer bist du?«, brach Jes in das Gespräch ein.
»Ah, verzeiht! Ich bin Benroln, Kormoran und Anführer des Clans von Rongier dem Bibliothekar.« Er deutete eine Verbeugung an. »Wenn wir euch beim Essen Gesellschaft leisten dürften, könnten wir Geschichten austauschen.«
»Seid willkommen«, sagte Seraph.
 
Erst einmal wurde es ein wenig chaotisch, als der Clan von Rongier einen Halt und eine Mahlzeit organisierte und die Solsenti zur gleichen Zeit schnell packten und sich auf den Weg machten, wobei die meisten noch die Reste ihrer Mahlzeit in einer Hand hielten, als sie wieder aufbrachen.
Die Angst auf ihren Gesichtern machte Seraph weniger Sorgen als das Gejohle aus dem Clan des Bibliothekars. Ihr Vater hätte so etwas nie erlaubt, aber Benroln war noch jung, und vielleicht empfand er das Gleiche wie die anderen jungen Leute, die den Solsenti Bemerkungen hinterherriefen. Dennoch, es gab auch Ältere, und Seraph dachte, jemand hätte etwas sagen sollen.
Ein Blick auf die Wagen des Clans und die Kleidung der Reisenden sagte ihr, dass sie materiell offenbar nicht unter einem jungen Anführer gelitten hatten, sosehr sich ihre Manieren auch verschlechtert haben mochten. Ihre Kleidung war nicht abgetragen und geflickt, und die Wagen waren alle frisch bemalt.
Seraphs kleine Familie blieb dicht bei ihr, während die fremden Clansleute Essen verteilten und sich an die Vorbereitung weiterer Gerichte machten. Seraphs Jungen fühlten sich offenbar eingeschüchtert von der fremden Sprache und dem schieren Lärm, den so viele Menschen machen konnten, die sich der gleichen Aufgabe widmeten. Seraph hatte gerade ihre Mahlzeit beendet, als Benroln mit drei anderen Männern auf sie zukam.
»Seraph, das hier ist mein Onkel Isfain«, sagte er und zeigte auf den ältesten Mann. »Mein Vetter Calahar« war ein junger Mann mit ungewöhnlich rabenschwarzem Haar. »Kors« war mittleren Alters und von mittlerer Größe, und er hatte leicht gebeugte Schultern.
»Das hier«, fuhr Benroln fort, »ist Seraph, Rabe von Isolda der Schweigsamen, mit ihrer Familie. Dieser junge Mann hier ist Adler.«
Der ältere Mann, den Benroln als Isfain vorgestellt hatte, lächelte. »Deine Familie ist mit Weisungen gesegnet. Würdest du mich ihnen vorstellen?«
Nichts an diesen Worten hätte Seraphs Misstrauen wecken sollen, aber es lag eine gewisse Betonung in Benrolns Worten, als er von den Weisungen sprach, und das wiederum hatte bei Isfain eine gewisse Selbstgefälligkeit hervorgerufen.
Seraph nickte. »Das hier ist mein Sohn Jes, der Adler. Mein Sohn Lehr und meine Freundin Hennea.« Niemand hätte sie je bezichtigen können, zu vertrauensselig zu sein. Sie konnte nicht ignorieren, dass Benroln bereits ihre und Jes’ Weisungen bemerkt hatte, aber es war nicht notwendig, mehr Informationen weiterzugeben als nötig. Wenn Seraph erst mehr über den Clan von Rongier wusste, würde sie für solche Dinge noch genügend Zeit haben.
»Darf ich fragen, wieso ihr nur so wenige seid?«, fragte Kors höflich. »Ich habe gehört, dass der Clan von Isolda vor Jahren an der Seuche starb.«
Seraph nickte freundlich. »Nur mein Bruder und ich überlebten. Als mein Bruder starb, hatten wir niemanden mehr.« Zwei Jahrzehnte unter Solsenti hatten nicht dazu beigetragen, dass sie sich jetzt weniger schämte - also hob sie das Kinn, falls jemand irgendwelche Bemerkungen machen würde. »Ich habe einen Solsenti geheiratet, und wir haben bei ihm und seiner Familie gelebt, bis er dieses Frühjahr starb. Seine Verwandten haben uns hinausgeworfen - aber sie wussten nicht, dass er auch Eigentum in Taela hatte. Wir sind auf dem Weg dorthin, um sein Geld zu holen.«
Die Männer dachten darüber nach, was sie gesagt hatte. Es war Reisenden ausdrücklich verboten, Solsenti zu heiraten oder auch nur mit ihnen zusammenzuleben. Dennoch geschah es. Aber ein sehr strenger Clanführer konnte jeden, der gegen diese Regel verstieß, mit Verbannung oder mit dem Tod bestrafen.
Es war allerdings nur Kors, der entsetzt wirkte, und Benroln tippte ihm auf die Schulter, bevor er sich äußern konnte.
Isfain sagte eher erfreut: »Es sieht aus, als hätten wir den gleichen Weg. Unser Clan hat an der Straße nach Taela zu tun, und wir haben Freunde in der Stadt, die uns helfen wollen. Wir würden uns freuen, euch begleiten zu dürfen, bis sich unsere Wege wieder trennen.«
Es gab keine Möglichkeit, dieses großzügige Angebot abzulehnen, ohne den Clan zu beleidigen, also nickte Seraph. »Eure Begleitung wäre uns sehr willkommen.«
Calahar warf einen Blick zu Scheck und ging dann auf ihn zu. »Schönes Pferd«, sagte er.
»Das Schlachtross meines Mannes«, erklärte Seraph. »Sei vorsichtig. Er ist jetzt alt. Aber er wurde ausgebildet, Fremde nicht zu nahe kommen zu lassen.«
»Ich habe noch nicht viele Pferde mit solchen Farben gesehen«, sagte Calahar. »Hat dein Mann ihn als Kriegsbeute bekommen?«
»Ja.«
»Schade, dass er ein Wallach ist.«
»Ja«, erwiderte Seraph. »Aber er dient uns gut. Lehr, würdest du bitte überprüfen, ob wir alles gepackt haben?«
 
Hennea wartete, bis sie wieder unterwegs waren und das Durcheinander über die neuen Mitglieder der Gruppe sich ein wenig gelegt hatte, bevor sie Seraph ansprach.
»Du warst nicht besonders offen«, sagte sie leise. »Und Scheck hatte nie etwas gegen mich.«
»Aber das brauchen sie nicht zu wissen. Es wäre mir lieber, wenn niemand unser Gepäck durchwühlt. Etwas an diesem Clan gefällt mir nicht«, erwiderte Seraph. »Es ist allerdings auch lange her, dass ich mit Reisenden unterwegs war, also missdeute ich vielleicht etwas.«
»Vielleicht hast du mit deinem Misstrauen aber auch recht«, meinte Hennea nachdenklich. »Sie werden zweifellos nicht erwarten, dass Lehr und ich Weisungen haben, vor allem nicht, da sie schon von dir und Jes wissen. Wenn sie einen Raben haben, kann der uns allerdings sofort ansehen, was wir sind.«
»Ich habe mich umgesehen«, sagte Seraph. »Der Einzige mit einer Weisung, den ich wahrnehmen konnte, ist Benroln selbst.«
»Ich nehme an, es kann nichts schaden«, sagte Hennea.
»Wem schadet was nichts?«, fragte Benroln.
Seraph achtete darauf weiterzulächeln. »Uns. Es ist eine Erleichterung, einen Clan zu finden, mit dem wir reisen können - aber es stört mich auch, dass wir vielleicht euren Schutz brauchen. Das hier ist eine Hauptstraße, und sie sollte für Reisende ungefährlich sein - aber ich mache mir trotzdem Sorgen.«
»Und es sind nicht nur diese Hitzköpfe«, sagte Benroln finster. »Es hat lange Zeit keine Versammlung mehr gegeben. Die letzte wurde von Solsenti-Soldaten unterbrochen, und die Clans waren der Ansicht, eine weitere Versammlung würde nur weitere Solsenti-Schwerter anlocken. Die Krankheit, die unsere Clans vor zwanzig Jahren so dezimierte, tötete mehr als nur euren Clan. Wenn es nach den Solsenti ginge, würde es in weiteren zwanzig Jahren überhaupt keine Reisenden mehr geben.«
Sein Tonfall, wenn er »Solsenti« sagte, erinnerte sie deutlich daran, wie die verängstigteren Rederni das Wort »Magie« gebrauchten.
»Das wird ihr Untergang sein«, sagte Hennea gleichmütig. »Wir Reisenden existieren nur, um zu verhindern, dass die Solsenti für einen Fehler zahlen müssen, den sie nicht selbst begangen haben.«
»Welchen Fehler?«, fragte Benroln erbost, aber Seraph sah seinen berechnenden Blick. Er versuchte, seine Zuhörer auszuhorchen. »Eine Geschichte, die uns die alten Leute erzählen? Es ist nur eine Geschichte - und sie war schon alt, bevor der Schatten fiel. Es ist ein Mythos und nicht beweisbarer als der Unsinn, den die Solsenti über die Götter verbreiten. Es gibt keine Götter, und es gab nie eine verlorene Stadt. Es gibt keinen bösen Pirschgänger. Wir haben wieder und wieder für ein Verbrechen bezahlt, das in einer Bardengeschichte begangen wurde. Wenn wir nicht klüger werden, werden wir bald nichts weiter als das Lied eines Solsenti-Bänkelsängers sein, etwas, womit man kleine Kinder erschreckt.«
»Klüger werden und was tun?«, fragte Seraph.
»Überleben«, antwortete er. »Wir brauchen Essen und Kleidung. Wir müssen den Solsenti beibringen, uns in Ruhe zu lassen - so, wie du es mit diesem Solsenti-Mistkerl gemacht hast, der versucht hat, Hennea wehzutun.« Er hielt inne, dann fuhr er leiser fort: »Du hast diesen Mann und seine Söhne gelehrt, uns in Ruhe zu lassen. Wenn du außerdem noch deinem Adler erlaubt hättest, sie anzufassen, hätten die anderen Solsenti aus seiner Gruppe die Geschichte ins Dorf zurückgetragen, und sie hätten alle vor Angst gezittert.«
»Vielleicht taten das einige ohnehin«, sagte Seraph kühl. »Und vielleicht haben die Leute mich und meinen Bruder, als wir vor Jahren in dieses Dorf kamen, ja genau wegen solcher Ängste nicht willkommen geheißen, sondern meinen Bruder verbrannt.«
»Die Solsenti fürchten uns bereits, das ist das Problem«, fuhr Hennea fort. »Angst führt zu Gewalttätigkeit. Die Dorfleute, die Seraphs Bruder töteten, hatten schreckliche Angst und waren zu ignorant, um zu wissen, dass sie von einem Reisenden nichts zu befürchten hatten. Vielleicht ist das ja deshalb so, weil wir ihnen in den letzten paar Generationen beigebracht haben, uns zu fürchten.«
»Quatsch«, sagte Benroln knapp, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder Seraph zuwandte. »Du hast wie lange unter ihnen gelebt?« Er warf einen Blick auf Jes und Lehr und kam zu einer ziemlich akkuraten Schätzung. »Zwanzig Jahre oder mehr? Du klingst beinahe wie eine von ihnen - oder noch schlimmer, eine der Alten, die am Feuer sitzen und sagen: ›Es ist unsere Aufgabe, sie zu schützen.‹« Der Zorn in seiner Stimme war nun echt. »Sollen sie doch auf sich selbst aufpassen! Sie haben ihre eigenen Zauberer.«
»Die hilflos sind gegen das Böse, das wir bekämpfen«, erwiderte Seraph.
Benroln verzog höhnisch den Mund. »Als Solsenti-Soldaten meinen Vater, unseren Jäger und den Raben allein erwischten, konnten wir nichts anderes tun, als sie zu beerdigen. Wenn mein Vater nicht an die alten Märchen geglaubt hätte, hätte er diesem Dorf zeigen können, was es bedeutet, einem Reisenden wehzutun. Als diese Dorfleute deinen Bruder töteten, hättest du ihn retten können. Du hättest ihnen solche Angst einjagen können, dass sie nicht mehr im Traum daran denken würden, einem von uns zu schaden. Wie viele von uns sind gestorben, weil du andere Solsenti nicht ebenso belehrt hast wie diesen Mann heute? Wie viele weitere werden sterben, weil du ihnen nicht deinen Adler auf den Hals gehetzt hast, statt sie von einem nicht existierenden Fluch zu überzeugen?«
Ein Teil von Seraph wollte ihm zustimmen. Ein Teil von ihr hatte das Dorf tatsächlich niederbrennen wollen. Sie hatte den größten Teil jener ersten Nacht an Tiers Seite damit verbracht, sich zu fragen, wie lange es dauern würde, um ins Dorf zurückzukehren und ihren Bruder zu rächen.
Sie hätte sie alle umbringen können.
»Dein Vater wurde getötet?«, fragte Hennea leise, berührte Benrolns Arm mitleidig und lenkte ihn so von Seraph ab.
Er nickte, und sein Zorn verschwand angesichts von Henneas Anteilnahme. »Unser Fährtenleser brachte uns zur Burg des Sept von Arvill. Mein Vater sagte, sie würden niemals einen ganzen Clan einlassen, also nahm er, der Rabe war, unseren anderen Raben - meinen Vetter Kiris, einen Fünfzehnjährigen - und unseren Jäger, um zur Burg zu gehen. Sie schafften es nicht einmal bis zum Tor, bevor sie in einen Hinterhalt gerieten.«
»Schrecklich«, stimmte Seraph zu. »Wenn ich mich an dieses Dorf erinnere, in dem mein Bruder umgebracht wurde, denke ich daran, wie hilflos die Leute dort angesichts meiner Macht gewesen wären. Ich denke an die Kinder, die dort lebten, und die Mütter und Väter. Mehr Tod hilft nicht gegen Verbrechen, ganz gleich, wie bedauerlich sie sind.« Sie sagte all das in versöhnlichem Tonfall, aber sie konnte ihm einfach nicht zustimmen.
Benroln sah sie kurz an, dann senkte er den Kopf zu der respektvollen Verbeugung eines besiegten Gegners. »Und so lerne ich von deiner Weisheit.«
Lehr, der bei Seraphs letzten Worten näher gekommen war, schnaubte und grinste Benroln an. »Das weiß sie besser. Genau das sagte sie immer zu Papa, wenn sie ihm nicht zustimmen wollte, er aber eindeutig Sieger der Auseinandersetzung war.«
Seraph lächelte sanft. »Wir können uns immer noch darauf einigen, dass wir uns nicht einigen können.«
 
Die Reisenden waren organisiert wie eine gut ausgebildete Armee, und aus den gleichen Gründen. Jedem war eine bestimmte Rolle zugewiesen.
Seraph hatte nicht wirklich gewusst, was für ein unabhängiges Leben sie in Redern geführt hatten. Solange der Sept seine Steuern bekam, konnten sie überwiegend tun, was sie wollten. Wenn sie einen anderen Rederni geheiratet hätte, hätte das wahrscheinlich bedeutet, von ihm abhängig zu sein. Aber Tier war Tier. Er suchte den Rat seiner Frau, und sie arbeiteten sowohl auf den Feldern als auch in der Küche Schulter an Schulter. Seraph hatte sich an die Freiheit gewöhnt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen.
Als Isfain auf eine Stelle gedeutet und sie angewiesen hatte, dort ihr Lager aufschlagen, hätte sie ihm beinahe gesagt, wohin er sich seine Befehle stecken konnte. Wenn sie nicht bemerkt hätte, dass Lehr sie erwartungsvoll ansah, hätte sie es vielleicht auch tatsächlich getan. Stattdessen jedoch nickte sie nur und machte sich an die Arbeit.
Zumindest ließen sie Seraph ein wenig Raum, weil sie Rabe war und Clanführerin, wenn auch nur für ihre Familie und Hennea. Lehr hingegen behandelten sie wie einen grünen Jungen - Tier hatte das nie getan. Sie hoffte nur, dass er seinem Vater ähnlich genug war, um ruhig zu bleiben, bis sie mehr über diesen Clan wusste: Sie könnten vielleicht dabei behilflich sein, Tier zurückzuholen.
Seraph ging den anderen bei der Vorbereitung des Abendessens zur Hand. Ein paar Männer kümmerten sich um die Pferde und Ziegen, einige gingen angeln, und eine kleinere Gruppe zog in den Wald, in der Hoffnung, dort Wild erlegen zu können. Jes und Lehr schlossen sich dieser Gruppe an. Seraph hatte Zeit gehabt, mit Lehr zu sprechen, und sie wusste, er würde sich nicht verraten. Auch er mochte Benroln nicht besonders.
»Mein Kors sagte mir, du warst mit einem Solsenti verheiratet«, sagte die Frau links von Seraph, während sie mit geschickten Fingern und einem scharfen Messer einen der Kaninchenkadaver ausbeinte, die die Grundlage des Abendessens bilden würden.
Die Worte kamen so bewusst neutral heraus, dass Seraph nicht antwortete und so tat, als benötige ihre eigene Arbeit ihre gesamte Konzentration.
»Ja, wie war das denn?«, fragte die Frau, die ihr gegenüber arbeitete, mit mühsam gedämpfter Neugier. »Ich habe gehört, die Solsenti-Männer …«
Sie wurde schnell von den anderen Frauen zum Schweigen gebracht, die sie kichernd zu tadeln begannen.
»Also wirklich!«, rief eine raue Stimme. Seraph drehte sich um und sah eine winzige, uralte Frau auf die Tische zukommen, wo sie das Essen vorbereiteten. Ihr Haar war hellblond und dünn, und es hing ihr in einem Zopf vom Oberkopf bis zu den Hüften. Ihre Schultern waren gebeugt, die Hände so knotig wie der Stock, auf den sie sich stützte. »So, wie ihr euch benehmt, sollte man glauben, ihr hattet nie zuvor einen Mann! Sie ist unser Gast. Ah, ihr seid eine Schande für den Clan.«
»Brewydd«, sagte die Frau, die das Gespräch begonnen hatte. »Was führt dich her?«
»Brewydd?«, fragte Seraph, legte den gehäuteten Kaninchenkadaver hin und wischte sich die Hände an der geliehenen Schürze ab. »Bist du die Heilerin?« Selbst vor zwanzig Jahren war Brewydd die Heilerin uralt gewesen.
Die alte Frau nickte. »Ja, die bin ich«, sagte sie. »Ich kenne dich, Kind - Isoldas Rabe. Die, die überlebte.«
Die Frau zu Seraphs Rechten schob beiseite, woran sie arbeitete, und eilte zu der alten Frau, um ihr die Hand unter den Arm zu schieben und sie zu stützen. »Komm, Großmutter. Du musst dich hinsetzen.« Mit einem leisen Tadel führte sie Brewydd zu einem Wagen, der Wände auf allen vier Seiten und ein Dach hatte wie ein kleines Haus auf Rädern - Karis nannte man diese Gefährte, nach dem Wort für Kari, die Ältesten, die einzigen Reisenden, die sie benutzten.
»Rabe«, sagte die alte Frau, die noch einen Moment stehen geblieben war, um Seraph anzusehen. »Nicht alles Böse kommt vom Schatten.«
»Menschen können auch von ganz allein böse sein«, stimmte Seraph zu.
Zufrieden mit Seraphs Antwort kehrte die alte Frau zurück zu ihrem Karis.
»Sie kann immer noch heilen«, sagte die Frau links von Seraph. »Aber sie ist ein bisschen seltsam. Es ist das Alter. Sie will niemandem verraten, wie alt sie ist, aber mein Kors ist ihr Urenkel.«
 
In den nächsten drei Tagen mit Rongiers Clan lernte Seraph vieles über sie. Benroln und die alte Heilerin waren die einzigen unter ihnen, die Weisungen hatten, obwohl es ein paar gab, die nach Art der Solsenti zaubern konnten - mit Worten und Bannsprüchen, die darauf zugeschnitten waren, genug frei schwebende Magie einzufangen, um die Aufgabe erledigen zu können.
Es war ausgesprochen bemerkenswert, dass sie überhaupt Ergebnisse erzielten, dachte sie, als sie zusah, wie ein junger Mann namens Rilkin mithilfe eines Zaubers ein feuchtes Scheit anzündete. Ihr Vater hatte ebenfalls über diese Begabung verfügt, und sie hatten viele Tage auf Reisen damit verbracht, die Unterschiede zwischen seiner Magie und der von Seraph zu erforschen. Ein Solsenti-Zauber warf so gut wie blind ein Netz ins Meer, um herauszuholen, was an frei schwebender Magie darin hängen blieb. Weisungsmagie war mehr, als senke man einen Eimer in einen Brunnen.
Seraph striegelte Scheck weiter und dachte über ihre derzeitigen Sorgen nach. Wegen Tier konnten sie nichts unternehmen, ehe sie Taela erreichten, also hatte sie ihre Angst um ihn beiseitegeschoben, bis sie sie vielleicht nutzen konnte. Ihre unmittelbaren Bedenken galten Lehr und Jes. Die Jungen waren mehr und mehr unzufrieden über ihr ununterbrochenes Zusammensein mit dem Reisendenclan.
Scheck reckte den Hals genussvoll, als der Striegel über eine besonders gute Stelle strich. Zumindest Scheck liebte die Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde.
Lehr jedoch hasste es, dass alle Männer und die meisten Frauen des Clans glaubten, ihn herumkommandieren zu dürfen. Er konnte ihren Respekt nicht mit seinen Erfolgen auf der Jagd gewinnen, ohne zu verraten, was er war, also behandelten sie ihn wie all die anderen jungen Männer.
Niemand gab Jes Anweisungen - alle wussten, was er war. Den Tageslicht-Jes verstörte es, dass alle in seiner Nähe die Blicke senkten und ihn mieden. Seraph erinnerte sich nicht daran, dass ihr Clan ihren Hüter-Bruder so behandelt hätte. Der Bibliothekarsclan kränkte Jes mit seinem abweisenden Verhalten, und das machte den Hüter ruhelos: Jes gehörte immerhin zu den Menschen, die er beschützte.
Hennea war eine große Hilfe. Sie strickte abends und fand dabei immer Dinge, für die sie Jes’ Hilfe brauchte. Er wurde in ihrer Gegenwart ruhiger; vielleicht war es die Disziplin des Raben, die Hennea für Jes erträglicher machte. Mit einigen Personen, zum Beispiel mit Alinath, konnte er kaum im selben Raum sein.
»Mutter?« Das war Lehr. »Hast du Jes gesehen? Er war beim Abendessen in meiner Nähe, aber irgendwer glaubte, ein Zugtier zu brauchen, und ich war das nächste, was sie finden konnten. Als ich zu den Esstischen zurückkam, war Jes weg. Ich habe schon bei den Pferden nachgesehen, und dort war er auch nicht. Hennea sucht ihn ebenfalls. Er ist nicht im Lager, Mutter. Ich habe Hennea gesagt, dass ich dich fragen werde.«
Er wollte wissen, ob sie wollte, dass er weitersuchte, obwohl jemand bemerken könnte, was er tat.
»Ich denke nicht …« Dann brach Seraph ab.
Über Lehrs Schulter sah Seraph Benroln, Kors und Calahar näher kommen. Isfain, der vierte Mann, war nirgendwo zu sehen. Benrolns grimmig triumphierende Miene war ebenso eindeutig wie Kors’ schuldbewusster Gesichtsausdruck.
Seraph ging um Lehr herum und stellte sich zwischen ihn und die Anführer des Clans von Rongier.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Benroln.
»Das weiß ich nicht«, erwiderte Seraph leise. »Ich denke, du könntest es mir vielleicht sagen. Wo ist Jes, Benroln?«
Benroln hob die Hände, Handflächen nach außen, um anzudeuten, dass er nichts Böses plante. »Er ist in Sicherheit, Seraph. Ich werde ihm nichts antun, es sei denn, es gibt keine andere Möglichkeit, meinen Clan zu retten.«
Seraph wartete.
»Jes ist in einem der Zelte, und Isfain hält Wache.«
»Was willst du?«, fragte sie.
Benroln lächelte, als wollte er sagen: Seht ihr, ich wusste doch, dass sie tun wird, was ich will. Drei Tage hatten offensichtlich nicht genügt, ihm mehr über sie zu verraten - sie hoffte, dass ihre anderen Geheimnisse ebenso gut verborgen blieben.
»Mein Onkel hat nach Arbeit für uns gesucht und welche gefunden, keine fünf Meilen weiter die Straße entlang.«
»Was ist das für eine Arbeit?«, fragte Seraph.
»Es gibt dort einen Kaufmann, der Getreide ankauft und es nach Korhadan transportiert, um es dort zu verkaufen. Letztes Jahr hat einer der Bauern, mit dem er einen Vertrag hatte, das Getreide selbst ausgeliefert, was unseren Kaufmann Geld und Ruf kostete, als er seinen Kunden das versprochene Getreide nicht bringen konnte. Er ging vor Gericht, aber sie konnten ihm nicht helfen.«
»Aha«, sagte Seraph neutral.
»Ich möchte, dass du die Felder dieses Bauern verfluchst.«
»Um ihm eine Lektion zu erteilen«, schloss sie.
»Genau.« Er lächelte ermutigend. »Wie dem Mann, der Hennea angriff.«
»Aber dieser Kaufmann wird dich dafür bezahlen.«
»Ja.« Er besaß nicht einmal den Anstand, verlegen dreinzuschauen.
»Und was springt dabei für mich heraus?«
»Deine Kinder werden endlich ein Zuhause haben. Einen Platz, an den sie passen und wo niemand sie wegen ihres Reisendenbluts verspottet. Wir werden alles, was uns gehört, mit euch teilen«, sagte Calahar, als böte er ihr ein Geschenk an, statt sie zu erpressen.
Benroln war klüger als er. »Sicherheit«, sagte er. »Für dich und deine Familie.«
Seraph starrte ihn lange an.
»Du wirst Jes nicht lange halten können«, sagte Lehr selbstsicher. »Er mag Fremde nicht besonders - er wird wissen, dass etwas nicht stimmt.«
Er hatte recht - oder jedenfalls hätte er recht haben sollen. Seraph beobachtete Benroln genau, aber sein Selbstvertrauen schwand nicht.
»Du hast ein Foundrael«, sagte sie, plötzlich überzeugt, dass das der Wahrheit entsprach. Es gab nicht viele Foundraels, aber es waren auch nicht mehr viele Clans übrig. Und Benroln und seine Leute waren nicht dumm genug, einen Hüter festhalten zu wollen, wenn sie nicht etwas hatten, das ihnen half, ihn zu beherrschen.
»Was ist das?«, fragte Lehr.
»Hüter sind manchmal schwer zu kontrollieren«, erklärte sie, ohne den Blick von Benrolns Gesicht zu wenden. »Sie wollen die Ihren um jeden Preis beschützen. Manchmal kann das unbequem werden; Hüter sind nicht sonderlich gehorsam.« Sie würde ihnen nicht sagen, dass es unter Adlern durchaus verbreitet war, in späteren Jahren die Tagespersönlichkeit vollkommen abzuwerfen und gewalttätig zu werden, selbst gegenüber den Menschen, die sie zuvor beschützt hatten. »Vor langer Zeit glaubte ein Rabe, eine Lösung gefunden zu haben. Sie schuf zehn Foundraels - Halsbänder, die verhindern, dass der Hüter sich befreien kann -, bevor sie erkannte, was die Auswirkung einer solchen Unterdrückung ist.«
»Was ist damit?«, fragte Lehr. »Ist Jes in Gefahr?«
Seraph berührte ihr Messer an der Hüfte. »Sagen wir einfach, wenn die Leute glaubten, Probleme mit ihrem Hüter zu haben, als sie beschlossen, das Foundrael zu benutzen, war das nichts gegen das, was sie erlebten, als sie es zum ersten Mal wieder abnahmen. Die Benutzung von Foundraels ist verboten, es sei denn unter den schwierigsten Bedingungen.«
»Mein Vater wird schon dafür sorgen, dass er ruhig bleibt - euer Hüter wird keinen Ärger bekommen, es sei denn, ihr gebt ihm Grund zu glauben, dass Gefahr besteht«, sagte Calahar, den ihr verächtlicher Tonfall sichtlich störte.
»Seraph - ich habe überall gesucht …« Henneas Stimme verklang, als sie erkannte, dass sie eine Konfrontation vor sich hatte.
»Diese Männer haben Jes gefangen genommen«, sagte Seraph. »Damit ich ihnen helfe, das Feld eines Mannes zu verfluchen. Sie werden dafür Gold bekommen.«
Sie sah Henneas Gesicht, auf dem die Sorge nun einer eisigen Fassade wich - genau so hatte Hennea ausgesehen, als sie neben dem toten Priester in Redern kniete.
»Sie nehmen Gold, um Leute zu verfluchen?«
Seraph spuckte vor Benroln auf den Boden. »Sie haben sich entschieden zu vergessen, wer wir sind. Aber sie können Druck auf mich ausüben.« Sie schüttelte angewidert den Kopf und warf dann Lehr einen Blick zu.
Sie brauchte jemanden, der sich um Jes kümmerte, jemanden, dem er vertraute und der ruhig bei ihm sitzen bleiben würde, bis sie Benroln dazu bringen konnte, das Foundrael abzunehmen - diese Halsbänder konnten nur von der Person abgenommen werden, die sie auch angelegt hatte. Aber Lehr war zu zornig, dachte sie beinahe verzweifelt. Jes würde wissen, dass etwas nicht stimmte.
»Wo ist Jes?«, fragte Hennea Seraph.
Seraph sah der anderen Frau nachdenklich in das ausdruckslose Gesicht. »Kors«, sagte sie abrupt, »wird dich zu Jes bringen. Man hält ihn mit einem Foundrael fest - Isfain soll sich darum kümmern, dass er ruhig bleibt. Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du dafür sorgen würdest, dass Jes sich nicht aufregt, wenn ich mit Benroln gehe.«
»Ein Foundrael?« Wenn überhaupt möglich, klang Henneas Stimme noch eisiger als zuvor. Kors errötete ein wenig. Hennea hatte den Mund jetzt fest zugekniffen, aber sie nickte Seraph zu. »Ich kümmere mich um ihn - er hat mir abends immer beim Stricken geholfen, seit wir diesem Clan begegnet sind. Manchmal helfen einfache Arbeiten.«
»Danke, Hennea.« Seraph war sehr erleichtert über die Selbstsicherheit des anderen Raben. Sie zeigte auf den Zelteingang. »Gura. Sitz. Pass auf.« Sie wollte auf keinen Fall, dass die Weisungssteine einem dieser Idioten in die Hände fielen. Sobald der Hund sich niederließ, sagte sie: »Lehr, mein Lieber, es sieht aus, als würdest du heute Abend die Jagd verpassen. Du kannst mit mir kommen - ich habe nicht vor, bei dieser dummen Sache mehr zu verlieren als unbedingt nötig.«
Rabenzauber
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