8
DER SCHATTEN DES IMPERIUMS
Der Mann in der mandalorianischen Rüstung marschierte festen Schrittes durch die dunkle, höhlenartige Eingangshalle von Jabbas Palast auf Tatooine. Einst, vor vielen Jahren, war dieser Mann ein Protektorgeselle namens Jaster Mereel gewesen. Das war, bevor er getötet und den Preis für sein Verbrechen bezahlt hatte.
Nun besaß er keinen Namen mehr außer jenem, den er sich selbst gegeben hatte: Boba Fett. Im Lauf der vergangenen zehn Jahre war er zu dem bekanntesten und am meisten gefürchteten Kopfgeldjäger des gesamten imperialen Territoriums geworden. Er war indes kein Häscher des Imperiums, auch wenn er bisweilen für das Imperium arbeitete. Er war auch kein Mitglied der Kopfgeldjäger-Gilde, wenngleich er regelmäßig Aufträge von der Gilde annahm und Beiträge entrichtete. Nein, Boba Fett war ein unabhängiger Kopfgeldjäger. Er bestimmte seine Arbeitsstunden selbst, wählte seine Aufträge selbst aus und lebte nach seinen eigenen Regeln.
Er verharrte mitten auf der Treppe, die hinab zu Jabbas Thronsaal führte, um das, was vor ihm lag, einer genauen Prüfung zu unterziehen. Die große Kammer war dunkel, tief verwinkelt und von dröhnender Musik erfüllt; überall ein Schieben und Drängen von Körpern. Fetts Blick folgte den Bewegungen einiger der humanoiden Tänzerinnen Jabbas, und er bewunderte ihre geschmeidige Biegsamkeit. Der Kopfgeldjäger war jedoch niemand, der sich den genußsüchtigen Freuden des Fleisches hingab. Boba Fett war viel zu diszipliniert, um körperliche Befriedigung zu suchen.
Die Lust der Jagd war seine einzige Freude, der Sinn seines Lebens. Die Credits waren nur eine Draufgabe, ein notwendiger Bonus, ein Mittel, das seinen Zwecken diente, aber es war die Jagd selbst, die ihn am Leben erhielt, ihm Kraft und Unabhängigkeit gab und seine Sinne schärfte.
Während Fett noch die Stufen zu Jabbas Audienzsaal hinabstieg, eilte Lobb Gerido, der Twi’lek-Majordomus Jabbas, geschäftig auf den Kopfgeldjäger zu, verbeugte sich salbungsvoll und stammelte in gebrochenem Basic Grüße.
Fett schenkte ihm keine Beachtung. Als ihm klar wurde, daß man ihm niemals gestatten würde, mit seinem BlasTech-EE-3-Gewehr vor Jabba zu treten, legte er die Waffe vorsichtig auf die unterste Stufe. Er war noch immer ausreichend schwer bewaffnet, um Jabba zu töten und den gesamten Audienzsaal zu pulverisieren, und Jabba wußte das wahrscheinlich auch. Doch der Hutt-Lord wußte auch, daß Boba Fett der Ruf vorauseilte, ehrlich zu sein.
Jabba hatte ihn dafür bezahlt, daß er herkam und mit ihm redete, und die Zustimmung zu einer solchen Begegnung wäre für Fett einer Verletzung des Kopfgeldjäger-Reglements gleichgekommen, wenn auf Jabbas grotesken Kopf ein beträchtliches Kopfgeld ausgesetzt gewesen wäre.
Nachdem er sein Blastgewehr auf der Treppe abgelegt hatte, schritt Fett geradewegs auf Jabbas Podest zu. Der Hutt-Lord thronte zurückgelehnt über der Menge, hoch genug, um den besten Ausblick auf die degenerierten Lustbarkeiten zu haben. Selbst hinter der mandalorianischen Gesichtsmaske vermochte Boba Fett den stechenden Geruch wahrzunehmen, den der Hutt ausströmte und der irgendwo zwischen uraltem Schimmel und Abfall angesiedelt war.
Eine knappe Geste des Hutt-Lords ließ die Musiker verhaltener spielen. Fett stand vor Jabba und neigte andeutungsweise den Kopf. Er sprach Basic. »Ihr habt nach mir geschickt?«
»Das habe ich«, dröhnte Jabba auf huttisch. »Können Sie mich verstehen, Kopfgeldjäger?«
Fett senkte den behelmten Kopf zu einem Ja.
»Sehr gut. Lobb Gerido, räumen Sie den Saal und verschwinden Sie dann selbst.«
»Ja, Master«, murmelte der Twi’lek, flitzte mit fliegenden Kopftentakeln davon und verscheuchte all die Speichellecker und Hofschranzen aus dem Audienzsaal. Schließlich verschwand er mit einer letzten Verbeugung selbst.
Jabba blickte sich um, nahm einen Zug aus seiner Wasserpfeife, dann, als er sicher war, daß sie allein waren, beugte er sich vertrauensvoll vor. »Kopfgeldjäger, ich danke Ihnen, daß Sie zu mir gekommen sind. Ihre fünftausend Credits werden überwiesen, noch bevor Sie diesen Thronsaal verlassen.«
Fett nickte stumm.
»Ich habe bereits mit dem Vertreter der Kopfgeldjäger-Gilde in diesem Sektor gesprochen und eine großzügige Zuwendung arrangiert«, sagte Jabba. »Allerdings teilte er mir mit, daß Sie der Gilde nicht unterstehen, obwohl Sie gelegentlich deren Aufträge annehmen.«
»Richtig«, bestätigte Fett. Sein Interesse war geweckt. Warum diese aufwendigen Vorkehrungen, wenn Jabba der Hutt lediglich jemanden tot sehen wollte? Worauf wollte der Aufgedunsene hinaus?
Jabba paffte beinahe eine Minute lang gedankenverloren seine Wasserpfeife und überlegte. Die Glubschaugen mit den keilförmigen Pupillen blinzelten. »Wissen Sie, aus welchem Grund ich Sie hergerufen habe, Kopfgeldjäger?«
»Ich vermute, Ihr habt das getan, weil Ihr auf jemanden ein Kopfgeld aussetzen wollt, den ich dann jage und töte«, erwiderte Fett. »Das ist gewöhnlich der Grund, warum man Kontakt zu mir aufnimmt.«
»Nein«, versetzte Jabba. Er schob die Wasserpfeife zur Seite und sah Fett ruhig an. Er hatte offensichtlich vor, endlich zur Sache zu kommen. »Ich will Sie dafür bezahlen, daß Sie jemanden nicht umbringen.«
Das in Fetts mandalorianischen Helm eingelassene Makrofernglasvisier ermöglichte diesem die Sicht im Infrarotbereich und verfügte über Bewegungsmelder und Geräuschsensoren. Der Kopfgeldjäger konnte daher buchstäblich sehen, wie Jabba sich straffte und die Farbe wechselte. Diese Sache ist ihm sehr wichtig, erkannte Fett überrascht. Die meisten Hutts waren außerordentlich selbstsüchtige Wesen, er hatte deshalb noch nie von einem gehört, der bereit gewesen wäre, seinen Kopf für irgend jemanden hinzuhalten.
»Macht mir ein Angebot«, sagte Fett.
»Es gibt eine außergewöhnlich hohe Belohnung von zwanzigtausend Credits für einen Menschen, der sich mir als überaus nützlich erwiesen hat. Ich will Ihnen fünfundzwanzigtausend Credits dafür bezahlen, daß Sie diesem Angebot bis auf weiteres keine Beachtung schenken.«
Fett hatte nur ein Wort für Jabba. »Wer?«
»Han Solo. Er ist ein guter Pilot. Der beste. Er liefert unsere Gewürze pünktlich ab, und die Imperialen bekommen ihn nicht zu fassen. Er hat sich für die Desilijic als außerordentlich wertvoll erwiesen, Ich bezahle Sie dafür, daß Sie ihn nicht länger verfolgen.«
Boba Fett stand schweigend da und dachte angestrengt nach. Zum ersten Mal seit vielen Jahren befand sich der Kopfgeldjäger in einem Dilemma. Er war hin und her gerissen zwischen seiner Pflicht, seinem Bedarf an Extracredits und seinen persönlichen Wünschen. Jabbas Angebot war in vielerlei Hinsicht verlockend. Boba Fetts Raumschiff, die ›Sklave I‹, war vor kurzem in einem Asteroidenfeld beschädigt worden, und Fett mußte eine Reihe ziemlich kostspieliger Reparaturen durchführen lassen, um den Waffensystemen die volle Leistungsfähigkeit zurückzugeben.
Auf der anderen Seite freute er sich seit langem darauf, Solo zu schnappen und abzuliefern, genaugenommen seit Solo und sein Spielerfreund Calrissian den Kopfgeldjäger gefangen, unter Drogen gesetzt und ausgeraubt hatten. Boba Fett konnte unmöglich zulassen, von zwei Weltraumpennern zum Narren gemacht zu werden, und sie einfach davonkommen lassen…
Doch auf der anderen Seite hatte Lord Aruk von den Besadii Boba Fett erst letzte Woche über interstellare holographische Kommunikationskanäle kontaktiert und ihm mitgeteilt, daß er nicht länger willens sei, die festgesetzte Summe für Solo zu bezahlen. Statt dessen wollte er eine Vorzugsbelohnung für die Ergreifung und unversehrte Überstellung einer corellianischen Frau namens Bria Tharen ausschreiben. Dabei war er weit über die übliche Summe hinausgegangen. Das auf jene Frau ausgesetzte Kopfgeld betrug damit fünfzigtausend Credits. Im Gegenzug hatte der Hutt-Lord das Kopfgeld für Han Solo auf nur noch zehntausend Credits herabgesetzt und außerdem seine Desintegration gestattet. Teroenza, so schloß Fett, wußte von dieser Änderung nichts.
Fünfzigtausend Credits waren das höchste Kopfgeld, das Boba Fett in letzter Zeit auf seiner Liste zu verzeichnen hatte. Er hatte sich unverzüglich darangemacht, nach dieser Frau namens Tharen zu suchen, von der Aruk sagte, sie sei eine Führerin der corellianischen Rebellenbewegung. Der Besadii-Lord behauptete, sie habe einen Überfall zur Befreiung von Sklaven auf Ylesia geleitet und werde darüber hinaus verdächtigt, mehrere Angriffe im freien Raum durchgeführt zu haben, um Sklaven zu befreien, die von Ylesia zu den Minen auf Kessel gebracht werden sollten.
Fett hatte Nachforschungen angestellt und die Spur der Frau nach Corellia und von dort bis in einen der Sektoren im Äußeren Rand verfolgt. Doch dann war sie komplett von der Bildfläche verschwunden. Es gab einen Hinweis, der sie mit einer Privatyacht auf dem Weg nach Coruscant in Verbindung brachte, doch das war gegenwärtig lediglich ein unbestätigtes Gerücht.
Aber Fett haßte die Vorstellung, Solo nicht auszuliefern und damit einem entwürdigenden, qualvollen Ende in den Händen des Hohenpriesters Teroenza zu überantworten. Fett hatte, wann immer es notwendig war, um Informationen zu erhalten, eigenhändig Gefangene gefoltert. Es hatte ihm kein Vergnügen bereitet – ebensowenig wie ihr Tod, wenn es das war, was der Auftrag erforderte. Doch im Fall von Han war er bereit, eine Ausnahme zu machen.
»Nun?« dröhnte Jabbas tiefe Stimme und holte Fett aus seinen Überlegungen auf. »Was sagen Sie dazu, Kopfgeldjäger?«
Boba Fett dachte rasch nach und gelangte schließlich zu einem Schluß, den er unter den gegebenen Umständen für den besten hielt. Er gestattete ihm die Wahrung seiner Integrität als Kopfgeldjäger ebenso wie er zuließ, daß er das Naheliegende tat. »Also gut«, erwiderte er. »Ich nehme die fünfundzwanzigtausend Credits.«
Aruk verlangt ohnehin von mir, daß ich Bria Tharen vordringlich verfolge, sagte er sich, also komme ich bloß dem Wunsch eines Klienten nach. Und die Belohnung für die Tharen beträgt fünfzigtausend Credits; ich werde Jabba seine fünfundzwanzigtausend zurückgeben, sobald ich die Frau abgeliefert habe, und dann Solo jagen und töten. So ist der Ehre genüge getan, ich habe meine Aufträge erfüllt und die Möglichkeit erhalten, Solo sterben zu sehen.
Ein guter Kompromiß, befand Fett. Jeder außer Teroenza würde damit zufrieden sein – und Boba Fett arbeitete offiziell ja auch gar nicht für den Hohenpriester, er arbeitete für Lord Aruk. Aruk stellte das Kopfgeld, und der Besadii-Lord hatte unmißverständlich klargemacht, daß er Solo tot wollte.
Einfach und profitabel. Fett war zufrieden.
»Sehr schön«, donnerte Jabba. Er notierte sich etwas auf einem handtellergroßen Datenblock. »Ihrem Konto wurde soeben die Gesamtsumme von dreißigtausend Credits hinzugefügt.«
Fett neigte abermals andeutungsweise den Kopf. »Ich finde allein hinaus«, sagte er.
»Nein, nein«, rief Jabba eilig. »Lobb wird Ihnen das Tor öffnen.« Er drückte eine Taste an seinem Datenblock, und Sekunden darauf erschien, wiederum mit fliegenden Kopftentakeln, der Twi’lek und verbeugte sich mehrfach.
»Leben Sie wohl, Fett«, sagte Jabba. »Ich werde Sie für weitere Aufträge vormerken, die wir Desilijic zu vergeben haben.«
Boba Fett blieb ihm eine Antwort schuldig, drehte sich um und folgte dem Majordomus, wobei er kurz innehielt, um sein Blastgewehr aufzuheben.
Nach der in Jabbas Thronsaal herrschenden Finsternis nahmen sich die flimmernden Sanddünen von Tatooine doppelt grell aus, doch Boba Fetts mandalorianischer Helm ließ die schädlichen Strahlen nicht durch und gestattete ihm einen ungetrübten Blick.
Er ging an Bord der ›Sklave I‹, startete und überprüfte seinen Abflugvektor, während er in niedriger Höhe über die glühend heiße Wüste sauste. Fett warf einen Blick auf die gestaltlosen Weiten, die Dünen, die sich wie die Wellen eines Meeres kräuselten. Er war noch nicht oft auf Tatooine gewesen, und er konnte sich nicht vorstellen, jemals wiederzukommen. Was für ein trostloser Ort. Er wußte, daß in den Wüsten angeblich Leben existierte, aber hier gab es nichts. Nur makellosen Sand.
Aber halt… was war das?
Fett beugte sich näher an den Sichtschirm heran, während die ›Sklave I‹ über eine riesige Grube flog, die sich gähnend auf dem Grund einer Mulde in den Sanddünen auftat. Fett glaubte im Innern der Grube eine Bewegung auszumachen… spitz zulaufende Ranken, vielleicht Fangarme. Was mag das für ein Ding sein? dachte er und lenkte die ›Sklave I‹ im Steilflug in die höheren atmosphärischen Schichten. Sieht so aus, als würde in dieser Wüste tatsächlich etwas Lebendiges existieren.
Nur Augenblicke später lag die nackte braune Welt bereits weit hinter dem Kopfgeldjäger, so weit, daß sie nicht einmal mehr eine Erinnerung wert war…
Eine Woche, nachdem er die ›Bria‹ von Lando gemietet hatte, verfluchte Han Solo den kleinen Frachter, Lando, sich selbst und das Universum im allgemeinen.
»Chewie, alter Kumpel«, sagte Han in einem Moment rückhaltloser Offenheit, »ich war ein Idiot, als ich dieses Schiff ausgesucht habe. Der Kahn ist eine einzige Zumutung.«
»Hmmm«, grollte Chewie in vollkommener Übereinstimmung.
Sie hatten schon in den ersten Tagen herausgefunden, daß man noch eine Menge Arbeit in die ›Bria‹ stecken mußte. Während des Testrundflugs hatte sie sich gut gehalten, doch kaum war der Mietvertrag abgeschlossen, traten die Probleme so explosionsartig zutage wie die Geysire auf den Methan-Monden von Thermon.
Als sie ihre Neuerwerbung zum ersten Mal für eine Schmuggelfahrt benutzten, hatte das Schiff während der ersten zehn Minuten anstandslos funktioniert… dann waren die Achterstabilisatoren ausgefallen, und sie mußten die ›Bria‹ mit Hilfe eines Traktorstrahls nach Nar Shaddaa schleppen lassen. Sie reparierten den Stabilisator, wobei sie von Landos kleinem vielarmigen Droiden Vuffi Raa unterstützt wurden (der, wie es aussah, gegenwärtig der eigentliche Pilot der ›Millennium Falcon‹ war).
Dann unternahmen sie einen neuen Versuch. Dieses Mal kapitulierte der Bugstabilisator. Han und Chewie setzten die ›Bria‹ erneut instand, schwitzten und fluchten während der Reparaturen und starteten abermals.
Und noch einmal. Manchmal funktionierte ihr Soro-Suub-›Starmite‹ reibungslos, doch bisweilen konnten sie sich glücklich schätzen, wenn sie es mit Mühe und Not zurück zu Landos Landeplatz schafften, wo sie neue Reparaturen durchführten.
Der Navcomputer der ›Bria‹ litt zunehmend an Gedächtnisverlust, und der Hyperantrieb reichte seinen Urlaub ein. An guten Tagen genügten Hans Fähigkeiten als Pilot, um ein ansehnliches Tempo aus dem Schiff zu kitzeln, doch fast jedesmal, wenn sie die ›Bria‹ zu einem Testflug starteten, tat sich irgendein neues Problem auf.
Han beschwerte sich bei Lando, der lediglich darauf hinwies, daß der Mietvertrag auf ›Übernahme im gegenwärtigen Zustand‹ lautete und daß er keinerlei Garantie hinsichtlich der Weltraumtauglichkeit des Schiffes geleistet hätte. Außerdem machte Lando – völlig zu Recht – darauf aufmerksam, daß er Han den Frachter zu einem überaus vernünftigen Preis überlassen hatte. Han konnte dagegen nichts vorbringen, doch das half ihm auch nicht weiter, wenn die ›Bria‹ mal wieder gnadenlos streikte, was mindesten bei jedem zweiten Start geschah.
Han klagte sein Leid mit dem Raumer Mako, der seinen Freund darauf einem weiteren Bekannten vorstellte.
»Der Meistermechaniker, Pilot und Reparaturtechniker Shug Ninx. Dies sind Han Solo und sein Partner Chewbacca. Sie brauchen ein bißchen Hilfe bei ihrem Raumschiff.«
Shug Ninx war ein Humanoide, aber obwohl er weitgehend menschlich aussah, vermochte Han auf Anhieb zu sagen, daß auch ein Anteil nichtmenschlichen Blutes in seinen Adern floß. Er war groß und hatte stacheliges dunkelblondes Haar und blaßblaue Augen. Die Haut der unteren Gesichtshälfte war mit fahlen Flecken gesprenkelt, und seine Hände verfügten lediglich über zwei Finger sowie ein zusätzliches Gelenk in den gegenüber angeordneten Daumen, was ihm eine außerordentliche Geschicklichkeit im Umgang mit Maschinen verlieh.
Der wachsame Gesichtsausdruck des Mannes verriet Han, daß dieser unlängst Verdächtigungen aufgrund seiner Abstammung ausgesetzt gewesen war. Der Großteil dieser Aversionen war ihm wahrscheinlich durch imperiale Beamte zuteil geworden, da diese jedes ›Halbblut‹ als einen Bürger niederer Kategorie betrachteten.
Han streckte lächelnd die Hand aus. »Erfreut, Sie kennenzulernen, Shug«, begann er. »Denken Sie, Sie können mir helfen, diesem Eimer voll Schrauben Beine zu machen?«
»Wir können es zumindest versuchen«, erwiderte Shug, der sich sichtlich entspannte. »Bringen Sie das Schiff heute noch in mein Raumdepot, und wir werden es uns mal ansehen.«
Um Shugs Anlage zu erreichen, mußte Han die ›Bria‹ in einen engen Schacht zwischen den hoch aufragenden Türmen zweier riesiger Gebäudekomplexe steuern. Als Han und Chewie das ›Raumdepot‹ sahen – Shugs ausgedehntes Raumdock mit angeschlossenem Reparaturbetrieb in den Tiefen des Labyrinths, das als Nar Shaddaa bekannt war –, zeigte sich Han von der Anlage tief beeindruckt.
»Wow«, rief er aus und ließ den Blick über eine Vielzahl von Schiffen in unterschiedlichen Stadien der Montage schweifen, »das hier schlägt sämtliche imperialen Raumdocks, die ich kenne. Hier gibt es einfach alles, was man sich nur wünschen kann!«
Ersatzteile säumten die Wände und waren achtlos in jeden Winkel gezwängt worden. Auf den ersten Blick machte das Dock einen chaotischen und überladenen Eindruck, doch Han fand schnell heraus, daß Shug Ninx jedes gewünschte Ersatzteil ohne Umstände auffinden konnte.
»Ja«, sagte Shug, den Hans aufrichtige Bewunderung zu freuen schien, voller Stolz. »Ich habe lange gespart, ehe ich mir diese Anlage leisten konnte.«
Nachdem Shug die Gelegenheit ergriffen hatte, einen Blick auf die ›Bria‹ zu werfen, schüttelte das Halbblut bedauernd den Kopf. »Die eine Hälfte Ihrer Probleme mit diesem Schiff, Han, ist darauf zurückzuführen, daß man bei den Umbauten Ersatzteile und Komponenten benutzt hat, die nicht von SoroSuub kamen! Und jeder weiß, daß SoroSuub das gar nicht gerne sieht!«
»Können Sie uns helfen, den Kahn flugtauglich zu machen?« erkundigte sich Han.
Shug nickte. »Das wird nicht einfach sein, aber wir versuchen es.«
Wahrend der folgenden Wochen gingen Han und Chewie Shug Ninx bei der Instandsetzung ihres neuen Schiffs zur Hand. Die beiden Schmuggler arbeiteten jeden Tag bis zur Erschöpfung, bastelten an dem Schiff herum und lernten von dem Spitzenmechaniker die Feinheiten der Raumschiffreparatur.
Han war nach getaner Arbeit so müde, daß er nur noch selten ausging. Doch eines Abends machte er unwillkürlich bei einer Bar im corellianischen Sektor halt, die er kannte, um einen Drink zu nehmen. Im ›Blaulicht‹ gab es nur alkoholische Getränke, und der Laden war kaum mehr als eine Spelunke, aber Han mochte die düstere kleine Bar mit den Holoplakaten von corellianischen Städten und Naturwundern an den Wänden irgendwie. Es war natürlich viel zu dunkel, um sie genau zu erkennen – besonders nach ein oder zwei Drinks –, aber es gefiel ihm hier besser als in den schickeren Läden.
Während er an der Bar saß und an einem alderaanischen Ale nippte, erhob sich in den Tiefen des Raums ein Tumult. Han sprang auf die Füße, als er eine Frau fluchen hörte und ihr eine betrunkene, grimmige Männerstimme antwortete: »He, Baby, so was sacht eine Dame aber nich!«
»Ich bin keine Dame«, entgegnete die tiefe, zornige Stimme einer Frau. Han spähte in das Zwielicht und konnte die Umrisse zweier Streitender ausmachen. Er hörte das Geräusch eines Handgemenges, auf das ein Schlag folgte.
»Kommherduschlampe!« lallte der Mann.
Die Frau stieß eine Verwünschung aus, dann vernahm Han das Geräusch eines neuerlichen Schlages, der offenbar auf Fleisch traf. Während er nach hinten lief, sah er, wie die Füße des Mannes vom Boden abhoben. Die Frau schickte ihn gerade mit einem Schulterwurf auf die Bretter. Der Mann kreischte – ein kurzer, abgehackter Schrei –, dann prallte er auf und lag heulend und wehklagend, aber reglos da.
Als Han das hintere Ende der nur trübe beleuchteten Bar erreichte, stieß er auf einen kleinen, spindeldürren Schmuggler und gewerblichen Schläger, den er nur als ›Jump‹ kannte und der sich jetzt jammernd zu den Füßen einer hochgewachsenen Frau krümmte. Als Jumps Kumpel (der sich klugerweise nicht in den Streit eingemischt hatte) diesem half, sich aufzusetzen, konnte Han erkennen, daß sein Arm in einem merkwürdigen Winkel herabhing und offenbar schmerzhaft ausgerenkt war.
Die Frau stand mit der Hand am Blaster, den sie indes noch nicht gezogen hatte, über den beiden. Ihre Augen waren zu Schlitzen verengt, ihr Atem jedoch hatte sich nicht mal beschleunigt.
Als Han näher kam, drehte sie sich zu ihm um. »Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram, Mann!«
Han wich einen Schritt vor ihren blitzenden bernsteinfarbenen Augen zurück. Sie war ebenso groß wie er selbst, hatte Landos Hautfarbe, und ein krauser schwarzer Haarschopf stand ihr wie die Mähne eines Brelet vom Kopf ab. Sie sah härter aus als Neutronen und außerdem unverkennbar verrückt.
Der Corellianer hob rasch in einer friedvollen Geste beide Hände zur Decke. »He, ich will mich ja gar nicht einmischen. Für mich sieht es so aus, als wäre die Lage bereinigt.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen«, schnappte die Frau und marschierte auf dem Weg zum Vordereingang an ihm vorbei. Die Absätze ihrer Stiefel klapperten auf dem verschrammten Boden. Sie trug einen langen fleischfarbenen Rock, eine braune Seidenbluse sowie die obere Hälfte eines schwarzen Brustpanzers, der mit stählernen Ziernägeln geschmückt war. Ihr Blaster schaukelte an der Hüfte, und der abgewetzte Griff verriet Han, daß sie damit umzugehen wußte.
Han eilte fasziniert in den vorderen Teil des ›Blaulicht‹ und deutete auf eine Reihe unbesetzter Barhocker, wobei er darauf achtete, nicht zwischen ihr und dem Ausgang zu stehen.
»Müssen Sie wirklich schon so schnell fort? Darf ich Sie zu einem Drink einladen?« fragte er.
Sie unterzog ihn einer ausgiebigen Musterung, und ihr Zorn verrauchte. Im Hintergrund verebbte allmählich Jumps Jammern, während der Schläger von seinem Kumpel zur Hintertür geführt wurde. »Vielleicht«, antwortete die Frau und streckte ihre in einem gepanzerten Handschuh steckende Hand aus. »Salla Zend.«
»Han Solo.« Sie schüttelten einander die Hände, dann schwang sich Han auf den nächsten Barhocker. »Was trinken Sie?«
Salla nahm ebenfalls Platz. »Einen Mad Mrelf, pur.«
»In Ordnung«, sagte Han und achtete darauf, sich keine Reaktion auf die Erwähnung des starken alkoholischen Getränks anmerken zu lassen. Er selbst hätte auf keinen Fall einen Mad Mrelf bestellt. Es wimmelte von Gerüchten über Raumfahrer, die sich auf Sauftouren mit Mad Mrelf abgefüllt hatten und in einem imperialen Arbeitslager wieder zu sich gekommen waren – oder denen sogar noch Schlimmeres widerfahren war.
Sie redeten, und Han fand bald heraus, daß Salla ebenfalls eine Schmugglerin und neu auf Nar Shaddaa war. »Ich besitze ein Schiff«, erzählte sie. »Die ›Rimrunner‹. Was mir fehlt, ist Arbeit. Ich möchte ein paar Umbauten vornehmen.«
»He«, rief Han, »da weiß ich, an wen Sie sich wenden müssen. Mein Schiff ist auch gerade dort in Arbeit. Der Typ ist ein echter Zauberer. Heißt Shug Ninx.«
»Ich bin selbst eine ziemlich gute Mechanikerin«, erwiderte Salla. »Aber ich würde Ihren Freund gerne kennenlernen.«
»Ich werde morgen früh wieder an meiner ›Bria‹ arbeiten«, erklärte Han. »Treffen wir uns doch morgen, wenn Sie Lust haben, dann können wir zusammen zu Shugs Raumdepot gehen.«
Sie warf ihm einen abschätzenden Blick zu und schenkte ihm dann ein amüsiertes Lächeln. »Ich habe eine bessere Idee«, sagte sie. »Sie begleiten mich heute abend nach Hause. Können Sie kochen?«
Han machte große Augen. Also, das nenne ich direkt! Er gab ihr sein typisches schiefes Lächeln zurück und sah, daß nicht einmal Salla gegen dessen Wirkung immun war. Vielleicht lag es auch an ihrem Drink. »Klar«, sagte er. »Eine meiner besten Freundinnen war Köchin.«
Salla lachte. »He, Solo, gönne einem Mädchen ‘ne Pause und schalt deinen Charme ab. Willst du mir etwa das Herz brechen?«
»Nein«, entgegnete Han, streckte die Hand aus und berührte ihren Handrücken mit einer Fingerspitze. »Ich will dir was kochen. Das hört sich für mich nach einem großartigen Plan an. Magst du Traladon-Steaks?«
»Klar«, sagte sie leichthin. »Blutig.«
»Das werde ich mir merken«, versprach Han.
Nachdem sie ausgetrunken hatten, traten sie auf die schmutzigen Straßen von Nar Shaddaa hinaus. Salla hakte sich bei Han unter. »Ich bin froh, daß ich dich getroffen habe. Mir brennt sogar das Wasser an, deshalb habe ich jeden Versuch aufgegeben, selbst zu kochen. Mir gefällt die Aussicht auf ein privates Abendessen.«
Han lächelte sie erneut an und legte seinen gesamten Charme in sein Lächeln. »Also Abendessen. Und dann vielleicht auch… Frühstück?«
Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Du bist ein Draufgänger, nicht wahr?«
»Ich gebe mir Mühe«, erwiderte Han bescheiden.
»Fordere dein Glück nicht heraus, Süßer«, warnte sie ihn. Doch dabei lächelte sie, um ihm zu zeigen, daß er ihr nicht zu nahe getreten war. »Ich kann gut auf mich selbst achtgeben.«
Han erinnerte sich daran, wie sie mit Jump umgesprungen war, und mußte ihr zustimmen. Er nickte und beschloß, für den Moment etwas gemäßigter aufzutreten.
Han und Salla sahen einander während der folgenden Wochen regelmäßig, und ihre Beziehung entwickelte sich und brachte sie einander näher. Nachdem sie sich einen Monat lang verabredet hatten, bereitete Han tatsächlich das Frühstück für sie zu, und jedermann sah in ihnen ein Paar. Sie hatten viel gemeinsam, und Han genoß die Stunden, die sie zusammen verbrachten. Sie war eine aufregende, energiegeladene Frau, klug, sinnlich und geradlinig. Als Han sie besser kennenlernte, entdeckte er, daß sie auch eine zärtliche Seite besaß, obwohl diese nicht eben häufig zutage trat.
Han stellte Salla Shug vor, und die beiden verstanden sich ebenfalls auf Anhieb, wenn auch nicht auf eine romantische Weise. Salla entpuppte sich als Technikexpertin, die mit einem Laserbrenner besser vertraut war als die meisten Schmuggler.
Sie erzählte, daß sie Technikerin auf einem Korporationstransporter war, bevor sie in die Lage kam, die ›Rimrunner‹ zu erwerben. Salla schmuggelte gelegentlich Gewürze, aber ihre bevorzugte Fracht waren Waffen. Sie war eine ausgezeichnete Waffenschieberin, furchtlos und effizient.
Schon bald war sie regelmäßig in Shugs Raumdepot zu finden, wo sich die Schmuggler trafen, ihre Schiffe instand setzten, ihr Garn sponnen und miteinander darin wetteiferten, neue Leistungsrekorde aufzustellen. Han stellte fest, daß die meisten menschlichen Schmuggler, und auch zahlreiche nichtmenschliche, früher oder später in Shugs Raumdepot landeten. Viele seiner Kumpels aus dem Smuggler’s Run tauchten auf, darunter bei einer denkwürdigen Gelegenheit auch Wynni.
Zeen und Kid, ein Schmuggler namens Rik Duel, Sinewy Ana Blue, Roa und Mako… sie alle amüsierten sich prächtig in Shugs Raumdepot. Shug hatte nur drei Regeln aufgestellt: keine Rauschgifte, sofortige Bezahlung für die Benutzung von Werkzeug sowie für seine oder die Dienstleistungen seiner Mechaniker und Aufräumen nach getaner Arbeit.
Irgendwann ergab es sich, daß Han seine neue Freundin auch Lando vorstellte, und auch diese beiden kamen auf der Stelle gut miteinander aus. Han bemerkte, daß sie einander anziehend fanden, doch Salla stellte klar, daß Han ihr Auserwählter sei… für den Augenblick.
Als Han eines Tages hoch oben auf dem Rumpf der ›Bria‹ am Hauptdeflektor des Schiffs herumwerkelte, wandte sich Chewbacca mit einem Brüllen an ihn und forderte ihn auf, sofort herunterzukommen, da jemand ihn zu sprechen wünsche.
Han kletterte die Leiter hinunter und traf auf einen gutaussehenden Jungen mit braunem Haar und braunen Augen. Er erinnerte Han ein wenig an ihn selbst vor seinem zwanzigsten Geburtstag.
Der junge Mann streckte ihm die Hand entgegen. »Han Solo? Es ist eine Ehre, Sie kennenzulernen. Ich bin Jarik. Jarik Solo.«
Hans Augen weiteten sich, und sie gaben einander die Hand. »Solo?« fragte er verdutzt.
»Ja«, antwortete der Junge. »Solo. Ich nehme an, wir sind miteinander verwandt. Ich bin auch Corellianer.«
Da Han wußte, daß er lediglich zwei enge Verwandte aufweisen konnte (er hatte sich diese Verwandtschaft nicht ausgesucht, denn seine Tante Tiion war eine Einsiedlerin und litt an Verfolgungswahn, und ihr Sohn, Hans Cousin Thrackan Sal-Solo, war ein sadistisches Scheusal… vorausgesetzt, daß beide noch am Leben waren), war er sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte. »Wirklich?« sagte er schließlich. »Das ist ja interessant. Und zu welchem Zweig der Familie gehörst du?«
»Äh, ich glaube, mein Onkel Renn war ein Cousin zweiten Grades Ihres Vaters«, erklärte der Junge gewandt.
Renn war ein weit verbreiteter Name auf Corellia. Han lächelte. »Könnte sein«, entgegnete er. »Komm hier rüber, dann können wir uns unterhalten.«
Er führte den jungen Mann in Shugs unaufgeräumtes Büro und schenkte ihm und sich selbst eine Tasse Stimtee ein.
Chewie begleitete sie hinein, und Han stellte den Wookiee förmlich vor. Chewie knurrte Jarik einen Gruß zu, und Han sah sofort, daß er den jungen Mann mochte.
»Also, warum bist du zu mir gekommen?« wollte Han wissen.
»Na ja, ich möchte gerne Pilot werden«, gab der Junge zurück. »Und ich habe gehört, Sie sind der beste. Ich arbeite für Sie, wenn Sie mich unterrichten, Sir. Ich verspreche, daß ich hart arbeiten werde.«
»Tja…« Han warf dem Wookiee einen Blick zu. »…wir könnten jemanden gebrauchen, der uns bei der Reparatur der ›Bria‹ zur Hand geht, schätze ich. Kannst du mit ‘nem Hydroschraubenschlüssel umgehen?«
»Ja, Sir!« platzte Jarik heraus. »Ganz bestimmt!«
»Wir werden ja sehen«, sagte Han.
Als erstes forderte er den Jungen zum Bleiben auf, da er ihn im Auge behalten wollte. Han glaubte nicht, daß der Kleine von Corellia kam. Irgend etwas stimmte nicht an ihm. Er fragte Roa als den älteren Schmuggler, ob er etwas über einen jungen Mann wisse, der auf den Namen Jarik hörte.
Es dauerte einen ganzen Monat, doch schließlich gelang es Roa herauszufinden, daß Jarik ein Straßenkind war, das in den Häuserschluchten von Nar Shaddaa zur Welt gekommen und aufgewachsen war. Er durchwühlte den Dreck nach jedem Bissen und jedem Credit und streckte seine Hände nach jeder Art Arbeit aus, die er finden konnte. Seine Eltern kannte niemand, wahrscheinlich nicht einmal er selbst. Er war zeit seines Lebens ein Einwohner Nar Shaddaas gewesen und hatte sich im corellianischen Sektor herumgetrieben. Aber es war gut möglich, daß wenigstens ein Elternteil von Corellia stammte.
Als Han mit Sicherheit wußte, daß der Junge ihn angelogen hatte, dachte er daran, dem Kleinen anzuraten, schleunigst seine Sachen zu packen, doch zu jener Zeit hatte er sich bereits an seine Anwesenheit gewöhnt. Der Junge hing an Hans Lippen und trottete hinter ihm her, wann immer der ihn gewähren ließ. Diese Verehrung war durchaus schmeichelhaft, und außerdem, so machte sich Han klar, war es ja keineswegs so, daß er selbst niemals gelogen hätte, um einen Fuß in die Tür zu kriegen…
Jarik erwies sich überdies als gelehriger Schüler. Han brachte ihm bei, das Backbordgeschütz der ›Bria‹ zu bedienen, und es erwies sich, daß er über ausgezeichnete Reflexe und Zielsicherheit verfügte. Seit in letzter Zeit die Aktivitäten der Freibeuter im Hutt-Raum zugenommen hatten, nahm Han den Kleinen auf die meisten ihrer Flüge mit. Nachdem er sich mit Chewbacca darüber beraten hatte, beschloß Han, dem Neuen nichts von ihrem Wissen darüber zu sagen, daß sein Name nicht ›Solo‹ war. Es war Chewbacca, der darauf hinwies, daß es Jarik offensichtlich viel bedeutete, endlich einen Nachnamen zu besitzen. Wookiees waren sehr familiär, und der Junge tat Chewie leid.
Bald nachdem Han und Salla ihre Beziehung begonnen hatten, war auch die ›Bria‹ weltraumtauglich. Shugs Umbauten hatten ihre Geschwindigkeit so weit erhöht, daß sie nunmehr ein recht beachtliches kleines Schiff war. Doch nach wie vor gab sie sich, wie Jarik sich ausdrückte, als ›kapriziöse Dame‹.
Die eine Reise bewältigte die Bria geradezu perfekt, während die nächste… Der Kummer, den sie Han, Chewie und Jarik auf den Weltraumrouten bereitete, schien kein Ende zu nehmen. Han lernte auf diese Weise ein vollkommen neues Repertoire an Wookiee-Flüchen, während er und Chewie schwitzten, um ihr widerspenstiges Gefährt zusammenzuflicken.
Einmal brannte der Sublichtmotivator aus, als sie gerade um die Ballung Schwarzer Löcher rasten, die als Schlund bekannt war. Ein interessanter Moment. Eine Zeitlang glaubte Han nicht, daß sie jemals wieder nach Nar Shaddaa zurückkehren würden. Wenn Chewie den Schaden nicht so rasch behoben und Han nicht seine Flugkünste unter Beweis gestellt hätte, wäre das Frachtschiff unweigerlich in eines der Schwarzen Löcher gerissen worden.
Han suchte und fand eine neue Wohnung, größer und in einem besseren Teil des corellianischen Sektors gelegen. Er war häufig nicht zu Hause und blieb über Nacht bei Salla, so daß er Jarik erlauben konnte, die Nacht in seinem Apartment zu verbringen und Chewbacca Gesellschaft zu leisten.
Das Leben, so überlegte Han (wenn er Zeit zum Nachdenken fand, was nicht eben häufig der Fall war), war schön. Es war jetzt mindestens zwei Monate her, daß sich zuletzt ein Kopfgeldjäger hatte blicken lassen, und von Boba Fett war weit und breit nichts zu sehen. Er und Chewie verdienten sich einen anständigen Lebensunterhalt, und sie hatten ein eigenes Raumschiff. Han hatte Freunde, und es gab jemanden Besonderen in seinem Leben, jemanden, der zudem die Sprache der Schmuggler sprach. Er war so zufrieden wie noch nie zuvor…
In den Tiefen eines abgelegenen Teils des Weltraums, irgendwo zwischen den Sonnensystemen, trafen sich bei streng geheimen Koordinaten zwei Schiffe der Hutts. Beide Schiffe gehörten Angehörigen des Desilijic-Clans, wenngleich keiner der Raumer von Han Solo gesteuert wurde. Das eine Schiff war Jabbas Yacht, die ›Sternjuwel‹, das andere war Jiliacs Yacht ›Drachenperle‹.
Unter den Händen der Piloten, die ihre Schiffe mit kurzen Schüben ihrer Manövriertriebwerke Stück für Stück vorantrieben, näherten sich diese einander immer weiter an, bis sie in der zum Andocken erforderlichen Distanz nebeneinander lagen. Eine Gangway schob sich wie eine Nabelschnur aus der Luftschleuse der ›Sternjuwel‹, bis sie Tuchfühlung mit der Schleuse der ›Drachenperle‹ hatte und sich an diese ankoppelte. Die Hutt-Yachten hingen, durch die Gangway miteinander verbunden, im leeren Raum.
An Bord der ›Sternjuwel‹ befanden sich Jabba und Jiliac. Jiliac hatte es sich in dem luxuriösen Salon der Yacht bequem gemacht und wiegte ihr Neugeborenes in den Armen. Als die Instrumente anzeigten, daß die beiden Schiffe erfolgreich miteinander verbunden worden waren, legte Jiliac ihr winziges, an eine Larve erinnerndes Hutt-Baby in Reichweite ihres Tragbeutels ab und ließ das kleine Geschöpf hineinkriechen. Hutt-Säuglinge verbrachten das erste Jahr und mehr ihres jungen Lebens meistens im Innern des mütterlichen Beutels.
Die beiden Hutts lauschten erwartungsvoll und hörten vielfüßige Schritte den Gang heraufkommen. Die Tür ging auf, und Teroenza, der Hohepriester von Ylesia, trat ein.
Das riesige gehörnte Wesen wirkte neben den gewaltigen schneckenartigen Hutts beinahe zwergenhaft, aber Teroenza schien, wie Jiliac auffiel, nicht sonderlich beeindruckt. Sie deutete huldvoll auf eine t’landa Til-Hängematte, die sie speziell für diese Begegnung hatte anbringen lassen.
»Willkommen, Teroenza. Fühlen Sie sich wie zu Hause. Ich vertraue darauf, daß Sie in der Lage waren, die Abwesenheit von Ihrer Welt zu verschleiern?«
»Meine Zeit ist begrenzt«, sagte Teroenza. »Ich bin heute morgen mit einem Landgleiter abgeflogen, angeblich, um persönlich den Fortgang der Bauarbeiten in Kolonie Acht zu beaufsichtigen. Am Steuer saß ein Gamorreaner. Auf halbem Weg habe ich mitten im tiefsten Urwald den gamorreanischen Wächter niedergeschlagen und den Gleiter in einen Baumriesen gelenkt. Dann habe ich einen Thermaldetonator in das Wrack geworfen, und als alles in Flammen stand, habe ich den Wächter hinterhergeschickt. Euer Schiff erwartete mich exakt an der Stelle, die Ihr mir genannt hattet. Es kann mich morgen wieder dort absetzen. Ich werde mich entsprechend zurichten und verdrecken und anschließend rechtzeitig aus dem Urwald gestolpert kommen, um auf einen der Suchtrupps zu stoßen. Aruk wird nichts argwöhnen.«
»Gut gemacht«, sagte Jiliac. »Aber auch unsere Zeit ist begrenzt, wie Sie feststellen mögen. Kommen wir also gleich zur Sache. Aruk ist zu einer… Plage geworden. Eine Plage, von der wir uns gerne befreien würden.«
Teroenza schnaubte. »Ganz egal, wie hoch die Produktionsrate ist, er gibt sich mit nichts zufrieden. Ich habe meine Gefährtin seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Er untersagt mir selbst den kürzesten Besuch auf der Heimatwelt. Außerdem hat er die Belohnung für Han Solo herabgesetzt und den Auftrag so abgewandelt, daß Solo getötet und desintegriert werden darf! Er hat mir verboten, das Kopfgeld zu erhöhen, selbst wenn ich die Summe aus meiner eigenen Tasche bezahlen würde. Er sagt, ich wäre von Solo besessen! Von da an konnte ich ihn nicht länger unterstützen. Mir den langsamen Tod dieses corellianischen Weltraumvagabunden vorzustellen, war monatelang meine einzige Freude. Wenn ich nur daran denke, wie er…« Der Hohepriester fuhr mit seinen Klagegesängen über Han Solo noch eine Weile fort.
Jabba und Jiliac warfen einander während Teroenzas Tirade Blicke zu. Jiliac wußte, daß Jabba eine Abmachung mit Boba Fett getroffen hatte, so daß Han Solo auch weiterhin für sie arbeiten konnte, ohne in Furcht vor Kopfgeldjägern zu leben. Doch das war etwas, das Teroenza nicht zu wissen brauchte.
Kurz darauf beruhigte sich der Hohepriester und verbeugte sich. »Ich bitte um Entschuldigung, Exzellenzen. Wie Ihr bereits sagtet… kommen wir zur Sache…«
»Zuerst müssen wir eine Entschädigung für Ihre… Unterstützung festlegen«, stellte Jabba fest.
Der t’landa Til nannte eine Summe.
Jabba und Jiliac sahen einander an. Niemand von ihnen sagte etwas.
Nach ein paar Minuten nannte Teroenza eine zweite, bedeutend niedrigere Summe, die zwar noch immer recht ansehnlich, aber durchaus angemessen war. Jiliac fischte ein kleines Krustentier aus einer Schale neben ihrem Ruhepodest und betrachtete es eine Zeitlang nachdenklich. »Abgemacht«, sagte sie dann und schob sich den Leckerbissen ins Maul. »Ich will nicht, daß jemand einen Mord vermutet«, fuhr sie sachlich fort. »Es muß unauffällig geschehen…«
»Unauffällig«, brummte Teroenza und fuhr sich gedankenverloren über sein Horn, das so aussah, als wäre es frisch eingeölt worden. »Also kein bewaffneter Anschlag.«
»Auf keinen Fall«, entgegnete Jiliac. »Die Sicherheitseinrichtungen der Besadii sind fast so gut wie unsere eigenen. Unsere Truppen müßten sich den Weg freischießen, und ganz Nal Hutta wüßte auf Anhieb, wer hinter dem Attentat steckt. Also kein bewaffneter Anschlag.«
»Ein Unfall?« fragte sich Jabba laut. »Vielleicht mit seiner Flußbarkasse? Soviel ich weiß, liebt Aruk seine Ausflüge am Nachmittag. Er empfängt häufig Gäste auf dem Fluß.«
»Schon möglich«, warf Jiliac ein. »Aber ein solcher Unfall ist schwer zu kontrollieren. Er könnte auch Durga auslöschen, und ich wünsche nicht, daß Durga getötet wird.«
»Und wieso, Tante? Durga ist verschlagen. Er könnte zu einer Bedrohung für uns werden«, bemerkte Jabba.
Teroenza antwortete, bevor Jiliac zu einer Entgegnung fand. Der Hohepriester ließ sich tiefer in die Hängematte sinken, nahm eine eingelegte Krausschabe von einem Teller und kostete. »Weil«, nahm der t’landa Til den Faden nachdenklich auf, »Durga Mühe haben wird, die Herrschaft über die Besadii auszuüben. Es gibt innerhalb des Kajidic viele, die der Meinung sind, daß er aufgrund seines Muttermals nicht in der Lage sein wird, zu herrschen. Es heißt, er sei gezeichnet und daher erwarte ihn ein böses Schicksal. Tötet Durga, und der Kajidic wird unter einem neuen Führer womöglich weit mächtiger.«
Jiliac senkte den Kopf vor Teroenza. »Sie denken wie ein Hutt, Hohepriester«, bemerkte sie.
Teroenza zeigte sich darüber erfreut. »Vielen Dank, Euer Exzellenz.«
»Kein Anschlag, kein Unfall«, murmelte Jabba. »Was dann?«
»Ich habe vielleicht einen Plan«, sagte Jiliac. »Eine Substanz, die den Vorteil hat, daß sie im Gewebe fast nicht nachgewiesen werden kann. Wenn sie wirkt, verlangsamt und vernebelt sie die Denkprozesse, so daß das Opfer schlechte Entscheidungen trifft. Und wenn Aruk schlechte Entscheidungen trifft, geschieht das zu unserem Wohl.«
»Einverstanden, Tante«, sagte Jabba. »Nur… Gift? Wir Hutts sind gegen Gifte ungewöhnlich widerstandsfähig. Wenn einer von uns, sogar ein alter Hutt wie Aruk, genug Gift aufnehmen soll, um daran zu sterben, würde das bestimmt auffallen.«
Jiliac schüttelte das mächtige Haupt, eine Angewohnheit, die sie von den Menschen übernommen hatte. »Nicht, wenn wir es so machen, wie ich es mir denke, Neffe. Diese Substanz vergiftet das Opfer, nachdem sie in den Körper eingedrungen ist, nur langsam. Sie sammelt sich im Hirngewebe höherer Lebensformen an. Nach einem langen Zeitraum der Aufnahme wird das Opfer abhängig von dem Gift; und wenn man diese Substanz dann unvermittelt absetzt, verursacht dies derart schlimme Entzugserscheinungen, daß die Folge entweder der Tod oder massive Hirnschäden sind. In dem Fall könnte Aruk niemandem von uns mehr schaden.«
»Und Ihr könnt dieses Gift besorgen?« fragte Teroenza erregt.
»Es ist äußerst kostspielig und selten«, entgegnete Jiliac. »Dennoch… ja, ich kann eine ausreichende Menge davon beschaffen.«
»Aber wie kriegen wir ihn dazu, es auch aufzunehmen?« wollte Jabba wissen.
»Dafür kann ich sorgen, Exzellenzen.« Teroenza wippte in seiner Hängematte wie ein Jüngling beim Spiel auf und ab. »Die Nalabaum-Frösche. Damit klappt es bestimmt.«
»Erklären Sie das, Hohepriester«, befahl Jiliac.
Teroenza fuhr fort und berichtete von der Vorliebe des Besadii-Lords für Nalabaum-Frösche. »Seit er vor nunmehr zwei Wochen nach Hause zurückgekehrt ist, verlangt er mit jeder Schiffsladung bearbeiteter Gewürze, die wir nach Nal Hutta schicken, die Lieferung eines Aquariums mit lebenden Nalabaum-Fröschen!« Der t’landa Til rieb sich voller Aufregung die winzigen, beinahe zierlichen Hände.
»Und auf welche Weise sollen wir die Frösche benutzen?«
»Die Nalabaum-Frösche sind weit davon entfernt, höhere Lebensformen zu sein. Sie haben eigentlich kein nennenswertes Gehirn. Ich bezweifele, daß es sie umbringt, wenn wir sie Eurem Gift aussetzen.«
»Nach allem, was ich über diese Substanz weiß, mögen Sie da recht haben«, warf Jiliac ein. »Fahren Sie bitte fort!«
»Ich könnte die Nalabaum-Frösche in Wasser großziehen, dem ich zuvor Euer Gift beigemengt habe«, erklärte Teroenza. »Dann würden sie von dem Zeitpunkt an, da sie noch kleine Würmer sind, in Wasser schwimmen, das eine gewisse Konzentration Eurer Substanz enthält. Das Gewebe der Nala-Frösche wäre mit dem Gift getränkt – und Aruk wird sie gierig verschlingen! Im Lauf der Monate erhöhe ich allmählich die Konzentration des Giftes im Wasser, so daß Aruk nach und nach immer mehr davon aufnimmt. Mit der Zeit wird er süchtig danach. Und schließlich, wenn er vollkommen abhängig von der Substanz ist…« Er machte eine knappe wegwerfende Handbewegung. »…kein Gift mehr. Unbelastete Frösche!«
»Und er stirbt unter Qualen«, rief Jiliac aus. »Oder erleidet zumindest unheilbare Hirnschäden. Das eine wird unseren Interessen so gut dienen wie das andere.«
Jabba beugte sich vor. »Ich sage, machen wir es so. Jiliacs Plan wird all unseren Erwartungen gerecht.«
»Ich werde die erste Rate Ihrer Entschädigung überweisen«, sagte Jiliac. »Sie müssen mir nur noch sagen, wohin ich die Credits transferieren soll.«
Teroenzas vorstehende Augen nahmen einen durchtriebenen Ausdruck an. »Ich würde etwas, das ich meiner Sammlung hinzufügen kann, den Credits vorziehen. Auf diese Weise kann ich die Zahlung besser verheimlichen. Wenn ich Credits brauche, kann ich ein Sammlerstück zum Verkauf anbieten, und niemand wird etwas merken.«
»Sehr gut«, sagte Jiliac. »Sie müssen uns nur eine Liste in Frage kommender Stücke zukommen lassen. Falls wir sie nicht auftreiben können, werden wir Ihnen statt dessen Credits überschreiben. Aber zunächst versuchen wir, Ihre Sammlerstücke zu bekommen.«
»Ausgezeichnet«, sagte Teroenza. »Wir sind im Geschäft.«
»Ein Toast«, rief Jabba. »Auf unser Bündnis. Und auf Aruks Ende!«
»Ja, ein Toast!« wiederholte Teroenza und hob einen verzierten Kelch. »Das erste, was ich mit meinem neuen Reichtum anfange, wird sein, daß ich eine so hohe Belohnung auf Han Solos Kopf aussetze, daß jeder Kopfgeldjäger in der Galaxis nach ihm suchen wird!«
»Auf Aruks Tod!« sagte Jiliac und hob ihren Kelch.
»Aruks Tod!« rief Jabba aus.
Teroenza zögerte kaum einen Augenblick, dann sagte er voller Entschlossenheit. »Auf Aruks Tod… und auf Solos.«
Sie tranken einander zu.
Nachdem Teroenza gegangen war, um sich an Bord der ›Drachenperle‹ zurück nach Ylesia zaubern zu lassen, machten sich Jabba und Jiliac an die Ausarbeitung ihrer weiteren Strategie. Nach Aruks Ableben würden sie das ylesianische Unternehmen nach und nach übernehmen. Einer nach der anderen würden sie die Schlüsselfiguren der Besadii eliminieren, bis der dezimierte Clan schließlich zur Bedeutungslosigkeit verkam.
Der Gedanke daran erfüllte sie mit Freude. Doch die gute Stimmung erfuhr eine jähe Unterbrechung durch Lobb Gerido, der händeringend auf der Bildfläche erschien. »Exzellenzen… einer Eurer Agenten auf Regolith Prime hat sich soeben mit einer visuellen Übermittlung gemeldet. Es gibt äußerst verstörende Neuigkeiten aus dem Imperialen Zentrum. Der Pilot hat alles aufgezeichnet. Wenn Euer Exzellenz vielleicht den Holoprojektor einschalten wollen…«
Jiliac kam dem Ansinnen voller Besorgnis nach. Die dreidimensionale Szenerie baute sich vor den Augen der Hutts auf, und sie erkannten Sarn Shild, ihren lokalen Mufti, bei einer öffentlichen Pressekonferenz. Hinter Shild sahen sie den vertrauten Anblick des Imperialen Zentrums, des Planeten, der einmal Coruscant geheißen hatte.
»Bürger der inneren und äußeren Randterritorien«, sprach der Mufti, dessen blasses Gesicht unter dem wächsernen schwarzen Haar in grimmigen Falten lag, »unser erhabener und weiser Imperator wurde gezwungen, eine weitere Erhebung im imperialen Raum niederzuschlagen.
Gewissenlose Rebellen haben mit Waffen, deren Spur in unseren Sektor zurückverfolgt werden konnte, eine Niederlassung des Imperiums auf Rampa Zwei angegriffen und eine Reihe imperialer Truppeneinheiten ausgeschaltet. Die Vergeltungsmaßnahmen des Imperators erfolgten unverzüglich. Die Rebellen wurden aufgespürt und gefangengenommen. Zahlreiche Zivilisten haben ihr Leben gelassen, als die aufständischen Schlächter ihre Waffen auf unschuldige Bürger richteten. Diese Ausschreitungen können unmöglich noch länger hingenommen werden!
Der Imperator hat alle loyalen Sektoren dazu aufgerufen, ihn dabei zu unterstützen, den Schleichhandel mit illegalen Waffen zu unterbinden. Ich bin stolz, sagen zu können, daß ich dem Aufruf des Imperators unverzüglich und lückenlos nachgekommen bin. Wir alle wissen, daß ein Großteil des illegalen Waffenhandels sowie des Drogenschmuggels seinen Ursprung im Hutt-Raum hat. Aus diesem Grund rufe ich alle Bürger unseres Sektors auf, mich in der Ausrottung der Hutt-Geißel zu unterstützen. Es ist meine feste Absicht, den Handel mit Schmuggelware zu beseitigen und die Hutt-Lords in die Knie zu zwingen!«
Shild legte eine Pause ein, als wäre ihm gerade wieder eingefallen, daß Hutts gar keine Knie besaßen. »Ähem… bildlich gesprochen, natürlich.« Er räusperte sich. »Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ich ermächtigt, auch todbringende Gewalt einzusetzen. Die Hutts werden lernen, daß man sich über die Gesetze des Imperiums nicht ungestraft hinwegsetzt.«
Er hob in einer zackigen militärischen Geste die Faust. »Gesetz und Ordnung werden die Macht in unseren Territorien zurückerobern!«
Das Holo verblaßte mit dem Nachhall der letzten Worte Shilds. Die beiden Hutts blickten einander lange an. »Das ist nicht gut, Tante«, ergriff Jabba schließlich das Wort.
»Ganz und gar nicht gut, Neffe«, pflichtete Jiliac ihm bei. Sie stieß eine leise Verwünschung aus. »Wo nimmt Shild bloß den Mumm her, sich gegen uns zu wenden?«
»Anscheinend hat er neuerdings mehr Angst vor Palpatine als vor uns«, meinte Jabba.
»Wir werden ihn über seinen Irrtum belehren«, sagte Jiliac langsam. »Wir können nicht zulassen, daß Nal Hutta vom Imperium und seinen erbärmlichen Vasallen regiert wird.«
»Natürlich nicht«, stimmte Jabba zu.
Jiliac dachte einen Augenblick nach. »Aber vielleicht gibt es ja einen Kompromiß…«
»Ja, Tante?«
»Vielleicht können wir uns vernünftig mit Shild einigen. Ihn kaufen. Ihm Nar Shaddaa und die Schmuggler ausliefern. Wir können jederzeit neue Schmuggler finden…«
Jabba fuhr sich mit der Zunge über die lippenlosen Ränder seines Mauls, als koste er einen besonders süßen Geschmack. »Tante, ich mag deine Denkart.«
»Wir müssen Shild eine Nachricht schicken«, beschloß Jiliac. »Und Geschenke… teure Geschenke, damit er uns seine Aufmerksamkeit gewährt. Du weißt, wie gierig er ist. Er wird sich ganz sicher… der Vernunft beugen.«
»Ganz sicher«, stimmte Jabba zu. »Aber wer wird die Nachricht überbringen?«
Jiliac dachte einen Moment darüber nach, dann zog sie die Winkel ihres riesigen, breiten Mauls nach oben. »Da kenne ich das richtige Wesen…«